Generalunternehmerhauptangebote

Am 12. Juli 2001 erstellte die BT Bau und Technik ihre Vergabeempfehlungen, nachdem sie zuvor noch 18 Bietergespräche durchgeführt und fehlende Unterlagen nachgefordert hatte.

Diesen Vergabeempfehlungen lag die fachtechnische Prüfung des Generalplaners zu Grunde.

Im Ergebnis hatte sich seit dem Stand von Ende Juni 2001 nichts Wesentliches verändert:

- Die wirtschaftlichsten Hauptangebote der Generalunternehmer waren 6,40 % bis 13,46 % teurer als die Summe der Angebote der wirtschaftlichsten Einzelanbieter, womit eine Auftragsvergabe an Generalunternehmerhauptangebote nicht in Frage kam.

- Das wirtschaftlichste Nebenangebot der Generalunternehmer, das Nebenangebot der Firma DYWIDAG, war 3,31 % teurer als die Summe der wirtschaftlichsten Einzelanbieter, womit eine Auftragsvergabe auf das Generalunternehmerangebot ebenfalls nicht in Frage kam, da die Wertungskriterien für Einzelvergaben und Generalunternehmervergaben in den Verdingungsunterlagen gleichgestellt waren.

Aus den vorgenannten Gründen empfahl die BT Bau und Technik der Großmarkt Bremen die Vergabe an Einzelbieter für die Vergabeeinheiten 07 bis 46.

Zunächst lauteten die Empfehlungen für die Vergabeeinheiten 07 und 08, den Zuschlag der Bietergemeinschaft Wilbers/Neumann zu erteilen. Rein rechnerisch wäre zwar das isolierte Teilangebot der Firma Zechbau günstiger. Allerdings hatte die Firma Zechbau nur unter der Bedingung angeboten, dass sie gleichzeitig den Zuschlag für die Vergabeeinheiten VE 07 bis VE 11 erhielt. Eine Wertung dieses Angebotes der Firma Zechbau durfte somit nur im Rahmen eines Gesamtvergleiches der Angebote der günstigsten Einzelanbieter erfolgen. Bei dieser Bewertung ergab sich jedoch ein Preisvorteil für die Einzelvergaben. Das Angebot der Bietergemeinschaft Wilbers/Neumann war somit das wirtschaftlichste Angebot, da das Angebot der Firma Zechbau für die einzelnen Vergabeeinheiten nicht gewertet werden konnte und da bei Wertung der Nebenangebote die Bietergemeinschaft Wilbers/Neumann das günstigste Angebot abgegeben hatte.

Für die Vergabeeinheit 10 empfahl die BT Bau und Technik ebenfalls, den Zuschlag der Bietergemeinschaft Wilbers/Neumann zu erteilen, weil die Bietergemeinschaft das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hatte. Zwar wäre hier das Angebot der Firma Zechbau bei isolierter Betrachtung günstiger gewesen, dieses konnte aber nicht als Einzelangebot gewertet werden. Somit war das einzelne Hauptangebot der Bietergemeinschaft Wilbers/Neumann das nächst günstigere Angebot. Allerdings hatte die Bietergemeinschaft Wilbers/Neumann mit einem Nebenangebot einen Nachlass von 10 % auf die VE 10 bei der Vergabe mit VE 07 und/oder VE 09 geboten. Das Nebenangebot konnte gewertet werden, da die Vergabe der VE 07 und VE 09 an die Bietergemeinschaft empfohlen wurde.

Somit sollte der Zuschlag für die VE 07 bis 10 an die Bietergemeinschaft Wilbers/Neumann erteilt werden. Für die VE 11 hatte die Firma Alfred Döpker das wirtschaftlichste Angebot abgegeben.

Noch am selben Tag, also dem 12. Juli 2001, ergab sich jedoch eine neue Situation, als die BT Bau und Technik, vermutlich nach Rücksprache mit Rechtsanwalt Huflaender, zu dem Schluss kam, dass die Angebote der Bietergemeinschaft Wilbers/Neumann von der Wertung auszuschließen waren, da die Firma einen Nachunternehmeranteil von 83 % in ihren Angeboten angegeben hatten. Gemäß dem Gerichtsurteil des Vergabesenats des Oberlandesgerichts Frankfurt a. M. vom 16. Mai 2000 muss ein Angebot von der Wertung ausgeschlossen werden, wenn der Eigenausführungsanteil so gering ist, dass er fast nur noch gewisse Managementaufgaben und gar keine eigenen Bauleistungen mehr umfasst.

