Amphibienabscheider in Kläranlagen

Amphibien können auf unterschiedlichen Wegen in Kläranlagen geraten. In der Gruppenkläranlage Schotten-Nidda wurden beispielsweise in den Jahren 1990 bis 1999 circa 34.000 Tiere gerettet. Der Aufwand für die Schutzmaßnahme ist in der Regel sehr gering. So mussten beispielsweise bei der Verbandskläranlage in Florstadt lediglich 771 investiert werden. Bei der Neuinbetriebnahme der Kläranlage im Gruppenklärwerk Bad Arolsen-Volkmarsen im Landkreis Waldeck-Frankenberg im Jahr 2000 lobte Umweltminister Dietzel den erfolgreichen Einsatz der mit geringem Kostenaufwand installierten Ausstiegshilfe.

Vorbemerkung des Ministers für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz: Amphibien können in nennenswerten Mengen in das Wasser von Kläranlagen gelangen, wenn sie auf dem Weg ihrer Laichwanderung in die Kanalisation geraten oder das Gelände der Kläranlage direkt im Bereich des Wanderweges errichtet worden ist. Diese Effekte können eintreten, wenn sehr hohe Bordsteine die wandernden Tiere Richtung Gully lenken, bei Starkregenereignissen und offenen Zuläufen in Richtung Kläranlage. Da Laichwanderungen von Amphibien normalerweise nur außerhalb geschlossener Ortschaften vorkommen und Zuläufe von Kläranlagen in der Regel verrohrt sind, stellt sich das geschilderte Problem nur in Einzelfällen

Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Frage 1. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen, um solche Ausstiegshilfen in Hessen flächendeckend einzusetzen?

Maßnahmen zum flächendeckenden Einsatz von Ausstiegshilfen wurden nicht ergriffen. Es gibt weder aus der Sicht des Artenschutzes noch aus wasserwirtschaftlicher Sicht hierzu eine Notwendigkeit; eine Abfrage bei den Oberen Naturschutzbehörden hat ergeben, dass die Thematik von Amphibienabscheidern in Kläranlagen dort nicht bekannt ist.

Frage 2. Welche gesetzlichen bzw. untergesetzlichen Regelungen müssen nach Ansicht der Landesregierung geändert werden, um eine Nachrüstung im Zuge von anstehenden Instandhaltungsmaßnahmen verbindlich vorzuschreiben?

Nach der derzeit geplanten Novelle des Hessischen Wassergesetzes (Drucks. 16/2721) soll die wasserrechtliche Genehmigungspflicht für Abwasseranlagen entfallen. Abgesehen von den wenigen Fällen, in denen noch eine UVP erforderlich ist, gibt es dann kein wasserrechtliches Verfahren mehr, in dem derartige Auflagen erteilt werden könnten. Über den Erlaubnisbescheid ist das nicht mehr möglich. Da es sich, wie in der Vorbemerkung ausgeführt, lediglich um Einzelfälle handelt, wäre eine verbindliche Vorschrift vor dem Hintergrund der Bemühungen um Bürokratieabbau und Deregulierung nicht zu vertreten.

Als untergesetzliche Regelung kommt in Betracht, dass derartige Anforderungen als Regel der Technik für den Bau von Abwasseranlagen festgelegt und damit für die Betreiber verpflichtend werden. Eine Anpassung des Regelwerks müsste von der deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) vorgenommen werden. Die Durchsetzung einer derartigen Regelung wäre allerdings problematisch.

Soweit es sich bei der Errichtung oder Änderung einer Anlage um einen Eingriff im Sinne des § 5 Hessisches Naturschutzgesetz handelt, können derartige Regelungen zum Gegenstand der naturschutzrechtlichen Entscheidung gemacht werden. Im Übrigen werden die Betreiber von Kläranlagen mit einem Rundschreiben auf die Problematik hingewiesen und Möglichkeiten zur Minimierung der Amphibienverluste - wie der Einsatz von Amphibienabscheidern - aufgezeigt.

Frage 3. Welche weitergehenden Maßnahmen sind nach Ansicht der Landesregierung erforderlich, um einen schnellen flächendeckenden Einsatz der Ausstiegshilfen zu erreichen, und welchen Zeitplan sieht sie dafür vor?

Ein flächendeckender Einsatz von Amphibienabscheidern in Kläranlagen wird seitens der Landesregierung weder für notwendig noch für realisierbar erachtet.

Frage 4. Wie schätzt die Landesregierung die derzeitige Verbreitung von Ausstiegshilfen für Amphibien in Hessen bereits ein und mit welchem Aufwand für eine Nachrüstung der Kläranlagen in Hessen rechnet sie?

Eine diesbezügliche Erhebung liegt nicht vor. Im Hinblick auf die Antworten zu den Fragen 2 und 3 erübrigt sich eine landesweite Erfassung. Da die Problematik auch den Oberen Naturschutzbehörden nicht bekannt ist, kann es sich nur um spezielle Einzelfälle handeln, in denen aufgrund der örtlichen Gegebenheiten zusätzliche Maßnahmen sinnvoll wären.

Frage 5. Sieht die Landesregierung in der Ausstiegshilfe für Amphibien eine kostengünstige und erfolgreiche Schutzmöglichkeit für Amphibien wie Erdkröten und Grasfrösche?

Kosten für Ausstiegshilfen können je nach technischer Ausführung erheblich variieren. So befindet sich beispielsweise im Gruppenklärwerk Bad ArolsenVolkmarsen ein Brett, das auf Styropor schwimmt. Die Amphibien, die sich hierauf retten, werden vom Personal des Klärwerkes eingesammelt und in die Freiheit entlassen. Von einigen Firmen werden serienmäßig erstellte Ausstiegshilfen für Amphibien aus Regenbecken oder Kläranlagen angeboten. Bei den erwähnten Gruppenkläranlagen in Florstadt und Schotten-Nidda wurden in der Rechenanlage Bürsten eingebaut, die die Tiere dazu animieren, vom Rechen in einen Fangbehälter zu springen. In allen Fällen sind neben der technischen Anlage jedoch die Arbeitszeit und das Engagement des Klärwerkspersonals ausschlaggebend. Nur wenn von diesen Personen die Tiere in geeignete Habitate gebracht werden, hat diese Rettungsaktion einen Sinn.