"Schulträgerübergreifende Zusammenarbeit" bei der Weiterentwicklung von beruflichen Schulen

Die ständige Anpassung des schulischen Angebotes der beruflichen Schulen an das sich wandelnde wirtschaftliche Umfeld im Schuleinzugsbereich erfordert flexible Reaktionen in Abstimmung mit den vor Ort beteiligten Akteuren.

Der Grundsatz eines "ausbildungsplatznahen Schulangebotes" muss mit den Anforderungen an eine "praxisgerechte Schulausstattung" in Einklang gebracht werden. Dabei brauchen die Schulträger Entscheidungshilfen durch das Land.

Diese Vorbemerkung des Fragestellers vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Frage 1. An welchen beruflichen Schulen in Hessen gibt es nach oben genanntem Verständnis Veränderungsnotwendigkeiten wegen neuer oder modernisierter Ausbildungsberufe nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) bzw. wegen Strukturveränderungen in der Wirtschaft?

Die duale und auch die vollschulische Berufsausbildung in der Bundesrepublik Deutschland als auch im Lande Hessen befinden sich seit Jahren in einem dynamischen Änderungsprozess.

Seit In-Kraft-Treten des Berufsbildungsgesetzes sind insgesamt rund 330 von 350 Ausbildungsberufen neu geordnet worden.

Zum 1. August 2003 kamen sechs neue Berufe und 22 Neuordnungen hinzu.

Es werden daher in allen hessischen Berufsschulen laufend Veränderungen notwendig sein. Die Schulen müssen die moderneren Curricula umsetzen, dabei ist eine verstärkte Lernortkooperation mit der ausbildenden Wirtschaft erforderlich, die die regionalen Strukturveränderungen berücksichtigt.

Frage 2. Welche Maßnahmen hat das Ministerium ergriffen, um die Schulträger bei der Bewältigung der durch Strukturveränderungen erforderlichen Neuordnung zu unterstützen?

Die Schulträger sind nach § 145 Hessisches Schulgesetz verpflichtet, Schulentwicklungspläne aufzustellen und diese spätestens alle fünf Jahre auf ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen und fortzuschreiben.

Bei der Aufstellung der Schulentwicklungspläne sind die benachbarten Schulträger zu beteiligen. Im Rahmen dieser Beteiligung können übergreifende Regelungen für den Berufsschulbereich vereinbart werden.

Mein Haus berät die Schulträger im Rahmen des Zustimmungsverfahrens zu den Schulentwicklungsplänen bei der durch Strukturveränderungen erforderlichen Neuordnung.

Frage 3. Mit welchen Mitteln kann das Hessische Kultusministerium sicherstellen, dass der Forderung nach einem ausbildungsplatznahen Schulangebot in der Praxis auch entsprochen wird?

Ein ausbildungsplatznahes Schulangebot kann in der Praxis nur noch in Ausbildungsberufen mit einer ausreichenden Zahl von Auszubildenden sichergestellt werden. Bei der Bildung von jahrgangsbezogenen Fachklassen ist die durch Verordnung festgelegte Mindestschülerzahl 15 zu beachten.

Viele der neuen und neu geordneten Ausbildungsberufe sind den so genannten "Splitterberufen" zuzurechnen, sodass in diesen Fällen ein ausbildungsplatznahes Unterrichtsangebot nicht mehr möglich ist. Diese Tendenz wird sich auch in anderen Ausbildungsberufen weiter verstärken.

Die speziellen Anforderungen in den einzelnen Ausbildungsberufen, besonders in der Fachstufe, werden eine weitere Konzentration des Berufsschulunterrichts im Land Hessen zur Folge haben. Die dadurch frei werdenden Personalressourcen können zur Qualitätssicherung des Berufsschulunterrichts eingesetzt werden.

Die Aufrechterhaltung eines wohnort- und arbeitsplatznahen Unterrichtsangebotes für alle Ausbildungsberufe ist aufgrund der Finanzlage des Landes und aus schulfachlichen Gründen auch im Hinblick auf die Schaffung von Kompetenzzentren nicht mehr möglich.

Frage 4. Welche Berücksichtigung bei der Lehrerzuweisung, insbesondere für die beruflichen Schulen "in der Fläche", gibt es, um oben genannte Forderung zu erfüllen?

