Staatlich geprüfte Fachkraft für Arbeits- und Berufsförderung in Werkstätten für behinderte Menschen

Die Grundsätze für eine qualifizierte Neuerung des beruflichen Profils "Gruppenleiter" hin zu einem klaren Berufsbild in Werkstätten für behinderte Menschen ist auf Bundesebene seit 26. Juni 2001 in einer Verordnung festgelegt. Hessen ist bislang seiner Verpflichtung, einen entsprechenden Berufsbildungsausschuss einzusetzen und eine Prüfungskommission zur Erlangung der staatlichen Anerkennung für die Fachkräfte zu benennen, nicht nachgekommen. Somit können weder Prüfungen abgelegt werden noch Fachkräfte anerkannt und als solche in den Werkstätten eingestellt werden.

Vorbemerkung der Sozialministerin:

Nach § 9 Abs. 3 der Werkstättenverordnung (WVO) sollen die Fachkräfte zur Arbeits- und Berufsförderung in der Regel Facharbeiter, Gesellen oder Meister mit einer mindestens zweijährigen Berufserfahrung in Industrie oder Handwerk sein; sie müssen pädagogisch geeignet sein und über eine sonderpädagogische Zusatzqualifikation (SPZ) verfügen. Hieran hat sich durch den Erlass der Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Abschluss Geprüfte Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung in Werkstätten für behinderte Menschen (Prüfungsverordnung - PrüfVO) vom 25. Juni 2001 (BGBl. I S. 1239 ff.) nichts geändert. Nach § 1 Abs. 1 dieser PrüfVO kann die zuständige Stelle zum Nachweis der in § 9 WVO geforderten SPZ Prüfungen durchführen. Eine nach den §§ 2 bis 12 der PrüfVO absolvierte Prüfung stellt somit eine, aber nicht die einzige Möglichkeit dar, die SPZ nachzuweisen.

Das Zertifikat "Geprüfte Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung in Werkstätten für behinderte Menschen" bezeichnet auch kein Berufsbild im Sinne des § 25 Berufsbildungsgesetz (BBiG). Vielmehr bedarf es nach § 2 der auf der Grundlage von § 46 Abs. 2 BBiG erlassenen PrüfVO für die Zulassung zur Prüfung nicht einmal der Teilnahme an einem Fortbildungslehrgang.

Schließlich weise ich noch darauf hin, dass Werkstätten für behinderte Menschen nicht verpflichtet sind, Geprüfte Fachkräfte zur Arbeits- und Berufsförderung zu beschäftigen, um eine Anerkennung nach dem zweiten Abschnitt der WVO zu erlangen.

Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Frage 1. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die Umsetzung der Verordnung Aufgabe der Landesregierung ist?

Frage 2. Wenn ja, aus welchen Gründen, bzw. wenn nein, warum nicht?

Wie bereits in der Vorbemerkung ausgeführt, besteht keine rechtliche Verpflichtung für die Landesregierung, da es sich um eine Kann-Bestimmung handelt.

Da die Landesregierung jedoch die Durchführung von Prüfungen zum Nachweis der Sonderpädagogischen Zusatzqualifikation Hessen ermöglichen will, hat sie eine zuständige Stelle im nachgeordneten Bereich mit dieser Aufgabe betraut.

Frage 3. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die staatliche Anerkennung der Fachkraft für Arbeits- und Berufsförderung zu einer Verbesserung der Förderung der in den Werkstätten für behinderte Menschen arbeitenden Menschen führen wird?

Das Sozialministerium betrachtet das Angebot, die SPZ durch Ablegen einer Prüfung nachweisen zu können, als Maßnahme zur Sicherung der Qualität von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Werkstätten für behinderte Menschen.

Frage 4. Wenn ja, aus welchen Gründen, bzw. wenn nein, warum nicht?

Das Sozialministerium erwartet, dass die mit der Verleihung des Zertifikats Geprüfte Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung in Werkstätten für behinderte Menschen einhergehende ideelle Aufwertung der Funktion der Gruppenleiterin/des Gruppenleiters eine die Motivation steigernde Wirkung entfalten wird und die Fördermaßnahmen dadurch strukturierter und zielorientierter durchgeführt werden.

