1117 Gemeindeübergreifende Gewerbegebiete. Den Gemeinden ist zu raten Gewerbegebiete gemeinsam auszuweisen

Gemeindeübergreifende Gewerbegebiete 182 Zwölfter Zusammenfassender Bericht

· Von den acht Mittelzentren mit einer überdurchschnittlichen Kaufkraft je Einwohner205 hatten alle einen unmittelbaren Autobahnanschluss. Bei sieben verzeichneten sank Trend der Arbeitslosigkeit. Bei sechs entwickelte sich die Arbeitslosenquote sehr günstig (siehe Ansicht 139 hell- oder dunkelgrüne Kennzeichnung).

Nach diesen Erkenntnissen sollten Gemeinden mit Gewerbeflächen in der Nähe einer Autobahn unbedingt anstreben, kurze und verkehrsgünstige Verbindungen zur nächsten Autobahnauffahrt zu erlangen oder bereits vorhandene Verbindungen zu optimieren.

Gemeinden, an denen keine Autobahn vorbeiführt, müssen verstärkt auf andere positive Standortfaktoren, wie erschlossenes und preisgünstiges Gewerbegelände oder moderate Gewerbsteuerhebesätze, setzen, wenn sie Unternehmen für eine Ansiedlung gewinnen oder zum Bleiben veranlassen wollen. Auch solche Voraussetzungen sind von erheblicher Bedeutung. Waren sie trotz eines Autobahnanschlusses nicht erfüllt, ging es den autobahnnahen Gemeinden tendenziell nur wenig besser als den autobahnfernen.

11.17 Gemeindeübergreifende Gewerbegebiete

Den Gemeinden ist zu raten, Gewerbegebiete gemeinsam auszuweisen. Vorteile eines gemeinsamen Gewerbegebietes sind:

· Gemeinsame Gewerbegebiete können größer ausgelegt und flexibler genutzt werden als kleine Gewerbegebiete, weil mehrere Gemeinden eine höhere Finanzkraft haben und sich das Einzugsgebiet erweitert.

· Die finanzielle Belastung der Gemeinde für die Erschließung und Vorhaltung von Gewerbeflächen reduziert sich, da sich die Lasten auf mehrere Schultern verteilen.

· Die Aufteilung der Kosten untereinander begünstigt eine zeitnahe Refinanzierung auch risikobehafteter wettbewerbsfähiger, moderner Gewerbegebiete.

· Für die Einwohner mehrerer Gemeinden werden wohnortnahe neue Arbeitsplätze geschaffen.

· Die Arbeitsplätze sind wegen ihrer Konzentration an einem Ort mit dem öffentlichen Personennahverkehr leichter zu erschließen. Dies entlastet die Straßen vom Individualverkehr und erleichtert gerade den finanziell schlechter gestellten gewerblichen Arbeitnehmern und ungelernten Kräften den Zugang zu ihrem Arbeitsplatz.

· Der Flächenverbrauch verringert sich und wird auf einen Ort konzentriert. Das dient dem Naturschutz.

Die Gründung gemeinsamer Gewerbegebiete entspricht in der Zielrichtung auch der Landesentwicklungsplanung:206 „Werden zusätzliche Flächen vor allem für Neuansiedlungen benötigt, sollen diese schwerpunktmäßig an den dafür geeigneten Standorten ausgewiesen werden, wenn diese im Zuge der Entwicklung von Gewerbeflächenkonzepten festgelegt wurden. Diese Schwerpunktsetzung kann notwendig sein aus ökonomischen Effizienzgründen (wegen der erforderlichen Kosten für die Erschließung, des Baus und der Unterhaltung von Infrastruktureinrichtungen, tragfähiger Verkehrs- und Versorgungseinrichtungen, Agglomerationsvorteilen), aus ökologischen Gründen (Vermeidung der Zersiedlung und der Inanspruchnahme einer Vielzahl von Freiräumen) und aus raumordnungspolitischen Gründen (zur Stabilisierung bzw. zum Ausbau leistungsfähiger ansiedlungsattraktiver Standorte, die gerade in den ländlichen Räumen Entwicklungsimpulse auslösen). Gerade unter dem Gesichtspunkt 205 Eschborn, Flörsheim am Main, Heppenheim, Heusenstamm, Mörfelden-Walldorf, Neu-Isenburg, Oberursel (Taunus), Weiterstadt 206 Landesentwicklungsplan Hessen 2000, a. a. O., S. 18

