Sitzgelegenheiten in Bäckereien und Metzgereien

Mit dem am 1. Juli 2005 in Kraft getretenen Gesetz zur Umsetzung von Vorschlägen zu Bürokratieabbau und Deregulierung aus den Regionen vom 21. Juni 2005 (BGBl. I S. 1666) hat der Bundesgesetzgeber unter anderem verschiedene Änderungen des Gaststättengesetzes (GastG) vorgenommen.

Insbesondere ist durch Art. 8 Nr. 1 a des Gesetzes § 2 Abs. 2 GastG geändert worden. Danach bedarf nunmehr keiner Gaststättenerlaubnis mehr, wer

1. alkoholfreie Getränke

2. unentgeltliche Kostproben,

3. zubereitete Speisen oder

4. in Verbindung mit einem Beherbergungsbetrieb Getränke und zubereitete Speisen an Hausgäste verabreicht.

Infolge der vorbezeichneten Änderung des Gaststättengesetzes ist der Erlass meines Hauses vom 4. Februar 2004, auf den sich die vorliegende Kleine Anfrage bezieht, gegenstandslos geworden. Da es das bisherige Gaststättenrecht nur Inhabern einer Gaststättenerlaubnis gestattete, ihren Kunden den Verzehr von Speisen und Getränken an Ort und Stelle im Sitzen zu ermöglichen, diente die Erlassregelung dem Zweck, bestimmten Gewerbetreibenden trotz fehlender Kundentoiletten zu einer Gaststättenerlaubnis zu verhelfen.

Hierfür gibt es angesichts der Freistellung der Abgabe zubereiteter Speisen sowie alkoholfreier Getränke von der gaststättenrechtlichen Erlaubnispflicht seit 1. Juli 2005 aber keinen Bedarf mehr. Denn die durch Erlass begünstigten Bäckereien und Metzgereien benötigen ebenso wie andere Betriebe auch jetzt keine Genehmigung für das in Rede stehende Angebot mehr, sofern sie keine alkoholischen Getränke verabreichen wollen.

Damit entfällt zugleich der von den Gewerbetreibenden zu leistende bürokratische Aufwand, der Folge des gaststättenrechtlichen Konzessionierungsverfahrens ist und der in den Fragen 2 bis 6 der Kleinen Anfrage thematisiert wird. Unter diesen Umständen wird die Kleine Anfrage nur auf der Grundlage der dem Ministerium vorliegenden Informationen beantwortet; eine Befragung der Vollzugsbehörden mit Berichtspflicht ist wegen der eingetretenen Irrelevanz des Erlasses vom 4. Februar 2004 nicht angezeigt.

Diese Vorbemerkung vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Frage 1. Wie viele Betriebe des Lebensmitteleinzelhandels und des Lebensmittelhandwerks haben bisher von der im Erlass des hessischen Wirtschaftsministeriums vom 4. Februar 2004 eingeräumten Möglichkeit, ihren Gästen auch Sitzgelegenheiten zu bieten, Gebrauch gemacht?

Hierzu liegen dem Ministerium keine Zahlen vor.

Frage 2. Welche Unterlagen müssen von den Betrieben eingereicht werden

a) für die Erlangung der Gaststättenkonzession und

b) für die Genehmigung nach dem Erlass vom 4. Februar 2004?

Mit Erlass vom 4. Februar 2004 wurde klargestellt, dass dem Lebensmitteleinzelhandel sowie dem Lebensmittelhandwerk (Bäcker, Metzger) unbeschadet der Vorschrift des § 4 Abs. 1 Nr. 2 GastG trotz fehlender Gästetoiletten unter Beachtung der dort genannten Modalitäten eine Gaststättenerlaubnis erteilt werden kann. Da es somit in den oben genannten Fällen a und b gleichermaßen um Gaststättenkonzessionen geht, ergeben sich hinsichtlich der einzureichenden Unterlagen keine Unterschiede. Demgemäß sind von den Antragstellern beider Fallgruppen grundsätzlich die folgenden, in Nr. 10.1.1 der Gaststättenverwaltungsvorschrift (StAnz. 1998 S. 3603/3614) genannten Dokumente der Gaststättenbehörde zur Verfügung zu stellen:

- Unterrichtungsnachweis einer Industrie- und Handelskammer über die Grundzüge der für die beabsichtigte Tätigkeit notwendigen lebensmittelrechtlichen Kenntnisse (Beachte: Bäcker und Metzger sind als primäre Adressaten des Erlasses gemäß Nr. 3.4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über den Unterrichtungsnachweis im Gaststättengewerbe BAnz. 1981 Nr. 39, ber. Nr. 52 - von dieser Verpflichtung befreit);

- Führungszeugnis für Behörden (§ 30 Abs. 5 Bundeszentralregistergesetz);

- Auskunft über Einträge im Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts;

- Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes;

- Auskunft aus dem Gewerbezentralregister; Grundriss und gegebenenfalls Lageplan der Betriebsräume.

