Grundlegende Maßnahmen für mehr Bildungsqualität und Bildungsgerechtigkeit in Hessen

Vorbemerkung der Fragesteller:

Seit 1999 hat die Landesregierung zahlreiche Maßnahmen zur Verbesserung der Bildungsqualität und Bildungsgerechtigkeit in Hessen begonnen und umgesetzt.

Dabei steht die optimale Förderung der individuellen Begabungen, Neigungen und Stärken aller Schülerinnen und Schüler im Mittelpunkt.

Denn das erste Ziel einer verantwortungsvollen Bildungspolitik muss sein:

Alle Schülerinnen und Schüler erhalten die Möglichkeit, einen qualitativ guten Schulabschluss zu erreichen. Dabei werden sie nach Kräften unterstützt und gefördert. Kein Kind darf zurückbleiben. Jedes Kind hat Anspruch auf eine bestmögliche Bildung von Beginn an.

Dazu muss die Politik folgende grundlegende Voraussetzungen schaffen:

A. Eine finanziell angemessene Ausstattung der hessischen Schulen und Bildungseinrichtungen,

B. eine vollumfängliche Lehrerversorgung,

C. eine vollumfängliche Unterrichtsversorgung (Unterrichtsgarantie) und die Sicherstellung der Verlässlichen Schule (UnterrichtsgarantiePlus),

D. eine ausreichende Sicherstellung freiwilliger Ganztagsschulangebote,

E. eine optimale Förderung der kindlichen Bildung von Beginn an,

F. eine gezielte deutsche Sprachförderung schon vor Eintritt in die Schule, damit alle Schülerinnen und Schüler am Unterricht erfolgreich teilnehmen können,

G. die Sicherstellung einer möglichst gewaltfreien und gesundheitsfördernden Schule.

Nach zwei Legislaturperioden ist es nun Zeit, in diesen Bereichen Bilanz zu ziehen.

Diese Vorbemerkung der Fragesteller vorangestellt, beantwortet die Kultusministerin die Große Anfrage im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen und der Sozialministerin im Namen der Landesregierung wie folgt:

A. Ausgaben für Bildung in Hessen Frage 1. Welche Bedeutung misst die Landesregierung einer angemessenen finanziellen Ausstattung der Schulen und weiterer Bildungseinrichtungen zu?

Bildungspolitik hat in Hessen seit 1999 oberste Priorität. Dies gilt auch in finanzieller Hinsicht. Die Mittel für die Schulen wurden kontinuierlich gesteigert und machen mit Abstand den höchsten Etatposten im Landeshaushalt aus. Im Jahr 2007 stehen für die hessischen Schulen rund 600 Mio. mehr im Haushalt zur Verfügung als noch 1999.

Frage 2. Von welchen Erkenntnissen der empirischen Bildungsforschung lässt sie sich dabei leiten?

Hessen beteiligte bzw. beteiligt sich im Rahmen der Gesamtstrategie der Kultusministerkonferenz (KMK) an internationalen Vergleichsuntersuchungen:

- TIMSS (Third International Mathematics and Science Study)

- PISA (Programme for International Student Assessment)

- IGLU/PIRLS (Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung/Progress in International Reading Literacy Study)

- DESI (Deutsch Englisch Schülerleistungen International)

Die Analysen dieser Untersuchungen tragen dazu bei, Steuerungswissen zu generieren, da sie Stärken und Schwächen - gerade auch im Vergleich der Länder - deutlich machen und Handlungsfelder, die dann z. B. zur Definition von strategischen Zielen führen, eröffnen. Kritisch hinterfragt werden muss allerdings häufig der Bezugsrahmen der Indikatoren und die Objektivität der eröffneten Handlungsfelder.

Zur Gewinnung weiteren Steuerungswissens wurde zudem von der Landeregierung das Deutsche Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) mit einer Studie beauftragt, in der Entwicklungsbilanzen für hessische Schulen, Studienseminare und Staatliche Schulämter erstellt wurden. Es ist auch geplant, eine umfangreiche Evaluation der Schulinspektion in Hessen in Auftrag zu geben.

