Steuer

Nach derzeitiger Rechtslage kann die Verhandlungsleitung nur von einem Bediensteten der dafür zuständigen Behörde wahrgenommen werden. Gerade bei infrastrukturellen Großprojekten kann es sich aufgrund ihrer Verfahrensbesonderheit aber als zweckmäßig erweisen, Dritte mit der Verhandlungsleitung der mündlichen Erörterung zu betrauen, um auf diese Weise die Verwaltung in die Lage zu versetzen, entlastende und auch mediative Akzente in die konkrete Verfahrensgestaltung einfließen zu lassen. Zwar bleibt es der Verwaltung grundsätzlich unbenommen, sich auch ohne entsprechende gesetzliche Regelung privater Verwaltungshelfer zu bedienen, aber nur für untergeordnete Aufgaben, was auf die Verhandlungsleitung nicht zutrifft. Bei der Verhandlungsleitung handelt es sich um eine hoheitliche Tätigkeit, die aus der Erörterungspflicht des Verhandlungsleiters, der damit verbundenen Gewähr des rechtlichen Gehörs der Beteiligten und den "sitzungspolizeilichen" Aufgaben besteht. Für deren Übertragung bedarf es im Hinblick auf den Gesetzesvorbehalt einer gesetzlichen Regelung, damit ein Dritter diese Aufgaben rechtssicher und verfahrenswirksam wahrnehmen kann. Außerdem wird durch die Regelung sichergestellt, dass der Dritte den Weisungen der für die mündliche Verhandlung verantwortlichen Behörde unterliegt, in deren Auftrag er die Verhandlungsleitung durchführt. Die Übertragung der Verhandlungsleitung kann mit dem Einverständnis des Dritten durch Verwaltungsakt oder öffentlich-rechtlichen Vertrag erfolgen.

Die Übertragung der Verhandlungsleitung auf einen externen Verhandlungsleiter entbindet die zuständige Behörde nicht von der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung. Die Behörde hat sachkundiges Personal zur Erläuterung des Sachverhalts und Beantwortung von Fragen der Beteiligten zu entsenden. Aufgrund eigener Kenntnis der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung muss sie ihre abschließende Entscheidung treffen. Zudem muss sie in der Lage sein, in der mündlichen Verhandlung die notwendige Steuerung des Verfahrens vornehmen zu können, was durch das Weisungsrecht sichergestellt wird. Durch die Übertragung auf einen Verhandlungsleiter kann sie sich aber umfassender auf diese Aufgaben konzentrieren. Die Aufgabenteilung bietet die Möglichkeit zur Optimierung des Verfahrens (Konzentration auf die Verhandlungsleitung einerseits und andererseits Konzentration auf die umfassende Darstellung des Sachverhalts und Beantwortung von Fragen der Beteiligten).

Über § 73 Abs. 6 Satz 6 HVwVfG eröffnet sich auch die Möglichkeit, Dritte mit der Verhandlungsleitung eines Erörterungstermins im Planfeststellungsverfahren zu betrauen.

Die mit der Beauftragung eines Dritten verbundenen Kosten können grundsätzlich im Rahmen der mit dem Verfahren einhergehenden Kostenentscheidung Berücksichtigung finden und dem Kostenschuldner auferlegt werden.

Die Regelung entspricht der aktuellen Rechtsentwicklung zur verstärkten Einschaltung Privater in die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben.

Die Ermächtigung gilt wegen der Weisungsabhängigkeit des Verhandlungsleiters nicht in Fällen, in denen die Verhandlung einem gesetzlich bestimmten Ausschuss obliegt, dessen Mitglieder aufgrund gesetzlicher Vorgaben in ihrer Verhandlungsführung und Entscheidung unabhängig sind.

Zu Nr. 23 (§ 69 Abs. 2 HVwVfG):

Das "förmliche Verwaltungsverfahren" zeichnet sich durch eine besondere Formstrenge aus. Damit wird dem Bedarf für besondere rechtsstaatsgemäße und grundrechtsschützende Verfahrensvorkehrungen in Verwaltungsverfahren Rechnung getragen, die besonders gravierende und einschneidende Konsequenzen für die Betroffenen auslösen oder von herausgehobener Bedeutung für die Allgemeinheit sind. Besondere Bedeutung kommt der Regelung des § 69 HVwVfG dadurch zu, dass sie für das Planfeststellungsverfahren für anwendbar erklärt wird (§ 74 Abs. 1 HVwVfG). Im Hinblick auf die langfristige Bedeutung entsprechender Verwaltungsentscheidungen wird daher eine dauerhaft überprüfbare Signatur für erforderlich gehalten. Diesem Erfordernis wird durch Satz 2 Rechnung getragen.

Dem beteiligten Bürger wird durch Änderung von Satz 6 - neu - ermöglicht, den das förmliche Verwaltungsverfahren abschließenden Verwaltungsakt auch in einfacher elektronischer Form anzufordern.