Die Lehrerzuweisung erfolgt unter Berücksichtigung der Sollklassenbildung nach einheitlichen Faktoren für alle Schulformen des beruflichen Schulwesens an die zuständigen Staatlichen Schulämter. Eine besondere Zuweisung für berufliche Schulen "in der Fläche" ist nicht erforderlich. Eventuell kurzfristig auftretende Bedarfe an Unterrichtskapazitäten können bzw. müssen aus dem Stellenpool bzw. über Lehraufträge abgedeckt werden.

Frage 5. An welchen beruflichen Schulen in Hessen gibt es vollschulische Berufsausbildungsgänge nach dem BBiG?

Eine vollschulische Berufsausbildung erfolgt:

- an der Erwin-Stein-Schule, Staatliche Glasfachschule, Hadamar, für die glasbearbeitenden Berufe,

- an den beruflichen Schulen des Odenwaldkreises, Michelstadt, für Elfenbeinschnitzer und

- an der Staatlichen Zeichenakademie Hanau für Metallbildner.

Der Beruf des Damenschneiders wird an neun beruflichen Schulen ausgebildet. Hierzu siehe beigefügte Anlage.

Frage 6. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt werden, um zusätzliche vollschulische Angebote für Ausbildungen nach dem BBiG einzurichten?

Nach dem Berufsbildungsgesetz ist die Berufsausbildung in anerkannten Ausbildungsberufen Angelegenheit der Wirtschaft. Die Berufsschule als Partner im dualen System trägt ihren Teil dazu bei.

Nur wenn aufgrund der Wirtschaftsstruktur und der wirtschaftlichen Entwicklung in einzelnen Branchen bzw. Berufszweigen eine Berufsausbildung im dualen System nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt möglich ist, aber eine Ausbildungsnachfrage besteht, können nach vorheriger Abstimmung mit der ausbildenden Wirtschaft und der Arbeitsverwaltung seitens des Landes vollschulische Berufsausbildungsgänge nach den Bestimmungen des Berufsbildungsgesetzes eingerichtet werden. Dabei ist es auch notwendig, im Vorfeld der Einrichtung solcher Ausbildungsmaßnahmen zu klären, ob und unter welchen Bedingungen die in vollschulischen Ausbildungsmaßnahmen erfolgreich ausgebildeten Jugendlichen vom Arbeitsmarkt aufgenommen werden.

Frage 7. An welchen beruflichen Schulen in Hessen gibt es Assistentenausbildungen oder Ähnliches, die in Abstimmung mit der regionalen Wirtschaft entwickelt worden sind?

Assistentenberufe allgemein

Die rechtliche Grundlage für die Assistentenausbildung bildet die Verordnung über die Ausbildung und Prüfung an den zweijährigen Berufsfachschulen, die auf einem Mittleren Abschluss aufbauen (Assistentenberufe) vom 17. Februar 2000 (ABl. S. 183). Die vollschulische Ausbildung führt zu einem schulischen Berufsabschluss.

Assistentenberufe werden an 75 öffentlichen und 10 privaten beruflichen Schulen ausgebildet. Mehrere berufliche Schulen haben die inhaltliche Ausgestaltung der jeweiligen Fachrichtung in Abstimmung mit der regionalen Wirtschaft entwickelt:

- Vogelsbergschule Lauterbach (Fachrichtungungen Informationsverarbeitung/Wirtschaft),

- Friedrich-Feld-Schule Gießen (Fachrichtung Informationsverarbeitung/Wirtschaft),

- Theodor-Litt-Schule Gießen (Fachrichtung Informationsverarbeitung/Technik),

- Willy-Brandt-Schule Gießen (Fachrichtung Bekleidungstechnik),

- Staatliche Technikerschule Weilburg (Fachrichtung Informationsverarbeitung/Technik),

- Berufliche Schule des Wetteraukreises Butzbach (Fachrichtung Umweltschutztechnik),

- August-Bebel-Schule Offenbach (Fachrichtung Informationsverarbeitung/Technik),

- Frankfurter Schule für Bekleidung und Mode (Fachrichtung Bekleidungstechnik),

- Landrat-Gruber-Schule Dieburg (Fachrichtung Informationsverarbeitung/Wirtschaft),

- Berufliche Schulen des Odenwaldkreises in Michelstadt (Fachrichtung Informationsverarbeitung/Technik).

