Konzentration durch elektronische Vereinsregister
Der Justizminister geht unter dem "Deckmäntelchen" der Konzentration von Aufgaben immer wieder neue Pfade, um sein Ziel, die Schließung weiterer Amtsgerichte in Hessen, zu erreichen. Nach einem ersten Schritt, in dem gegen den Widerstand aller Fachleute - und ohne zuvor eine Aufgabenkritik durchgeführt zu haben - die ersten acht eigenständigen Amtsgerichtsstandorte weggefallen sind, konnte ein weiterer justizpolitischer Kahlschlag durch die Verhinderung der Auslagerung der Grundbuchgerichte zunächst abgewehrt werden.
Nun soll 28 hessischen Amtsgerichten die Zuständigkeit für das Führen von Vereinsregistern entzogen werden.
Vorbemerkung des Ministers der Justiz: Ziel der Konzentration der Vereinsregisterangelegenheiten ist nicht die Schließung weiterer Amtsgerichte, sondern vielmehr die höhere Spezialisierung der Gerichtsbediensteten auf dem Gebiet des Vereinsrechts und somit eine effektivere Bearbeitung der Verfahren. Die damit einhergehende Stärkung der Kompetenz der Sachbearbeiter wird den antragstellenden Vereinen bei Fragen der Vorberatung von Anträgen und der Bearbeitung der Vorgänge zugute kommen.
Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:
Frage 1. Wie viele Bedienstete waren bis zum 15. August 2005 bei den einzelnen hessischen Amtsgerichten mit der Vorbereitung sowie der Antragsannahme im Zusammenhang mit dem Vereinsregister tätig?
Die genaue Kopfzahl der im Vereinsregister tätigen Bediensteten wird statistisch nicht erfasst. In der Regel sind die Bediensteten nur mit geringen Bruchteilen ihrer Arbeitskraft im Vereinsregister tätig. Diese Bruchteile werden addiert und sind Bestandteil der Statistik.
Insgesamt handelt es sich danach rechnerisch um ein Arbeitspensum von rund 48 Bediensteten im gehobenen Dienst sowie im mittleren und Schreibdienst. Von der Konzentration der Vereinsregisterangelegenheiten betroffen ist jedoch lediglich das Arbeitspensum von knapp 17 Bediensteten im gehobenen, im mittleren und im Schreibdienst.
Frage 2. Wie viele der vorgenannten Bediensteten sind Rechtspfleger, die auch künftig für die Beratung in den Rechtsantragsstellen der Amtsgerichte bei Angelegenheiten des Vereinsregisters zur Verfügung stehen werden?
Von dem für die Bearbeitung von Vereinsregistersachen erforderlichen Arbeitspensum entfällt ein Anteil von rund 22 Bediensteten auf den gehobenen Dienst. Alle Amtsgerichte und Zweigstellen verfügen bereits über Rechtsantragsstellen, bei denen auch künftig eine fachliche Beratung sichergestellt wird. Die Rechtsantragsstellen fungieren als öffentliche Anlaufstelle bei einer Beratung in Vereinsregisterangelegenheiten und stärken damit durch fachkundige Hilfestellung die im Ehrenamt tätigen Bürger in einem Verein.
Durch die Vernetzung aller Amtsgerichte und Zweigstellen können bei jedem Gericht elektronisch alle Vereinsregister in Hessen eingesehen werden.
Diese elektronische kostenlose Einsicht in das Vereinsregister in den Gerichten steht sowohl dem Bearbeiter in der Rechtsantragsstelle als auch jedem Bürger zur Verfügung. Darüber hinaus können die Informationen aus dem Vereinsregister an sieben Tagen die Woche online weltweit elektronisch über die Web-Beauskunftung abgerufen werden.
Frage 3. a) Auf welche Weise gelangen Anträge und andere Vorgänge, die bei einem Amtsgericht ohne Vereinsregister eingehen, künftig zum zuständigen Registergericht?
b) Wie lange dauert dieser Transport, bis der jeweilige Bearbeitungsvorgang dann im zuständigen Registergericht bearbeitet wird?
Es wird davon ausgegangen, dass es sich hier höchstens um wenige Arbeitstage handeln kann.
Die Anträge und Vorgänge werden wie alle zwischenbehördlichen Post- und Aktentransporte auf dem Postweg oder durch einen ohnehin zwischen den Behörden bestehenden Fahrdienst an das zuständige Registergericht weitergeleitet. Selbstverständlich können Anträge auch per Telefax weitergeleitet werden.
Frage 4. Wie lange waren bisher die Bearbeitungszeiten in Vereinsregisterangelegenheiten bei den einzelnen hessischen Amtsgerichten?
Die Bearbeitungszeiten in Vereinsregisterangelegenheiten werden statistisch nicht erfasst.
Frage 5. Welche Folgen hat die Verlagerung der Registerführung auf nur noch 18 Amtsgerichte auf die Gebühren in Vereinsangelegenheiten?
