Auflagen für Grundschulen im Rahmen der Genehmigung für Schulentwicklungspläne

Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt:

Frage 1. Entspricht es den Tatsachen, dass die Kultusministerin die Genehmigung von Schulentwicklungsplänen der hessischen Städte und Landkreise mit Auflagen hinsichtlich des Bereichs der Grundschulen versehen hat?

Wenn ja, welche Schulträger Hessens und welche Schulen sind hiervon betroffen?

Die betroffenen Schulträger und die Schulen sind der Anlage 1 zu entnehmen. In der Mehrzahl der aufgeführten Schulträger weisen die Auflagen allgemein auf die Notwendigkeit hin, bei sinkenden Schülerzahlen Überschneidungsgebiete festzulegen und/oder jahrgangsübergreifende Klassen zu bilden, um Standorte sichern zu können.

Frage 2. Nach welchen Kriterien wurden die einzelnen Schulen ausgewählt?

Die Zweckmäßigkeit der Schulorganisation ist gemäß § 145 Abs. 6 HSchG das Kriterium, nach dem Schulbezirke zu bilden sind. Die Festlegung von Überschneidungsgebieten hat gemäß § 143 Abs. 1 in Verbindung mit § 144a Abs. 1 Satz 1 HSchG ("Schulen sollen eine Größe haben, die eine Differenzierung des Unterrichts ermöglicht und eine sinnvolle Unterrichts- und Erziehungsarbeit erlaubt") zum Ziel, eine hohe Qualität des Lernens bei pädagogisch und organisatorisch sinnvoller Klassengröße zu erreichen. Weiterhin ist in § 145 Abs 3 HSchG gefordert, dass die Schulentwicklungsplanung mit der landesweiten Bedarfs- und Finanzplanung in Einklang stehen muss.

Frage 3. Sofern "sinkende Schülerzahlen" ein Kriterium für die Auswahl waren: Warum wurde beispielsweise im Landkreis Darmstadt-Dieburg die Hahner Schule in Pfungstadt aufgelistet, der ein Zuwachs prognostiziert wird?

Nach den statistischen Unterlagen des Schulträgers (siehe Anlage 2) werden die Schülerzahlen an der Hahner Schule in Pfungstadt nicht ansteigen. Die Zahl der Einschulungen wird in den nächsten Jahren erheblich schwanken (Schuljahr 05/06: 38 Schüler, Schuljahr 06/07: 29 Schüler, Schuljahr 07/08: 42 Schüler, Schuljahr 09/10: 29 Schüler). Diese Schwankungen können etwa durch die Bildung von Überschneidungsgebieten zwischen einzelnen Schulbezirken vermindert und eine gleichmäßige Auslastung der Grundschulen erreicht werden.

Frage 4. Wie lauten die einzelnen Auflagen im Wortlaut?

Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen.

Frage 5. Welchen Zweck verfolgt die Hessische Landesregierung mit diesen Auflagen?

Die Hessische Landesregierung erfüllt mit diesen Auflagen die Vorgaben von §143 des HSchG: "Benachbarte Schulbezirke können sich überschneiden. Das Staatliche Schulamt oder der Schulträger legen... die jeweils zuständige Schule fest und weisen die Schülerinne n und Schüler dieser Schule mit dem Ziel zu, eine hohe Qualität des Lernens bei pädagogisch und organisatorisch sinnvoller Klassengröße zu erreichen." Im Interesse einer pädagogisch angemessenen Klassenbildung und Unterrichtsorganisation ist zu vermeiden, dass sich aus dem Zuschnitt von Schulbezirken ungünstige Jahrgangsbreiten ergeben. Neben pädagogischen Überlegungen und den Bemühungen um eine sinnvolle Auslastung der Klassen spielt dabei auch der verantwortungsvolle Umgang mit Personalressourcen eine wichtige Rolle.

Frage 6. Welche Auswirkungen hätte die Erfüllung der Auflagen hinsichtlich der personellen Ausstattung der Grundschulen im Einzelnen?

Hätte z. B. eine organisatorische Zusammenfassung zweier benachbarter Grundschulen den Wegfall von Lehrer- oder gar Leitungsstellen zur Folge?

Schulen erhalten ihre Lehrerzuweisung grundsätzlich nach dem Bedarf, d.h. der Zahl der Klassen. Werden zwei Grundschulen in der Leitung zu einer zusammengelegt, aber an beiden Standorten aufrechterhalten, so verändert sich in der Regel die Zahl der Lehrerstellen nicht. Die Zahl der zukünftigen Schulleitungsstellen richtet sich nach dem jeweiligen Stellenbedarf einer gemeinsamen Schulleitung.

Frage 7. Welche Auswirkungen hätte die Erfüllung der Auflagen hinsichtlich der Schülerströme?

