Beschränkung des Kiesabbaus und der Fischerei durch die biologische Flugsicherheit am Flughafen München

Ich frage die Staatsregierung:

1. a) Welche Vorschläge wurden in den Gutachten von HILD JOCHEN et al. 1988 und 1992 zur biologischen Flugsicherheit am Flughafen München gemacht?

1. b)Welche der Aussagen der Fachgutachter wurden als Auflage im Planfeststellungsbeschluss für den Flughafen München gemacht?

1. c) Wie viele Nassauskiesungen wurden aufgrund der Gutachten nachträglich untersagt beziehungsweise mit Auflagen versehen? Angaben bitte in Hektar und Anzahl der betroffenen Betriebe?

2. a) Wie viele Kiesabbauvorhaben wurden aufgrund der Aussagen der Gutachters Dr. Hild nicht genehmigt?

2. b)Wie viele Kiesabbauvorhaben wurden nur mit Einschränkungen genehmigt?

2. c) Welche konkreten Auflagen wurden aufgrund der Gutachten von Dr. Hild in den einzelnen genehmigten Vorhaben gemacht?

3. a) Bei wie vielen Genehmigungen wurde eine Wiederverfüllung als Auflage gemacht?

3. b)Mit welchem Material wurden die einzelnen Kiesabbauvorhaben wieder verfüllt?

3. c) Wie viel der genehmigten Nassauskiesungen wurden aufgrund von fehlendem Füllmaterial nicht realisiert?

4. a) Welche Gutachten zur Verhütung von Vogelschäden wurden seit Inbetriebnahme des Flughafens erstellt?

4. b)Welche Vorschläge wurden in den einzelnen Gutachten gemacht?

4. c) Welche Verbindlichkeiten haben die Aussagen der jeweiligen Fachgutachter?

5. a) Auf welcher der im Regionalplan München von 1985 für den Kiesabbau ausgewiesenen Vorrang- und Vorbehaltsflächen wurde durch die Vorgaben des der Kiesabbau faktisch untersagt? Angaben bitte in ha und % der gesamten Vorrang- und Vorbehaltsflächen?

5. b)Wurde aufgrund des Biotopgutachtens 2001 von Dr. Morgenroth die Verfüllung bereits genehmigter Nassauskiesungen nachträglich angeordnet, und wenn ja, bei wie vielen Kiesgruben?

5. c) Auf welcher der im Regionalplan München für den Kiesabbau ausgewiesenen Vorrang- und Vorbehaltsflächen würde durch die Vorgaben der Gutachten von Dr. Morgenroth der Kiesabbau wirtschaftlich unmöglich gemacht und damit faktisch untersagt? Angaben bitte in ha und % der gesamten Vorrang- und Vorbehaltsflächen.

6. Wie viele Betriebe sind durch die Empfehlungen des Gutachters Dr. Morgenroth betroffen?

7. a) Auf wie vielen Fischereigewässern würde nach Empfehlung des Gutachters Dr. Morgenroth die Fischerei verboten?

7. b)Bei wie vielen Eigentümern würde nach Empfehlung des Gutachters das Fischereirecht entzogen?

7. c) In welcher Höhe müsste der Freistaat Entschädigungsleistungen für diese Enteignung aufbringen?

Vorbemerkend möchte ich zu den angefragten einzelnen Kiesabbauvorhaben feststellen, dass durch die im Biotopgutachten 2001 enthaltenen Vorschläge für die nach den örtlichen Gegebenheiten zweckmäßig erscheinenden Maßnahmen zur Verhütung von Schäden im Luftverkehr durch Vogelschläge in der Umgebung des Flughafens München Teilgebiete der Landkreise Erding, Freising und München betroffen sind. Das Landratsamt München hat zu allen Fragen Fehlanzeige erstattet, sodass bei der Beantwortung der einzelnen Fragen nur auf die Landkreise Erding und Freising eingegangen wird.

Zu 1. a): Das im Jahr 1975 von Dr. Werner Keil erstellte erste Ornithologisch-ökologische Gutachten zum Vogelschlagproblem auf dem geplanten Flughafen München 2 wurde erstmals 1986/1988 vom ehem. Vorsitzenden des Deutschen Ausschusses zur Verhütung von Vogelschlägen im Luftverkehr e.V., DAVVL, Herrn Dr. Jochen Hild, fortgeschrieben.

