Umweltbelastungen im Hessischen Ried

Das Hessische Ried insbesondere im Umkreis der Gemeinde Biebesheim war aufgrund von Umweltbelastungen durch verschiedene Verursacher mehrmals Bestandteil von Untersuchungen.

So erfolgte im August 1980 die Veröffentlichung einer Analyse der Umweltbelastungen im Südteil des Landkreises Groß-Gerau im Auftrag durch das Hessische Ministerium für Landesentwicklung, Umwelt, Landwirtschaft und Forsten.

Darüber hinaus wurde ein Human-Biomonitoring in der Umgebung der Sonderabfall-Verbrennungsanlage (SAV) Biebesheim von 1994 bis 1997 durchgeführt. Dieses Monitoring stellte bei verschiedenen Schadstoffen erhöhte Werte bei Kindern fest, z. B. Hexachlorbenzol (HCB), beta HCH, Quecksilber, Chrom und DDE. Vorbemerkung des Ministers für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz

Die Vorbemerkung vermittelt den Eindruck, das Hessische Ried im Umkreis der Gemeinde Biebesheim weise besondere Umweltbelastungen auf und sei deshalb mehrmals Bestandteil von Untersuchungen gewesen. Dies trifft so nicht zu. Richtig ist, dass das Hessische Ried zum einen durch seine Lage zwischen den Ballungsräumen Rhein-Main und Rhein-Neckar und zum anderen durch intensive Nutzungsansprüche von Landwirtschaft, Industrie und Wohnen geprägt ist. Das vom damaligen Ministerium für Landesentwicklung, Umwelt, Landwirtschaft und Forsten in Abstimmung mit dem Landkreis Groß-Gerau in Auftrag gegebene und im August 1980 veröffentlichte Gutachten zur Analyse der Umweltbelastungen im Südteil des Landkreises Groß-Gerau weist bereits darauf hin, dass es sich nicht um einen "ländlichen Raum" handelt. Dieses Gutachten hatte zwei Zielsetzungen:

- "Zusammenfassung, Analyse und Bewertung der umweltrelevanten Erkenntnisse über den Teilraum,

- Beurteilung der durch den Ausbau der Sonderabfall-Verbrennungsanlage der HAVG in Biebesheim und der beantragten Projekte der Firma Merck in Gernsheim zu erwartenden Einflüsse auf die Umgebung."

Die Aussagen sollten Entscheidungshilfen für die betreffenden Zulassungsverfahren und bei der Formulierung langfristiger Entwicklungsziele liefern.

Ausgelöst durch die Umweltdebatte über die Pläne zur Erweiterung der Sonderabfallverbrennungsanlage in Biebesheim um einen dritten Ofen und basierend auf der Koalitionsvereinbarung für die 13. Legislaturperiode des Hessischen Landtages hat die Landesregierung Ende der 1980er-Jahre ein umfassendes Biomonitoring-Programm für die Region beschlossen. Das zwischen 1994 und 1997 durchgeführte Human-Biomonitoring war Teil dieses Programms.

Die Untersuchungen standen also jeweils in Bezug zu bestimmten Projekten, von denen in der öffentlichen Diskussion Umweltbelastungen erwartet wurden.

Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Frage 1. Welche Belastungen der Umwelt sind in den Südkreiskommunen Riedstadt, Stoc kstadt, Biebesheim und Gernsheim noch immer vorhanden bzw. neu hinzugekommen (bitte unter Nennung der Verursacher und der jeweiligen Belastung)?

Die Entwicklung der Umweltbelastung durch Emissionen der Hauptemittenten Industrie, Verkehr und Gebäudeheizung lässt sich nur anhand der jeweiligen Emissionskataster nachvollziehen. Die Berichterstattungspflicht für die Industrie besteht seit dem Jahr 1992, für die Gebäudeheizung seit 1994 und für den Verkehr seit 1995. Eine Aktualisierung der Daten ist bei der Industrie alle vier Jahre vorgesehen, beim Verkehr alle fünf und bei der Gebäudeheizung alle sechs Jahre. Ein Vergleich der Emissionen (ohne Kohlendioxid) der drei Emittenten in den Städten Riedstadt, Stockstadt, Biebesheim und Gernsheim über die Jahre hinweg ergibt sich aus Anlage 1.

Die Emissionsbelastung durch die Industrie im betreffenden Raum ist im Vergleich zu den Emissionen aus Verkehr und Gebäudeheizung relativ gering. Sie ist im Vergleich mit den Emissionen 1992 sogar um 16 v.H. gesunken. Auch beim Verkehr zeichnet sich ein Rückgang der Emissionen ab, allerdings noch auf einem sehr hohen Niveau. Der einzige Negativtrend ist bei den Emissionen aus der Gebäudeheizung zu verzeichnen. Nach Vorliegen der Emissionskataster für Verkehr und Gebäudeheizung Anfang 2008 wird sich ein aktuelleres Bild ergeben.

