Wasserqualität hessischer Gewässer

Die hessischen Badeseen geben im bundesweiten Vergleich nach Angaben der Europäischen Union ein schlechtes Bild ab. Nach einem Bericht der EU-Kommission über die Qualität von etwa 60 hessischen Badegewässern haben lokale Behörden für insgesamt sieben Seen ein Badeverbot verhängt. Im Jahre 2001 waren es sogar neun Verbote. Acht Seen gelten als schmutzige Gewässer. Bundesweit liegt Hessen damit auf dem vorletzten Platz.

Vorbemerkung des Ministers für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz:

Die Europäische Kommission veröffentlicht jährlich in einem Atlas und im Internet eine Bewertung der Untersuchungsergebnisse der Badegewässer aus den Mitgliedsstaaten.

In dieser Veröffentlichung wiesen von den 61 hessischen Badeseen im letzten Jahr mehr als die Hälfte (31) eine ausgezeichnete Wasserqualität ("blau") auf, das heißt, sie hielten stets nicht nur die Grenzwerte, sondern auch die sehr viel strengeren Leitwerte ein.

Etwa ein weiteres Viertel (15) wies eine gute Wasserqualität ("grün") auf, das heißt, sie hielten die Grenzwerte bei den Keimzahlen ein.

An fünf Seen wurde wegen Grenzwertüberschreitungen aus Vorsorgegründen von den örtlichen Gesundheitsämtern ein temporäres Badeverbot ("schwarz") erlassen (Bärensee, Strandbad Rodenbach, Strandbad Spessartblick, Waldschwimmbad Lich und Wißmarer See). Auch am Gederner See und am Nieder-Moser-See wurde aufgrund der geringen Sichttiefe vorsorglich ein temporäres Badeverbot erlassen.

Acht Seen (Arheilger Mühlchen, Grube Prinz von Hessen, Badesee Gernsheim, Badesee Walldorf, Waldsee Raunheim, Waldschwimmbad Rüsselsheim, Launsbacher See und Grüner See - Hundelshausen) wiesen eine oder mehrere Grenzwertüberschreitungen beim Parameter "Gesamtcoliforme Bakterien" auf ("rot"). Der Parameter "Gesamtcoliforme Bakterien" ist seit Jahren umstritten, da er als Indikator für eine mögliche Gesundheitsgefährdung oder Einträge von Fäkalien nur eingeschränkt geeignet ist. Dieser Parameter ist daher in den Entwürfen zur Novellierung der EG-Badegewässer-Richtlinie nicht mehr vorgesehen. In den acht Badegewässern lagen keine Überschreitungen des für eine hygienische Beurteilung maßgeblichen Parameters "Fäkalcoliforme Bakterien" vor. Daher kann in diesen Fällen nicht von fäkal verunreinigten, "schmutzigen" Gewässern gesprochen werden. Im Übrigen besteht ein begründeter Verdacht, dass es sich bei mehreren angeblichen Grenzwertüberschreitungen (z.B. auch beim Waldschwimmbad Lich und am Wißmarer See) tatsächlich um Fehler aufgrund unzureichender Analytik der beauftragten Labore handelt (fälschlicherweise wurden bei dem Parameter "Gesamtcoliforme Bakterien" auch Aeromonaden-Bakterien erfasst).

Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit der Sozialministerin wie folgt:

Frage 1. Wie gedenkt die Landesregierung zu handeln, um der Verschmutzung der hessischen Badegewässer entgegenzuwirken und die EG-Badegewässer-Richtlinie vom 8. Dezember 1975 zukünftig wieder besser zu erfüllen?

Die örtlich zuständigen Behörden haben die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die Anforderungen aus der Badegewässerverordnung, mit der die EG-Richtlinie in hessisches Recht umgesetzt wurde, eingehalten werden. Unter Maßnahmen sind in diesem Fall Verwaltungsakte und Ähnliches gegenüber den Eigentümern bzw. Betreibern von Badegewässern zu verstehen. Die tatsächlichen (materiellen) Maßnahmen haben die Eigentümer bzw. Betreiber von Badegewässern durchzuführen.