Frage 5. Aus welchen Gründen wurde die Qualifizierungsverordnung zur staatlich geprüften Fachkraft für Arbeits- und Berufsförderung in Werkstätten für behinderte Menschen in Hessen bislang nicht umgesetzt?

Die Prüfungsverordnungen vom 25. Juni 2001 enthielt noch keine Aussage dazu, wer die Aufgabe der "zuständigen Stelle" wahrnehmen soll. Erst mit der Verordnung über die Bestimmung der zuständigen Stelle für die Durchführung der Prüfung zum anerkannten Abschluss Geprüfte Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung in Werkstätten für behinderte Menschen vom 24. Juni 2002 (BGBl. I S. 2281) wurde die Regelung getroffen, dass zuständige Stelle entweder die für Leistungen der Eingliederungshilfe in Werkstätten für behinderte Menschen zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde in dem Land, in dem die Prüfung abgelegt wird, ist.

Da es sich bei der Durchführung von Prüfungen nicht um eine ministerielle Aufgabe handelt, musste die Zuständigkeit einer anderen Behörde übertragen werden.

Der nach der Begründung zu der zuletzt genannten Verordnung hierfür prädestinierte überörtliche Träger der Sozialhilfe (Landeswohlfahrtsverband Hessen) kam als Kommunalverband insbesondere wegen des Konnexitätsprinzips nicht in Betracht. Für die Übertragung der Zuständigkeit auf das Regierungspräsidium Gießen war wegen der zwingenden Anwendbarkeit des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) eine Ergänzung der Verordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Berufsbildung erforderlich. Die Federführung hinsichtlich dieser Verordnung liegt innerhalb der Landesregierung beim Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung. Die Achte Verordnung zur Änderung der Verordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Berufsbildung datiert vom 21. September 2004 (GVBl. I S. 288). Hier wird in § 6 das RP Gießen als zuständige Stelle für die Durchführung der Prüfung zum anerkannten Abschluss Geprüfte Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung in Werkstätten für behinderte Menschen festgelegt.

Frage 6. Bis wann wird die Landesregierung die Voraussetzungen zur Ablegung der Prüfung "staatlich geprüfte Fachkraft für Arbeits- und Beschäftigung in Werkstätten für behinderte Menschen" geschaffen haben?

Die ersten Prüfungen zum anerkannten Abschluss Geprüfte Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung in Werkstätten für behinderte Menschen in Hessen werden nach förmlicher Verabschiedung der vom Berufsbildungsgesetz vorgesehenen Prüfungsordnung durch den beim RP Gießen bestehenden Berufsbildungsausschuss durchgeführt werden können. Dies wird nach hiesiger Einschätzung spätestens zum Sommer 2005 der Fall sein.

Frage 7. Wie wird die Landesregierung sicherstellen, dass künftig Fachkräfte für Arbeits- und Berufsförderung in den hessischen Werkstätten eingesetzt werden?

Es ist nicht die Aufgabe der Landesregierung sicherzustellen, dass Fachkräfte zur Arbeits- und Berufsförderung in Werkstätten für behinderte Menschen eingesetzt werden. Vielmehr gehört § 9 WVO zu den fachlichen Anforde rungen, die eine Werkstatt für behinderte Menschen erfüllen muss, um als solche anerkannt zu werden. Die Verantwortung hierfür liegt bei dem jeweiligen Träger der Einrichtung.

Dies gilt erst recht im Hinblick auf den für eine Anerkennung als Werkstatt für behinderte Menschen nicht zwingenden Einsatz Geprüfter Fachkräfte zur Arbeits- und Berufsförderung.

Das Sozialministerium geht aufgrund des großen Interesses der Beteiligten jedoch davon aus, dass die Funktion der Gruppenleiterin/des Gruppenleiters in zahlreichen hessischen Werkstätten für behinderte Menschen künftig von Geprüften Fachkräften zur Arbeits- und Berufsförderung wahrgenommen werden wird. Hierfür wird es in der Regel keiner Neueinstellungen bedürfen, da bereits im Einsatz befindliche Gruppenleiter oder um ein berufliches Fortkommen bemühte Gruppenhelfer die Prüfung absolvieren möchten.