Verbraucherschutz

Die seit 1997 geltende Tierschutz-Schlacht VO wird derzeit überarbeitet. Für Schweine ist beispielsweise vorgesehen, die Expositionszeit bei der umstrittenen CO2-Betäubung von 70 auf 100 Sekunden zu erhöhen.

Auf dem Schlachttechnologie-Kongress im Mai 2003 in Kulmbach wurde dargelegt, dass die Betäubung mit CO2 während der Anflutungsphase (10 bis 15 Sekunden) eine tierschutzwidrige Stresssituation verursache (Atemnot, Aufbäumen, Fluchtversuche). Vorbemerkung des Ministers für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz:

Der Betrieb von CO2-Betäubungsanlagen ist in Hessen nicht relevant, da diese nur für Großschlachtbetriebe mit in der Regel 500 Schlachtungen und mehr pro Tag wirtschaftlich interessant sind.

Kleinere Betriebe verfügen zudem meist nicht über die baulichen Voraussetzungen für den Betrieb einer CO2-Betäubungsanlage. Darüber hinaus ist der Betrieb bei geringen Schlachtzahlen nicht wirtschaftlich.

Aktuell gibt es in Hessen nur einen Betrieb, der über eine CO2 Betäubungsanlage verfügt und diese auch einsetzt.

Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Frage 1. a) Wie viele Schlachtstätten gibt es in Hessen?

In Hessen gibt es 1.030 Schlachtstätten.

b) In wie vielen hiervor werden Schweine geschlachtet?

In 956 Schlachtstätten werden Schweine geschlachtet.

c) Welche Betäubungsmethoden werden dabei in wie vielen Schlachthöfen angewandt?

In der überwiegenden Zahl der Betriebe wird mittels Elektrozange betäubt, in einigen Betrieben mittels Bolzenschussapparat.

In dem EU-Schlachtbetrieb, dessen Zulassung zurzeit ruht, wurde eine CO2 Betäubungsanlage eingesetzt. In einem EU-zugelassenen Großschlachtbetrieb gibt es eine CO2-Anlage.

Frage 2. Wie oft wurden seit dem 1. Januar 2002 die Schlachtstätten von betriebsexternen Sachverständigen auf tierschutzrechtliche Belange überprüft?

Im Regierungsbezirk Darmstadt wurden die Schlachtstätten seit dem 1. Januar 2002 zwischen einmal und bis zu neunmal seitens der Ämter für Veterinärwesen und Verbraucherschutz auf tierschutzrechtliche Belange überprüft. Es wurden systematische Überprüfungen der Betäubungseinrichtungen vorgenommen, wobei nahezu alle Elektrozangen mittels eines Prüfgerätes auf Funktionsfähigkeit überprüft wurden.

Eingegangen am 17. Mai 2004 · Ausgegeben am 1. Juni 2004

Im Regierungsbezirk Gießen wurden seit 1. Januar 2002 alle Schlachtstätten im Rahmen der Tierschutz-Schlachtverordnung durch die Ämter für Veterinärwesen und Verbraucherschutz überprüft.

Im Regierungsbezirk Kassel wurden die Schlachtstätten seit dem 1. Januar 2002 431mal von betriebsexternen Sachverständigen auf tierschutzrechtliche Belange überprüft. Im Falle von Beanstandungen wurden Nachkontrollen durchgeführt.

Frage 3. Wie viele Kontrollen fanden ohne vorherige Anmeldung statt?

Bis auf vier Kontrollen fanden sämtliche anderen Kontrollen ohne vorherige Anmeldung statt.

Frage 4. Wie viele Verstöße welcher Art wurden festgestellt und wie wurden sie geahndet?

Eine detaillierte Aufstellung nach Art und Anzahl der festgestellten Verstöße wäre nur mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand zu erbringen und ist deshalb nicht möglich.

Festgestellte Verstöße führten zu mündlichen und schriftlichen Belehrungen, Verwarnungen, Verwaltungsverfügungen und Ordnungswidrigkeitenverfahren; Strafverfahren wurden an die zuständige Staatsanwaltschaft abgegeben.

Exemplarisch nenne ich einige der bei den Kontrollen festgestellten Verstöße und deren Ahndung:

- nicht tierschutzgerechte Unterbringung von Schlachttieren im Schlachtbetrieb (z.B. fehlende wärmeisolierte Liegefläche für Schweine, defekte Deckenleuchten): schriftliche Verfügung bzw. Ordnungswidrigkeitenverfahren;

- nicht tierschutzgerechter Umgang mit den Schlachttieren beim Treibvorgang: mündliche Verwarnungen;

- unsachgemäß durchgeführte Betäubung (z.B. Nichteinhalten der Mindestbetäubungszeit, mangelnde Kopffixation beim Rind, Fehlschuss, nicht korrekter Ansatz der Elektrozange) und Entblutung: Verwarnung bis hin zum Entzug der Sachkundebescheinigung und Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens;

- Geräte und Anlagenfehler: Elektrozangen wiesen nicht die erforderliche Leistung auf bzw. waren defekt, Fehlen von Prüfplaketten und Prüfbescheinigungen bei Bolzenschussgeräten: Anordnung der unverzüglichen Reparatur bzw. Neuanschaffung der/von Elektrozangen; die weitere Verwendung der Zangen wurde untersagt bzw. die Geräte sichergestellt. Bei Bolzenschussapparaten war die vorgeschriebene waffentechnische Überprüfung zum Teil nicht durchgeführt worden.

- Verstöße gegen die Tierschutztransportverordnung (z.B. festliegendes Rind auf einem Transportfahrzeug): Ordnungswidrigkeitenverfahren;

- Entbluten von Schafen ohne vorherige Betäubung: Ordnungswidrigkeitenverfahren.

Frage 5. a) Wie beurteilt die Landesregierung die Problematik bei der CO2-Betäubung von Schweinen hinsichtlich der Anflutungsphase bis zum Eintritt der Bewusstlosigkeit?

Die CO2-Betäubung ist eine verbreitete Methode zur Betäubung von Schlachtschweinen und wird unter tierschutzrelevanten Aspekten seit ihrer Einführung kontrovers diskutiert.

Die Debatte um die Tiergerechtheit des Verfahrens schließt neben einer bekannten Fokussierung der Diskussion auf das Volumenprozent des Betäubungsmediums und die Einwirkungsdauer desselben vor dem Hintergrund einer anhaltenden Bewusst- und Schmerzlosigkeit bis zum Tode des Tieres weitere Faktoren ein.

So bestanden in der Vergangenheit gegensätzliche Meinungen zur ethischen Vertretbarkeit auch deswegen, weil Erscheinungen erhöhter Muskelaktivität im Exitationsstadium vor vermeintlichem Eintritt der Bewusstlosigkeit als tierschutzwidrig angesehen wurden.

Mit der zweiten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Schlachtverordnung wird durch die Zustimmung Hessens dieser angesprochenen Problematik Rechnung getragen.

Mit der Vorlage wird die Betäubung im Sinne des Tierschutzes derart verbessert, dass nach einer Übergangsfrist die Expositionszeit in der CO2 Atmosphäre von derzeit 70 Sekunden auf 100 Sekunden und die Konzentration des Gases auf mindestens 80 v.H. erhöht werden, um eine ausreichend tiefe Betäubung der Schweine zu gewährleisten.

Neben den genannten Punkten wird gegenwärtig das Verhalten der Schlachttiere bei Kontakt mit dem Betäubungsgas zunehmend Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen bzw. von Verhaltensstudien.

In diesem Zusammenhang ist das Verhalten der Tiere in die Phase der Anflutung zu nennen. Die rasche Anhäufung des CO2 im Blut und in der Liquor cerebrospinalis stellt sich als Atemstimulation dar, welche sich bei Schweinen in auffälligen Verhaltensreaktionen äußern kann, die als Abwehrreaktionen und in Verbindung mit Messungen der Katecholaminausschüttung als Flucht- oder Angstreaktion interpretiert worden sind. Aufgrund einer genetisch bedingten individuellen Empfindlichkeit von Schweinen gegenüber CO2 lassen sich die Reaktionen nicht abschließend bewerten, zumal Studien gezeigt haben, dass sich der Aufenthalt in einer CO2-Atmosphäre als weniger aversiv als elektrische Treibhilfen erwies.

b) Ist der Landesregierung bekannt, dass die kombinierte Argon-CO2-Betäubung die tierschutzwidrigen Zustände vermeidet?

c) Wenn ja, wie wird sich die Landesregierung für diese Methode einsetzen?

Das möglicherweise alternativ zu bewertende zweistufige Argon/Kohlendioxidverfahren befindet sich derzeit, auch nach Aussage des zugrunde liegenden Gutachtens der BAFF (Bundesanstalt für Fleischforschung), noch in der Entwicklungsphase und ist noch nicht praxisgerecht.

Frage 6. Wie viele Schlachthöfe schlachten im Akkord bzw. vergüten nach Stückzahl?

Im Regierungsbezirk Darmstadt schlachten drei Schlachthöfe im Akkord.

Im Regierungsbezirk Gießen erfolgt die Vergütung in allen Schlachtbetrieben (238) nach Stückzahl entsprechend den rechtlichen Vorgaben durch den Tarifvertrag für nicht öffentliche Schlachtbetriebe. Lediglich in den drei EUzugelassenen Schlachtbetrieben gibt es eine so genannte Bandschlachtung, bei der eine Stückzahl/Std. festgelegt werden kann (kein Akkord).

Im Regierungsbezirk Kassel schlachten drei Schlachthöfe im Akkord.

Frage 7. a) Nach welchen Kriterien wird die Anzahl der Schlachtungen pro Stunde festgelegt?

Die Bestimmungen der Tierschutz-Schlachtverordnung und des Fleischhygienegesetzes müssen eingehalten werden. Die Anzahl der möglichen Schlachtungen/Std. orientiert sich an den technischen Möglichkeiten der Schlachtlinie sowie dem vorhandenen Schlacht- und Fleischuntersuchungspersonal. Die amtliche Tierärztin/der amtliche Tierarzt kann die Bandgeschwindigkeit verringern, wenn z. B. Mängel bei der Schlachthygiene festgestellt werden oder für die Fleischuntersuchung mehr als die Mindestuntersuchungszeit aufgrund von Beanstandungen benötigt wird.

Bei Betrieb einer CO2-Betäubungsanlage ist die Schlachtzahl/Std. auch abhängig von der Anlage (Einhaltung der Mindestverweildauer).

b) Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, um eine Erhöhung der Frequenz bei einer bestehenden Anlage zu genehmigen?

Eine Erhöhung der Schlachtzahlen/Std. im Falle einer CO2-Betäubungsanlage ist nur möglich, wenn die Betäubungsstrecke mit Einbau weiterer Gondeln verlängert oder parallel eine zweite Anlage betrieben wird.

c) Wie wird sichergestellt, dass die Expositionszeit bei der CO2-Betäubung von Schweinen von künftig 100 Sekunden eingehalten wird?

Die Einhaltung der Expositionszeit wird durch die Überwachung durch die amtliche Tierärztin/den amtlichen Tierarzt vor Ort, die automatische Aufzeichnung der Verweildauer und den Einbau von Taktgebern, die Betäubungszeiten unter dem Sollwert nicht zulassen, sichergestellt.