Dabei kann das Spektrum von sehr einfachen (z.B. Aufstellen von Schildern ("Hundeverbot") bis zu sehr aufwendigen Maßnahmen (z.B. Entschlammung, Einbau von Belüftungsanlagen, Änderungen von Abwasser- und Regenwasserbehandlungsanlagen) reichen.

In der Regel versuchen die örtlichen Behörden, die Eigentümer bzw. Betreiber ohne formalen Verwaltungsakt dazu zu veranlassen, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Da in einigen Fällen die Maßnahmen jedoch schwierig umzusetzen oder teuer sind, gelingt dies nicht immer.

In diesen Fällen sind die Behörden gehalten, die Maßnahmen durch Verwaltungsakt zu erzwingen, ein Badeverbot zu erteilen oder den Gemeingebrauch Baden zu entziehen, was zu einer dauerhaften Schließung der Badestelle führt.

Letztere Maßnahme wurde dadurch erleichtert, dass im Rahmen der letzten Novelle des Hessischen Wassergesetzes (HWG) die Möglichkeit zur Regelung des Gemeingebrauchs an oberirdischen Gewässern (hierzu zählt das Baden) dahin gehend ergänzt wurde, dass er insbesondere zum Schutz der Nutzerinnen und Nutzer beschränkt oder ausgeschlossen werden kann.

Badeverbote werden allerdings in vielen Fällen von der örtlichen Bevölkerung und Politik als nicht angemessen empfunden; ihre Durchsetzung gestaltet sich daher entsprechend schwierig.

Mein Haus unterstützt seit Jahren die Arbeit der örtlichen Ämter und Behörden. So wurden bereits im Jahre 2000 zwei Merkblätter ("Badegewässer Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität" und "Badewässer - Hinweise für die Verwaltungspraxis") an die Gesundheitsämter und Wasserbehörden verteilt. Zudem finden Besprechungen statt, in denen Probleme erörtert und Erfahrungen ausgetauscht werden.

In Einzelfällen können Gutachten aus Mitteln der Abwasserabgabe bezuschusst werden, anhand derer die Ursachen für die Grenzwertüberschreitungen ermittelt werden sollen. Durch eines dieser Gutachten sowie aufgrund engagierter Recherchen einiger Gesundheitsämter und Wasserbehörden wurden Fehler in der Analytik erkannt. Daraufhin hat das Sozialministerium im April diesen Jahres den zuständigen Gesundheitsämtern konkrete Vorgaben zur Bestimmung von Gesamtcoliformen Bakterien in Badegewässern zugesandt, die von den mit der Untersuchung beauftragten Laboratorien einzuhalten sind.

Der Druck auf die Eigentümer und Betreiber, Maßnahmen an ihren Badegewässern durchzuführen, um den Anforderungen der EG-Richtlinie zu entsprechen, ist in den letzten Jahren stetig gewachsen. Bedauerlicherweise hat das in diesem Jahr dazu geführt, dass Badegewässer durch die Eigentümer oder Betreiber geschlossen wurden, obwohl keine Grenzwertüberschreitungen vorlagen.

Frage 2. Gibt es schon konkrete Planungen, um die Wasserhygiene zu verbessern?

Frage 3. Wenn ja, wie sehen diese aus?

Frage 4. Wie schnell sollen Maßnahmen getroffen werden?

Wie bereits oben ausgeführt, ist es Sache der Betreiber oder Eigentümer, Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität durchzuführen. Daher liegen meinem Hause keine detaillierten Erkenntnisse über aktuelle Planungen und deren Umsetzung vor.

Im Rahmen der Berichterstattung zur Badesaison 2002 wurden meinem Hause von den örtlichen Behörden jedoch Angaben zu geplanten Maßnahmen gemacht, die in der hier zitierten Form auch der Europäischen Kommission mitgeteilt wurden: Arheilger Mühlchen, Darmstadt: "Im südhessischen Raum wurde 2002 ein Pilotprojekt an zwei benachbarten Badeseen (siehe unten) durchgeführt, um die Gründe für die wiederholten

Grenzwertüberschreitungen bei den bakteriologischen Parametern herauszufinden. Zurzeit werden die Ergebnisse aus diesen Untersuchungen ausgewertet, um für die Badesaison 2003 Verbesserungen zu erzielen." Aktuelle Ergänzung: Am Arheilger Mühlchen wurden Sanierungsmaßnahmen durchgeführt, die es möglich machten, ein zwischenzeitlich bestehendes Badeverbot wieder aufzuheben.

