Eltern erwarten eine gewisse Verlässlichkeit was den Bestand der Klasse ihres Kindes angeht

Dezember 1992 wurden unter anderem bestimmte schulformspezifische Schülermindest- und -höchstzahlen festgelegt. Die Höchstzahlen betragen für Eingangsstufen und Grundschulen jeweils 25, für Förderstufen 27, für Hauptschulen 25, für Realschulen und für Gymnasien (Klassen 5 bis 10) jeweils 30 und für integrierte Gesamtschulen 27 Schülerinnen und Schüler. Die so festgelegte Höchstzahl einer Klasse kann jeweils noch um bis zu drei Schülerinnen oder Schüler überschritten werden.

Eltern erwarten eine gewisse Verlässlichkeit, was den Bestand der Klasse ihres Kindes angeht. In vielen Fällen wurden und werden in hessischen Schulen jedoch wegen zu geringer Schülerzahlen Klassenverbände aufgelöst und die Schülerinnen und Schüler auf andere Klassen verteilt.

Vorbemerkung der Kultusministerin:

Die Daten der Jahresschulstatistik eines laufenden Schuljahres bilden die Grundlage für die Erarbeitung des Lehrerzuweisungserlasses im Kultusministerium für das jeweils kommende Schuljahr. Dabei sind die vorhandenen Stellen und Mittel nach den Grundsätzen bedarfsorientiert, transparent, gleichmäßig, verhältnisgerecht sowie lehramts- und fächerspezifisch ausgewogen von der Ebene des Hessischen Kultusministeriums auf die Ebene der Staatlichen Schulämter zuzuweisen. Bei dieser Zuweisung werden berücksichtigt:

- die schulform- und schulstufenspezifischen Stundentafeln,

- die Pflichtstundenverordnung,

- die Klassengrößenverordnung,

- die Schülerzahlen.

Die Staatlichen Schulämter sind gehalten, die zugewiesenen Stellen und Mittel nach den zuvor genannten Grundsätzen zu bewirtschaften. Dies kann auch bedeuten, dass Klassen aufgelöst werden und dass Schülerinnen und Schüler Nachbarklassen zugeordnet werden. Über solche Maßnahmen haben die Staatlichen Schulämter auch nur teilweise Kenntnisse, weil viele der rund 2.000 Schulen in Hessen Klassenzusammenlegungen in eigener Verantwortung und ohne Beteiligung der Staatlichen Schulämter vornehmen.

Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Frage 1. Wie viele Klassen wurden im vergangenen Schuljahr 2003/2004 und im laufenden Schuljahr 2004/2005 wegen zu geringer Schülerzahlen aufgelöst, sodass die Schülerinnen und Schüler auf andere Klassen verteilt werden mussten (bitte nach Jahrgangsstufen und Schulamtsbezirken differenzieren)?

Die Landesschulstatistik ist eine Stichtagserhebung und liefert keine Aussagen über Auflösungen von Klassen und Verteilungen von Schülerinnen und Eingegangen am 12. September 2005 · Ausgegeben am 27. September 2005

Schüler auf andere Klassen. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Danach wäre eine detaillierte Antwort nur mit einem nicht zu vertretenden Verwaltungsaufwand möglich.

Frage 2. Ab welcher Schülerzahl gelten Klassen als "zu klein"?

Auf die von den Antragstellerinnen in ihrer eigenen Vorbemerkung zu dieser Kleinen Anfrage zitierten "Verordnung über die Festlegung der Anzahl und der Größe der Klassen, Gruppen und Kurse in allen Schulformen" vom 3. Dezember 1992 wird verwiesen (Anlage 1).

Frage 3. Wie beurteilt die Landesregierung die Auswirkungen eines Klassenwechsels bzw. eines Wechsels der Lehrkraft gerade auf Grundschulkinder, insbesondere vor dem Hintergrund des im Bildungs- und Erziehungsplan formulierten Zieles, dass Brüche im Bildungsverlauf vermieden werden sollten?

Klassenlehrerwechsel werden in der Grundschule in einer Weise pädagogisch begleitet, die den Wechsel für die Kinder nicht "zum Bruch" werden lässt und Kontinuität im Lehr- und Lernprozess des Kindes ermöglicht. Dies wird z. B. erreicht, wenn vertraute Bezugspersonen (Fachlehrerinnen und -lehrer) weiterhin in der Klasse unterrichten oder enge Absprachen unter den beteiligten, wechselnden Kolleginnen und Kollegen erzielt werden.

Ein Klassenlehrerwechsel in der Grundschule kann aus pädagogischer Sicht auch von Vorteil sein, denn das Kind stellt sich bei verschiedenen Lehrerpersönlichkeiten anders dar und auf den Unterricht ein. Ferner verändert das Urteil anderer/verschiedener Lehrkräfte die Sichtweise auf das Kind, hiervon können positive Impulse für das Kind ausgehen. Oftmals sind die Fachkompetenzen der Lehrkräfte unterschiedlich, durch einen Wechsel werden verschiedene Bereiche zu Schwerpunkten.

Häufig äußern Eltern Bedenken hinsichtlich eines Klassenlehrerwechsels, dabei zeigt die Erfahrung, dass sich die Kinder in der Regel schnell und problemlos auf die neue Lehrkraft einstellen.

Aussagen des Bildungs- und Erziehungsplans werden missverstanden, wenn sie so ausgelegt werden, dass Brüche automatisch mit einer negativen Veränderung in der Lebens-/Lernsituation des Kindes einhergehen würden. Es geht vielmehr darum, Kinder für einen kompetenten Umgang mit Veränderungen zu befähigen. Auf diese Situationen, die sich im Laufe eines (Schul-)Lebens immer wieder einstellen, sind die Kinder vorzubereiten.

