Erziehung

Gesetzentwurf der Fraktion der FDP für ein Gesetzzur Änderung der Verfassung des Landes Hessen (Aufnahme von Rechten für Kinder und Jugendliche)

A. Problem Kinder und Jugendliche werden in Hessen wie in Deutschland insgesamt immer mehr zu einer Minderheit. Die Belange der jüngsten Mitbürger finden in unserer Gesellschaft immer weniger Gehör und laufen Gefahr, gegenüber den Interessen anderer zahlenmäßig stärkerer Gruppen zurücktreten zu müssen. Die demografische Entwicklung droht diese Fehlentwicklung zu fördern.

Die UN-Kinderrechtskonvention ist 1992 von der Bundesrepublik Deutschland ratifiziert worden. Sie garantiert Kindern und Jugendlichen eigene unveräußerliche Rechte. Sie sollen als die Zukunft der Gesellschaft in ihr eine aktive Rolle einnehmen, um später die Gesellschaft zu tragen. Die Konvention schafft hierfür einen Rahmen, in dem sowohl die Schutzbedürftigkeit von Kindern und Jugendlichen anerkannt, diese aber auch als subjektiver Träger seiner Rechte respektiert werden.

B. Lösung:

Um die Rechtsstellung von Kindern und Jugendlichen zu verbessern und positivere Lebensbedingungen zu schaffen, bedarf es auch der Schaffung entsprechender verfassungsrechtlicher Grundlagen. Die Hessische Verfassung als eine der ältesten Landesverfassungen in Deutschland normiert nicht ausdrücklich die Rechte von Kindern und Jugendlichen.

G. Besondere Auswirkungen auf behinderte Menschen Keine.

Eingegangen am 27. August 2007 · Ausgegeben am 29. August 2007

Der Landtag wolle das folgende Gesetz beschließen: Gesetz zur Änderung der Verfassung des Landes Hessen (Aufnahme von Rechten für Kinder und Jugendliche) Vom Artikel 1

Die Verfassung der Landes Hessen vom 1. Dezember 1946 (GVBl. S. 229), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Oktober 2002 (GVBl. I S. 628), wird wie folgt geändert:

Nach Art. 4 wird folgender Art. 4a eingefügt: "Artikel 4a (Kinder und Jugendliche)

(1) Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Achtung ihrer Würde, auf Entwicklung und Entfaltung ihrer Persönlichkeit, auf Bildung sowie auf gewaltfreie Erziehung zu Eigenverantwortung und Gemeinschaftsfähigkeit.

(2) Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf besonderen Schutz vor Gewalt, Vernachlässigung, Ausbeutung sowie Verwahrlosung."

Artikel 2:

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Begründung:

A. Allgemeines:

Mit der Aufnahme eines eigenständigen Artikels in die Hessische Verfassung soll ein weiterer Schritt hin zu einer kindgerechten Gesellschaft und zur Entwicklung eines entsprechenden gesellschaftlichen Wertebewusstseins unternommen werden. Verfassungsrealität kann hieraus aber nur dann entstehen, wenn politische und gesellschaftliche Anstrengungen folgen, unter Ausschöpfung aller verfügbaren Mittel auch praktisch zur Verwirklichung der Rechte von Kindern und Jugendlichen beizutragen.

Die Hessische Verfassung enthält bislang lediglich in Artikel 4 den besonderen Schutz von Ehe und Familie sowie in Artikel 55 die Verpflichtung zur Erziehung der Jugend zu Gemeinsinn und zur leiblichen, geistigen und seelischen Tüchtigkeit durch die Eltern sowie in Artikel 56 bestimmte Erziehungsziele.

Die Aufnahme von Rechten von Kindern und Jugendlichen in die Verfassung verstößt nicht gegen das elterliche Erziehungsrecht, denn dieses richtet sich zuerst im Sinne eines klassischen Abwehrrechts gegen staatliche Einmischung. Gegenüber dem Kind ist die Position der Eltern als Verantwortliche gegenüber dem Kind bzw. dem Jugendlichen auf Entwicklung und Entfaltung unmittelbar ausgerichtet. Insofern ist zwar durchaus ein gewisses Spannungsverhältnis zum elterlichen Erziehungsrecht denkbar, die Rechte des Kindes sind aber als Bezugspunkt der kindlichen Entwicklung und der elterlichen Erziehungsverantwortung auf ein gemeinsames Ziel hin ausgerichtet.

B. Im Einzelnen:

Das Recht des Kindes und des Jugendlichen auf Achtung seiner Würde als eigenständige Persönlichkeit ist Ausdruck der Unantastbarkeit der Menschenwürde (Artikel 1 Abs. 1 GG).

Das Recht des Kindes und des Jugendlichen auf Entwicklung und Entfaltung seiner Persönlichkeit knüpft an die Grundrechtsposition des Kindes nach Artikel 2 GG an. Das dort verankerte Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit wird durch Verbindung mit dem Entwicklungsgedanken in Richtung eines umfassenden Rechts des Kindes auf Entwicklung und Entfaltung sowie gewaltfreie Erziehung präzisiert.

Die besondere Schutzbedürftigkeit von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt, Verwahrlosung, Ausbeutung und Vernachlässigung soll in einem umfassenden Sinne verdeutlicht werden.

Wiesbaden, 27. August 2007

Der Fraktionsvorsitzende: Hahn