Täter-Opfer-Ausgleich in Hessen

Die Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedstaaten der EU (Nr. 99 R (99) 19) stellen die besondere Bedeutung des Täter-Opfer-Ausgleichs im Strafsystem heraus und beinhalten einen Rahmenkatalog für die Durchführung von Täter-Opfer-Ausgleichsverfahren.

Für die zunehmende Bedeutung des Täter-Opfer-Ausgleichs spricht auch die in Hessen wachsende Anzahl von Fällen, die jährlich von den als Vermittlungsstellen fungierenden freien Trägern sowie Gerichtshelferinnen und Gerichtshelfern zu bearbeiten sind. So steigerten sich die Fallzahlen von 2002 auf 2003 um über 14 v.H. und im Folgezeitraum 2003 auf 2004 wiederum um mehr als 19 v.H. Demgegenüber stagnieren die von der Landesregierung eingesetzten Haushaltsmittel in diesem Bereich seit drei Jahren.

Vorbemerkung des Ministers der Justiz: Ausgehend von der Fragestellung beziehen sich die Antworten auf den Bereich des Täter-Opfer-Ausgleichs im allgemeinen Strafrecht.

Beim Täter-Opfer-Ausgleich soll einerseits das Interesse des Opfers an einem sachgerechten Ausgleich seiner erlittenen Schäden angemessen berücksichtigt und befriedigt werden; andererseits soll dem Täter seine ganz persönliche Verantwortung für die von ihm verursachten Schäden im besonderen Maße verdeutlicht werden. Dies soll durch eine mithilfe eines Vermittlers getroffene verbindliche Vereinbarung zwischen Opfer und Täter erreicht werden. Hierdurch können überdies dem Opfer ein Zivilrechtsstreit und eine Vernehmung als Zeuge erspart bleiben. Die Ausgleichsleistungen des Täters können finanzieller oder kompensatorischer Art sein.

Rechtliche Grundlage für den Täter-Opfer-Ausgleich im Ermittlungsverfahren ist bei erwachsenen Beschuldigten § 153a Abs. 1 Nr. 5 und 6 sowie § 153b Abs. 1 Strafprozessordnung in Verbindung mit § 46a Strafgesetzbuch.

Durch das Verbrechensbekämpfungsgesetz vom 28. Oktober 1994 (BGBl. I S. 3186 ff.) hat der Gesetzgeber dem Täter-Opfer-Ausgleich und der Schadenswiedergutmachung im Erwachsenenrecht stärkeres Gewicht eingeräumt.

Er hat diese Intention im Rahmen des zum 1. September 2004 in Kraft getretenen Opferrechtsreformgesetzes (BGBl. I S. 1354 ff.) weiterverfolgt.

Dementsprechend wurde in Hessen bereits 1996 mit der Installierung eines flächendeckenden Netzes von TOA-Vermittlungsstellen zur Umsetzung des Täter-Opfer-Ausgleich im allgemeinen Strafrecht begonnen.

Die Umsetzung des Erwachsenen-TOA erfolgt in den einzelnen Landgerichtsbezirken zurzeit wie folgt: LG-Bezirk Vermittlungsstelle Darmstadt Diak. Werk Darmstadt Freier Träger, ein Konfliktberater (klassisches Modell) Frankfurt/Main Ev. Welche freien Träger nehmen in Hessen Aufgaben im Rahmen des Täter-OpferAusgleichs wahr?

Mit der Umsetzung des Täter-Oper-Ausgleichs im allgemeinen Strafrecht sind aktuell folgende freien Träger beauftragt:

- Diakonisches Werk Darmstadt,

- Evangelischer Regionalverband Frankfurt am Main,

- Giessener Hilfe, Opfer- und Zeugenhilfe Gießen e.V.,

- Hanauer Hilfe, Opfer- und Zeugenhilfe Hanau e.V.

- Opferhilfe Limburg-Weilburg,

- Verein für Straffälligenhilfe im Landgerichtsbezirk Limburg e.V.,

- Jugendkonflikthilfe Marburg e.V.,

- Wiesbadener Hilfe, Opfer- und Zeugenhilfe Wiesbaden e.V.

Frage 2. Wie viele Gerichtshelferinnen und Gerichtshelfer sind im Bereich des Täter-OpferAusgleichs tätig?

Im Bereich des Täter-Opfer-Ausgleichs im allgemeinen Strafrecht sind derzeit zwei Gerichtshelfer als Konfliktberater tätig.

Frage 3. Wie groß war in den Jahren 2002, 2003, 2004 sowie im ersten Halbjahr 2005 der Anteil der Fälle am Gesamtaufkommen, den die freien Träger

a) bearbeitet,

b) erfolgreich abgeschlossen,

c) als neue Fälle übernommen haben?