Im Einzelfall handelt es sich bei der Abstimmung zwischen Schule und regionaler Wirtschaft um eine umfassende inhaltliche Entwicklungsarbeit mit dem Ziel eines schulbezogenen Ausbildungscurriculums. In der Regel beziehen sich Kooperationen mit der regionalen Wirtschaft, mit den zuständigen Stellen und den Einrichtungen der Arbeitsverwaltung aber auf Abstimmungen im Zusammenhang mit der Vergabe von Praktikumsplätzen sowie hinsichtlich des nachgefragten Qualifikationsprofils. Die beruflichen Schulen haben Befragungen bei Unternehmen und wissenschaftlichen Institutionen durchgeführt und Gespräche mit Betrieben und sozialpädagogischen Einrichtungen geführt sowie "runde Tische" mit den Kammern eingerichtet.

Die unterschiedlichen Kooperationen mit der regionalen Wirtschaft zielen im Wesentlichen darauf, die Vermittlungsquote der Absolventinnen und Absolventen der zweijährigen Berufsfachschule in ein stabiles Beschäftigungsverhältnis zu erhöhen.

Sozialassistenten

Die rechtliche Grundlage für die Ausbildung zur "Staatlich geprüften Sozialassistentin" bzw. zum "Staatlich geprüften Sozialassistenten" bildet die Verordnung über die Ausbildung und Prüfung an den Berufsfachschulen für Sozialassistenz vom 29. Juli 2000 (ABl. S. 791).

Die Verordnung wurde in enger Kooperation mit Praxisvertretern entwickelt. Derzeit werden unter Einbindung von Vertreterinnen und Vertretern der Praxiseinrichtungen Lehrpläne für die Berufsfachschule für Sozialassistenz erstellt.

Folgende öffentliche und private Berufsfachschulen sind einbezogen: berufliche Schulen des Landkreises Bergstraße, Lampertheim,

- Berufliche Schulen des Odenwaldkreises, Michelstadt,

- Alice-Eleonoren-Schule, Darmstadt,

- Landrat-Gruber-Schule, Dieburg,

- Berufliche Schulen Berta-Jourdan, Frankfurt am Main,

- Wingertschule, Friedberg,

- Berufliche Schulen des Main-Kinzig-Kreises, Gelnhausen,

- Eugen-Kaiser-Schule, Hanau,

- Käthe-Kollwitz-Schule, Offenbach am Main,

- Louise-Schröder-Schule, Wiesbaden,

- Aliceschule, Gießen.

- Max-Eyth-Schule, Alsfeld,

- Vogelsbergschule, Lauterbach,

- Gewerbliche Schulen des Lahn-Dill-Kreises, Dillenburg,

- Adolf-Reichwein-Schule, Limburg an der Lahn,

- Käthe-Kollwitz-Schule, Wetzlar,

- Konrad-Zuse-Schule, Hünfeld,

- Käthe-Kollwitz-Schule, Marburg,

- Berufliche Schulen des Landkreises Marburg-Biedenkopf, Biedenkopf,

- Berufliche Schulen des Landkreises Hersfeld-Rotenburg, Bad Hersfeld,

- Herwig-Blankertz-Schule, Hofgeismar,

- Elisabeth-Knipping-Schule, Kassel,

- Berufliche Schulen des Schwalm-Eder-Kreises, Schwalmstadt,

- Evanglische Ausbildungsstätten für sozialpädagogische Berufe

- Elisabethenstift -, Darmstadt,

- Ketteler-La Roche-Schule, Oberursel,

- Frankfurter Diakonissenhaus, Frankfurt am Main,

- Marienschule, Limburg,

- Evangelisches Fröbelseminar, Kassel,

- Rudolf-Steiner-Institut, Kassel,

- Evangelisches Fröbelseminar, Bad Arolsen,

- Marienschule, Fulda.

Die "Verordnung über die Ausbildung und die Prüfungen an den Fachschulen für Sozialpädagogik vom 10. Februar 1999 (ABl. S. 240) in der Fassung vom 27. Januar 2003" begründet entsprechend § 11 einen Beirat, der fördernd und beratend die Ausbildung sozialpädagogischer Fachkräfte durch das Zusammenwirken von Schule und sozialpädagogischer Praxis unterstützt. Dieser Beirat der Fachschulen für Sozialpädagogik wirkt sich auch auf die Kooperation mit der Praxis sowie auf die regionalen Inhalte in den Berufsfachschulen für Sozialassistenz, als Vorstufe der Erzieherinnen- und Erzieherausbildung, aus.