Hätte die Bildung von Überschneidungsbereichen in der Schulbezirkssatzung zur Folge, dass Schülerinnen und Schüler mit längeren Schulwegen zu rechnen hätten?

Falls ja, wie verträgt sich dies mit dem Prinzip "kurze Beine - kurze Wege"?

Bei der Überlappung von zwei Schulbezirken können Schüler, die zwischen zwei Grundschulen wohnen, nach der einen wie nach der anderen Seite gelenkt werden. Damit wird vermieden, dass z. B. an der einen Schule eine sehr kleine Klasse und an der anderen Schule eine sehr große Klasse gebildet wird. Falls an einem Standort die Anzahl der angemeldeten Erstklässler die Vorgaben der Klassengrößenverordnung vom 03.12.1992 (s. Amtsblatt 1/93, Seite 2) unterschreitet, können Überschneidungsgebiete ggf. sogar gewährleisten, dass an diesem Standort der Unterricht überhaupt aufgenommen werden darf. Als Ergebnis haben beide Schulen Schüler in ausreichender Zahl. Die Schulwege werden durch die Lenkung nicht zwangsläufig länger, da Schulen nicht obligatorisch im Zentrum des jeweiligen Schulbezirks liegen.

Frage 8. a) Ist mittel- oder langfristig mit einer Schließung von Grundschulen oder einer Auflösung von Grundschulstandorten zu rechnen?

b) Falls nein, kann die Hessische Landesregierung für den Erhalt aller Hessischen Grundschulen garantieren?

c) Falls nein, wie ist der Satz aus der Genehmigung des SEP Bergstraße zu verstehen, dass kleine Grundschulen mit benachbarten organisatorisch zusammenzufassen seien, "um den Standort so lange wie möglich zu sichern"?

Was bedeutet "so lange wie möglich" in diesem Zusammenhang?

Die Prognosen für die Schülerzahlen in der Bundesrepublik und auch im Land Hessen sind eindeutig: Die Zahl der Kinder geht zurück. Wie lange dieser Trend anhält, ist zur Zeit nicht abzuschätzen. Deshalb hat das Hessische Kultusministerium in Erlassen zu Schulentwicklungsplänen die Schulträger aufgefordert, durch verschiedene Steuerungsmöglichkeiten die Grundschulstandorte aktiv zu sichern. Kein Erlass zu einem Schulentwicklungsplan sieht die Schließung einer Grundschule vor. Alle denkbaren Planungsvarianten haben das gemeinsame Interesse, auch in kleinen Orten bzw. Ortsteilen Grundschulen zu erhalten.

Entscheidungen über Schulorganisationsänderungen und Maßnahmen zur Erhaltung von Schulstandorten trifft der Schulträger im Rahmen seiner Schulentwicklungsplanung; er muss dabei stets auf demographische Entwicklungen achten und reagieren. Die Staatlichen Schulämter und ggf. auch das Hessische Kultusministerium haben im Zuge dieser Entscheidungen beratende Funktion. Ob einer Organisationsmaßnahme zugestimmt werden kann, erfolgt nach Prüfung der Vorschriften der einschlägigen Paragraphen des HSchG. Das Hessische Kultusministerium ist somit nicht befugt, Bestandsgarantien für einzelne Schulen aussprechen.

Frage 9. Warum hat die Hessische Landesregierung zu diesem Thema nicht vorab das Gespräch mit den zuständigen Schuldezernentinnen und -dezernenten ergriffen, um gemeinsam nach einer Lösung zu suchen?

Am 03.12.2004 fand im Hessischen Kultusministerium eine gemeinsame Sitzung der Kultusministerin mit den Schuldezernentinnen und -dezernenten der Schulträger sowie Vertretern der Staatlichen Schulämter und des Ministeriums statt, in der über die künftige Erfüllung der Vorraussetzungen des §144a gesprochen wurde. Im Rahmen dieser Veranstaltung unterbreitete Frau Kultusministerin den Vertretern der Schulträger und der Schulämter das Angebot, sich jeweils im Vorfeld der Fortschreibung der Schulentwicklungspläne zu gemeinsamen Beratungen im Kultusministerium zu treffen.

Von dieser Möglichkeit haben viele Schulträger Gebrauch gemacht und dabei auch demographische Entwicklungen und denkbare Lösungsstrategien erörtert.

Frage 10. Ist ein solches gemeinsames Gespräch für die Zukunft geplant, um ein abgestimmtes Vorgehen im Sinne der Kinder zu ermöglichen?

Das Kultusministerium ist bereit, seine aktive Beratungstätigkeit jederzeit fortzuführen und - falls von den Beteiligten gewünscht - auch an Veranstaltungen in erweitertem Rahmen mitzuwirken.