Frage 4. Wie groß war in den Jahren 2002, 2003, 2004 sowie im ersten Halbjahr 2005 der Anteil der Fälle am Gesamtaufkommen, den Gerichtshelferinnen und Gerichtshelfer

a) bearbeitet,

b) erfolgreich abgeschlossen,

c) als neue Fälle übernommen haben?

Die Umsetzung des Täter-Opfer-Ausgleichs erfolgt in Hessen in verschiedenen Modellen. Neben dem klassischen Modell mit einem Vermittler wird auch - unter dem Aspekt des besonderen Opferschutzes - das so genannte Kooperationsmodell mit zwei Vermittlern erprobt. Aus diesem Grund ist in Wiesbaden der Mitarbeiter der dort ansässigen Opferhilfe an der Seite des Opfers als Vermittler tätig, während ein Vertreter der Gerichtshilfe an der Seite des Täters das Ausgleichsverfahren betreibt. Im Jahr 2002 war ein

Gerichtshelfer auch in Hanau in Zusammenarbeit mit der Hanauer Hilfe eingesetzt und in Fulda war ein Gerichtshelfer teilweise auch mit TäterOpfer-Ausgleich befasst. Eine genaue Fallzahlentrennung ist daher nur eingeschränkt möglich. In der folgenden Tabelle werden deshalb zum einen sämtliche von freien Trägern bearbeitete Fälle dargestellt, zum anderen werden in der Spalte Gerichtshilfe sämtliche Fälle unter Beteiligung der Gerichtshilfe eingerechnet, sodass sich wegen der Zweifachrechnung eine höhere Anzahl als die Gesamtzahl ergeben kann. In welchem Umfang beabsichtigt die Landesregierung der Fallentwicklung im Bereich des Täter-Opfer-Ausgleichs und der damit verbundenen Steigerung vom Jahr 2002 bis 2004 um rund 38 v.H. durch eine angemessen Erhöhung der in den Landeshaushalt einzustellenden Mittel Rechnung zu tragen?

Die Finanzierung der TOA-Vermittlung wird sichergestellt durch Zuwendungsmittel in Höhe von zuletzt 214.700 pro Jahr. Ergänzend dazu setzen die freien Träger Eigenmittel aus Geldbußenzuweisungen und sonstigen Spenden ein.

Der Haushaltsansatz der Zuwendungsmittel für den Täter-Opfer-Ausgleich hat sich seit 1998 von damals ca. 152.000 auf nunmehr 214.700 erhöht, somit liegt eine Steigerung um 41,25 v. H. vor.

Regelmäßig erfolgen durch das Hessische Ministerium der Justiz die jährliche Statistikerhebung und Auswertung zu den Fallzahlen des Täter-OpferAusgleichs. Vor dem Hintergrund der derzeitigen Haushaltssituation werden wir auch weiterhin bestrebt sein, das flächendeckende Angebot an Vermittlungsstellen durch Zuwendungsmittel in sachgerechter Höhe sicherzustellen.

Frage 6. Auf welche Weise wird in Hessen sichergestellt, dass die in der Vorbemerkung angeführten Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates auch in Hessen umgesetzt und eingehalten werden?

Die Möglichkeit des Täter-Opfer-Ausgleichs stellt einen wichtigen Bestandteil der Kultur des Friedensstiftens dar. Die flächendeckende Umsetzung in Hessen zeigt den Stellenwert, der dem Täter-Opfer-Ausgleich von der Landesregierung eingeräumt wird.

Die Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedstaaten der EU über die Mediation in Strafsachen werden in diesem Bereich in Hessen bereits vollkommen erfüllt. Die Einhaltung der dort aufgeführten Grundsätze wird sichergestellt durch das an die Vermittlungsstellen gerichtete Anforderungsprofil. Dieses beinhaltet zum einen die Ausbildung der Vermittler zum Konfliktberater nebst Supervision und - zum anderen - die Orientierung an den Qualitätskriterien für die Praxis des Täter-Opfer4

Ausgleichs. Diese vom TOA-Service-Büro entwickelten Standards sind die Grundlage für die Arbeit der Vermittlungsstellen.

Der Grundsatz der allgemeinen Verfügbarkeit des Täter-Opfer-Ausgleichs wird mit der Installierung des flächendeckenden Netzes von Vermittlungsstellen gewährleistet.

Auch der Grundsatz, dass Täter-Opfer-Ausgleich in jedem Verfahrensstadium möglich sein soll, ist durch die in der Vorbemerkung dargestellte rechtliche Verankerung sichergestellt.