Fortbildung

Prüfungsplanung 200 Zwölfter Zusammenfassender Bericht

Bei der Prüfung der Jahresrechnung sind zunächst die wirtschaftlichen Verhältnisse der zu prüfenden Gemeinde festzustellen. Voraussetzung ist, dass im Vorfeld die wirtschaftlichen Verhältnisse einer Gemeinde grob analysiert werden. Dies kann durch Rückgriff auf die Vorjahresprüfung geschehen. Hervorzuheben sind die Rechnungsprüfungsämter der Landkreise Marburg-Biedenkopf und Waldeck-Frankenberg, die einen Vorjahresvergleich in Form der Abweichungsanalyse zogen.

Für die Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse sind Maßstäbe und Indikatoren unabdingbar. Solche Beurteilungskriterien fanden bislang in der Praxis der Rechnungsprüfungsämter keine Anwendung. Die Rechnungsprüfungsämter des Landkreises Kassel und des Schwalm-Eder-Kreises bildeten allerdings vergleichende Kennzahlen der kreisangehörigen Gemeinden.

Es ist wenig effektiv, wenn jedes Rechnungsprüfungsamt diese Indikatoren zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Gemeinden isoliert entwickelt. Vielmehr bietet es sich an, dass mehrere Rechnungsprüfungsämter zusammenwirken. Denkbare Ansätze zur Entwicklung von Indikatoren für Wirtschaftlichkeitsbeurteilungen können den Ausführungen zur 49. und 50. Vergleichenden Prüfung (Vollprüfung)222 entnommen werden.

Die Überlegungen zum wirtschaftlichen Umfeld werden ergänzt durch Feststellungen zum internen Kontrollsystem. Das Institut der Wirtschaftsprüfer umschreibt den Begriff internes Kontrollsystem wie folgt: „Unter einem internen Kontrollsystem werden die von der Unternehmensleitung im Unternehmen eingeführten Grundsätze, Verfahren und Maßnahmen (Regelungen) verstanden, die gerichtet sind auf die organisatorische Umsetzung der Entscheidungen der Unternehmensleitung

· zur Sicherung der Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Geschäftstätigkeit (hierzu gehört auch der Schutz des Vermögens, einschließlich der Verhinderung und Aufdeckung von Vermögensschädigungen),

· zur Ordnungsmäßigkeit und Verlässlichkeit der internen und externen Rechnungslegung sowie

· zur Einhaltung der für das Unternehmen maßgeblichen rechtlichen Vorschriften."

Eine Jahresabschlussprüfung gemäß §§ 316 ff HGB ist ohne Prüfung des internen Kontrollsystems nicht denkbar. Bei vertretbarem Zeitaufwand lässt eine reine Belegprüfung keine hinreichend sicheren Aussagen erwarten. Deshalb ist es vor Beginn einer Prüfung notwendig, sich über die Güte des internen Kontrollsystems zu informieren. Werden Schwachstellen aufgedeckt, sollte der Prüfungsumfang bei diesen Schwachstellen erhöht werden. Die Güte des internen Kontrollsystems bestimmt somit die Prüfungsintensität, die bei der Festlegung der Prüfungsstrategie bei den einzelnen Prüffeldern vorgegeben werden sollte.

Die Überörtliche Prüfung empfiehlt den Rechnungsprüfungsämtern, sich bei der Jahresrechnungsprüfung mit der Frage des internen Kontrollsystems zu befassen. Das kann in zwei Schritten geschehen:

· Erster Schritt:

In einem ersten Schritt sollte untersucht werden, welche Sicherungsvorkehrungen und organisatorischen Maßnahmen in den Gemeinden getroffen wurden, um Fehler bei der Erstellung der Jahresrechnung zu vermeiden. Es kann bei Gemeinden wegen der hohen gesetzlichen Regelungsdichte - unterstellt werden, dass eine Vielzahl von entsprechenden Maßnahmen besteht. Die Rechnungsprüfungsämter sollten sich damit auseinandersetzen und Vorschläge unterbreiten, wie die vor222 Vergleiche Achter Zusammenfassender Bericht, Landtagsdrucksache 15 / 1100, S. Auf diese Weise leisten die Rechnungsprüfungsämter einen Beitrag dazu, dass in den Gemeinden ein funktionierendes internes Kontrollsystem auf- beziehungsweise ausgebaut wird.

· Zweiter Schritt:

In einem zweiten Schritt kann bei späteren Prüfungen der Jahresrechnung das ­ zum Teil auf Basis von Vorschlägen der Rechnungsprüfungsämter - installierte und ausgebaute interne Kontrollsystem bei der Prüfungsplanung und dem Vollzug der Prüfung genutzt werden. Die Rechnungsprüfungsämter untersuchen mit Systemprüfungen, ob das interne Kontrollsystem funktioniert und eingehalten wurde.

Bestätigt sich dies, kann die Anzahl der Einzelprüfungen verringert werden, ohne dass die Prüfungsqualität sinkt. Die eingesparte Prüfungszeit könnte dann für Wirtschaftlichkeitsprüfungen verwendet werden.

Mit der Fixierung einer Prüfungsstrategie wird die Richtung des einzuschlagenden Wegs grundsätzlich festgelegt. Die Strategieplanung sollte den Ansatz der Prüfung und das Ausmaß der Prüfungshandlungen ausreichend detailliert beschreiben, um aus ihr im folgenden Schritt ein Prüfprogramm erstellen zu können.

