Die Einbeziehung von Leistungen nach §§ 36a und 36b BSHG122 war nicht

Anpassung der Kommunalverwaltungen an das GMG zum 1. Januar 2004

72 Sechzehnter Zusammenfassender Bericht

· Die Zuzahlungsbefreiung war bei bestimmten Berechtigten (Nichtsesshaften oder chronisch Kranken) zum 1. Januar 2004 nicht geklärt. Dieser Personenkreis kann die mit der Zuzahlung verbundenen finanziellen Belastungen auskunftsgemäß nicht tragen.

· Die Einbeziehung von Leistungen nach §§ 36a und 36b BSHG122 war nicht geklärt.

Die Regelungen des § 264 SGB V traten nur an die Stelle des § 37 BSHG.

· Die Ermittlung vormaliger Versicherungsverhältnisse von Berechtigten und deren Anmeldung bei den entsprechenden Krankenkassen ließ sich nicht in der kurzen Zeit zwischen dem 24. November 2004 und dem 1. Januar 2005 durchführen.

Die zeitliche Vorgehensweise entsprach nicht den Anforderungen, da die Anmeldungen zur GKV entgegen den gesetzlichen Bestimmungen um ein Quartal verzögert vorgenommen wurden.

Die Statusversicherten erhielten nach Anmeldung bei der GKV von dieser eine Krankenversichertenkarte.

Die Mehrzahl der kommunalen Körperschaften123 stellte zutreffend nach dem 31. Dezember 2003 keine Krankenscheine mehr aus. Berechtigte, die nach diesem Stichtag noch keine Versichertenkarte besaßen, jedoch eine ärztliche Behandlung in Anspruch nehmen wollten, wurden bei der GKV angemeldet. Diese Vorgehensweise entsprach den Anforderungen.

Die Stadt Hanau, der Hochtaunuskreis und der Main-Kinzig-Kreis stellten noch bis zum 31. März 2004 Krankenscheine aus, da erst zum 1. April 2004 alle Berechtigten bei der GKV angemeldet waren.

Die Gültigkeit der Krankenscheine beschränkte sich auf das erste Quartal 2004. Die einheitliche Anmeldung der Berechtigten bei einer GKV zum 1. April 2004 beruhte auf den Erwägungen, dass der örtliche Sozialhilfeträger bei einer im Quartalsverlauf vorgenommenen Anmeldung folgende Kosten zu tragen hätte:

· Die Kopfpauschale, mit der die vertragsärztliche Versorgung des Berechtigten für diesen Monat berücksichtigt wird (§ 264 Abs. 6 SGB V124) und

· die bis zur Anmeldung bei der GKV angefallenen tatsächlichen Behandlungskosten für den Berechtigten.

Bei einer Anmeldung im Quartalsverlauf kann es daher durch die gleichzeitige Abrechnung der Kopfpauschale neben den tatsächlichen Behandlungskosten zu einer finanziellen Doppelbelastung des örtlichen Sozialhilfeträgers kommen. Die Stadt Hanau, der Hochtaunuskreis und der Main-Kinzig-Kreis vermieden diese Doppelbelastung durch eine verzögerte Umsetzung der Regelungen des GMG; sie meldeten die Berechtigten erst zum 1. April 2004 bei einer GKV an.

122 § 36a BSHG: Bei einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation werden die ärztliche Untersuchung, Beratung und Begutachtung, die ärztliche Behandlung, die Versorgung mit Arznei-, Verbands- und Heilmitteln sowie die Krankenhauspflege gewährt.

§ 36b BSHG: Bei Schwangerschaft und Mutterschaft werden

1. ärztliche Behandlung und Betreuung sowie Hebammenhilfe,

2. Versorgung mit Arznei-, Verband- und Heilmitteln,

3. Pflege in einer Anstalt oder einem Heim und

4. häusliche Pflege nach § 69b Abs. 1 gewährt.

123 Landkreis Fulda, Stadt Fulda, Landkreis Gießen, Stadt Gießen, Landkreis Groß-Gerau, Lahn-Dill-Kreis, Stadt Rüsselsheim (Ausnahme Notfälle), Stadt Wetzlar 124 § 264 Abs. 6 SGB V: Bei der Bemessung der Vergütungen nach § 85 oder § 85a ist die vertragsärztliche Versorgung der Empfänger zu berücksichtigen. Werden die Gesamtvergütungen nach § 85 nach Kopfpauschalen berechnet, gelten die Empfänger als Mitglieder. Leben mehrere Empfänger in häuslicher Gemeinschaft, gilt abweichend von Satz 2 nur der Haushaltsvorstand nach Absatz 3 als Mitglied; die vertragsärztliche Versorgung der Familienangehörigen, die nach § 10 versichert wären, wird durch die für den Haushaltsvorstand zu zahlende Kopfpauschale vergütet.

