Bürgersprechstunde

Bürgern eine der wenigen Gelegenheiten bietet, sich unkonventionell mit seinen Sorgen und Nöten gegenüber uns Verantwortlichen zu artikulieren.

Die am Hessentag geführten Gespräche spiegeln die Probleme wieder, die die Bürgerinnen und Bürger beschäftigen und die uns immer wieder vor Augen halten, welch große Verantwortung wir tragen und welche Erwartungen an uns gestellt werden.

Auch die sehr rege Teilnahme am Hessentagsquiz zeigt durchaus mehr vorhandenes Interesse am politischen Geschehen, als gemeinhin angenommen wird.

Um dies beizubehalten, scheint es mir unerlässlich, den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern weiterhin aufrechtzuhalten, ja sogar noch auszubauen.

Bürgersprechstunde in Kassel: Großes Interesse fand die im Februar 2006 in Kassel erstmals angebotene Bürgersprechstunde des Petitionsausschusses. Zu der Bürgersprechstunde konnten sich Bürger anmelden, die den Mitgliedern des Petitionsausschusses ihr Anliegen persönlich vortragen wollten. Die Zahl der Anmeldungen übertraf bei Weitem die personellen und zeitlichen Kapazitäten. In zahlreichen Telefongesprächen, die mit interessierten Bürgern im Vorfeld geführt wurden, half aber der Hinweis weiter, dass Petitionen schriftlich beim Landtag eingereicht werden können. Von dieser Möglichkeit wurde dann auch weitgehend von denjenigen Anrufern Gebrauch gemacht, denen wir einen Termin nicht mehr anbieten konnten.

Der große Erfolg der Veranstaltung hat uns ermuntert, diesen Weg weiter zu gehen: Im November 2006 bieten wir einen weiteren Sprechtag in Darmstadt an.

Ich bedanke mich bei allen, die uns bei unserer Arbeit unterstützt haben und ohne deren Unterstützung wir unsere Arbeit im Petitionsausschuss nicht leisten könnten.

Die Vorlage dieses Berichts gibt mir auch die Gelegenheit, den Mitgliedern der anderen Ausschüsse des Hessischen Landtags zu danken, die die Petitionen bearbeiten, die ihnen als Fachausschüsse zugewiesen werden.

Insbesondere möchte ich hier den Unterausschuss Justizvollzug und den Hauptausschuss erwähnen, die sich ebenfalls mit einer nicht unerheblichen Anzahl an Petitionen zu befassen haben: der Unterausschuss Justizvollzug mit Petitionen auf dem Gebiet des Justizvollzuges und der Hauptausschuss mit Petitionen in Rundfunkangelegenheiten.

Vielen Dank für die geleistete Arbeit!

Beispiele für Petitionen Bitte um Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zwecks Familienzusammenführung:

Der Petent, indischer Staatangehöriger, war mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet und hatte als Arzt in einer englischen Klinik ein gesichertes Aufenthaltsrecht in Großbritannien. Nach erfolgter Eheschließung trug sich der Petent mit der Absicht, die eheliche Lebensgemeinschaft in Deutschland aufzunehmen und seine Berufstätigkeit hier fortzusetzen. Seinen Aufenthalt im Bundesgebiet wollte er allerdings erst realisieren, wenn er eine feste Zusage einer Anstellung als Arzt in einer deutschen Klinik hat.

Zu diesem Zweck beantragte er eine Berufsausübungserlaubnis nach der Bundesärzteverordnung. Dabei musste er feststellen, dass die Berufsausübungserlaubnis nur erteilt wird, wenn er im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist. Eine Aufenthaltserlaubnis wiederum konnte er nur erhalten, wenn er seinen Lebensmittelpunkt in die Bundesrepublik Deutschland verlegt.

Die Aufgabe seiner Berufstätigkeit in Großbritannien wollte er allerdings so lange nicht vornehmen, bis er eine feste Stellenzusage und damit eine gesicherte Existenz in Deutschland hat. Das Risiko einer unsicheren Zukunft im Bundesgebiet erschien ihm zu hoch.

Die zuständige Ausländerbehörde sah sich unter diesen Voraussetzungen nicht in der Lage, dem Petenten zum Zwecke der Herstellung und Wahrung der ehelichen Lebensgemeinschaft eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, da der konkrete Nachzug in das Bundesgebiet vorerst nicht beabsichtigt war.

Für den Petitionsausschuss galt es nun, diesen gordischen Knoten zu durchschlagen und nach einer für alle Beteiligten befriedigenden Lösung zu suchen. Nach einer Vielzahl von Gesprächen mit dem Petenten und seiner Ehefrau sowie den beteiligten Behörden konnte letztlich eine zufriedenstellende Lösung dieser Angelegenheit erreicht werden.

