Fahrtkostenerstattung bei Vorlaufkursen
Die Hessische Landesregierung hat so genannte Vorlaufkurse im Vorfeld der Einschulung verbindlich eingeführt. Ziel der Vorlaufkurse ist die Verbesserung der Sprachkompetenz bei Kindern, die eingeschränkte Kenntnisse der deutschen Sprache haben. Dabei wurde eine Regelung über eventuell entstehende Fahrtkosten nicht getroffen.
Vorbemerkung der Kultusministerin: Zunächst sind die in der Vorbemerkung des Fragestellers getroffenen Feststellungen dahin gehend zu korrigieren, dass es sich bei den konkret in Bezug genommenen Vorlaufkursen im Vorfeld der Einschulung entgegen der insoweit aufgestellten Prämisse gerade nicht um verbindliche Maßnahmen, sondern um ein freiwilliges Bildungsangebot handelt. Wie ich bereits auf eine Mündliche Frage der Abg. Hofmeyer (SPD) in der Plenarsitzung vom 10. Dezember 2002 erläutert hatte, handelt es sich bei den im Rahmen des Zweiten Gesetzes zur Qualitätssicherung in Hessischen Schulen vom 21.März 2002 (GVBl. I S. 58) eingeführten Vorlaufkursen um ein freiwilliges (kostenloses) Angebot zur Verbesserung der Sprachkompetenz von Kindern nicht deutscher Herkunftssprache, das diesen die für den Schulbesuch in der ersten Klasse erforderlichen Sprachkenntnisse vermitteln soll. Das Angebot ergänzt insofern die bereits bestehenden Möglichkeiten im Rahmen eines differenzierten Förderangebots für Schülerinnen und Schüler, deren Muttersprache nicht Deutsch ist.
Wird das freiwillige Angebot einer Deutschförderung in Vorlaufkursen nicht wahrgenommen und muss ein Kind im konkreten Fall vom Regelunterricht der ersten Grundschulklasse zurückgestellt werden, weil es bei Eintritt der Schulpflicht noch nicht über die erforderlichen Sprachkenntnisse verfügt, um dem Unterrichtsgeschehen folgen zu können, kann die verpflichtende Teilnahme an einem schulischen Sprachkurs oder der Besuch einer Vorklasse angeordnet werden. In beiden Fällen handelt es sich dann um eine (verbindliche) schulische Maßnahme, mit der die betreffenden Kinder ihrer Schulpflicht nachkommen.
Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit der Sozialministerin wie folgt:
Frage 1. Welche Gründe haben die Landesregierung bewogen, keine Fahrtkostenregelung bei der Einführung verbindlicher Vorlaufkurse zu treffen?
Eine gesonderte "Fahrtkostenregelung" für die entsprechend den Ausführungen zur Vorbemerkung zu differenzierenden Maßnahmen zur Verbesserung der Sprachkompetenz von Kindern nicht deutscher Herkunftssprache war nicht zu treffen, da sich diese aus der bestehenden gesetzlichen Regelung der Schülerbeförderung nach § 161 Hessisches Schulgesetz (HSchG) ergibt.
Danach besteht für die vom Fragesteller in Bezug genommenen Vorlaufkurse keine Verpflichtung der kommunalen Schulträger zur Übernahme der Fahrtkosten, da es sich um ein freiwilliges Angebot vor Beginn der Schulpflicht handelt, das nicht unter die gesetzliche Verpflichtung zur Schülerbeförderung fällt, sodass die Fahrtkosten grundsätzlich von den Eltern selbst getragen werden müssen. Soweit hingegen ein Kind nach Eintritt der Schulpflicht im Rahmen einer Rückstellung an einem verpflichtenden schulischen Sprachkurs teilnimmt, unterfällt dies grundsätzlich - genauso wie der alternativ mögliche Besuch einer Vorklasse - der Schülerbeförderungspflicht des kommunalen Schulträgers nach § 161 HSchG.
Frage 2. Wie bewertet die Landesregierung die Wahrung des Konnexitätsprinzips der Hessischen Verfassung vor dem Hintergrund, dass die Vorlaufkurse mindestens ein verbindliches und schulpflichtähnliches Bildungsangebot des Landes sind?
