Flächen der Landschaftsschutzgebiete, Naturparke und FFH-Gebiete

Die Landesregierung plant im Entwurf zur Novellierung des Hessischen Naturschutzgesetzes die Auflösung von 15 Landschaftsschutzgebieten mit der Begründung, sie würden sich unter anderem mit Natura-2000-Gebieten überschneiden und seien deshalb überflüssig.

Vorbemerkung des Ministers für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz

Die von der Fragestellerin behauptete Begründung, dass die 15 großflächigen Landschaftsschutzgebiete aufgrund einer Überschneidung mit den Natura-2000 Gebieten überflüssig seien, hat sich die Landesregierung nicht zu Eigen gemacht. Vielmehr ist die Landesregierung der Meinung, dass die bestehenden allgemeinen Schutzvorschriften des Artenschutz-, Bau- und Wasserrechts sowie die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung in ihrem Schutz- und Regelungsgehalt insgesamt über die der Verordnungen über die Großgebiete hinausgehen.

Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Frage 1. Wie viele Hektar und wie viel Prozent der Landesfläche sind zurzeit als Landschaftsschutzgebiete (LSG) in Hessen ausgewiesen?

Zurzeit sind in Hessen 916.761 Hektar als Landschaftsschutzgebiete ausgewiesen. Sie nehmen 43,4 v.H. der Landesfläche ein (Stand 31. Dezember 2005).

Frage 2. Wie viele Hektar und wie viel Prozent der Landesfläche umfassen die im Entwurf zur Novellierung des Hessischen Naturschutzgesetzes (HeNatG), Drs. 16/5549, genannten 15 LSG (§ 61), die zukünftig aufgelöst werden sollen?

Die im Entwurf zur Novellierung des Hessischen Naturschutzgesetzes (HENatG), Drucks. 16/5549, genannten 15 Landschaftsschutzgebiete umfassen eine Fläche von rund 730.000 Hektar. Dies entspricht ca. 35 v.H. der Landesfläche.

Frage 3. Bisher wurden einzelne Vogelschutzgebiete wie z. B. das Vogelschutzgebiet Untermainschleuse als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Wie viele Vogelschutzgebiete wurden bisher bzw. sollen zukünftig als Landschaftsschutzgebiete a) ausgewiesen, b) sichergestellt, c) davon endgültig ausgewiesen werden und wie groß ist dann die Fläche der Vogelschutzgebiete, die als Landschaftsschutzgebiete ausgewiesen sein werden?

Nach der Rechtsprechung des EuGH erfordern die europarechtlichen Erfordernisse der Bestimmtheit und der unbestreitbaren Verbindlichkeit (vgl. Rs. C415/01) eine rechtsförmliche Ausweisung der Natura-2000-Gebiete. Die deshalb im Interesse der Rechts- und Planungssicherheit erforderliche Ausweisung der Natura-2000-Gebiete kann nach geltendem Landesrecht nur durch Ausweisung von Schutzgegenständen nach dem 3. Abschnitt des Naturschutzgesetzes erfolgen. Aufgrund dessen wurden bislang die drei Vogelschutzgebiete "Untermainschleusen", "Mönchbruch und Wälder bei Mörfelden-Walldorf und GroßGerau" und "Lahntal zwischen Marburg und Gießen" als Landschaftsschutzgebiete ausgewiesen (Verordnungen im Jahr 2006 in Kraft getreten). Die Ausweisung des Vogelschutzgebietes "Schwalmniederung bei Schwalmstadt" als Landschaftsschutzgebiet ist in Vorbereitung, die Verordnung wird in Kürze veröffentlicht. Darüber hinaus erfolgte die Sicherung der Vogelschutzgebiete "Griesheimer Sand" und "Prinzenberg bei Darmstadt-Eberstadt" durch Ausweisung als Schutzzone I im Landschaftsschutzgebiet "Stadt Darmstadt" (Novellierungsverordnung von 2004). Die Fläche der genannten Vogelschutzgebiete, die als Landschaftsschutzgebiete ausgewiesen sind, umfasst einschließlich des geplanten Landschaftsschutzgebietes "Schwalmniederung bei Schwalmstadt" insgesamt 8.406 Hektar.

