Mehrkosten durch die Nichtanwendung des TVöD in Hessen

Mehrkosten durch die Nichtanwendung des TVöD in Hessen und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Vorbemerkung der Fragestellerin:

In der Mitgliederzeitung der Hessischen Steuergewerkschaft "Der Finanzer" vom 26. Januar 2006 wird berichtet, die Nichtanwendung des neuen TVöD führe zu erheblichen finanziellen Mehrbelastungen für das Land.

Diese Vorbemerkung der Fragestellerin vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Frage 1. Stimmt die Landesregierung der Aussage der Hessischen Steuergewerkschaft zu, dass für das Land Mehrkosten entstehen, weil für die Vergütung der Landesbediensteten nach wie vor der BAT und nicht der neue TVöD angewendet wird?

Die Auffassung der Hessischen Steuergewerkschaft wird nicht geteilt.

Nachdem die Gewerkschaften im Jahr 2004 die Reformtarifverhandlungen mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) für gescheitert erklärt hatten, sind die Tarifverhandlungen ab Mai 2004 mit Bund und Vereinigung kommunaler Arbeitgeber (VKA), jedoch ohne TdL (und damit auch ohne Beteiligung des Landes Hessen, das mit Ablauf des 31. März 2004 aus der TdL ausgetreten ist) fortgesetzt worden.

Die Verhandlungen sind am 9. Februar 2005 in Potsdam mit dem nur für Bund und VKA geltenden TVöD zum Abschluss gebracht worden, der in weiten Teilen völlig neues Tarifrecht enthält, und mit Wirkung vom 1. Oktober 2005 in Kraft getreten ist. Ergänzend sind Überleitungstarifverträge (TVÜ-Bund/TVÜ -VKA) vereinbart worden, denen die Aufgabe zukommt, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Bundes und der VKA aus dem bis zum 30. September 2005 geltenden Tarifrecht (BAT, MTArbBund/BMT-G) in das Tarifrecht des TVöD rechtswahrend und sozialverträglich zu überführen sowie Besitzstands- und sonstige Sonderregelungen für eine Übergangszeit zu treffen. Ebenfalls in dieses Paket gehören die Elemente einer Lohnrunde 2005 mit Geltungsdauer bis in das Jahr 2007.

Unter Beachtung der vorstehende n Ausführungen gehen mit der Tarifierung des TVöD unter anderem folgende Mehrkosten einher: Einmalzahlungen von je 300 (Auszubildende je 100) in den Jahren 2005 bis 2007 würden sich für das Land Hessen in der Summe auf ca. 60 Mio. belaufen.

Weihnachts- und Urlaubsgeld sind für die Jahre 2005 und 2006 neuerlich in Höhe von 82,14 v.H. vereinbart worden und werden ab 2007 auf einer kalkulierten Basis von 100 v.H. mit einer Absenkungsstaffel (90/80/60 v.H. in Abhängigkeit von der Eingruppierung) weitergeführt. Die auf Grundlage der Absenkungsstaffel kalkulierte Differenz wird als Leistungsentgelt ab 2007 in Höhe von 1 v.H. und in den Folgejahren mit dem Ziel eines Gesamtvolumens in Höhe von 8 v.H. ausgekehrt und obligatorisch kassenwirksam. Für das Land Hessen würden sich die mit der v.g. Leistungszulage einhergehenden Mehrkosten auf ca. 24 Mio. im Jahr 2007 bis hin zu ca. 192 Mio. jährlich in den Folgejahren belaufen.

Für vorhandene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind umfassende Besitzstandsregelungen vorgesehen. Die in BAT, MTArb-Bund/BMT-G vorgesehenen und im TVöD wegfallende n Lebensaltersstufen- und Stufenaufstiege werden teilweise durch Strukturausgleichszulagen, die erstmals zwei Jahre nach Inkrafttreten zu zahlen sind, ausgeglichen. Bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, deren bisherige Bezüge bereits über der Endstufe der neuen Tabelle liegen, wird der Besitzstand mit allgemeinen Lohnerhöhungen dynamisiert.

Überproportionale Entgeltsteigerungen von teilweise über 10. v.H. (bis zu mtl. 500), insbesondere im Hochschulbereich, sind aus Sicht der Landesregierung nicht zu rechtfertigen und von den Hochschulen nicht aufzubringen.

Frage 2. Welche Veränderung der Ausgaben würde für das laufende Jahr entstehen, wenn das Land den TVöD anwenden würde?

Einmalzahlungen von je 300 (Auszubildende je 100) aus dem Jahr des Inkrafttretens würden sich für die hessische Landesverwaltung auf einen aktuellen Gegenwert von ca. 20 Mio.. belaufen.

Frage 3. Stimmt die Landesregierung insbesondere der Aussage in der in Frage 1 zitierten Quelle zu, dass bei Ehepaaren im öffentlichen Dienst eine Halbierung des Ortzuschlages nicht mehr möglich ist, wenn ein Partner beim Land und der andere Partner beim Bund oder einer Kommune beschäftigt ist?

Die Aussage ist zutreffend, soweit der bei Bund oder Kommune beschäftigte Ehepartner dem Geltungsbereich des TVöD unterfällt. Die Aussage ist nicht zutreffend, soweit der Ehepartner in einem Beamtenverhältnis zu Bund oder Kommune steht.

Mit der Konkurrenzregelung zum Orts- und Familienzuschlag soll sichergestellt werden, dass in Fällen der Anspruchskonkurrenz die familienbezogenen Vergütungs- und Besoldungsbestandteile insgesamt höchstens einmal aus öffentlichen Kassen gezahlt werden. Ein Konkurrenzfall liegt vor, wenn beide Ehepartner einen Anspruch auf den Verheiratetenanteil im Orts- Familienzuschlag haben. Infolge der Konkurrenz wird der Verheiratetenbestandteil halbiert (§ 40 Abs. 4 BBesG/§ 29 Abschn. B Abs. 5 BAT).

Da der im Geltungsbereich des TVöD beschäftigte Ehepartner keine dem Familienzuschlag der Stufe 1/Ortszuschlag der Stufe 2 entsprechende Leistung erhält, liegt kein Konkurrenzfall vor, mit der Folge, dass der Verheiratetenbestandteil aufgrund gesetzlicher und tariflicher Verpflichtung in voller Höhe zu zahlen ist.

Im Ergebnis ist damit festzustellen, dass das Land Hessen seit 1. Oktober 2005 den ehegattenbezogenen Orts- bzw. Familienzuschlag unabhängig davon, ob der Ehepartner in der Privatwirtschaft, im Geltungsbereich des MTArb oder des TVöD beschäftigt wird oder auch selbstständig oder nicht erwerbstätig ist, in voller Höhe zahlt.

Frage 4. Wie viele Fälle, wie sie in Frage 3 beschrieben werden, treten in der Landesverwaltung auf?

Wie verfährt die Landesregierung in diesen Fällen?

Statistische Auswertungen aus den Personalabrechnungssystemen sind nicht möglich. Die für die Festsetzung der Bezüge zuständigen Stellen verfahren entsprechend den tarifrechtlichen bzw. den gesetzlichen Vorschriften des BAT und BBesG.