Grube Prinz von Hessen, Darmstadt: "2002 wurde ein Pilotprojekt durchgeführt, um die Gründe für die wiederholten Grenzwertüberschreitungen bei den bakteriologischen Parametern herauszufinden. Zurzeit. werden die Ergebnisse aus diesen Untersuchungen ausgewertet, um für die Badesaison 2003 Verbesserungen zu erzielen." Aktuelle Ergänzung: Die Analytik wurde hier - wie bei den beiden übrigen Darmstädter Seen Grube Prinz von Hessen und Woog - geändert.

Launsbacher See, Wettenberg: "In der Badesaison 2003 wird die Differenzialdiagnostik der Aeromonaden bei den Gesamtcoliformen-Tests ausgeweitet." Badesee, Gernsheim: "Anschluss des Kiosks an die öffentliche Kanalisation, Bejagung der Wasservögel, Entfernung von Pappeltrieben." (Bereits durchgeführt.) Badesee Walldorf, Mörfelden-Walldorf: "Um den Verdacht auf die Aeromonaden abzuklären, soll 2003 die Differenzialdiagnostik bei den Gesamtcoliformen-Tests ausgeweitet werden. Zusätzlich sollen die Weißfische im See weiter reduziert und der Bestand an Raubfischen erhöht werden." Waldsee Raunheim, Raunheim: "Seit 2000 wird der Badesee im Badebereich nach dem Ende der Saison jährlich ausgekiest, um eine Vertiefung zu erreichen. Diese Maßnahme soll auch weiterhin fortgeführt werden." Waldschwimmbad, Rüsselsheim: "Seit 2001 werden zur Verminderung der Keimzahl Muscheln in den Badesee eingesetzt und es findet im Herbst ein Abfischen statt. Diese Maßnahmen werden fortgeführt." Grüner See - Hundelshausen, Witzenhausen: "Nicht erforderlich, da nur Einzelfall." Anmerkung: Badesee hat vor 2002 keine Grenzwertüberschreitungen bei Gesamt- oder Fäkalcoliformen Bakterien gehabt (gemäß Aufzeichnungen seit 1991).

Frage 5. Worauf führt die Landesregierung das schlechte Abschneiden Hessens im Bundesvergleich zurück?

Für die Situation der Badegewässer Hessens im Bundesvergleich gibt es verschiedene Ursachen:

In Hessen gibt es - im Gegensatz zu fast allen anderen Bundesländern - keine natürlichen Seen. In der Regel handelt es sich bei den Badegewässern um Talsperren oder Baggerseen.

Die Talsperren weisen - wenn sie ausreichend groß und tief sind - in der Regel eine hervorragende Wasserqualität auf. In der Vergangenheit wurde an einigen Talsperren, die durch Zuläufe aus Abwasserbehandlungsanlagen oder Regenüberläufen belastet waren, das Baden verboten.

Die Baggerseen sind häufig relativ klein, haben keine oder nur sehr geringe Zuflüsse (geringer Wasseraustausch) und sind teilweise überdüngt. Als weiteres Problem kommt hinzu, dass an einigen dieser Gewässer eine Mehrfachnutzung besteht, d.h. es wird nicht nur gebadet, sondern die Seen werden auch von Angelvereinen genutzt und sind teilweise als Naturschutzgebiet (Einträge durch Vogelkot) ausgewiesen. In einigen Fällen werden an den Badeseen bzw. an deren Zuflüssen von den Erholungssuchenden auch Enten gefüttert und Hunde an das Gewässer gelassen. Hinzu kommt das unhygienische Verhalten einiger Badegäste, was sich insbesondere bei sehr kleinen Badeseen mit hoher Besucherzahl negativ auswirkt. Alle diese Belastungen können bei ungünstigen Wetterlagen erhöhte Keimzahlen im Badewasser verursachen. Die Überdüngung verursacht vor allem bei warmem Wetter ein starkes Algenwachstum, was zu einer Trübung des Wassers führt.