Dem Petenten konnten zwischenzeitlich der Nachzug in das Bundesgebiet und die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ermöglicht werden. Damit sind die Grundvoraussetzungen für eine Berufsausübung gegeben. Diese Petition ist ein typisches Beispiel für die Arbeit des Ausschusses, der oft, für die Öffentlichkeit kaum erkennbar, im Hintergrund an der Lösung sich anscheinend widersprechender gesetzlicher Vorgaben arbeitet und durch Gespräche und Verhandlungen mit verschiedenen Institutionen eine Sensibilisierung für die Angelegenheit und letztlich einen befriedigenden Abschluss ermöglicht.

Die Petition konnte als erledigt abgeschlossen werde, da dem Anliegen des Petenten Rechnung getragen wurde.

Bitte um ein Bleiberecht für einen türkischen Staatsangehörigen:

Bei dem Petenten handelte es sich um einen jungen türkischen Staatangehörigen kurdischer Volkszugehörigkeit, der gemeinsam mit seinen Eltern 1992 in die Bundesrepublik Deutschland einreiste und nach Abschluss des Asylverfahrens vollziehbar ausreisepflichtig war.

Für den Petenten wurde ein eigenes Petitionsverfahren betrieben, da er inzwischen volljährig war und er im Gegensatz zu seinen Eltern und einem ebenfalls volljährigen Bruder keinen Aufenthalt im Bundesgebiet erhielt. Für seine Eltern wie auch für seinen Bruder konnte in eigenen Petitionsverfahren ein Aufenthaltsrecht erreicht werden.

Der Petent hatte erfolgreich eine zweijährige Berufsfachschule besucht und wechselte anschließend auf ein berufliches Gymnasium. Dort sollte 2006 der Abschluss erreicht werden.

Da keine rechtlichen Möglichkeiten zur Gewährung eines Bleiberechtes gegeben waren, war das Bemühen des Ausschusses dahin gerichtet, dem Petenten zumindest den Schulabschluss 2006 und damit die Erlangung der Hochschulreife zu ermöglichen. Dieses Ziel konnte letztlich auch erreicht werden, weil sich zwei Verwandte des Petenten zur Sicherung seines Lebensunterhaltes verpflichteten.

Wenn auch die Zweckbestimmung dieses vorübergehenden Aufenthalts keinerlei Perspektive für einen Daueraufenthalt eröffnete, so bleibt es dem Petenten dennoch unbenommen, nach erfolgter Ausreise aus dem Bundesgebiet von der Türkei aus ein Visumverfahren für einen anderen Aufenthaltszweck, beispielsweise für die Aufnahme eines Studiums anzustrengen. Zumindest hierfür konnten die Voraussetzungen im Petitionsverfahren erreicht werden.

Bitte um weiteren Aufenthalt für eine bosnische Staatsangehörige:

Die Petentin war mit ihrem Ehemann und drei Kindern im Jahre 1992 als Bürgerkriegsflüchtling in die Bundesrepublik eingereist. Sie wurde während des geduldeten Aufenthaltes im Juli 1997 von ihrem Ehemann geschieden.

Dieser hatte danach eine deutsche Staatsangehörige geheiratet und erhielt ein Aufenthaltsrecht sowie das alleinige Sorgerecht für die drei Kinder, die bei ihm lebten. Nachdem die Situation im Heimatland eine Rückkehr zuließ, wurde der weitere Aufenthalt der Petentin abgelehnt und eine Ausreiseaufforderung erlassen. Die Petentin erklärte im Frühjahr 1998, dass sie in das Heimatland zurückkehren wolle. Sie wurde danach auch abgemeldet. Nach etwa einem Jahr reiste sie erneut aus dem Ausland ein und beantragte eine Aufenthaltsgenehmigung.

Eine Wohnsitzüberprüfung ergab jedoch, dass sie sich in der angegebenen Wohnung nicht aufhielt. Im Rahmen polizeilicher Ermittlungen wurde sie in der Wohnung des geschiedenen Ehemannes angetroffen und erhielt einen Strafbefehl wegen illegalen Aufenthaltes. Zudem stellte sich heraus, dass die Petentin seinerzeit nicht zurückgekehrt war und sich hier ca. ein Jahr illegal aufgehalten hatte. Die geplanten aufenthaltsbeendenden Maßnahmen konnten jedoch nicht erfolgen, da die Petentin nicht in Besitz eines Passes war. Im Februar 2000 wurde ein weiteres Kind geboren. Die Petentin gab als Vater einen nicht benannten Freund an. Im Rahmen weiterer Ermittlungen wurde festgestellt, dass der Kindesvater der frühere Ehemann ist. Aufgrund verschiedener Wohnsitze des Kindesvaters und seiner deutschen Ehefrau wurde der Verdacht einer Scheinehe geprüft. Nachdem ein Nationalpass erlangt werden konnte, wurde die Petentin erneut zur Ausreise aufgefordert und die Abschiebung angedroht.