Frage 4. Wie viele Lehrerstellen wären notwendig gewesen, um die Auflösung und Aufteilung der Grundschulklassen zu vermeiden?

Es wird auf die Antwort zu Frage 1 und auf meine Vorbemerkung verwiesen.

Frage 5. Welche Maßnahmen hat die Kultusministerin ergriffen bzw. welche will sie in welchem Zeitrahmen ergreifen, um den Schulen die Möglichkeit zu geben, solche Klassenauflösungen zu verhindern, und falls sie keine entsprechenden Maßnahmen ergreifen will, warum nicht?

Die Zusammenlegung von Klassen und ein damit verbundener Lehrerwechsel können bei zurückgehenden Schülerzahlen erforderlich sein, um eine vollständige Abdeckung des Unterrichts an anderen Schulen zu gewährleisten und um eine ausgewogene Verteilung der Ressourcen sicherzustellen.

Durch diese Maßnahmen und durch die Schaffung von zusätzlichen und durch Umschichtung von vorhandenen Lehrerstellen in die Grundunterrichtsversorgung ist es der Hessischen Landesregierung gelungen, seit 1999 den von der Vorgängerregierung übernommenen Ausfall von wöchentlich 100.000 Unterrichtsstunden abzubauen. Darüber hinaus wurde in den vergangenen Jahren die Grundschulstundentafel um insgesamt 4 Stunden erweitert und es wurden Vorlaufkurse für Kinder ohne ausreichende Deutschkenntnisse eingerichtet.

Frage 6. In wie vielen Klassen, Gruppen oder Kursen von Eingangsstufen/Grundschulen sowie von Hauptschulen wurden in den Schuljahren 2001/2002 bis 2004/2005 jeweils bis zu 25 Schülerinnen und Schüler unterrichtet, in wie vielen jeweils 26 bis 28 und in wie vielen wurden mehr als 28 Schülerinnen und Schüler unterrichtet (bitte nach Schulamtsbezirken differenzieren)?

Frage 7. In wie vielen Klassen, Gruppen oder Kursen von Förderstufen sowie von integrierten Gesamtschulen wurden in den Schuljahren 2001/2002 bis 2004/2005 jeweils bis zu 27 Schülerinnen und Schüler unterrichtet, in wie vielen jeweils 28 bis 30 und in wie vielen wurden mehr als 30 Schülerinnen und Schüler unterrichtet (bitte nach Schulamtsbezirken differenzieren)?

Frage 8. In wie vielen Klassen, Gruppen oder Kursen von Realschulen sowie von Gymnasien (Klassen 5 bis 10) wurden in den Schuljahren 2001/2002 bis 2004/2005 jeweils bis zu 30 Schülerinnen und Schüler unterrichtet, in wie vielen jeweils 31 bis 33 und in wie vielen wurden mehr als 33 Schülerinnen und Schüler unterrichtet (bitte nach Schulamtsbezirken differenzieren)?

Die Daten für das Schuljahr 2001/2002 sind der Anlage 2 zu entnehmen.

Die Daten für das Schuljahr 2002/2003 sind der Anlage 3 zu entnehmen.

Die Daten für das Schuljahr 2003/2004 sind der Anlage 4 zu entnehmen.

Die Daten für das Schuljahr 2004/2005 sind der Anlage 5 zu entnehmen.

Die Gliederung erfolgte einheitlich nach Staatlichen Schulämtern und innerhalb der Staatlichen Schulämter wiederum einheitlich nach Schulformen.

Diese Gliederungskriterien bedingen auch eine systemimmanente Rasterung der Klassengrößen, deshalb weichen hier gewünschte und dargestellte Größen von Lerngruppen voneinander ab.

Frage 9. Wie viele Lehrerstellen müssten geschaffen werden, damit die festgelegte Höchstzahl einer Klasse eingehalten werden kann und die Sonderregelung - bis zu drei Schülerinnen und Schüler mehr - nicht mehr genutzt werden muss, und wie viele Lehrerstellen wären darüber hinaus notwendig, um zu verhindern, dass die laut Verordnung maximal mögliche Anzahl von Schülerinnen und Schülern einer Lerngruppe sogar noch überschritten wurde?

Die Frage ist nicht exakt zu beantworten, da nicht absehbar ist, wie Schulämter und Schulen durch Lenkung von Schülerströmen Klassen- bzw. Gruppen- und Kursbildungen optimieren könnten. Eine überschlägige Rechnung auf Grundlage der in Anlage 1 beiliegenden Verordnung würde einen Mehrbedarf von nahezu 4.000 Lehrerstellen erfordern, um die Schülerhöchstzahlen nicht zu überschreiten, wenn auf "Sonderregelungen" verzichtet würde.

Frage 10. Welche Maßnahmen hat die Kultusministerin ergriffen bzw. welche will sie in welchem Zeitrahmen ergreifen, um solche Überschreitungen der Schülerhöchstzahlen künftig zu verhindern, und falls sie keine entsprechenden Maßnahmen ergreifen will, warum nicht?

Auch heute schon können im Rahmen zugewiesener Stellen und Mittel die Schulen selbst ihre Klassengrößen so festlegen, dass keine Überschreitungen von Höchstzahlen gegeben sein werden.

Wiesbaden, 5. August 2005

In Vertretung: Joachim Jacobi

Die Anlagen können in der Bibliothek des Hessischen Landtags eingesehen oder im Internet im Dokumentenarchiv (www.Hessischer-Landtag.de) abgerufen werden.