Zu Nr. 24 (§ 71c Abs. 1 Satz 2 HVwVfG):

Im Rahmen von Beratung und Auskunft bei Genehmigungsverfahren können jegliche elektronische Kommunikationsmittel genutzt werden. Im Hinblick auf die rechtliche Bedeutung dieser Auskünfte ist hier die Verbindung des Textes mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nicht notwendig.

Zu Nr. 25 (§ 95 HVwVfG):

Die Neufassung der Vorschrift enthält die erforderliche Übergangsregelung zu § 53 HVwVfG. Sie ist wortgleich mit § 102 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes in der Fassung von Art. 13 Nr. 4 des Hüttenknappschaftlichen Zusatzversicherungs-Neuregelungs-Gesetzes vom 21. Juni 2002 (BGBl. I S. 2167, 2186). Geregelt wird, dass bei der Anwendung des § 53 HVwVfG Art. 229 § 6 Abs. 1 bis 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche vom 26. November 2001 (BGB. I S. 3138, 3170) in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung entsprechend gilt.

Die bisherigen Regelungen des § 95 HVwVfG sind durch Zeitablauf gegenstandslos geworden und können daher ersatzlos entfallen.

Zu Art. 2 Änderung des Hessischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes

Zu Nr. 1 (§ 18 Abs. 2 HessVwVG):

Aus Gründen der Rechtssicherheit ist für die vom Pflichtigen abgegebene Selbstberechnungserklärung (Nr. 1) und für die Beitragsnachweisung (Nr. 2) die Schriftform vorauszusetzen, sodass nach § 3a Abs. 2 HVwVfG auch die elektronische Form zulässig ist. Die Identität des Urhebers sowie die Unversehrtheit und Authentizität der Daten können durch eine einfache E-Mail nicht gewährleistet werden, weshalb diese für die Selbstberechnungserklärung und die Beitragsnachweisung nicht ausreicht, um als Vollstreckungsgrundlage zu dienen. Denn die Selbstberechnungserklärung und die Beitragsnachweisung stehen Verwaltungsakten gleich, mit denen eine Geldleistung gefordert wird. Bei Verwaltungsakten richtet sich die Form nach dem jeweiligen Fachrecht. Soweit das Fachrecht keine bestimmte Form vorschreibt, können sie auch mündlich erlassen werden. Verwaltungsakte, mit denen eine Geldleistung verlangt wird, können aber nur vollstreckt werden, wenn sie dem Pflichtigen zugestellt worden sind (vgl. § 18 Abs. 1 Nr. 1

HessVwVG). Aus dem Gebot der Zustellung ergibt sich, dass sie schriftlich erlassen werden müssen oder aber - nach den Überlegungen zur Reform des Zustellungsrechts - auch als elektronisches Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur erlassen werden können. Aus § 18 Abs. 2 HessVwVG ergibt sich nicht eindeutig, dass auch die Selbstberechnungserklärung und die Beitragsnachweisung für die Vollstreckung zuzustellen sind, sodass es einer Regelung bezüglich ihrer Form bedarf.

Zu Nr. 2 (§ 19 Abs. 2 Satz 2 und 3 HessVwVG):

Die Änderung von Satz 2 ermöglicht die Mahnung des Pflichtigen in elektronischer Form, also durch ein elektronisches Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur. Durch Satz 3 neu wird klargestellt, dass das elektronische Dokument zu verschlüsseln ist, wenn allgemein zugängliche Netze für die Übermittlung genutzt werden.

Zu Nr. 3 (§ 45 Abs. 1 Satz 2 HessVwVG):

Wegen der Bedeutung für die Rangfolge einer angebrachten Pfändung wird für Pfändungen von Geldforderungen daran festgehalten, dass sie nur schriftlich ergehen dürfen und förmlich zuzustellen sind. Zwar ergibt sich bereits aus dem Gebot der förmlichen Zustellung (Abs. 2), dass die Schriftform nicht durch eine elektronische Übermittlung mit qualifizierter elektronischer Signatur ersetzt werden kann; im Hinblick auf Überlegungen, im Verwaltungszustellungsgesetz auch elektronische Übermittlungsformen zuzulassen, erscheint es aber zweckmäßig, für Pfändungsverfügungen die elektronische Übermittlung ausdrücklich auszuschließen.

Zu Nr. 4 (§ 50 Abs. 1 Satz 2 HessVwVG):

Durch die Verweisung auf § 45 Abs. 1 Satz 2 HessVwVG wird für den Erlass einer Überweisungsverfügung die elektronische Form nicht zugelassen. Da die Überweisungsverfügung mit der Pfändungsverfügung verbunden werden kann (Abs. 2) und für die Pfändungsverfügung der Ausschluss der elektronischen Form vorgesehen ist, wird eine Gleichbehandlung der beiden Verfügungsarten in Bezug auf den Ausschluss der elektronischen Form für zweckmäßig erachtet.

