Einbehaltung der Dienstbezüge

Frühestmöglicher Zeitpunkt für die vorläufige Dienstenthebung ist die Einleitung des nunmehr einheitlichen Disziplinarverfahrens. Dass nur die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde, welche an die Stelle der bisherigen Einleitungsbehörde tritt, die Maßnahme aussprechen kann, ist eine im Hinblick auf ihre Bedeutung notwendige Regelung.

Die Abs. 2 und 3 regeln die Zulässigkeit der Einbehaltung der Dienstbezüge und des Ruhegehalts in Anlehnung an § 84 Abs. 1 und 3 HDO. Aus Gründen der Klarstellung finden in der Vorschrift nunmehr auch die Anwärterbezüge Erwähnung.

Neu aufgenommen wurde die Regelung, dass eine Einbehaltung der Dienstbezüge auch möglich ist, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Zurückstufung erkannt werden wird. Diese Regelung wird auf spezifische Einzelfälle beschränkt bleiben, da sie voraussetzt, dass zuvor eine vorläufige Dienstenthebung nach § 43 Abs. 1 Satz 2 stattgefunden hat.

Hinsichtlich der Höhe, bis zu der die Bezüge einbehalten werden können, ist zu beachten, dass auch die mit dem Vorwurf eines Dienstvergehens konfrontierten Beamtinnen und Beamten bzw. Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten ihren Alimentationsanspruch - zunächst - behalten, andererseits aber Einschnitte in ihre bisherige Lebensführung durchaus hinnehmen müssen. Bis zur endgültigen Verhängung der Disziplinarmaßnahme darf der Alimentationsanspruch im Kern allerdings nicht verletzt werden. Dies gebietet die Feststellung einer Höchstgrenze, bis zu der die Kürzung jeweils vorgenommen werden darf. Diese wird in Abs. 2 bei Beamtinnen und Beamten auf 50 v.H. der monatlichen Dienst- oder Anwärterbezüge und in Abs. 3 bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten auf 30 v.H. des monatlichen Ruhegehalts festgesetzt. Damit verbleibt dem von der Einbehaltung Betroffenen jedenfalls so viel, wie ihm bei endgültiger Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. bei endgültiger Aberkennung des Ruhegehalts nach § 13 Abs. 3 bzw. § 15 Abs. 2 im Regelfall als Unterhaltsbeitrag zukommen würde. Die notwendige Harmonisierung beider Regelungsmaterien ist dadurch hergestellt. Wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Zurückstufung erkannt werden wird, dürfen die Dienstbezüge höchstens in dem Umfang einbehalten werden, in welchem das Gehalt, das die Beamtin oder der Beamte während des Zeitraums der Einbehaltung in dem früheren Amt ohne die Einbehaltung erhalten hätte, dasjenige Gehalt übersteigt, das in dieser Zeit auch in dem neuen Amt zugestanden hätte.

Hiermit korrespondiert die Verfallsregelung in § 45 Abs. 1 Satz 2.

Die früher in § 83 Abs. 4 HDO getroffene Regelung, wonach mindestens die Bezüge in Höhe des pfändungsfreien Teils zu belassen sind, wurde nicht übernommen, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Pfändungsfreigrenze nach §§ 850 ff. ZPO das vom Dienstherrn aufgrund seiner Alimentationspflicht zu wahrende Existenzminimum darstellt.

Der die §§ 850 ff. ZPO beherrschende Gedanke des "selbst erarbeiteten Lebensunterhaltes" lässt sich auf die Alimentation nicht übertragen (BVerwGE 43, 226). Bei der Festsetzung der Einbehaltung ist vielmehr zu beachten, dass auch die Suspendierung den Alimentationsgrundsatz nicht seines ihn prägenden Merkmals der Amtsangemessenheit der Bezüge entkleidet. Daher haben auch der Bund und die Länder bereits in ihren früheren Disziplinargesetzen auf eine dem § 84 Abs. 4 HDO entsprechende Regelung verzichtet, sodass durch deren Nichtaufnahme in das HDG eine Harmonisierung auf Bundesund Landesebene stattfindet, die zu einer einheitlichen Rechtsprechungspraxis auf diesem Gebiet beitragen wird.

Die Regelung in Abs. 4 soll entsprechend der in § 84 Abs. 5 HDO getroffenen Vorgängerregelung ein Leerlaufen der angeordneten Kürzungen verhindern.

Die in Abs. 5 geregelte Verpflichtung zur Anhörung war bislang in § 84 Abs. 1 Satz 2 HDO geregelt und entspricht rechtsstaatlichen Standards.

Abs. 7 verweist zur Rechtsschutzgewährung auf das besondere Verfahren nach § 68.

Zu § 44: Abs. 1 entspricht § 86 Satz 2 und § 85 Abs. 2 HDO, wobei aus Gründen der Klarstellung zusätzlich festgestellt wird, dass die Anordnungen mit ihrer Wirksamkeit zugleich vollziehbar sind.

In Abs. 2 ist die bisherige Regelung des § 119 Satz 2 HDO aus systematischen Gründen integriert worden.