Durch das Ausscheiden der Angebote der Bietergemeinschaft Wilbers/Neumann mussten die nächst günstigen Einzelangebote für die VE 07 bis 10 bei der Bewertung herangezogen werden. Bei dem Vergleich dieser dann wirtschaftlichsten Einzelangebote mit dem Nebenangebot der Firma Zechbau für die VE 07 bis 11 als Paket ergab sich jedoch insgesamt ein Preisvorteil für die Firma Zechbau. Aus diesem Grund wurde die erste Vergabeempfehlung der BT Bau und Technik durch eine neue Vergabeempfehlung ersetzt. Danach sollte der Zuschlag für die gesamten Rohbauvergabeeinheiten der Firma Zechbau erteilt werden.

Die Vergabeempfehlungen der BT Bau und Technik wurden schließlich noch einmal unter wirtschaftlichen und juristischen Gesichtspunkten von der Projektsteuerung, Herrn Behnken, und dem Rechtsanwalt, Herrn Huflaender, überprüft,856 bevor auf dieser Basis der gesamtheitliche Vergabevermerk nach VOB für die Großmarkt Bremen am 20. Juli 2001 von der HAPEG erstellt und durch den Auftraggeber am selben Tag freigezeichnet wurde.

Der Vergabevermerk der HAPEG kam zu einer gleich lautenden Empfehlung hinsichtlich der Einzelvergaben VE 07 bis 11. Diese besagte, dass das Angebot der Firma Zechbau in allen Vergabeeinheiten des Rohbaus bis auf VE 11 am günstigsten war. Das Angebot der Firma Döpker war in der VE 11 zwar um ca. 64.000? günstiger als das vergleichbare Angebot der Firma Zechbau, jedoch in der Gesamtheit der VE 07 bis VE 11 war das Angebot der Firma Zechbau um ca. 190.000 günstiger als die Summe des Gesamtwettbewerbs der Einzelangebote. Insofern wurde empfohlen, der Firma Zechbau den Zuschlag auf die Rohbauvergabeeinheiten VE 07 bis 11 zu erteilen.

Hintergrund für diese grundlegende Änderung in der Vergabeempfehlung war, dass das Angebot der Bietergemeinschaft Wilbers/Neumann nach der rechtlichen Auffassung von Rechtsanwalt Huflaender von der Wertung ausgeschlossen werden musste, da die Firma selbst einen Nachunternehmeranteil von durchschnittlich ca. 85 % für die Vergabeeinheiten 07 bis 10 in ihren Angeboten dargestellt hatte.

Gemäß den Vorgaben der VOB 2000 und des Vergabehandbuches wurden die Informations- und Absageschreiben an die nicht berücksichtigten Bieter am 23. und 24. Juli 2001 versendet. Darin wurde ihnen mitgeteilt, dass die Großmarkt Bremen beabsichtigte, der Firma Zechbau den Zuschlag am 8. August 2001 zu erteilen, und aus welchen Gründen ihr Angebot nicht berücksichtigt werden konnte.

Mit Datum vom 25. Juli 2001 erhielt die Firma Zechbau das Informationsschreiben der Angebotsannahme für die Vergabeeinheiten 07 bis 11.

Die Beauftragung konnte erst nach Ablauf der im § 13 (Vergabeverordnung) genannten Frist von 14 Kalendertagen erteilt werden, also am 8. August 2001.

Der Aufsichtsratsvorsitzende der Großmarkt Bremen Herr Timm, bat die Großmarkt Bremen ihm vor einer Vergabeentscheidung darzustellen, welche ortsansässigen Firmen am Wettbewerb beteiligt waren und an welcher Stelle sie rangierten. In diesem Zusammenhang stellte die BT Bau und Technik eine Übersicht der Bewerbungen in der Rangfolge Bremer Firmen auf, die dann in einem Gespräch bei Herrn Timm am 20. Juli von Herrn Kluge erläutert werden sollte. Als Herr Huflaender davon hörte, brachte er gegenüber seinem Auftraggeber ganz deutlich zum Ausdruck, dass das Kriterium bremische Firma nach dem Vergaberecht keinerlei Wertungskriterium sein durfte. Es wurde ihm daraufhin erklärt, dass diese Auflistung aus rein informatorischen Gesichtspunkten gefertigt werde. welche bremischen Unternehmen im Wettbewerb sind. Dementsprechend war es seitens des Wirtschaftsressorts nur legitim, für den Fall von Nachfragen darüber informiert zu sein. Es war jedoch allen Beteiligten klar, dass eine solche Liste keinen Einfluss auf die Vergabeentscheidung hatte.

