Großmarkt Neubau

Großmarkt Neubau

1) Ausgangssituation

Die Verlagerung des Großmarktes in den Überseehafen, der eine ausführliche Diskussion in den politischen Gremien und der bremischen Öffentlichkeit vorangegangen war, sollte zunächst unter Einschaltung eines privaten Investors erfolgen. Am 5. Oktober 2000 beschlossen die Wirtschaftsförderungsausschüsse der Deputation für Wirtschaft und Häfen sowie der Vermögensausschuss die Errichtung des Großmarktes durch die Großmarkt Bremen und nicht durch einen privaten Investor, da sich dies aufgrund geänderter Konditionen als wirtschaftlichere Alternative erwies. Dieses aktualisierte Verlagerungskonzept fand in den maßgeblichen parlamentarischen Gremien Zustimmung. Der Senat beschloss darauf hin die Gründung der Überseestadt und die Einrichtung eines Sondervermögens am 7. November 2000.

Entsprechend den oben genannten Beschlüssen der parlamentarischen Gremien war die Großmarkt Bremen Bauherrin des Großmarkt-Neubaus und damit verantwortlich für die Ausschreibung und Vergabe von Bauaufträgen. Zur Bewältigung des sehr komplexen Bauvorhabens bediente sie sich der externen Dienstleistungen der Generalplanung und Projektsteuerung. Der Generalplaner war insgesamt für die baufachlichen Aspekte des Projektes zuständig, d. h., Bauplanungen zu entwickeln, Leistungsbeschreibungen als Grundlage der Verdingungsunterlagen zu erstellen sowie die Angebote in baufachlicher Hinsicht zu prüfen und zu bewerten. Dem Projektsteuerer oblag das Projektcontrolling, d. h. die Entwicklung der Projektplanungen, die Kontrolle der Einhaltung von Terminen und Kosten und ggf. Empfehlung von Gegensteuerungsmaßnahmen im Falle von Planabweichungen, die Gewährleistung, dass sämtliche Verfahrensvorschriften zur Durchführung einer Ausschreibung und Vergabe befolgt wurden, sowie die Prüfung und Bewertung der Angebote in finanzieller Hinsicht. Sowohl der Generalplaner als auch der Projektsteuerer nahmen beratende Funktionen im Verhältnis zum Auftraggeber wahr. Vom 16. März bis zum 7. April 2000 wurde ein europaweites Ausschreibungsverfahren sowohl für die Aufgabe des Projektsteuerers als auch des Generalplaners durchgeführt. Aus den 50 Bewerberfirmen wurden auf der Basis eines Rankingsystems vier Büros ausgewählt und aufgefordert, ihre Angebote bis zum 30. Juni 2000 abzugeben. Das Architektur- und Ingenieurbüro BT Bau und Technik (Generalplaner) sowie die Hanseatische Projektentwicklungsgesellschaft (HAPEG) (Projektsteuerung) waren jeweils die günstigsten Anbieter. Die entsprechende Auftragsvergabe erfolgte am 16. August 2000.

2) Ausschreibung des Hochbauvorhabens

Unter der Prämisse, dass eine öffentliche Ausschreibung durchgeführt werden sollte und dem Bestreben aller Beteiligten, hierbei keine Verfahrensfehler zu begehen, nahm der Projektsteuerer der HAPEG, Herr Behnken, bereits im September 2000 Kontakt mit der Vergabeprüfstelle beim Senator für Wirtschaft und Häfen, Herrn Zedel, auf, um zunächst einmal die Rahmenbedingungen für die Ausschreibung und Vergabe zu klären und die weitere Vorgehensweise im Ausschreibungsverfahren abzustimmen.

Herr Zedel konnte, als Fachmann für öffentliche Vergabeverfahren, die Firmen BT Bau und Technik sowie die HAPEG dahingehend beraten, wie eine sachgerechte und dem Vergaberecht entsprechende Ausschreibung durchzuführen sei. So wurden z. B. Fragen der Verwendung von Formblättern, der Rahmenterminplan, die Wahl des Ausschreibungsverfahrens, die Texte der Vorinformation bzw. Bekanntmachung zum Neubau Großmarkt im Supplement zum Amtsblatt der EU mit Herrn Zedel abgestimmt.

Der Sachbericht des Senats, PUA 222, stellt ausführlich die Verlagerung des Großmarktes dar.

Am 19. Oktober 2000 wurde die Vorinformation zum Neubau Großmarkt im Supplement zum Amtsblatt der EU an die Veröffentlichungsstelle in Luxemburg versandt und von dieser am 31. Oktober 2000 dort veröffentlicht.