Der Ausweis gemeinsamer Gewerbegebiete ist ein Erfolgsfaktor für die wirtschaftliche Entwicklung Fünfundachtzigste Vergleichende Prüfung „Wirtschaftsförderung in Mittelzentren" Zwölfter Zusammenfassender Bericht 183 der Ausweisung sowohl ökologisch, als auch ökonomisch und raumordnungspolitisch geeigneter Standortflächen sollte zukünftig die kommunale Kooperation mit dem Ziel gemeindeübergreifender Gewerbeflächenplanung intensiviert werden."

Die Gemeinden sollten jedoch auf folgendes achten:

Der aus dem kommunalen Zusammenschluss resultierende Einzugsbereich sollte nicht zu weit gefasst werden. Seine Fläche sollte sich daran orientieren, ob die in den beteiligten Städten wohnenden Arbeitnehmer die Arbeitsplätze in dieser Region noch in angemessener Zeit erreichen können.

Die Gemeinden sollten zudem durch eine Vereinbarung dafür sorgen, dass die wirtschaftlichen Lasten und Vorteile für die gemeinsame Erschließung und den gemeinsamen Betrieb eines Gewerbegebiets gleichmäßig verteilt werden. Dies könnte durch einen finanziellen Ausgleich geschehen. Die Verteilung der Gewerbesteuer wäre mitzuregeln.

Eine solche Vereinbarung beugt der Sorge vor, dass die eine Gemeinde durch ein gemeinsames Gewerbegebiet bevorzugt und die andere benachteiligt sein könnte.

11.18 Gründung einer gemeinsamen Gesellschaft Gemeinden, die gemeinsam Gewerbegebiete betreiben, sollten Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) gründen, die in ihrem Auftrag Wirtschaftsförderung betreiben. Dieses Verfahren wird bereits heute zur Förderung des regionalen Tourismus praktiziert.

Die Gemeinden sollten als Gesellschafter gemeinsam das Gründungskapital bereitstellen und die laufenden Kosten der GmbH tragen. Es wird sinnvoll sein, den Landkreis, die Industrie- und Handelskammer, die örtlichen Gewerbevereinigungen sowie örtliche Banken zu beteiligen.

Der Gesellschaftsvertrag ist so zu gestalten, dass wesentliche Interessen einer Gemeinde, die wirtschaftsfördernde Maßnahmen ergreifen will, in besonderer Weise berücksichtigt werden. Er muss außerdem Klarheit über Austritts- und Auflösebedingungen schaffen.

Die Gründung einer gemeinsamen Gesellschaft bietet folgende Vorteile:

· Konzentration der Ressourcen der Wirtschaftsförderung; dies schafft die Voraussetzungen, um den sich verschärfenden kommunalen Wettbewerb auf der europäischen Ebene zu bestehen.

· Das Know-how aller Gesellschafter wird der Gesellschaft bei der täglichen Wirtschaftsförderungsarbeit zugute kommen.

· Wirtschaftsförderung aus einer Hand (Entwicklung von Gewerbegebieten, Beschaffung der Betriebsgrundstücke für Unternehmen, Unterstützung bei Genehmigungsverfahren, Hilfe bei der Beantragung von Fördermitteln, in begrenztem Umfang Beratung der Unternehmen bei Problemlagen),

· Die Potenziale werden gebündelt (mehr Leistungskraft). Zielen die Akteure in die gleiche Richtung, wird die Wirkung größer.

· Kontraproduktives (Konkurrenz-)Verhalten kann vermieden werden.

· Entwicklung und Realisierung von Projekten zur Förderung der Wirtschaftsstruktur (Gewerbeparks, Technologiezentren, Innovationszentren, von der Wirtschaft mitfinanzierte Aus- und Fortbildungsstätten). Wichtig ist, dass die Gemeinden die Wirtschaftsförderungsaufgaben umfassend auf die GmbH übertragen. Je nach Größe der Gemeinden und Umfang der Aufgaben sollten die Gesellschaften mit beschränkter Haftung zwei bis fünf hauptamtliche Mitarbeiter beschäftigen, die sich ausschließlich der Wirtschaftsförderung widmen.