Die Zeugen wurden vom Untersuchungsausschuss Bau und Immobilien intensiv danach befragt, ob eine sachfremde Beeinflussung dahingehend stattgefunden habe, dass eine Auftragsvergabe zu Gunsten der Firma Zechbau entschieden werden sollte, aber es konnten keine Anhaltspunkte für eine unrechtmäßige Beeinflussung der handelnden Akteure seitens der Verwaltung oder Politik gefunden werden.

Insbesondere Herr Zedel von der Vergabeprüfstelle beim Senator für Wirtschaft und Häfen sagte aus: Gerade bei dem Projekt, kann ich nur sagen, hatte ich wirklich den Eindruck, dass eben alle Seiten, alle daran Beteiligten bestrebt waren, hier ein rechtlich richtiges Verfahren zu machen. Es war in keiner Weise irgendwann irgendwo einmal der Punkt, bei dem man hätte zweifeln müssen, dass man in eine andere Richtung gehen sollte.

4) Nachprüfungsverfahren:

Nachdem den Bietern die gemäß § 13 (Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge) vorgeschriebenen Informations- und Absageschreiben zugegangen waren, aus denen entnommen werden konnte, welchen Firmen bzgl. welcher Vergabeeinheiten der Zuschlag erteilt werden sollte, hatten die Bieter die Möglichkeit, Rechtsmittel gegen die Entscheidung der Vergabestelle (Großmarkt Bremen einzulegen. Der Rechtsweg ist gemäß §§ 107 ff. GWB geregelt. Danach können die Bieter zunächst eine Rüge gegenüber dem Auftraggeber erheben und eine Verletzung in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend machen. Einige Bieter erhoben Einwände, worauf hin die Großmarkt Bremen den Bietern mündlich oder schriftlich die beabsichtigte Entscheidung näher erörterte und letztlich die Rüge zurückwies.

Der Großteil dieser Bieter akzeptierte daraufhin die Vergabeentscheidung.

Lediglich die Bieterfirmen DYWIDAG, Wilbers/Neumann und Döpker stellten jeweils einen Nachprüfungsantrag vor der Vergabekammer Bremen. Die betreffenden Verfahren werden in den nachfolgenden Kapiteln im Einzelnen erläutert.

Nachprüfungsanträge werden von der Vergabekammer in einem gerichtsförmigen Verfahren behandelt und sollen in der Regel von dieser innerhalb von fünf Wochen entschieden werden. Gegen den Beschluss der Vergabekammer kann der Antragsgegner, also die Vergabestelle, eine Beschwerde beim Vergabesenat des Oberlandesgerichts einlegen, und dieser entscheidet grundsätzlich in letzter Instanz.

Das gewählte Verfahren der Parallelausschreibung trug zwar einerseits der Förderung des Mittelstandes Rechnung und gab gleichzeitig der Großmarkt Bremen die Möglichkeit, auf ein preisgünstiges Gesamtangebot zu reagieren. Andererseits hatte es jedoch hinsichtlich der nachfolgenden Nachprüfungsverfahren einen wesentlichen Nachteil, auf den der Senator für Bau und Umwelt bereits in dem Gespräch am 28. Februar 2001 hingewiesen hatte:

Nach dem Vergaberecht führt die Einreichung eines Nachprüfungsantrages bei der Vergabekammer dazu, dass die Vergabestelle nach fristgerechter Einreichung eines solchen Antrages nicht mehr wirksam den Zuschlag erteilen kann, bevor nicht das Nachprüfungsverfahren entweder rechtskräftig beendet ist oder aber entweder die Vergabekammer oder, in der nächsten Instanz, der Vergabesenat einem Antrag des Auftraggebers auf Gestattung der Zuschlagserteilung statt gibt.