Im Folgenden werden einige wichtige Erkenntnisse aus den oben genannten Studien dargestellt:

Die PISA-Studie hat im Jahr 2000 beispielsweise für Hessen eine verhältnismäßig große Risikogruppe von Schülerinnen und Schüler im Bereich der Lesekompetenz herausgestellt, obwohl das Land ebenfalls eine Spitzengruppe besitzt, die dem OECD-Durchschnitt entspricht. Diese Erkenntnis floss in die Formulierung der strategischen Ziele und die damit verbundenen Maßnahmen ein.

Diese strategischen Ziele sind:

1. am Ende des zweiten Grundschuljahres sollen alle Schülerinnen und Schüler altersgemäße Texte sinnerfassend lesen können,

2. Verringerung der in der PISA- E Studie definierten Risikogruppe (Hessen 27 v.H.) um ein Drittel bis zum Schuljahr 2007/2008 - durch Verbesserung der Lesekompetenz der Schülerinnen und Schüler in der Sekundarstufe I,

3. Verringerung der Anzahl der Schulentlassenen ohne Hauptschulabschluss um ein Drittel bis zum Ende des Schuljahres 2007/2008,

4. Verringerung des Anteils der Absolventen in 15 definierten Berufen des dualen Systems, die den theoretischen Teil der Berufsabschlussprüfungen nicht bestehen, um ein Drittel bis zum Ende des Schuljahres 2007/2008.

Der Auswertung der IGLU -Studie ist zu entnehmen, dass "gerade im deutschen Bildungswesen der Grundschule eine zentrale Förderfunktion zukommt, die weiterentwickelt werden muss". Als auf diese Erkenntnis beruhende Maßnahmen ist die Einführung des Bildungs- und Erziehungsplans "Bildung von Anfang an" zu nennen Weiterhin wird formuliert: "Deutlich wird auch, dass sich die Probleme auf der Ebene der Sekundarstufe I massiv verschärfen und zuspitzen. Deshalb reicht eine Optimierung auf Grundschulebene allein nicht aus."

Schon in der Grundschule, aber auch in der Sekundarstufe I betonen alle Studien die Bedeutung individueller Förderung. Auch darauf hat Hessen reagiert, u.a. durch die Verpflichtung zu individuellen Förderplänen.

Ebenfalls der IGLU-Studie ist zu entnehmen, dass Deutschland mit 812

Unterrichtsstunden (Hessen mit 807 Stunden) im vierten Schuljahr um 115 Stunden unter dem Mittelwert der entsprechenden Vergleichsgruppe liegt.

Dieses Ergebnis führte zu Veränderungen in den Stundentafeln und zur Maßnahme "Unterrichtsgarantie plus - Für eine verlässliche Schule".

Frage 3. Wie hoch war der Etat des Kultusministeriums ab dem Schuljahr 1998/1999 bis heute (jährlich in absoluten Zahlen und anteilig im Verhältnis zum Gesamtlandeshaushalt)?

Auf die tabellarische Übersicht in Anlage 1.1 wird verwiesen.

Frage 4. Wie hoch waren die staatlichen Ausgaben ab dem Schuljahr 1998/1999 bis heute für die öffentlichen Schulen (jährlich in absoluten Zahlen und anteilig im Verhältnis zum Gesamtlandeshaushalt)?

Auf die tabellarische Übersicht in Anlage 1.2 und 1.3 wird verwiesen.

Unter Ausgaben für öffentliche Schulen fallen nach der Definition alle Ausgaben für allgemeine Schulen, Abendschulen, Staatliche Fachschulen, Internatsschule Schloss Hansenberg sowie sämtliche Projekte im Schulbereich wie Schülerwettbewerbe, Hausaufgabenhilfe, Hochbegabtenförderung, Schulsport oder Medien im Unterricht.