Die Gaststättenbehörde kann auf die Vorlage des Führungszeugnisses und der Gewerbezentralregisterauskunft verzichten, wenn die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers zweifelsfrei bekannt sind.

Frage 3. Trifft es zu, dass z. B. bei einem Filialunternehmen in der Rechtsform einer GmbH die jeweiligen Geschäftsführer und die GmbH Bescheinigungen der IHK, des Finanzamtes, Auskünfte aus dem Schuldnerregister, dem Gewerberegister, dem Handelsregister und dem Insolvenzregister, ein Führungszeugnis und Kopien der Personalausweise vorlegen müssen?

Sind - wie in der Frage angesprochen - juristische Personen Antragsteller in einem gaststättenrechtlichen Erlaubnisverfahren, so ist für die erforderliche Beurteilung der Zuverlässigkeit natürlich auch der gesetzliche Vertreter der Gesellschaft als verantwortlich handelnde Person in die gebotenen Überprüfungen mit einzubeziehen. Das bedeutet z.B., dass der Gewerbezentralregisterauszug und die Auskünfte des Finanzamtes sowie des Schuldnerregisters nicht nur für die GmbH, sondern auch für den Geschäftsführer persönlich einzuholen sind. Insofern ist es richtig, dass manche Nachweise zweifach, nämlich für die juristische Person und für ihr vertretungsberechtigtes Organ, vorzulegen sind.

Frage 4. Trifft es zu, dass für jede einzelne Filiale Grundrisspläne, Lagepläne, Planbeschreibungen, Mietverträge und weitere Unterlagen vorgelegt werden müssen und für jede Filiale grundsätzlich eine Überprüfung der Örtlichkeiten durch einen Mitarbeiter des Ordnungsamtes stattfindet?

Die beschriebene Handhabung entspricht den einschlägigen Maßgaben in Nr. 10.1.1.2 der Gaststättenverwaltungsvorschrift und der ständigen darauf beruhenden Verwaltungspraxis der Vollzugsbehörden. Denn bei einer Gaststättenerlaubnis handelt es sich nicht nur um eine personenbezogene, sondern auch um eine raumbezogene Genehmigung. Das heißt, die Betriebsräume müssen hinsichtlich ihrer Lage, Beschaffenheit und Ausstattung für die gastronomische Verwendung geeignet sein, insbesondere den notwendigen Anforderungen zum Schutz der Gäste vor Gefahren für Leben und Gesundheit genügen (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 GastG). Ferner darf die gastronomische Nutzung der Räume nicht dem öffentlichen Interesse widersprechen. Hierzu gehört vor allem, dass keine schädlichen Einwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Allgemeinheit zu befürchten sind (§ 4 Abs. 1 Nr. 3

GastG). Außerdem muss grundsätzlich eine barrierefreie Nutzung der Räumlichkeiten seitens der Kunden gewährleistet sein. Aus diesen Gründen wurden die in der Frage genannten Unterlagen benötigt, ebenso war deshalb eine Besichtigung des jeweiligen Objektes in aller Regel vorzunehmen.

Frage 5. Hält die Landesregierung den bürokratischen Aufwand und die damit verbundenen Kosten für angemessen im Vergleich zum jeweiligen Zugewinn an Kundenfreundlichkeit?

Diese Abwägung lässt sich nicht allgemein, für alle potenziell in Betracht kommenden Betriebe von der Landesregierung vornehmen. Die in der Frage angesprochene Kosten-Nutzen-Analyse konnte letztlich nur der einzelne Gewerbetreibende in Kenntnis aller maßgeblichen Umstände und aufgrund seiner betriebswirtschaftlichen Einschätzung für seine individuelle Betriebsstätte durchführen.

Frage 6. Sieht die Landesregierung Möglichkeiten, den bürokratischen Aufwand zu reduzieren?

Der bürokratische Aufwand ist durch die in der Vorbemerkung dargestellte Änderung des Gaststättengesetzes entfallen, für die sich die Landesregierung im Übrigen im Bundesrat eingesetzt hat.