Bilinguale Unterrichtsangebote
Während bilinguale Unterrichtsangebote allein von der Schule geplant und durchgeführt werden, bedarf die Einrichtung eines bilingualen Zuges der Zustimmung des Staatlichen Schulamtes. Die Entwicklung bilingualer Unterrichtsangebote ist in das Schulprogramm nach § 127b des Hessischen Schulgesetzes aufzunehmen. Über die Form der konkreten Umsetzung entscheidet die Gesamtkonferenz. Grundlage des zweisprachigen Unterrichts, egal ob als bilinguales Unterrichtsangebot oder als bilingualer Zug, ist der Lehrplan für das jeweilige Fach, der unter Berücksichtigung methodisch- didaktischer Aspekte des Unterrichts in einer Fremdsprache umzusetzen ist. Alle Fächer außer Deutsch und Fremdsprachen kommen für den bilingualen Unterricht infrage. Während in gesellschaftswissenschaftlichen Fächern (Politik und Wirtschaft, Geschichte, Erdkunde) fremdsprachliche und interkulturelle Kompetenzen vermittelt werden, erfolgt in mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern in der Regel eine Übersetzung der Lehrplan- oder Prüfungsinhalte.
Nach der "Verordnung über die Stundentafel für die Primarstufe und die Sekundarstufe I" vom 20. Dezember 2006 (ABl. 1/07 S. 2) kann im gymnasialen Bildungsgang der bilinguale Unterricht im letzten Schuljahr des Sachfaches in der Mittelstufe auch auf die Verpflichtung in der Fremdsprache angerechnet werden. Voraussetzung ist, dass das bilinguale Sachfach mindestens zwei Schuljahre durchgehend betrieben worden ist oder in der gymnasialen Oberstufe durchgehend fortgeführt wird. Wird beispielsweise im verkürzten Bildungsgang des Gymnasiums (G 8) Politik und Wirtschaft oder Geschichte bilingual in der ersten Fremdsprache Englisch unterrichtet, so können die insgesamt sieben bzw. sechs Wochenstunden in der Jahrgangsstufe 9 auch anders als in der Stundentafel vorgesehen (3 + 4 Std. bzw. 2 + 4 Std.) verteilt werden. Analog gilt dieses bezogen auf die Jahrgangsstufe 8 für Erdkunde bilingual in der zweiten Fremdsprache Französisch mit insgesamt fünf Wochenstunden (2 + 3 Std.) oder für andere bilinguale Fächer.
In den Zeugnissen wird nach der "Verordnung zur Gestaltung des Schulverhältnisses" vom 21. Juni 2000 (ABl. 7/05, S. 510) unter "Bemerkungen" oder durch Klammersetzung beim Sachfach angegeben, in welcher Fremdsprache der bilinguale Unterricht erfolgte. Dies kann auch für einen Unterrichtsabschnitt geschehen. Die Schulen mit bilingualen Zügen vergeben zusätzlich zusammen mit den Abschlusszeugnissen "Bescheinigungen" (auch in englischer oder französischer Sprache), in denen den Schülerinnen und Schülern die Teilnahme am bilingualen Unterricht in den jeweiligen Jahrgangsstufen und Fächern zertifiziert und der Erwerb einer vertieften fremdsprachlichen und interkulturellen Kompetenz bestätigt wird. An einigen Gymnasien ist der gleichzeitige Erwerb des Abiturs und des französischen Baccalaureat möglich und an einer Schule neben dem Abitur die italienische Maturita.
Die im Folgenden genannten statistischen Daten beziehen sich ausschließlich auf die bilingualen Züge, da bilinguale Angebote statistisch nicht erfasst werden. Zu ergänzen ist, dass in den integrierten Gesamtschulen keine bilingualen Klassen gebildet werden, sondern der entsprechende Unterricht in Kursen, Projekten oder Modulen erfolgt. Insofern konnten die Aktivitäten dieser Schulform - ebenso wie die entsprechenden bilingualen Unterrichtsformen der anderen Schulformen - in die Datenlage nicht aufgenommen werden.
Diese Vorbemerkung vorangestellt, beantworte ich im Einvernehmen mit der Sozialministerin die Kleine Anfrage wie folgt:
Frage 1. Wie hat sich der bilinguale Unterricht in Hessen seit dem Schuljahr 1999/2000 zahlenmäßig entwickelt? Wie viele bilinguale Klassen gibt es in den einzelnen Bildungsgängen (Grundschule, Haupt-, Realschule und Gymnasium), aufgelistet nach Schulamtsbezirken, insgesamt in Hessen?
In Hauptschulen gibt es keine bilingualen Klassen. In der Grundschule sind es nach Auskunft der Staatlichen Schulämter (s. Anlage 1) in Hessen insgesamt 12, in der Realschule 93 und im Gymnasium 296.
Frage 3. Wo führen bilinguale Kindertagesstättenangebote auf ein bilinguales Schulangebot hin und wie gestaltet sich der Übergang?