Die Übersichten beinhalten keine Angaben über die Ausgaben für die Bildungsverwaltung (Ministerium, Institut für Qualitätsentwicklung, Staatliche Schulämter), die Ersatzschulen, die außerschulische Erwachsenenbildung oder Staatskirchenleistungen.

Frage 5. Wie verteilen sich diese Mittel auf die Zuständigkeitsbereiche der einzelnen Schulämter bzw. Schulträger?

Die Frage kann nicht beantwortet werden, da für den Schulbereich erst zum Haushaltsjahr 2008 der erste Produkthaushalt aufgestellt wird. Erst ab diesem Zeitpunkt wird eine regionalisierte Betrachtung von Planwerten und IstErgebnissen möglich sein.

Frage 6. Wie hoch waren die staatlichen Ausgaben für Vertretungsunterricht ab dem Schuljahr 1998/1999 bis heute (jährlich und insgesamt)?

Neben den im Haushalt veranschlagten Mitteln für Vertretungsunterricht wird das durch temporäre Vakanzen entstehende sog. "freie Stellenaufkommen" ebenfalls für die Finanzierung von Vertretungsverträgen herangezogen. In Anlage 1.4 sind in einer tabellarischen Übersicht sowohl die tatsächlichen Gesamtausgaben als auch die jeweiligen Ansätze für Vertretung dargestellt.

Frage 7. Wie verteilen sich diese Mittel auf die Zuständigkeitsbereiche der einzelnen Schulämter bzw. Schulträger?

Auf die Antwort zur Frage 5 wird verwiesen.

Frage 8. Wie hoch waren die staatlichen Ausgaben für Ganztagsangebote ab dem Schuljahr 1998/1999 bis heute (jährlich und insgesamt)?

Auf die tabellarische Übersicht in Anlage 1.5 wird verwiesen.

Frage 9. Wie hoch waren die staatlichen Ausgaben für Lehr- und Lernmittel ab dem Schuljahr 1998/1999 bis heute (jährlich und insgesamt)?

Auf die tabellarische Übersicht in Anlage 1.6 wird verwiesen.

Frage 10. Welche weitere Entwicklung beabsichtigt die Landesregierung im Bereich der Bildungsausgaben?

Bildung wird in Hessen weiterhin oberste Priorität behalten. Die Landesregierung hat sich für die neue Legislaturperiode weitere Investitionen im Bildungsbereich zum Ziel gesetzt, so zum Beispiel die Schaffung von 2. zusätzlichen Stellen für die Schulen, den weiteren Ausbau der Ganztagsangebote und die Ausweitung der SchuB-Klassen. Die Landesregierung plant auch die durch den Rückgang der Schülerzahlen eventuell freiwerdenden Ressourcen in den Schulen zu belassen.

Frage 11. Welche Bedeutung misst die Landesregierung den freien Schulen (Ersatzschulen) bei?

Privatschulen spielen im Schulleben unseres Landes seit vielen Jahren eine wesentliche Rolle. Sie nehmen zentrale Aufgaben der Gesellschaft unter der Rechtsaufsicht des Staates wahr. Die Aufgabe der öffentlichen Bildung wird von staatlichen Schulen und Schulen in privater Trägerschaft gemeinsam wahrgenommen. Die Privatschulen bereichern das Bildungswesen dabei durch ihre pädagogische Vorreiterrolle auf vielen Gebieten und erweisen sich als Experimentierfeld und Schrittmacher neuer Bildungsideen.

In Teilbereichen unseres Bildungswesens sind sie sogar enger Partner der Schulträger. Grundsätzlich sind zwar die Landkreise und Städte als öffentliche Schulträger verpflichtet, für ihr Gebiet ein ausreichendes Schulangebot vorzuhalten. Die Schulträger nehmen aber gerade im Bereich der Förderschulen zur Durchführung der ihnen obliegenden Aufgabe private Förderschulen in Anspruch, weil sie selbst kein entsprechendes Schulangebot zur Verfügung stellen. Auch im beruflichen Schulwesen übernehmen sie wichtige Aufgaben und ergänzen staatliche Angebote sinnvoll.