Abs. 3 schreibt für die Dauer der vorläufigen Dienstenthebung ein Ruhen der im Zusammenhang mit dem Amt erwachsenen Ansprüche auf Aufwandsentschädigung zwingend vor. Abs. 4 entspricht der Regelung des § 113 HDO, die aus systematischen Gründen in den Zusammenhang der sonstigen Rechtswirkungen der vorläufigen Dienstenthebung und der Einbehaltung von Bezügen gestellt wird.

Abs. 5 entspricht § 87 Abs. 3 HDO.

Zu § 45:

Der Verfall von Bezügen, die auf der Grundlage des § 43 Abs. 2 bis 4 einbehalten werden, ist in Abs. 1 Satz 1 entsprechend § 88 Abs. 1 HDO geregelt.

Abs. 2 regelt die Nachzahlung der einbehaltenen Bezügen in Anlehnung an § 88 Abs. 2 und 3 HDO. In Abweichung zu § 88 Abs. 3 BDO wird der zuständigen Behörde bei ihrer Entscheidung über die Anrechnung jedoch ein Ermessen eingeräumt, damit sie den jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalls, vor allem im Lichte des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, ausreichend Rechnung tragen kann.

Zu § 46:

Das Widerspruchsverfahren ist ein Vorverfahren und wird im Wesentlichen gemäß den Bestimmungen der §§ 68 ff. VwGO durchgeführt. Aus der Anwendbarkeit dieser Vorschriften ergibt sich unter anderem auch, dass der Widerspruch gegen die Disziplinarverfügung aufschiebende Wirkung hat (§ 80 Abs. 1 VwGO), sofern nicht im Einzelfall die sofortige Vollziehung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) angeordnet wird.

Entsprechend § 126 Abs. 3 BRRG ist das Vorverfahren nicht nur in Fällen der Anfechtungsklage, sondern auch in Fällen der Verpflichtungs- und allgemeinen Leistungs- oder Feststellungsklage durchzuführen. Anders als § 126 Abs. 3 Nr. 1 BRRG dies vorsieht, ist ein Vorverfahren nicht durchzuführen, wenn die angefochtene Entscheidung von der obersten Dienstbehörde, die in diesem Fall zugleich Widerspruchsbehörde wäre, erlassen worden ist. Die Regelung wurde aufgenommen, da sich in der disziplinarrechtlichen Praxis gezeigt hat, dass die nochmalige Bescheidung durch die oberste Dienstbehörde zu einer nicht unerheblichen Verfahrensverzögerung führt, ohne dass im Ergebnis mit ihr ein effektiver Rechtsschutzgewinn verbunden ist. Es ist nämlich davon auszugehen, dass die seitens der obersten Dienstbehörde aufgrund der ihr zukommenden Kompetenz getroffenen Entscheidungen keiner erneuten eigenen Überprüfung bedürfen. Die Gewährung effektiven Rechtsschutzes wird hier durch die Möglichkeit, das Gericht anzurufen, ausreichend sichergestellt. Die Disziplinargesetze des Bundes und der Länder Rheinland-Pfalz und Brandenburg enthalten eine gleichlautende Regelung.

Zu § 47:

Die Zuständigkeit zum Erlass des Widerspruchsbescheids wird in Abs. 1 bei der obersten Dienstbehörde angesiedelt, die ihre Kompetenz allerdings, wie auch im Rahmen der §§ 37 und 38 und des § 126 Abs. 3 Nr. 2 BRRG auf nachgeordnete Behörden übertragen kann.

Nach Abs. 2 gilt für den Erlass des Widerspruchsbescheids das Verbot der reformatio in peius. Eine Ausdehnung des Disziplinarverfahrens ist während des Widerspruchsverfahrens nicht zulässig. Der Zusatz des Satzes 2, wonach die Befugnis nach § 41 Abs. 3 unberührt bleibt, dient der Klarstellung.

Durch Abs. 3 werden die Entscheidungsmöglichkeiten der Widerspruchsbehörde bei dem Widerspruch gegen eine Disziplinarverfügung gesetzlich geregelt.

Zu § 48: Abs. 1 regelt die Kostentragungslast nach dem Maß des Obsiegens und Unterliegens, sieht daneben jedoch für den Fall des Erfolgs des Widerspruchs trotz Vorliegens eines Dienstvergehens eine einzelfallbezogene Billigkeitsentscheidung vor.

Abs. 1 stellt klar, dass eine Einstellung des Disziplinarverfahrens unter den Voraussetzungen, dass ein Dienstvergehen zwar erwiesen ist, die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme jedoch nicht angezeigt erscheint, im Widerspruchsverfahren als ein Teilerfolg gilt und kostenrechtlich entsprechend zu behandeln ist.

Abs. 2 regelt die Kostenfolge der Zurücknahme des Widerspruchs.

Abs. 3 enthält eine Bestimmung für den Fall der Erledigung des Widerspruchsverfahrens auf andere Weise, die auch aus den Gründen des § 36 Abs. 2 denkbar ist, welche im Stadium des Widerspruchsverfahrens nicht mehr zu einer Einstellung des Disziplinarverfahrens führen können. In einem solchen Fall ist über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen zu befinden.