Wie bereits bezüglich der Vorbemerkung und in der Antwort auf Frage 1 klargestellt, handelt es sich bei den Vorlaufkursen nicht um ein "verbindliches und schulpflichtähnliches" Bildungsangebot, sondern um ein freiwilliges Angebot zur Verbesserung der Sprachkompetenzen vor Eintritt der Schulpflicht, für die eine Beförderungspflicht der Schulträger nicht gegeben ist, sodass ein Bezug zum Konnexitätsprinzip ausscheidet.
Auch sofern die Fragestellung tatsächlich nicht auf die Vorlaufkurse, sondern auf die verpflichtenden schulischen Sprachkurse nach einer Zurückstellung abzielen sollte, weist die Einführung dieser Maßnahme zur Sprachförderung keine Konnexitätsrelevanz auf. Zum einen können die Grundsätze des Konnexitätsprinzips bereits deshalb nicht zum Tragen kommen, weil die den verpflichtenden Sprachfördermaßnahmen im Rahmen einer Zurückstellung schulpflichtiger Kinder zugrunde liegende Vorschrift des § 58 Abs. 5 HSchG bereits mit Art. 1 des Zweiten Gesetzes zur Qualitätssicherung in hessischen Schulen vom 21. März 2002 (GVBl. I, S. 58), in Kraft getreten am 1. August 2002 und damit vor Einführung des Konnexitätsprinzips, eingeführt worden ist. Das Konnexitätsprinzip wurde erst durch Art. 1 des Verfassungsänderungsgesetzes vom 18. Oktober 2002 (GVBl. I S. 628), als Art. 137 Abs. 6 der Hessischen Verfassung eingeführt und kann daher bereits aus diesem Grund nicht Maßstab für die fragliche Bestimmung des Hessischen Schulgesetzes sein.
Zum anderen ist auch inhaltlich der Anwendungsbereich des Konnexitätsprinzips nicht betroffen, da die mit § 58 Abs. 5 HSchG eingeführte Möglichkeit verpflichtender Sprachfördermaßnahmen im Rahmen einer Zurückstellung schulpflichtiger Kinder keine nach Art. 137 Abs. 6 Hessische Verfassung ("Konnexitätsprinzip") vorausgesetzte Übertragung neuer oder Veränderung bestehender Aufgaben des Schulträgers begründet. Die kommunalen Schulträger trifft die Beförderungspflicht für Kinder, die anstelle des bereits bisher möglichen Besuchs einer Vorklasse einen verpflichtenden schulischen Sprachkurs besuchen, im Rahmen der ihnen durch den Gesetzgeber nach § 161 HSchG zugewiesenen Schülerbeförderungspflicht. Die gesetzliche Aufgabenstellung der Beförderung schulpflichtiger Kinder zum Besuch verpflichtender schulischer Unterrichtsangebote hat sich durch die Möglichkeit der Anordnung eines verpflichtenden schulischen Sprachkurses als einer möglichen Alternative zum Besuch einer Vorklasse zur Vorbereitung des Übergangs in den Regelunterricht der Grundschule nicht verändert.
Frage 3. Haben Sozial-, Jugendhilfe- und/oder Schulträger in Hessen eigene Fahrtkostenregelungen für betroffene Schülerinnen und Schüler getroffen und wenn ja, wie sehen diese Regelungen aus?
Regelungen zwischen Jugendhilfe- und Schulträgern oder Schulverwaltungsämtern zu den Fahrtkosten für die Vorlaufkurse sind nicht bekannt.
Die Sozialhilfeträger sind hier als subsidiärer Leistungsträger von der Sachlage her nicht betroffen. Insoweit ist nach hiesigem Kenntnisstand nicht davon auszugehen, dass hier eigene Fahrtkostenregelungen getroffen werden.
Frage 4. Beabsichtigt die Landesregierung, zukünftig eine Fahrtkostenregelung für die Vorlaufkurse zu treffen?
Diese Fragestellung wird bereits von der bestehenden gesetzlichen Regelung der Schülerbeförderung nach § 161 HSchG erfasst. Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen.