Richtlinien für die Ernennung zum Professor oder zur Professorin ehrenhalber
Nach § 85a HHG kann die Landesregierung seit dem 24. Dezember 2004 Personen, die sich in besonderer Weise um Wissenschaft oder Kunst verdient gemacht haben, auf Vorschlag des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst den Ehrentitel "Professorin" oder "Professor" verleihen.
Diese Vorbemerkung vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:
Frage 1: Was sind die Kriterien des Wissenschaftsministeriums für solche Vorschläge?
Nach § 85a des Hessischen Hochschulgesetzes kann die Landesregierung Personen, die sich in besonderer Weise um Wissenschaft oder Kunst verdient gemacht haben, auf Vorschlag des Ministeriums den Ehrentitel "Professorin" oder "Professor" verleihen.
Frage 2: Wem wurde der Titel bislang aufgrund welcher wissenschaftlichen Verdienste verliehen?
Frage 3: Sind unter den ernannten Professorinnen und Professoren Personen, die keine eigenen wissenschaftlichen Leistungen erbracht haben, sondern denen der Titel aufgrund von Mäzenatentum verliehen wurde?
Wenn ja, welche Personen?
Der Ehrentitel "Professorin" oder "Professor" wurde bislang folgenden Personen verliehen: Herrn Siegfried Heinrich (Tag der Verleihung: 12. April 2006)
Der dem Dresdener Kreuzchor entstammende und an der Frankfurter Musikhochschule ausgebildete Kirchenmusiker hat die Stadt Bad Hersfeld und die Stiftsruine zu einem international beachteten Zentrum der Musikpflege werden lassen. Seinem nunmehr fünfundvierzigjährigen Wirken ist es zu danken, dass die Bad Hersfelder Festspiele nicht nur durch ein anspruchsvolles Konzertprogramm ergänzt wurden, sondern seit 1980 auch regelmäßig Opernaufführungen im Rahmen des Festspielsommers stattfinden.
Mit der Einladung osteuropäischer Orchester und Chöre hat er bereits zu Zeiten des Kalten Krieges Bad Hersfeld zu einem wichtigen Zentrum des ost-westlichen Kulturaustausches gemacht. Neben Bad Hersfeld gehören aber auch Frankfurt am Main mit Aufführungen des Frankfurter Konzertchores und Marburg (Marburger Bachchor) zu seinen Wirkungsstätten. Überregionale Beachtung fanden die von ihm initiierten Internationalen Bachtage Hessen-Thüringen.
Der Ausbildung und Förderung des künstlerischen Nachwuchses hat Herr Heinrich in seiner Arbeit immer besondere Bedeutung zugemessen. In den von ihm geleiteten Aufführungen vertraute er jungen Künstlern regelmäßig Eingegangen am 4. Januar 2008 · Ausgegeben am 21. Januar 2008 größere Partien und solistische Aufgaben an. Auch seine Lehrtätigkeit an der Musikakademie und später der Gesamthochschule Kassel wurde dieser Verantwortung für den Nachwuchs gerecht. Das auf seine Idee und Initiative hin und mithilfe von Land und Stadt errichtete Johann-Sebastian-Bach-Haus in Bad Hersfeld erweist sich nicht nur als idealer Aufführungs- und Probenraum für die musikalische Arbeit vor Ort, sondern entwickelt sich auch zu einem Treffpunkt der überregionalen Musikszene.
Herrn Senator e.h. Carlo Giersch (Tag der Verleihung: 9. Mai 2006) Herr Giersch ist seit vielen Jahren für die hessische Hochschullandschaft außerordentlich erfolgreich tätig. Zunächst war seine Tätigkeit - 1989 beginnend - auf die TU Darmstadt konzentriert. Durch seinen Einsatz entstand ein reger Austausch zwischen der TU Darmstadt und der University of Florida in Gainesville. Dieses Engagement wurde weiter verstärkt durch den Kauf des Chalets LEridan in La Clusaz, das Herr Giersch einer eigens gegründeten Stiftung an der TU Darmstadt übergab. Die von ihm insbesondere für den Betrieb des Chalets gegründete Carlo-und-Karin-Giersch-Stiftung an der TU Darmstadt vergrößerte und verbreiterte ihre Aktivitäten schrittweise, z.B. durch eine eigene Schriftenreihe, die so genannte Edition Universität; durch einen Förderpreis für E-Learning und einen Förderpreis für besondere Verdienste für Internationalität. Darüber hinaus hat er mit dem Kauf des sogenannten Bosch-Gebäudes und der Entwicklung des Technologie- und Innovationszentrums Darmstadt einen erheblichen Beitrag für die Wissenschaft in Darmstadt geleistet.