Über die pädagogische Konzeption einer Tageseinrichtung für Kinder entscheidet der Einrichtungsträger in eigener Verantwortung. Ob und wo in den 3.800 hessischen Tageseinrichtungen ein bilinguales Angebot besteht, wird statistisch nicht erfasst. In der Anlage 2 findet sich eine Auflistung der dem Sozialministerium bekannten Tageseinrichtungen mit bilingualem Angebot, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Demnach konzentrieren solche Angebote sich vorwiegend im südhessischen Ballungsraum.
Auch über die Verzahnung mit bilingualen Angeboten in der Schule und über die Gestaltung der Übergänge liegen keine landesweiten Informationen vor. Allgemein ist festzustellen, dass sich Tageseinrichtungen und Grundschulen, nicht zuletzt im Gefolge der Diskussion um den hessischen Bildungs- und Erziehungsplan, verstärkt um Zusammenarbeit, um die Abstimmung der pädagogischen Inhalte und um fließende Übergänge zwischen beiden Bildungsorten bemühen. Bei den in der Anlage 2 genannten Einrichtungen dürfte die Verzahnung der bilingualen Angebote insbesondere dort unproblematisch sein, wo Tageseinrichtung und Schule dem gleichen Träger angehören.
Frage 4. Wie wird der Übergang zwischen bilingualem Grundschulangebot und bilingualer weiterführender Schule gestaltet?
Der Übergang der bilingual arbeitenden Grundschulen führt ausschließlich zu bilingual arbeitenden Gymnasien und nicht zu anderen Bildungsgängen.
Für alle drei Grundschulen in Frankfurt besteht eine enge Kooperation mit den entsprechenden weiterführenden Schulen, und zwar zwischen der Textorschule (deutsch-französisch) und der Carl-Schurz-Schule sowie der Mühlberg- und der Holzhausenschule (beide deutsch-italienisch) mit der Freiherrvom-Stein-Schule.
Frage 5. Wie viele Lehrerstellen sind in den bilingualen Klassen insgesamt gebunden?
Es werden zurzeit 26 Lehrerstellen für bilinguale Bildungsangebote zur Verfügung gestellt.
Frage 6. In welchem Umfang werden Lehrerstellen durch Auslandsvertretungen finanziert?
Grundschule:
Die Mühlbergschule in Frankfurt erhält je Klasse eine halbe Stelle und die Holzhausenschule in Frankfurt erhält je Klasse 1 Stelle für Muttersprachler.
Dies sind insgesamt 6 Stellen, die durch die Republik Italien zur Verfügung gestellt werden.
Realschule:
Die Realschulen erhalten keine Auslandsfinanzierung.
Gymnasium:
Die Gymnasien erhalten ebenfalls keine Auslandsfinanzierung.
Frage 7. Welche Fremdsprachen werden im Rahmen des bilingualen Unterrichts in Hessen unterrichtet?
Im Rahmen der bilingualen Züge an hessischen Schulen werden als Fremdsprachen Englisch, Französisch und Italienisch angeboten.
Frage 8. Gibt es verbindliche pädagogische Standards für den bilingualen Unterricht und müssen Schulen diesbezüglich Konzepte vorweisen?
Wenn ja, welches sind hier die verschiedenen Ansätze?
Anwendung finden die allgemeinen Standards, welche für das Sachfach gelten, die Lehrpläne und natürlich auch jene für die Fremdsprache. Im Landesabitur wurden dieses Jahr erstmalig zentrale Aufgaben für Geschichte in Englisch und Französisch sowie für Politik und Wirtschaft in Englisch und Französisch gestellt.
An den Grundschulen wurde an jeder Schule ein Konzept für den bilingualen Unterricht erarbeitet.
Frage 9. Wie gestaltet sich die Lehrerausbildung für den bilingualen Unterricht?
Die Ausbildung während des Studiums (1. Phase) umfasst vielfach bilinguale Anteile, da in vielen Fächern fremdsprachliche Literatur zu bearbeiten ist und Veranstaltungen nicht nur in Deutsch abgehalten werden. Die von Hochschulen vergebenen entsprechenden Zertifikate werden bei der Lehrereinstellung im Rahmen von schulbezogenen Ausschreibungen berücksichtigt.
Die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern im Vorbereitungsdienst (2.
Phase) findet an den Ausbildungsschulen mit bilingualen Angeboten und den Studienseminare statt. Beispielhaft für den gymnasialen Bereich ist das Wahlmodul "Bilingual" in Kassel, der Workshop als Abrufangebot "Moby Dick" in Frankfurt oder die entsprechenden Ausbildungsmodule in Gießen, Fulda, Oberursel und Darmstadt zu nennen.
Die Universität Frankfurt vergibt das Zertifikat "Bilinguales Lernen und Lehren", das vom Institut für Qualitätsentwicklung akkreditiert ist, an Lehrkräfte an hessischen Schulen aller Schulformen mit der Fremdsprache Englisch oder Französisch bzw. Muttersprachler in Verbindung mit einem Sachfach, z. B. Geschichte, PoWi, Erdkunde, Biologie, Physik, Mathematik, Kunst, Musik, Sport o.a. Frage 10. Gibt es Fortbildungsangebote für Lehrkräfte für den bilingualen Unterricht?
Wenn ja, welche?
Das Amt für Lehrerbildung unterstützt mit dem 2001 beim Bildungsserver Hessen eingerichteten Internetportal "Bilinguales Lernen Online" regionale