Organisation des Bereitschaftsdienstes der Richter

Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt:

Frage 1. Welche unterschiedlichen Organisationsmöglichkeiten zur Gewährleistung des richterlichen Bereitschaftsdienstes stehen unter Beachtung der verfassungs- und bundesrechtlichen Vorgaben gegenwärtig zur Verfügung?

Der richterliche Bereitschaftsdienst kann zum einen durch Anwesenheit des Richters am Dienstort abgeleistet werden, zum anderen gibt es die Möglichkeit der Rufbereitschaft. Bei der Rufbereitschaft ist der Richter entweder durch ein Diensthandy oder über seine private Telefonnummer erreichbar.

Die telefonische Erreichbarkeit während des Zeitraums der Bereitschaft muss durch den Richter gewährleistet werden. Die Telefonnummern werden in der Regel bei den zuständigen Polizeidienstellen und den sonstigen Stellen hinterlegt, sodass diese im Bedarfsfall den zuständigen Richter schnell erreichen können.

Frage 2. Welche Organisationsform wird dabei den genannten Vorgaben, insbesondere dem Grundsatz des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, am besten gerecht?

Die beiden Organisationsformen, die Anwesenheit am Dienstort und die Rufbereitschaft, werden beide gleich dem Grundsatz des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gerecht. In beiden Fällen wird der gesetzliche Richter ursächlich nicht entzogen.

Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Mai 2002, nach der ein Richter "jedenfalls zur Tageszeit" (6.00 bis 21.00 Uhr) erreichbar sein muss, kann - offensichtlich - die Rufbereitschaft am günstigsten Rechnung tragen.

Frage 3. Worin bestehen die jeweiligen Vor- und Nachteile der verschiedenen Organisationsformen?

Durch die Rufbereitschaft entfällt der Anfahrtsweg des Richters an den Dienstort, wenn keine notwendigen Arbeiten während des Bereitschaftsdienstes anfallen. Ist jedoch sein Erscheinen notwendig, können zeitliche Verzögerungen durch den Anfahrtsweg an das Gericht auftreten.

Frage 4. Wie ist der Bereitschaftsdienst in der hessischen Justiz derzeit organisiert?

Die Behördenleitungen regeln gemäß § 17 Abs. 6 der Geschäftsordnung für die Gerichte und Staatsanwaltschaften (GO) - RdErl. d. MdJ. v. 18. Juni 2002, - 1463 - II/6 - 128/99, JMBl. S. 401 - den Dienst für Eilfälle an Sonnabenden, Sonn- und Feiertagen und an anderen dienstfreien Tagen (welches auch die Zeit nach Feierabend an Arbeitstagen ist, siehe Antwort auf Frage 2) in erforderlichem Umfang und unter Berücksichtigung der örtlichen Bedürfnisse eigenverantwortlich. Da die Ausgestaltung des Bereitschaftsdienstes den Behördenleitungen obliegt, kann zu dieser Frage nichts Näheres ausgeführt werden.

Frage 5. Aus welchen Gründen hat die Landesregierung bisher von der Nutzung der Möglichkeit zum Erlass einer Bereitschaftsdienst-Verordnung nach § 22c Abs. 1 GVG Abstand genommen?

Die Hessische Landesregierung hat von der Möglichkeit des § 22c Abs. 1 GVG, für mehrere Amtsgerichte im Bezirk eines Landgerichts einen gemeinsamen Bereitschaftsdienstplan aufzustellen, Gebrauch gemacht. Gemäß der Verordnung zur Regelung des Bereitschaftsdienstes vom 15. September 2005, GVBl. I S. 643, wird ein gemeinsamer Bereitschaftsdienstplan für die Amtsgerichte Wiesbaden und Rüdesheim aufgestellt.

Frage 6. Wie bewertet die Landesregierung insbesondere die im Wege einer solchen Verordnung zu schaffende Möglichkeit der Heranziehung von Richtern des Landgerichts?

Nach § 22c Abs. 1 Satz 3 GVG kann in einer Verordnung über die Aufstellung eines gemeinsamen Bereitschaftsdienstplans für mehrere Amtsgerichte bestimmt werden, dass auch die Richter des jeweiligen Landgerichts zum Bereitschaftsdienst herangezogen werden. Hiervon hat die Hessische Landesregierung - wie nahezu alle anderen Bundesländer auch - bislang keinen Gebrauch gemacht. Aktuelle Änderungswünsche der gerichtlichen Praxis sind an das zuständige Fachreferat nicht herangetragen worden.

Frage 7. Sind der Landesregierung Probleme hinsichtlich der personellen Kapazitäten zur Gewährleistung des richterlichen Bereitschaftsdienstes in Hessen bekannt?

Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts Frankfurt, welches zur Beantwortung der Frage eingeschaltet worden ist, können die Anforderungen der Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts in der Gerichtspraxis umgesetzt werden und bei größeren Gerichten treten in diesem Zusammenhang keine personellen Engpässe im richterlichen Bereitschaftsdienst auf. Von einigen, insbesondere kleineren Amtsgerichten, die über nur wenige Richterstellen verfügen, werden aufgrund der Häufigkeit der Heranziehung übermäßige Belastungen des richterlichen Personals mitgeteilt und auch angeregt, zur Entlastung die landgerichtlichen Richterinnen und Richter einzusetzen.