Die Petentin hat sich wegen dieser Maßnahmen an den Petitionsausschuss gewandt und um ein weiteres Aufenthaltsrecht gebeten. Nach Prüfung aller vorliegenden Umstände ist der Petitionsausschuss zu der Auffassung gelangt, der Petition nicht abzuhelfen, zumal wiederum die Wohnadresse der Petentin und ihres Kindes nicht zu ermitteln war.

Bitte um weiteren Aufenthalt für eine bosnische Staatsangehörige:

Die 31-jährige Petentin reiste am 28. Februar 1999 in die Bundesrepublik Deutschland ein und betrieb erfolglos ein Asylverfahren. Nach negativem Ausgang dieses Verfahrens war sie zur Ausreise verpflichtet. Eine freiwillige Ausreise erfolgte nicht und mehrfache Aufforderungen der Ausländerbehörde zur Vorlage eines Passes blieben erfolglos.

Die Petentin erkundigte sich im Sommer 2005 beim Standesamt über die zur Eheschließung erforderlichen Unterlagen. Bei dieser Vorsprache wurde ihr Pass vom Standesamt einbehalten und der zuständigen Ausländerbehörde übersandt. Bei einer Vorsprache der Petentin im Juli bei der Ausländerbehörde wurde sie festgenommen und es wurde Abschiebehaft angeordnet. Da die Eheschließung bislang nicht angemeldet war - wobei Vorraussetzung ist, dass ein Ehefähigkeitszeugnis vorliegt oder davon eine Befreiung erteilt wurde - und somit davon ausgegangen werden konnte, dass die Eheschließung nicht innerhalb der nächsten vier Wochen stattfindet, war die Ausländerbehörde nicht an der Vollziehung der Abschiebung gehindert. Der Vertreter der Petentin hat sich daher unverzüglich an den Petitionsausschuss gewandt und gebeten, von der Einleitung aufenthaltsbeendender Maßnahmen bis zur Eheschließung abzusehen. Zur Ernsthaftigkeit der Eheschließung wurden eine eidesstattliche Versicherung des deutschen Verlobten sowie eine Restaurantreservierung mit zwei Terminen für eine Hochzeitsfeier mit ca. 60

Personen mit einem Kostenvoranschlag von ca. 1.900 (Saalmiete zuzüglich Essen und Getränke) vorgelegt.

Der Bitte des Landtags, von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme abzusehen, hat die Ausländerbehörde entsprochen. Die Abschiebung wurde storniert und die Petentin aus der Abschiebehaft entlassen. Nachdem die Eheschließung zum geplanten Zeitraum erfolgt war und der Petentin eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde, war dem Anliegen Rechnung getragen. Die Petition wurde daraufhin zurückgenommen.

Bitte um Hilfe bei der Begründung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft:

Ein türkischer und ein deutscher Staatsangehöriger, die seit einigen Jahren eine Beziehung führen, wandten sich an den Petitionsausschuss, da das zuständige örtliche Standesamt die Eintragung einer Lebenspartnerschaft bisher ablehnte, da der türkische Partner keinen Nachweis seiner Identität vorlegen konnte. Im Rahmen des Petitionsverfahrens konnte festgestellt werden, dass das Standesamt irrtümlich die Vorraussetzungen für eine Eheschließung und zur Begründung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft bei gemischt nationalen Paaren gleichgesetzt hatte. Bei einer Eheschließung ist das jeweilige Heimatrecht der Verlobten zu beachten, das heißt deren Staatsangehörigkeit ist definitiv festzustellen. Für die Begründung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft ist aber nach Art. 17 b EGBGB das Recht des Registrierungsorts - also deutsches Recht - maßgebend, sodass es nicht auf die Staatsangehörigkeit der Lebenspartner ankommt. Ergänzt wurde seitens der Stadt, dass die Petenten das erste Paar waren, die die Begründung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft angemeldet hatten. Dem Anliegen der Petenten konnte entsprochen und die Begründung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft bei dem zuständigen Standesamt vorgenommen werden.