Ob vor Inkrafttreten der geplanten Natura-2000-Verordnung die Ausweisung weiterer Landschaftsschutzgebiete oder auch Naturschutzgebiete aus Gründen der Rechts- und Planungssicherheit erforderlich werden wird, ist derzeit nicht abschätzbar.

Frage 4. Wie viele Hektar und wie viel Prozent der Landesfläche umfassen die nach der FFH- und Vogelschutzrichtlinie (Natura 2000) ausgewiesenen bzw. auszuweisenden Gebiete in Hessen?

Die Fläche der nach der FFH- und Vogelschutzrichtlinie an die Europäische Kommission gemeldeten Gebiete (Natura-2000-Gebiete) des Landes Hessen beträgt insgesamt 440.957 Hektar, was einem Anteil von 20,9 v.H. der Landesfläche entspricht (Stand 8. Juli 2004).

Frage 5. Wie unterscheiden sich die Ziele der Natura-2000-Gebiete von denen der ausgewiesenen Landschaftsschutzgebietsverordnungen?

Gemäß den gesetzlichen Bestimmungen im Hessischen Naturschutzgesetz dienen Landschaftsschutzgebiete in der Regel dem Schutz der Vielfalt, Eigenart und Schönheit des Landschaftsbildes sowie der Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes. Daneben stehen Zwecke der Erholung im Vordergrund. Allerdings war - wie in der Vorbemerkung bereits beschrieben - in der Vergangenheit festzustellen, dass die allgemeinen Schutzvorschriften des Artenschutz-, Bauund Wasserrechts sowie die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung in ihrem Schutz- und Regelungsgehalt insgesamt über die der Verordnungen über die Großschutzgebiete hinausgehen.

In den Natura-2000-Gebieten sind die Schutzzwecke spezifisch auf die Erhaltung der zu schützenden Arten und Lebensräume der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie zuzuschneiden. Hierzu sind Erhaltungsziele festzulegen. Sollte die Ausweisung als Landschaftsschutzgebiet erfolgen, wären die oben genannten Schutzzwecke entsprechend zu ergänzen rsp. zu spezifizieren.

Darüber hinaus zeichnen sich Natura-2000-Gebiete anders als Landschaftsschutzgebiete dadurch aus, dass der Erhalt von Lebensraumtypen oder Arten in stärkerem Maße die Fortsetzung von Nutzungen verlangt. Dies bedeutet, dass die Aufgabe einer Nutzung im Landschaftsschutzgebiet naturschutzrechtlich hinzunehmen ist, während in einem Natura-2000-Gebiet für das Land aus europäischem Recht eine Handlungsverpflichtung erwachsen kann.

Frage 6. Auf wie viel Prozent und auf wie vielen Hektar der Landesfläche überschneiden sich die Flächen der Landschaftsschutzgebiete und der Natura-2000-Gebiete?

Die Flächen der Landschaftsschutzgebiete und der Natura-2000-Gebiete überschneiden sich um 284.473 Hektar. Dies entspricht 13,5 v.H. der Landesfläche (Stand 31. Dezember 2005/8. Juli 2004).

Die Aussagefähigkeit des Überschneidungsprozentes ist nur sehr begrenzt.

Da die Schutzzwecke und die Abgrenzungen der Natura-2000-Gebiete sich erheblich von denen der bestehenden Landschaftsschutzgebiete unterscheiden, wäre auch im Falle einer Ausweisung der Natura-2000-Gebiete als Landschaftsschutzgebiet eine Aufhebung der betreffenden Landschaftsschutzgebiete und Neuausweisung erforderlich.

Frage 7. Hat die Landesregierung mittlerweile Karten erstellt, auf denen deutlich zu erkennen ist, wo und welche Gebiete sich überschneiden?

Die Landesregierung beabsichtigt nicht, solche Karten zu veröffentlichen, weil der finanzielle Aufwand angesichts der beabsichtigten Streichung eines Teils der bestehenden Landschaftsschutzgebiete nicht zu rechtfertigen wäre.

Die vorstehenden Antworten erlauben nach Auffassung der Landesregierung eine ausreichende Beurteilung des Sachverhaltes.

Frage 8. Wann werden diese Karten den Abgeordneten zur Verfügung gestellt, da dies trotz mehrmaliger Aufforderung bisher nicht geschehen ist?