Frage 2. Welche Untersuchungen wurden in den letzten zehn Jahren mit welchem Ergebnis durchgeführt?

Neben einer geologischen und bodenkundlichen Kartierung wurde in der Region Biebesheim in den Achtziger- und Neunzigerjahren eine Vielzahl von Bodenuntersuchungen durchgeführt. Zur Beurteilung der Belastungssituation der Böden in der Region wurden die verschiedenen Datenkollektive zusammengeführt und die wesentlichen Ergebnisse im Jahr 1999 im Geologischen Jahrbuch Hessen mit dem Titel "Schwermetalle und organische Schadstoffe in Böden der Region Biebesheim (nördliche Oberrheinebene)" veröffentlicht (Geol. Jb. Hessen 127: 83-129).

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Belastungssituation der Böden in der Region für den überwiegenden Teil der untersuchten Standorte den Hintergrundwerten entspricht; d.h. dem Schadstoffgehalt eines Bodens, der sich aus dem natürlichen Grundgehalt eines Bodens und der ubiquitären Stoffverteilung als Folge diffuser Einträge in den Boden zusammensetzt.

Abgesehen von dem fluvialen Eintrag in die Auensedimente des Rheins und einer seit Ende der Siebzigerjahre bekannten HCH-Verwehung wurde keine regionale Belastungsquelle lokalisiert. Einzelne Ausreißerwerte wurden durch räumlich begrenzte Einträge erklärt, ohne dass eine flächenhafte Belastung erkennbar war.

Über die routinemäßigen Programme zur Erfassung der Umweltqualität hinaus wurden keine weiteren Untersuchungen - auch nicht zum HumanBiomonitoring - durchgeführt oder in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse der routinemäßigen Programme sind im Umwelt-Atlas auf den Internetseiten des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie (www.hlug.de) öffentlich zugänglich.

Frage 3. Welche Maßnahmen wurden daraufhin jeweils ergriffen?

Die Bodenuntersuchungen werden an den drei in der Region eingerichteten Dauerbeobachtungsflächen Biebesheim, Eschollbrücken und Allmendfeld kontinuierlich fortgeführt. Die Notwendigkeit, weitere Maßnahmen zu ergreifen, bestand nicht.

Frage 4. Welche als Altlast eingestufte Mülldeponien sind in den Kommunen vorhanden und wann wurden diese mit welchem Ergebnis untersucht?

Im hessischen Altlasten-Informations-System (ALTIS) sind insgesamt 34

Altablagerungen in den Kommunen Biebesheim, Gernsheim, Stockstadt und Riedstadt erfasst. Von den in der Gemeinde Gernsheim gelegenen Altablagerungen wurden acht als Altlast eingestuft; eine als Altlast eingestufte Altablagerung befindet sich in Riedstadt, Erfelden. In den Gemeinden Biebesheim und Stockstadt sind hingegen keine Altablagerungen mit dem Status "Altlast" in ALTIS erfasst.

Bei der Altlast in der Gemeinde Riedstadt handelt es sich um die ehemalige Deponie Klauer. Diese Altlast ist nahezu abschließend untersucht. Teilbereiche wurden durch Herstellung einer Oberflächenabdeckung saniert. Das

Grundwasser ist an einer Stelle im Abstrom beeinträchtigt und wird langfristig überwacht.

Bei den genannten Altlasten in der Stadt Gernsheim handelt es sich um 8

Flöze der Firma Merck. Die Flöze bestehen aus Ablagerungen von Hexachlorcyclohexan (HCH) auf dem Betriebsgelände der Firma Merck; eines liegt außerhalb auf dem Gelände der Firma Waibel.

Die Schadstoffe aus den Flözen werden in das Grundwasser verlagert. Deshalb wird eine Grundwasserhaltung betrieben, welche zum einen das Grundwasser unter die Flözunterkanten absenkt und zum anderen das verunreinigte Grundwasser vollständig erfasst, damit dieses dann betrieblichen Zwecken zugeführt werden kann. Die Ausbreitung von Schadstoffen wird durch Versiegelungsmaßnahmen sowie die erwähnte Grundwasserhaltung verhindert.

Die Firma Merck hat zwischenzeitlich auf eigenes Betreiben ein Flöz geräumt und wird in diesem Jahr mit der teilweisen Entfernung eines weiteren Flözes beginnen.