Ausstellen von Krankenscheinen Neunundneunzigste Vergleichende Prüfung „Sozialhilfe: Krankheitskosten" Sechzehnter Zusammenfassender Bericht 73

Der Landkreis Marburg-Biedenkopf und die Stadt Marburg stellten in Einzelfällen auch nach dem 31. Dezember 2003 noch Krankenscheine aus und meldeten die Berechtigten während des ersten Quartals 2004 bei der GKV an. Beide Körperschaften setzten sich damit der beschriebenen Doppelbelastung aus. Die nach dem 31. Dezember 2003 ausgestellten Krankenscheine führten zu internen und externen Krankheitskosten, deren Höhe sich aufgrund der Datenlage nicht berechnen ließ.

Die kommunalen Körperschaften waren bis zum 31. Dezember 2003 - wie alle anderen örtlichen Träger der Sozialhilfe - aufgrund mangelnder gesetzlicher Vorgabe125 nicht in das für die GKV zur materiellen Prüfung von Krankenhilfeleistungen und -abrechnungen bestehende System des MDK eingebunden. Mit Inkrafttreten des GMG übernahm die GKV die Abrechnung der Krankheitskosten der Statusversicherten (§ 264 Abs. 2 SGB V)126. Damit prüfte die GKV mit Hilfe des MDK die Abrechnungen der Leistungserbringer.

Die örtlichen Sozialhilfeträger sind zur sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung verpflichtet127. Der Grundsatz der Sparsamkeit verlangt, Forderungen nur dann zu begleichen, wenn sie begründet sind. Dies bedarf einer formellen und materiellen Prüfung128. Hat der Sozialhilfeträger Anhaltspunkte für eine unwirtschaftliche Leistungserbringung oder -gewährung, so hat er die GKV aufzufordern, die Abrechnung nochmals zu prüfen und die Angemessenheit der Aufwendungen nachzuweisen. Das Recht, dies zu verlangen, ergibt sich aus § 264 Abs. 7 Satz 3 SGB V129.

Bei Erbringung der Nachweise kann sich die GKV nicht auf ein grundsätzlich bestehendes Auskunftsverweigerungsrecht wegen datenschutzrechtlicher Bestimmungen zurückziehen. Der Datenschutz ist bei der Auskunftserteilung beispielsweise durch Anonymisierung der personenbezogenen Daten einzuhalten. Diese Aufgabe liegt bei der GKV.

Alle am Vergleichsring beteiligten kommunalen Körperschaften130 prüften die GKVAbrechnungen zunächst formell. Bei Differenzen, die sich vorwiegend bei den in Rechnung gestellten Kopfpauschalen ergaben, wurden die Abrechnungen gekürzt.

Eine vollständige materielle Kontrolle der GKV-Abrechnungen konnte keine kommunale Körperschaft leisten, da die GKV die Abrechnungsdaten nur nach Kostenarten je Hilfeempfänger zur Verfügung stellte. Diese Datenstruktur unterstützte die materielle Prüfung der kommunalen Körperschaften nicht. Zudem lieferte die GKV die Daten in nicht digitalisierter Form. Auch dies war einer materiellen Prüfung unter KostenNutzen-Aspekten abträglich.

Von dem Recht zur Angemessenheitsprüfung nach § 264 Abs. 7 Satz 3 SGB V machten nur der Landkreis Fulda, die Stadt Fulda und der Lahn-Dill-Kreis Gebrauch, die in Einzelfällen die Angemessenheit prüften. Sie fragten bei der GKV nach Detailinformationen bezüglich der Abrechnung der Krankheitskosten bestimmter Berechtigter an.

Die GKV wird auch in Zukunft die Krankheitskosten der verbliebenen, nicht erwerbsfä125 § 275 Abs. 1 SGB V bezieht die örtlichen Träger der Sozialhilfe nicht in die Regelungen zum MDK ein.

126 § 264 Abs. 2 SGB V: Die Krankenbehandlung von Empfängern von Leistungen nach dem Dritten bis Neunten Kapitel des Zwölften Buches und von Empfängern laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes, die nicht versichert sind, wird von der Krankenkasse übernommen. Satz 1 gilt nicht für Empfänger, die voraussichtlich nicht mindestens einen Monat ununterbrochen Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen, für Personen, die ausschließlich Leistungen nach § 11 Abs. 5 Satz 3 und § 33 des Zwölften Buches beziehen sowie für die in § 24 des Zwölften Buches genannten Personen.

127 § 92 Abs. 2 HGO 128vergleiche Kapitel 7.