Zur Umsetzung der Prüfungsstrategie ist ein Prüfprogramm zu konzipieren, das einen ordnungsmäßigen Prüfungsablauf in sachlicher, personeller und zeitlicher Hinsicht gewährleistet. Das Prüfprogramm beinhaltet Anweisungen an die Mitarbeiter der Rechnungsprüfungsämter. Darüber hinaus umfasst es Anweisungen zur Überwachung (Nachschau) und Dokumentation des Prüfungsvollzugs. Im Prüfprogramm sind die Prüfgebiete in Prüffelder aufzuteilen. Für jedes Prüffeld sind Art und Umfang der zur Umsetzung der Prüfungsstrategie notwendigen Handlungen sowie ein zeitlicher Ablauf festzulegen. Das Prüfprogramm beschreibt die Ziele je Prüffeld und soll zeitliche Vorgaben enthalten. Hierbei können Fragebögen und Checklisten oder EDV-Programme verwendet werden, die an die besonderen Verhältnisse der Gebietskörperschaften anzupassen sind.

Durch die Installation eines Prüfprogramms wird die Flexibilität der Prüfer vor Ort nicht eingeschränkt. Ein Prüfprogramm ist keine zwingende Vorgabe und sollte in begründeten Fällen dem jeweiligen Prüfer die Möglichkeit einräumen, davon abzuweichen. Eine Prüfungsplanung ist nie als ein statischer, einmal vorgegebener und damit abgeschlossener Vorgang zu verstehen, sondern als ein sich ständig erneuernder und verbessernder Vorgang. Ein Prüfprogramm in der beschriebenen Form lag bei keinem Rechnungsprüfungsamt vor. Daher wurden die Musterprüfungsberichte und Vorgaben zum Vollzug der Prüfung als Prüfprogramm bewertet. Beim Rechnungsprüfungsamt des Landkreises Kassel enthielt der Musterbericht Vorgaben zu den wesentlichen Prüffeldern. Ein individuelles Prüfprogramm für einzelne Prüfungen konnte aber auch das Rechnungsprüfungsamt des Landkreises Kassel nicht vorweisen.

Zur Prüfungsplanung gehört abschließend die Nachschau. Die Überörtliche Prüfung erachtet es als unabdingbar, dass die Prüfungshandlungen durch den Verantwortlichen (Rechnungsprüfungsamtsleiter) kontrolliert werden. Nur so ist sichergestellt, dass die Prüfungsstrategie und das Prüfprogramm entsprechend den Vorgaben abgearbeitet werden. Die Nachschau sollte in den jeweiligen Arbeitspapieren eindeutig dokumentiert sein. Sie kann weiterhin dazu genutzt werden, wichtige Feststellungen für die Prüfungsplanung des darauf folgenden Jahres zu treffen.

Die Nachschau ist bereits bei der Prüfungsplanung zu berücksichtigen. Bei der 88. Vergleichenden Prüfung wurde festgestellt, dass eine Nachschau in der oben beschriebenen Weise nicht stattfand. Die Nachschau und Dokumentation wurde bei allen in die Prüfung einbezogenen Rechnungsprüfungsämtern beanstandet (Ansicht 152).

Die Arbeitspapiere sollen vor allem

· die Prüfung bei der Planung und Durchführung unterstützen,

· die Prüfungsaussagen im Prüfbericht dokumentieren und stützen,

· Grundlage für die Erstellung des Prüfberichts sein,

· Unterstützung leisten bei der Beantwortung von Rückfragen zur Prüfung,

· Unterstützung leisten bei der Vorbereitung von Folgeprüfungen sowie

· Grundlage für Maßnahmen zur Qualitätssicherung darstellen.

Form und Inhalt der Arbeitspapiere stehen im pflichtgemäßen Ermessen des Prüfers.

Dabei sollten sie so angelegt werden, dass sich ein Dritter, der nicht mit der Prüfung betraut war, in angemessener Zeit ein Bild über deren Abwicklung machen kann. Hierfür sind in den Arbeitspapieren im Wesentlichen die Art, der zeitliche Ablauf und der Umfang der Prüfungshandlungen sowie die Ergebnisse und Schlussfolgerungen zu dokumentieren.

Für die Klarheit und Übersichtlichkeit der Arbeitspapiere sind nötig:

· Angaben darüber, von wem und wann die Arbeitspapiere angelegt und gegebenenfalls nachgeprüft wurden,

· Aufzeichnungen von Art, Umfang und Ergebnis der Prüfungshandlungen im Einzelnen,

· Angaben darüber, aus welcher Quelle die Informationen stammen und von wem und wann Unterlagen in Empfang und zu den Arbeitspapieren genommen wurden,

· Nachvollziehbarkeit der Prüfungsschritte,

· Lesbarkeit von Text und Zahlen,

· Übersichtlichkeit der Ordnung und Ablage der Arbeitspapiere (zum Beispiel Inhaltsverzeichnis und systematische Nummerierung).

Darüber hinaus ermöglicht eine Standardisierung der Arbeitspapiere (zum Beispiel Checklisten) eine effiziente Erstellung und Durchsicht. Standardisierte Arbeitspapiere erleichtern es, die Arbeit zu delegieren und die Qualität der Prüfung zu kontrollieren.

Bei der 88. Vergleichenden Prüfung wurde festgestellt, dass die Rechnungsprüfungsämter bislang keine Arbeitspapiere in der beschriebenen Form besaßen.

Die Überörtliche Prüfung empfiehlt den Rechnungsprüfungsämtern, künftig aussagekräftigere Arbeitspapiere zu erstellen, um so eine Qualitätskontrolle der Prüfungsdurchführung zu ermöglichen.

12.18 Qualifikation und Fortbildung

In § 130 Absatz 4 HGO ist die Qualifikation des Leiters des Rechnungsprüfungsamts gesetzlich geregelt. Vorschriften zur Qualifikation eines Prüfers gibt es bislang nicht.

Ansicht 154 gibt das Qualifikationsprofil der Mitarbeiter (ohne Sekretariat) der Rechnungsprüfungsämter wieder.