Ein wesentliches Kapitel galt der Bewertung der ökologischen Problemflächen in der Flughafenumgebung. U. a. kam der Gutachter zu dem Schluss, dass unter Flugsicherheitsgesichtspunkten neuen Abbauvorhaben im Untersuchungsraum bei kritischer Prüfung nicht mehr zugestimmt werden kann.

Weitere generelle Empfehlungen zum Thema Kiesabbau waren:

· Bei der Festlegung von Sekundärnutzungen sollen nur solche Maßnahmen befürwortet werden, die nicht zu einer Eutrophierung führen,

· möglichst langer Erhalt des von Natur aus oligotrophen Gewässerzustandes,

· Verbot einer fischereiwirtschaftlichen Nutzung sowie von Sportangelei,

· Verbot von Wassersportbetrieb sowie Maßnahmen künstlicher Düngung,

· Anlage steiler Uferböschungen mit schnell hoch aufwachsenden Pflanzen,

· gerade Uferlinien, Vermeidung von Buchten, jedoch Schüttung von Dämmen,

· Verzicht auf die Anlage von Flachwasserzonen, Halbinseln und Inseln,

· Verzicht auf die Ansiedlung von Wasser- und Röhrichtpflanzen.

Zur Inbetriebnahme des Flughafens im Jahre 1992 wurde von Dr. Hild die 2. Fortschreibung des Biotopgutachtens erarbeitet und im März 1992 mit folgenden gutachterlichen Empfehlungen vorgelegt:

· Gegen Arrondierungen des Kiesabbaus im Umland des neuen Flughafens München bestehen keine Einwendungen, wenn dadurch das Vogelschlagrisiko nicht erhöht wird.

· Eine Erhöhung des Vogelschlagrisikos liegt praktisch nicht vor, wenn die vorhandenen Wasserflächen pro Jahr um nicht mehr als 5 ha bzw. in fünf Jahren um nicht mehr als 25 ha vergrößert werden und nachfolgende vergrämende Maßnahmen gegen Wasservögel durch entsprechende wasserrechtliche Auflagen gesichert werden können:

- Möglichst langer Erhalt des von Natur aus oligotrophen Gewässerzustandes,

- steile Uferböschungen mit schnell hoch aufwachsenden Anpflanzungen und Verzicht auf die Anlage von Flachwasserzonen, Halbinseln und Inseln,

- Verbot von fischereiwirtschaftlicher Nutzung sowie von Sportangelei an neuen Gewässern und ggf. auch an bestehenden besonders wasservogelreichen Gewässern des Flughafenumlandes,

- Verwendung des anfallenden unbrauchbaren Materials zur Verfüllung bzw. Unterteilung neuer Gewässer oder ggf. bestehender besonders wasservogelreicher Gewässer des Flughafenumlandes.

Zu 1. b):

Im Planfeststellungsbeschluss für den Flughafen München vom 08.07.1979 wird im Abschnitt B Ziffer III.2.1.1 das Thema Vogelschlag behandelt. Unter Bezug auf die Gutachten von Dr. Werner Keil (Ornithologisch-ökologisches Gutachten zum Vogelschlagproblem des Flughafenprojekts München 2, 1975) und Dr. Hermann Ellenberg (Gutachten über die Säugetierarten im zukünftigen Flughafengelände München-Nord, 1974) sowie den Richtlinien zur Verhütung von Vogelschlägen im Luftverkehr, herausgegeben am 13.02.1974 vom Bundesminister für Verkehr, wurde auf die Notwendigkeit hingewiesen, dass bei der Neuanlage des Flughafens auf diese spezifische Gefahrenlage durch besondere Anforderungen an Gestaltung und Bewirtschaftung der Fläche in den unmittelbaren An- und Abflugbereichen Einfluss genommen werden muss, um eine Reduzierung der Gefahren durch Vogelschlag zu erreichen.

Die 1. Fortschreibung des Biotopgutachtens erfolgte 1986/ 1988 und konnte insoweit im Planfeststellungsbeschluss vom 08.07.1979 und dem 1. Änderungsplanfeststellungsbeschluss vom 07.06.1984 keine Berücksichtigung finden. Die Empfehlungen aus diesem Gutachten wurden beim Bau des Flughafens umgesetzt.

Zu 1. c):

Aufgrund des Biotopgutachtens für den Flughafen München 2, Teil A und Teil B; DAVVL 1988 und des Biotopgutachtens für den neuen Flughafen München; 2. Fortschreibung; DAVVL März 1992, wurde nachträglich kein Kiesabbauvorhaben mit Grundwasseraufschluss (Nassauskiesung) untersagt.

Zu 2. a):

Im Landkreis Erding wurden aufgrund der Gutachten 2

Nassauskiesungsvorhaben nicht genehmigt. Im Landkreis Freising liegt kein derartiger Fall vor.

Zu 2. b):

Im Landkreis Freising wurden 5 Nassauskiesungsvorhaben mit Einschränkungen genehmigt. Im Landkreis Erding wurden seit der Vorlage des Biotopgutachtens 2001 die darin aufgelisteten vogelschlagrelevanten Kriterien bei allen Nassauskiesungsgenehmigungen im maßgeblichen Bereich be-rücksichtigt. Das Landratsamt Erding sieht sich in der Kürze der Zeit zur Angabe einer Anzahl nicht in der Lage.

Zu 2. c):

Im Landkreis Freising wurden aufgrund der Gutachten von Dr. Hild Teilverfüllungen, Dammschüttungen zur Unterteilung in zwei bzw. drei kleinere Gewässer, steile Böschungen und eine enge Umpflanzung gefordert. In zwei Fällen wurde eine fischereiliche Nutzung untersagt und ein elektronisches Abfischen in bestimmten zeitlichen Abständen gefordert. Nach Auskunft des zuständigen Landratsamtes Freising wurde mit dem einen Vorhaben noch nicht begonnen; bei dem anderen Vorhaben wurde gegen die Forderung Widerspruch eingelegt. Über den Widerspruch wurde noch nicht abschließend entschieden.

Das Landratsamt Erding teilte mit, dass sich die einzelnen Auflagen bzw. Einschränkungen aus den vogelschlagrelevanten Kriterien zur Genehmigung von Anträgen auf Nassauskiesungen und dem Umgriffsplan über die einzelnen Sektoren ergeben. Hinsichtlich der konkreten Auflagen sei jeder Antrag individuell zu betrachten; hierbei seien Auflagen vorgeschrieben worden, die den Empfehlungen (Rahmenbedingungen) für Nassabbau in den einzelnen Zonen nachkämen. Eine Auflistung sämtlicher Auflagen sei wegen der Vielzahl der Einzelbescheide nicht möglich.

Zu 3. a):

Im Landkreis Erding wurde in keinem Fall eine (vollständige) Wiederverfüllung zur Auflage gemacht; es wurden lediglich Teilverfüllungen bzw. Dammschüttungen gefordert.

Im Landkreis Erding wurde grundsätzlich bei allen Abbaugenehmigungen in den Zonen Bauschutzbereich und Anflugsektoren flughafennah und flughafenfern die Wiederverfüllung vorgegeben. Ausnahmen können hier unter bestimmten Umständen zugelassen werden, wenn an geeigneten Stellen eine Vorabverfüllung durchgeführt wird bzw. wurde. Wegen Vorabverfüllungen wurden bislang zwei Nassauskiesungsvorhaben mit Freilegung von Grundwasser zugelassen.

Zu 3. b):

Für die Verfüllung wurde nur Material zugelassen, das den Anforderungen an die Verfüllung von Gruben und Brüchen (Schreiben des damaligen vom 20. Juli 2001) sowie dem Leitfaden zu den Eckpunkten entspricht.

Zu 3. c):

Den Landratsämtern Erding und Freising ist kein Fall bekannt, in dem eine genehmigte Nassauskiesung aufgrund von fehlendem Verfüllmaterial nicht realisiert wurde.

Zu 4. a):

Seit Inbetriebnahme des Flughafens München am 17.05.1992 wurden folgende Gutachten erstellt, die sich mit dem Risiko von Kollisionen zwischen Vögeln und Luftfahrzeugen beschäftigen:

­ Biotopgutachten für den Flughafen München ­ Verhütung von Vogelschlägen; 3. Fortschreibung; herausgegeben vom DAVVL e. V.; Traben-Trarbach, November 2001 (Biotopgutachten 2001),

­ Gutachten zur biologischen Flugsicherheitssituation am Flughafen München ­ Vogelschlaggutachten ­ Büro für biologische Flugsicherheit BBFS; Wittlich, Juli 2007

(Bestandteil der von der Flughafen München zusammengestellten Planfeststellungsunterlagen für das Planfeststellungsverfahren 3. Start- und Landebahn am Flughafen München) (Vogelschlaggutachten 2007).

Zu 4. b):

Die Biotopgutachten, die seit 1986 für den Flughafen München erstellt wurden, enthalten umfangreiche Vorschläge für indirekte und direkte Vergrämungsmaßnahmen vogelschlagrelevanter Arten. Gegenstand der Biotopgutachten sind insbesondere auch Maßnahmen des Biotopmanagements sowohl im Flughafengelände als auch im Flughafenumland. Die Empfehlungen richten sich einerseits an den Flughafenbetreiber für Maßnahmen im Innenbereich des Flughafens, der für einen sicheren Betrieb verantwortlich ist, und andererseits an die hierfür zuständigen Luftfahrtbehörden für Maßnahmen im Außenbereich.

Weitere wichtige Vorschläge beziehen sich auf Monitoringmaßnahmen (ebenfalls im Innen- und Außenbereich), die eine unverzichtbare Grundlage für die Bewertung vogelschlagrelevanter Veränderungen sind. Darüber hinaus wurden von den Gutachtern Empfehlungen für technische und organisatorische Maßnahmen für die direkte Vergrämung gemacht.

In der 3. Fortschreibung des Biotopgutachtens aus dem Jahr 2001 wurden detaillierte Empfehlungen an die zuständigen Behörden für die Genehmigung von ­ unter Vogelschlaggesichtspunkten problematischen ­ Nassauskiesungen im Umgebungsbereich des Flughafens ausgesprochen.

Die Empfehlungen aus allen Gutachten seit 1986 umfassen mehr als 25 Seiten. Auf eine Auflistung aller einzelnen Vorschläge wurde daher verzichtet.

Zu 4. c):

Das Biotopgutachten 2001 enthält ­ entsprechend seiner in Ziffer III der Richtlinien zur Verhütung von Vogelschlägen im Luftverkehr genannten Zweckbestimmung ­ Vorschläge für die nach den örtlichen Gegebenheiten zweckmäßig erscheinenden Maßnahmen zur Verhütung von Schäden im Luftverkehr durch Vogelschläge sowohl auf dem Flughafengelände als auch in seiner hierfür in Betracht kommenden Umgebung. Diese Vorschläge richten sich in erster Linie an den Flughafenbetreiber und die zuständigen Luftfahrtbehörden, aber auch an diejenigen Behörden im Umland des Flughafens, durch deren Entscheidungen oder Maßnahmen die Vogelschlagsituation am Flughafen beeinflusst werden kann. Das Biotopgutachten 2001 stellt insoweit für die zuständigen Behörden und den Flughafenbetreiber eine wesentliche Erkenntnisquelle zur Beurteilung der Gefahr dar, die (potenzielle) Vogelschläge für die Sicherheit des Luftverkehrs sowie die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen. Das Vogelschlaggutachten 2007 gehört im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens für eine 3. Startund Landebahn am Flughafen München zum Abwägungsmaterial.

Zu 5. a):

Der zuständigen Regierung von Oberbayern ist kein Fall bekannt.

Zu 5. b): Nein.

Zu 5. c): Keine der im Regionalplan München für den Kiesabbau ausgewiesenen Vorrang- und Vorbehaltsflächen liegt innerhalb der Zone Nahbereich, für die das Biotopgutachten 2001 von Nassauskiesungsvorhaben gänzlich abrät. In den sonstigen Zonen ist ein Nassabbau grundsätzlich möglich. Den Landratsämtern Erding und Freising ist kein Fall der wirtschaftlichen Unmöglichkeit eines Kiesabbauvorhabens in diesen Zonen bekannt.

Zu 6.: Im Landkreis Erding sind 7 Betriebe, im Landkreis Freising ist 1 Betrieb von den Vorschlägen des Biotopgutachtens 2001 betroffen.

Zu 7. a):

Im Landkreis Freising sind 2 durch Nassauskiesungsvorhaben entstandene Gewässer betroffen (vgl. Antwort zu Frage 2 c). Im Landkreis Erding ist kein Fall bekannt.

Zu 7. b):

Hier ist kein Fall bekannt.

Zu 7. c):

Im Landkreis Erding ist kein Fall bekannt. Hinsichtlich der im Landkreis Freising betroffenen 2 Gewässer können zu eventuellen bestehenden Entschädigungsansprüchen keine belastbaren Angaben gemacht werden.