129 § 264 Abs. 7 Satz 3 SGB V: Wenn Anhaltspunkte für eine unwirtschaftliche Leistungserbringung oder gewährung vorliegen, kann der zuständige Träger der Sozialhilfe von der jeweiligen Krankenkasse verlangen, die Angemessenheit der Aufwendungen zu prüfen und nachzuweisen.

130 Die Krankheitskosten der Berechtigten der Stadt Wetzlar wurden durch die GKV direkt mit dem Delegationsgeber, dem Lahn-Dill-Kreis, abgerechnet. Die Prüfung der Abrechnungen oblag damit dem LahnDill-Kreis. Deshalb werden die Körperschaften zu entscheiden haben, wie die Angemessenheit der Abrechnungen der GKV geprüft werden kann, um die gesetzliche Kontrollverpflichtung bei Vorliegen von Anhaltspunkten für eine unwirtschaftliche Leistungserbringung oder -gewährung zu erfüllen.

Die Prüfung sollte sich aus ökonomischen Gründen auf die wesentlichen Posten der GKV-Abrechnungen beschränken.

Vermeidung des Missbrauchs der Versichertenkarte

Der Träger der Sozialhilfe hat Statusversicherte bei der GKV zeitnah abzumelden, wenn diese nicht mehr bedürftig sind. Er hat die Versichertenkarte einzuziehen und an die GKV zu übermitteln. Aufwendungen, die der GKV nach Abmeldung infolge missbräuchlicher Verwendung der Versichertenkarte durch Statusversicherte oder Dritte entstehen, hat der Träger der Sozialhilfe zu erstatten (§ 264 Abs. 5 SGB V131).

Aufgrund der Befristung der Gültigkeitsdauer der Versichertenkarte bis zum 31. Dezember 2004 war deren Missbrauch während des ganzen Kalenderjahres möglich.

· Die Stadt Marburg traf keine Maßnahmen zur Regressvermeidung.

· Die Stadt Rüsselsheim traf ebenfalls keine Maßnahmen zur Regressvermeidung.

Sie redelegierte die Aufgaben nach BSHG und AsylbLG an den Landkreis GroßGerau zum 1. Juli 2004.

· Der Landkreis Gießen legte die Kontrolle hinsichtlich des Wegfalls der Leistungsvoraussetzungen in die Verantwortung der jeweiligen Sachbearbeiter. Besondere Maßnahmen zur Ausübung dieser Kontrolle wurden nicht genannt. Die Sachbearbeiter forderten die Berechtigten nach Kenntnis vom Wegfall der Leistungsvoraussetzungen schriftlich auf, die Versichertenkarte zurückzugeben.

· Die zehn übrigen kommunalen Körperschaften trafen angemessene Maßnahmen zur Regressvermeidung infolge der unberechtigten Nutzung von Versichertenkarten.

Ungeachtet der ergriffenen Maßnahmen kann die unrechtmäßige Nutzung der Versichertenkarte durch Statusversicherte oder Dritte nicht vollständig vermieden werden.

Auswirkungen des GMG auf die internen Krankheitskosten

Auch unter Geltung des GMG verblieben Aufgaben der Krankenhilfe bei den kommunalen Körperschaften. Einige kamen sogar neu hinzu, wie beispielsweise die An- und Abmeldung der Berechtigten bei der GKV. Wesentliche Einsparmöglichkeiten beim Personaleinsatz bestanden nicht. Deshalb ließen sich auch keine wesentlichen Remanenzkosten132 bei der Raumnutzung feststellen.

131 § 264 Abs. 5 SGB V: Wenn Empfänger nicht mehr bedürftig im Sinne des Zwölften Buches sind, meldet der Träger der Sozialhilfe diese bei der jeweiligen Krankenkasse ab. Bei der Abmeldung hat der Träger der Sozialhilfe die Krankenversichertenkarte vom Empfänger einzuziehen und an die Krankenkasse zu übermitteln. Aufwendungen, die der Krankenkasse nach Abmeldung durch eine missbräuchliche Verwendung der Karte entstehen, hat der Träger der Sozialhilfe zu erstatten. Satz 3 gilt nicht in den Fällen, in denen die Krankenkasse auf Grund gesetzlicher Vorschriften oder vertraglicher Vereinbarungen verpflichtet ist, ihre Leistungspflicht vor der Inanspruchnahme der Leistung zu prüfen.

132 Als Remanenzkosten werden diejenigen Kosten bezeichnet, die sich nicht in dem Ausmaß vermindern, in dem sich Arbeitsprozesse in der Verwaltung verringert haben. Sie haben ihre Ursache darin, dass Anpassungen an veränderte organisatorische Zuständigkeiten und Arbeitsprozesse aus wirtschaftlichen, rechtlichen oder politischen Gründen verzögert oder nicht vorgenommen werden.