Die Wissenschaft in Hessen hat Herr Giersch in den letzten Jahren auch an anderer Stelle massiv unterstützt. Sein Wohnhaus hat er als Gästehaus der Universität Frankfurt überlassen. Er war der entscheidende Motor der Realisierung des Frankfurt Institute of Advanced Science (FIAS) und er unterstützt das Senckenberg-Museum.
Herr Giersch ist im Hochschulrat der TU Darmstadt sowie der Hochschule für Gestaltung Offenbach tätig.
Herrn Dr. Salomon Korn (Tag der Verleihung: 23. Mai 2006)
Durch sein vielfältiges ehrenamtliches Engagement, durch seine intensive Vortrags- und Publikationstätigkeit, durch seine Tätigkeit in zahlreichen wissenschaftlichen und Gedenkstätten-Beiräten und durch seine Tätigkeit als Juror hat sich Dr. Salomon Korn in besonderer Weise um die wissenschaftliche und künstlerische Aufarbeitung des Holocausts und der Nachkriegsgeschichte der Juden in Deutschland sowie um die Erinnerungskultur der Bundesrepublik Deutschland verdient gemacht.
Dr. phil. Salomon Korn, geboren 1943 in Lublin, ist Architekt u.a. des Jüdischen Gemeindezentrums in Frankfurt am Main, Mitglied der Kommission zur Erforschung der Geschichte der Frankfurter Juden, Mitglied des Stiftungsbeirates "Brandenburgische Gedenkstätten" und "Sächsische Gedenkstätten", Mitglied im Kuratorium des Dombauvereins Speyer, Vorstandsmitglied der Ludwig-Börne-Stiftung, Preisrichter in verschiedenen Gestaltungswettbewerben (u.a. erste Jury "Holocaust-Mahnmal" Berlin), Vorstand der Jüdischen Gemeinde Frankfurt am Main und Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland. Er hat zahlreiche grundlegende Aufsätze in Zeitschriften und Sammelwerken zur Strafvollzugsreform, Synagogenarchitektur, Mahnmalskultur und Geschichte der Juden in Deutschland nach 1945 veröffentlicht.
Buchpublikationen sind u.a.: Geteilte Erinnerung. Beiträge zur deutschjüdischen Gegenwart; Die fragile Grundlage. Auf der Suche nach der deutsch-jüdischen Normalität.
Herrn Dr. h.c. Ludwig Georg Braun (Tag der Verleihung: 6. September 2006) Herr Dr. Braun hat sich als Vorstandsvorsitzender der Fa. Braun AG durch die bereits 1989 mit der damaligen Gesamthochschule und heutigen Universität Kassel abgeschlossene und seither unverändert gültige Vereinbarung zur Förderung von Wissenschaft und Kunst in hervorragender Weise um die Wissenschaft verdient gemacht.
Wesentlicher Teil dieser Vereinbarung war die Errichtung des "Otto-BraunFonds" durch Herrn Dr. Braun mit einem Kapital von damals fünf Mio. DM, aus dessen Erträgen seither zur Förderung von Nachwuchswissen schaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern sowie jungen Künstlerinnen und Künstlern jährlich Stipendien im Umfang von 200.000 für Promotionsarbeiten sowie künstlerische Abschlussarbeiten gewährt werden. Seit 1999 werden aus Mitteln des Otto-Braun-Fonds auch die weit über den Kasseler Raum hinaus beachteten Haydauer Hochschulgespräche finanziert, welche jährlich stattfinden und eine wissenschaftlich aktuelle Fragestellung zum Gegenstand haben.
Herrn Dr. Reinfried Pohl (Tag der Verleihung: 9. Mai 2007) Herr Dr. Pohl hat als ehemaliger Absolvent der Universität Marburg eine außerordentlich enge Beziehung zu seiner alma mater. Er hat sich in besonderer Weise um Wissenschaft und Kunst verdient gemacht. Äußerer Ausdruck ist die Verleihung der doppelten Ehrendoktorwürde durch die Fachbereiche Rechtswissenschaft und Medizin; seit 1998 ist er darüber hinaus Ehrensenator der Universität. Auch die ihm im Dezember 2006 zuerkannte Ehrenbürgerwürde der Stadt Marburg wurde ganz wesentlich mit seinen Verdiensten um die Universität Marburg begründet. Es kommt hinzu, dass Herr Dr. Pohl zeitgleich mit der Ehrenbürgerwürde vom Ministerpräsidenten mit dem Bundesverdienstkreuz in der zweithöchsten Ordensstufe "Großes Verdienstkreuz mit Stern" ausgezeichnet wurde und dies gerade auch mit seinen Verdiensten "um die Förderung von Wissenschaft und Forschung" begründet wurde.
Im Einzelnen sind seit der Gründung der Reinfried Pohl-Stiftung zur Unterstützung der Philipps-Universität in Forschung und Wissenschaft 1997 folgende Aktivitäten herauszuheben:
- maßgebliche finanzielle Unterstützung der im Fachbereich Rechtswissenschaft angesiedelten Forschungsstelle für Finanzdienstleistungsrecht, dort Ausrichtung von Tagungen und Unterstützung für wissenschaftliche Publikationen, zwei Doktorandenstipendien;
- Zurverfügungstellung einer größeren Zahl von Laptops für die Studierenden des Fachbereichs Rechtswissenschaft;
- finanzielle Unterstützung für das Universitätsjubiläum 2003 (Erne uerung der Bestuhlung in der alten Aula, Restaurierung der dortigen Orgel);
- Stiftung einer auf sieben Jahre angelegten Professur für Kardioprävention (C3) im Fachbereich Medizin;
- Stiftung einer weiteren Forschungsprofessur für Molekulare Kardiologie (W2 für 5 Jahre);
- Stiftung eines Lernzentrums für den Fachbereich Medizin.
Nicht nur die finanziellen Aufwendungen zugunsten der Universität Marburg, sondern auch die bereits über viele Jahre sich erstreckenden Aktivitäten von Herrn Dr. Pohl zugunsten der Philipps-Universität Marburg sind hervorzuheben.
Herrn Dr. h.c. Arno Lustiger (Tag der Verleihung: 20. Juni 2007) Herr Dr. h.c. Arno Lustiger hat sich durch jahrzehntelange historische Forschungs- und Publikations-, Vortrags- und Lehrtätigkeit zur Geschichte der europäischen Juden, insbesondere zum jüdischen Widerstand gegen das NSRegime, in hervorragender Weise um die Wissenschaft verdient gemacht.
Der Überlebende des Holocaust und Mitbegründer der jüdischen Nachkriegsgemeinde in Frankfurt am Main, Arno Lustiger, publizierte u. a. "Jüdische Stiftungen in Frankfurt am Main" (Frankfurt am Main 1989, als Editor) - mit zahlreichen Biografien vergessener und verdrängter jüdischer Stifter, "Schalom Libertad! Die Juden im spanischen Bürgerkrieg" (Frankfurt am Main 1989) - mit unzähligen Biografien längst vergessener und verdrängter jüdischer Spanienkämpfer. Diesem Buch folgten unter anderem das große Standardwerk "Zum Kampf auf Leben und Tod. Das Buch vom Widerstand der Juden 1933 - 1945" (Köln 1994), das die ganze politische Breite und Vielfalt des jüdischen Engagements im Widerstand gegen Hitler auffächert, das "Rotbuch. Stalin und die Juden. Die tragische Geschichte des Jüdischen Antifaschistischen Komitees und der sowjetischen Juden" (Berlin 1998), in dem von der widersprüchlichen Haltung Stalins gegenüber den jüdischen Partisanen und vom stalinistischen Antisemitismus berichtet wird, die kritische, Arno Lustigers Forschungsmotivation erschließende EssaySammlung "Wir werden nicht untergehen. Zur jüdischen Geschichte" (Berlin 2002) und zu seinem 80. Geburtstag die autobiografischen Bände "Sing mit Schmerz und Zorn" (Berlin 2004) und ebenfalls 2004 der von Basil