Die Verlagerung der Registerführung hat keine Folgen für die Gebühren in Vereinsregisterangelegenheiten, da eine Veränderung der Kostenordnung, die die Grundlage für die Erhebung von Kosten (Gebühren und Auslagen) in der freiwilligen Gerichtsbarkeit bildet, nicht erfolgt ist. Da die Gebühren keinen Einfluss auf die Sachmittel- und Personalbudgets der einzelnen Gerichte haben, kommt es insoweit nicht zu einer Schlechterstellung der die Register abgebenden Gerichte.
Frage 6. Welche Folgen hat die Verlagerung der Registerführung für Vereinsangelegenheiten auf nur noch 18 Amtsgerichte auf die Personalstruktur der 28 Amtsgerichte, denen man die Zuständigkeit für die Vereinsregister entzogen hat?
Da die Bediensteten in der Regel nur mit geringen Bruchteilen ihrer Arbeitskraft im Vereinsregister tätig sind, hat die Konzentration nur geringe Auswirkungen auf die Personalstruktur. Insoweit wird auf die Beantwortung zur Frage 1 verwiesen.
Vorbemerkung zu den Fragen 7 und 8:
Da die Zentralisierung der Vereinsregister erst am 29. August 2005 begonnen hat und stufenweise bis Ende 2006 vollzogen wird, kann noch keine abschließende Auskunft über alle tatsächlich anfallenden Investitionskosten getroffen werden. Als Anlage wird der exakte Umstellungsplan für das Vereinsregister bezüglich aller betroffenen Gerichte mitgeteilt.
Folgende Aussagen zu den finanziellen Auswirkungen lassen sich bereits heute treffen:
Frage 7. Wie hoch waren die für die Zentralisierung der Vereinsregister erforderlichen Investitionskosten
a) bei den registerführenden Gerichten,
b) bei den registerabgebenden Gerichten, bei denen nach wie vor die Möglichkeit der Einsichtnahme gewährleistet sein soll?
Zu a:
Für die 18 (vereins)registerführenden Gerichte werden für die EDV voraussichtlich insgesamt ca. 28.000 investiert (1 Terminalserver bei der Hessischen Zentrale für Datenverarbeitung sowie 40 Zugriffslizenzen). Weitere investive Kosten für die Aktenaufnahme bzw. umziehendes Personal sind zurzeit noch nicht bezifferbar. Da die Vereinsregisterakten nur einen kleineren Teil der gerichtlichen Registerakten ausmachen, werden bei vielen Gerichten keine oder nur geringe Investitionen hierfür anfallen (z.B. für ein neues Aktenregal). Nicht an allen konzentrierten Gerichten wird eine personelle Verstärkung erforderlich sein, insofern werden sich sowohl die Kosten für den Umzug der Vereinsregisterakten als auch für die Aufnahme von umziehendem Personal in engen Grenzen bewegen. zu b:
Bei den (vereins)registerabgebenden Gerichten werden durch die Abgabe keine Investitionskosten anfallen.
Im Gegenteil wurden hier ca. 120.000 für EDV-Investitionen eingespart.
Diese Investitionskosten wären ohne die Konzentration der Vereinsregister angefallen. Die eingesparten EDV-Kosten setzen sich zusammen aus vier zusätzlichen Terminalservern bei der Hessischen Zentrale für Datenverarbeitung sowie ca. 130 zusätzlichen Mitarbeiter-Lizenzen. Das hohe Einsparpotenzial von ca. 130 Mitarbeiter-Lizenzen im Vereinsregister basiert auf der früheren Verteilung geringer Arbeitskraftanteile bei der bisherigen hohen Zahl von Vereinsregistergerichten: Auch Bedienstete, die durchschnittlich nur mit 0,1 v.H. ihrer Tätigkeit im Vereinsregister gearbeitet haben, hätten nach der früheren Registerstruktur eine volle Lizenz benötigt. Für diese ca. 130 Personen entfallen darüber hinaus auch die personalintensiven Kosten für EDV-Erstschulungen im Fachprogramm des Elektronischen Vereinsregisters.
Frage 8. Wie hoch sind die für die Zentralisierung der Vereinsregister erforderlichen Betriebskosten
a) bei den registerführenden Gerichten,
b) bei den registerabgebenden Gerichten, bei denen nach wie vor die Möglichkeit der Einsichtnahme gewährleistet sein soll?
Zu a: Zusätzliche Betriebskosten bei den (vereins)registerführenden Gerichten, fallen nicht an, da die vorhandene Infrastruktur, insbesondere die bereits im Handelsregister vorhandenen EDV-Komponenten (Rechner, Bildschirme, Leitungen), im Wesentlichen auch für das Vereinsregister mitgenutzt werden.
Zu b:
Bei den (vereins)registerabgebenden Gerichten fallen ebenfalls keine zusätzlichen Betriebskosten an, da die Einsichtnahme in das Vereinsregister vollständig an den ohnehin bereits vorhandenen Einsichtsbildschirmen des Handelsregisters erfolgen wird.
Auch hier ergibt sich durch die Konzentration zu erzielende Synergieeffekte eine Einsparung für den Justizhaushalt, da hinsichtlich Schulung und Unterhaltung künftig ca. 130 Arbeitsplätze weniger zu betreuen sind.