Zu Nr. 5 (§ 52 Abs. 1 HessVwVG):

Für die Drittschuldnererklärung ist es erforderlich, dass ihre Urheberschaft sowie die Unversehrtheit und Authentizität der Daten überprüft werden können, weshalb die Schriftform vorauszusetzen ist und damit gleichzeitig auch die elektronische Form nach § 3a Abs. 2 HVwVfG. Eine einfache EMail scheidet aus Gründen der Rechtssicherheit aus.

Zu Art. 3 Änderung der Vollstreckungskostenordnung zum Hessischen Verwaltungsvollstreckungsgesetz

Durch die Änderung des § 1 Abs. 3 Satz 1 wird eine Regelung zur Entstehung der Gebührenschuld bei der elektronischen Übermittlung der Mahnung getroffen (Nr. 2), welche durch die Änderung des § 19 Abs. 2 Satz 2 HessVwVG ermöglicht wird (vgl. Art. 3 Nr. 1). Die Gebührenschuld entsteht in diesem Fall mit der Absendung der Mahnung.

Zu Art. 4 Änderung des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Gesetz über Personalausweise

Der neue § 5 Abs. 1 des Ausführungsgesetzes zum Gesetz über Personalausweise schließt einen elektronischen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises aus. Dies ist geboten, da die Personalausweisbehörde sich mindestens einmal durch Inaugenscheinnahme von der physischen Existenz der Ausweisbewerberin oder des Ausweisbewerbers, ihrer oder seiner Identität auf der Basis der bereits übermittelten Unterlagen und der Authentizität der Unterschrift überzeugen können muss. Außerdem ist vor dem Hintergrund der Funktion des Ausweises als Identitätspapier eine ausreichende Qualität des Lichtbildes sicherzustellen. Damit wird nicht ausgeschlossen, dass einzelne Verfahrensschritte, zum Beispiel die Übermittlung nachträglich abzugebender Erklärungen, im Wege der elektronischen Datenübertragung ohne Qualitätsverlust für die Ausweise erfolgen können, wenn die Personalausweisbehörde hierfür den Zugang nach Maßgabe des § 3a Abs. 1 HVwVfG eröffnet hat. Einer ausdrücklichen Regelung in § 5 Abs. 1, dass hierfür der Zugang eröffnet sein muss, bedarf es nicht, weil das Verwaltungsverfahrensgesetz auch für das Personalausweisgesetz gilt.

§ 5 Abs. 1 entspricht inhaltlich dem durch Art. 13 des Dritten Gesetzes zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften des Bundes (a.a.O.) geänderten § 6 Abs. 1 des Passgesetzes.

Zu Art. 5 Änderung des Landtagswahlgesetzes Wahlen sind als grundlegende politische Willensäußerung und Einflussnahme des Volkes auf die Staatswillensbildung sowie als originär verfassungsrechtliches Teilnahmerecht staatsorganisatorisches Tun; das Wahlverfahren ist daher keine öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit, sodass das Verwaltungsverfahrensgesetz nicht anwendbar ist (vgl. Stelkens/Bonk/Leonhardt, Komm. z. VwVfG, 3. überarbeitete Aufl., 1990, Rdn. 92 zu § 1 und Rdn. 8 zu § 2;Kopp, Komm. z. VwVfG, 6. überarbeitete Aufl., 1996, Rdn. 65 zu § 2 m.w. Nachw.). Die wahlrechtlichen Bestimmungen enthalten für zahlreiche Erklärungen der Wahlvorschlagsträger sowie der Wählerinnen und Wähler besondere Formvorschriften, die erforderlich sind, um eine ordnungsgemäße Durchführung von Wahlen unter Berücksichtigung der Wahlrechtsgrundsätze zu gewährleisten. Regelungen über eine rechtsverbindliche elektronische Kommunikation in diesem Bereich bestehen mit einer Ausnahme derzeit nicht; ausdrücklich zugelassen ist die Möglichkeit, auf einfachem elektronischem Wege - also ohne Vorgabe von Übermittlungsstandards oder die Verwendung qualifizierter elektronischer Signaturen - einen Wahlschein und die Briefwahlunterlagen zu beantragen.

Eine Ersetzung der in den wahlrechtlichen Bestimmungen vorgesehenen Schriftform durch die elektronische Form nach dem Vorbild des Art. 1 Nr. 4 des Entwurfs (§ 3a HVwVfG) ist gegenwärtig nicht vorgesehen. Zunächst sollen Erfahrungen mit der Verwendung der qualifizierten elektronischen Signatur im allgemeinen Rechtsverkehr und in anderen Verwaltungszweigen gesammelt werden. Angesichts der Formstrenge des Wahlrechts und der Bedeutung von Fristen und Terminen für die Ordnungsmäßigkeit von Wahlen kommt eine Zulassung dieser Kommunikationsmöglichkeit erst in Betracht, wenn Zugangs- und Authentifizierungsrisiken zuverlässig ausgeschlossen werden können. Auch der herausragende Stellenwert des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Wahlrecht spricht dafür, die rechtsverbindliche elektronische Kommunikation erst dann zuzulassen, wenn sie auf Seiten der Wahlorganisation flächendeckend gewährleistet werden kann.