Durch die Abs. 4 und 5 wird festgelegt, dass die Beamtin oder der Beamte unabhängig von der Kostenentscheidung im Übrigen - diejenigen Kosten zu tragen hat, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder durch ihr oder sein Verschulden entstanden sind.

Abs. 6 verweist auf die entsprechenden kostenrechtlichen Regelungen des § 39.

Zu § 49: Abs. 1 regelt - in Anlehnung an § 41 Abs. 2 und 3 - die Kompetenz der obersten Dienstbehörde, eine abweichende Entscheidung zu treffen.

Durch die in Abs. 2 eingeräumte Delegationsmöglichkeit wird der obersten Dienstbehörde - wie in § 41 Abs. 4 - die Möglichkeit eröffnet, ihre Befugnisse auf die Behörde zu übertragen, bei der die Ernennungsbefugnis liegt.

Zu § 50:

Die Vorschrift begründet die Zuständigkeit besonderer Spruchkörper bei den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die Zuständigkeit umfasst alle Klagen aufgrund dieses Gesetzes sowie die sonstigen den Gerichten in diesem Gesetz zugewiesenen Aufgaben (vgl. etwa §§ 28 bis 31). In Satz 3 wird eine besondere Kompetenzregelung in Bezug auf den Rechtsschutz gegen schriftliche missbilligende Äußerungen getroffen. Aufgrund des oftmals bestehenden Sachzusammenhangs mit dem Disziplinarrecht wird den für das Disziplinarrecht zuständigen Spruchkörpern die Kompetenz eingeräumt, über schriftliche Missbilligungen zu entscheiden, obwohl es sich bei diesen

- wie durch § 9 Satz 2 ausdrücklich hervorgehoben wird - gerade um keine Disziplinarmaßnahmen handelt.

Nach früherem Recht war das Beschwerde- und Antragsverfahren nach §§ 27, 112c HDO und somit der Rechtweg zu den Disziplinargerichten nur dann eröffnet, wenn der Dienstvorgesetzte dem Beamten ein Dienstvergehen zur Last gelegt hat (Fall der so genannten "qualifizierten Missbilligung"). Die von § 112c HDO nicht erfassten Fälle (Fälle der so genannten "einfachen Missbilligung") unterlagen weiterhin dem Regime der VwGO, sodass der Rechtsweg zu den allgemeinen Verwaltungsgerichten eröffnet war. Es bestand daher immer die Notwendigkeit, eine Abgrenzung zwischen qualifizierter und einfacher Missbilligung vorzunehmen. Nach neuem Recht ist eine derartige Abgrenzung, die in der Praxis immer wieder Schwierigkeiten bereitete, nicht mehr nötig, da der Rechtsschutz gegen schriftliche missbilligende Äußerungen nunmehr einheitlich von den in Satz 2 genannten Spruchkörpern gewährt wird.

Zu § 51: Abs. 1 regelt die Besetzung der Kammer für Disziplinarsachen, die - wie nach § 5 Abs. 3 VwGO die allgemeine Kammer des Verwaltungsgerichts im Regelfall in der Besetzung von drei Berufsrichterinnen oder Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richterinnen oder Richtern entscheidet. Bei den ehrenamtlichen Richterinnen und Richtern handelt es sich dabei allerdings um Beamtenbeisitzerinnen und Beamtenbeisitzer, also um auf Lebenszeit ernannte Beamtinnen und Beamte (vgl. § 52 Ab. 1), von denen gemäß Abs. 1 Satz 3 außerdem eine oder einer dem Verwaltungszweig und möglichst auch der Laufbahngruppe der Beamtin oder des Beamten, gegen die oder den sich das Disziplinarverfahren richtet, angehören soll. Die zuletzt genannte Regelung ist im Interesse eines optimierten Einsatzes der Beamtenbeisitzerinnen und Beamtenbeisitzer deshalb sinnvoll, weil gerade die Fachbeisitzerinnen und Fachbeisitzer die Arbeitsabläufe der jeweiligen Verwaltungszweige transparenter machen und so auch den Hintergrund begangener Dienstvergehen erhellen können. Besonders bei der Festsetzung der jeweils adäquat erscheinenden Disziplinarmaßnahme kann ihr Rat sehr hilfreich sein.

Durch Abs. 2 wird - von dem Verfahren der Disziplinarklage abgesehen - die Möglichkeit eröffnet, das Verfahren in einfach gelagerten Fällen entsprechend § 6 VwGO auf die Einzelrichterin oder den Einzelrichter zu übertragen.

In Abs. 3 wird in Anlehnung an § 87a VwGO eine begrenzte Zuständigkeit der Einzelrichterin oder des Einzelrichters für diejenigen Fälle eingeführt, in denen eine Sachentscheidung nicht mehr zu treffen ist. Die Regelung dient der Straffung der Verfahren und Entlastung der übrigen Mitglieder der Kammer.