Der Geschäftsführer sollte der erste Ansprechpartner in Wirtschaftsförderungsangelegenheiten sein. Soweit die Bürgermeister angesprochen werden, leiten sie ihre Gesprächspartner an die Gesellschaft weiter. Das unterbindet Reibungsverluste. Die Beschleunigung der Vorgänge und das Sprechen mit einer Stimme wird Kosten sparen und der Attraktivität des Standorts zugute kommen.

Die Übertragung der Wirtschaftsförderungsaufgaben auf die Gesellschaften bedeutet, dass die Wirtschaftsförderungsgesellschaften in eigener Zuständigkeit über die Gewerbeflächen der beteiligten Gemeinden verfügen. Soweit notwendig, werden sie für die Gemeinden Grundstücke zu Wirtschaftsförderungszwecken ankaufen. Um zusätzliche Kosten zu sparen (unter anderem auch Steuern) wird es sich nicht anbieten, dass die Gemeinden die in ihrem Eigentum stehenden Flächen auf die Gesellschaften übertragen. Es wird ausreichen, dass die Gesellschaften im fremden Namen für die Eigentümergemeinde handeln.

Gegenüber den Landkreisen und den Gemeinden, in denen das Gewerbe sich ansiedelt, tritt die Gesellschaft ähnlich einem privaten Eigentümer auf, der seine Gewerbefläche vermarktet und die Entscheidungen der Gebietskörperschaften herbeiführt.

Fragen von weitreichender politischer Bedeutung sind in der Gesellschafterversammlung zu erörtern und zu entscheiden. Dort nehmen die beteiligten Gemeinden ihre Interessen durch ihre politisch verantwortlichen Vertreter wahr.

Die Bündelung der Finanzkraft in einer Gesellschaft wird die Gemeinden in die Lage versetzen, Wirtschaftsförderung in einem Umfang betreiben, den ein Mittelzentrum allein nicht oder nur mit kaum vertretbaren finanziellen Belastungen schultern könnte.

Gemeinsam und in professioneller Begleitung durch die Wirtschaftsförderungsgesellschaft wird es möglich sein, einen Gewerbepark oder ein Technologiezentrum zu schaffen. Dies sind Maßnahmen, die in der gegenwärtigen Wirtschaftsförderungspraxis vorwiegend in großen und finanzkräftigen Städten anzutreffen sind.

Die interkommunale Zusammenarbeit verlangt umgekehrt die Bereitschaft zum Interessenausgleich und zum Kompromiss. Diese Einschränkung der eigenen Handlungsfreiheit ist gegenüber den für die Gemeinde existenziell bedeutsamen Vorteilen der Zusammenarbeit abzuwägen.

11.19 Anreize zur Zusammenarbeit

Als Anreiz wäre denkbar, dass das Land Gemeinden, die sich zusammenschließen und eine Wirtschaftsförderungs-GmbH gründen sowie gemeinsame Gewerbegebiete ausweisen, bei der Wirtschaftsförderung bevorzugt. Die Gemeinden sollten auf ihre Anträge vorrangig Mittel aus den begrenzten Förderprogrammen erhalten. Zum anderen sollten sie durch die großzügige Ausweisung von Gewerbeflächen in der Regionalplanung begünstigt werden. Gemeinden, die nicht kooperieren, sollten leer ausgehen und bei der Fortschreibung der Regionalplanung nicht berücksichtigt werden.

11.20 Leitbild und Ziele

Die gemeinsame Definition eines Leitbildes in der Gesellschafterversammlung sowie klare Absprachen über die Ziele sind unverzichtbare Voraussetzungen für die Beauftragung einer GmbH. Dabei sind operationale Ziele zu formulieren, deren Erreichen nach Ablauf eines bestimmten Zeitraumes anhand von Kennzahlen zu überprüfen ist.

Solche Ziele, die mit der Geschäftsführung der Gesellschaft zu vereinbaren sind, könnten zum Beispiel sein:

· Schaffung von 200 neuen Arbeitsplätzen im Gebiet der beteiligten Gemeinden bis zum Ende des nächsten Kalenderjahres,

· Entwicklung eines gemeinsamen Gewerbegebiets innerhalb der nächsten drei Kalenderjahre in der Weise, dass ein potenzieller Investor sechs Monate nach AbEin Anreizsystem ist eine wichtige Grundlage für interkommunale Zusammenarbeit