Ausgangspunkt für die weitere Planung und Gestaltung der Ausschreibung war die Frage, wie einerseits insbesondere die Interessen des Mittelstandes durch Bildung von einzelnen Vergabeeinheiten (Fachlosen) gewahrt und andererseits der aktuellen Entwicklung, zunehmend auch Leistungen aus einer Hand anzubieten, Rechnung getragen werden konnte. Hierzu sind die Vorgaben der allgemeinen Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen (VOB/A) maßgebend. In § 4

VOB/A Einheitliche Vergabe, Vergabe nach Losen ist geregelt, in welcher Weise eine sinnvolle Aufteilung eines komplexen Bauvorhabens wie dem Großmarkt Neubau vorzunehmen ist: Nach § 4 Nr. 1 VOB/A sollen Bauleistungen so vergeben werden, dass eine einheitliche Ausführung und zweifelsfreie umfassende Gewährleistung erreicht wird; sie sollen daher in der Regel mit den zur Leistung gehörigen Lieferungen vergeben werden. Umfangreiche Bauleistungen sollen entsprechend § 4 Nr. 2 VOB/A möglichst in Lose geteilt und nach Losen vergeben werden (Teillose). Nach § 4 Nr. 3 Satz 1 VOB/A sind Bauleistungen verschiedener Handwerks- oder Gewerbezweige in der Regel nach Fachgebieten oder Gewerbezweigen getrennt zu vergeben (Fachlose). Für Vergaben oberhalb der EUSchwellenwerte bestimmt § 97 Abs. 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), dass bei der Vergabe öffentlicher Aufträge mittelständische Interessen durch die Teilung der Aufträge in Fach- und Teillose angemessen zu berücksichtigen sind. Beide Regelungen treffen die gleichgerichtete Grundsatzentscheidung, dass öffentliche Bauaufträge regelmäßig im Wege von Fach- und Teillosen vergeben werden sollen. Ausnahmen von diesem Grundsatz werden in § 4 Nr. 3 Satz 2 VOB/A und § 97 Abs. 3 GWB konkretisiert. Danach dürfen aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen mehrere Fachlose zusammen vergeben werden. Wirtschaftliche und technische Gründe können dabei auch nebeneinander vorliegen. Die VOB erlaubt damit unter den beiden alternativen Voraussetzungen grundsätzlich die Zusammenfassung mehrerer Fachlose zu sog. Leistungspaketen bis hin zur Generalunternehmervergabe.

Im Zuge der Vorinformation zum Neubau Großmarkt im Supplement zum Amtsblatt der EU wurden bereits Überlegungen von der HAPEG, Herrn Behnken, der BT Bau und Technik, Herrn Franzen, sowie der VOB-Prüfstelle, Herrn Zedel, angestellt, in welcher Weise eine sinnvolle Aufteilung dieses Bauvorhabens in Vergabeeinheiten (Lose) unter Beachtung der zuvor beschriebenen Vorgaben der VOB/A und des GWB vorgenommen werden konnte.

Herr Zedel präferierte eine losweise Vergabe, da nach jüngsten Veröffentlichungen dieses Ausschreibungsverfahren die kostengünstigsten Vergaben ermöglichte. Ferner konnte so die Förderung des Mittelstandes bei der Ausschreibung zu berücksichtigt werden.

Von der Auftraggeberseite, der Großmarkt Bremen wurde eine Generalunternehmer-Vergabe bevorzugt, weil diese weniger Koordinierungsaufwand bedeutete.

Um jedoch gleichzeitig für einen möglichst umfassenden Wettbewerb und hohe Flexibilität in der Vergabe bei diesem Großprojekt zu sorgen, entschied man sich für eine Parallelausschreibung. Einerseits sollte eine Vergabe nach Losen vorgenommen werden ­ dieses wurden später die Vergabeeinheiten VE 07 bis VE 46 ­ und zusätzlich sollte auch die Möglichkeit geschaffen werden, dass Bieter als Generalunternehmer auftraten und ein Angebot für zusammengefasste Vergabeeinheiten bzw. Objektgruppen ­ Vergabeeinheiten VE 02 bis VE 06 ­ unterbreiten konnten. Damit bestand auch die Möglichkeit für die einzelnen Generalunternehmer, eine objektgruppenübergreifende Gesamtkalkulation speziell bzgl. der Baustellengemeinkosten vorzunehmen.

Inhaltlich waren die Vergabeeinheiten VE 07 bis VE 46 in der Summe identisch mit den Vergabeeinheiten VE 02 bis VE 06. Während es sich bei ersterem um eine Aufteilung des Bauvorhabens in einzelne Gewerke je Gebäudekomplex wie z. B. Rohbau Markthalle, Rohbau Spezialitätenhalle, Stahlbau Spezialitätenhalle, Dach und Wand Serviceeinrichtungen etc. handelte, entsprach letzteres einer Gliederung nach Gebäudekomplexen inklusive aller Gewerke, z. B. Markthalle, Spezialitätenhalle etc.

Die folgende Tabelle verdeutlicht die parallel vorgenommene Aufteilung des Bauvorhabens in Einzellose und zu Objektgruppen zusammengefasste Einzellose: VE 01 Straßen- und Landschaftsbau einschließlich der Ver- und Entsorgungsmedien. Sie wurde aufgrund des geplanten Bauablaufes separat ausgeschrieben und am 13. Juni 2001 vergeben.