Versicherung

Neunundneunzigste Vergleichende Prüfung „Sozialhilfe: Krankheitskosten" Sechzehnter Zusammenfassender Bericht 75

Die GKV erhielt für die Abrechnung und Kontrolle der externen Krankheitskosten ab 2004 eine Verwaltungsgebühr in Höhe von fünf Prozent der abgerechneten Leistungsaufwendungen von den kommunalen Körperschaften. Diese Verwaltungsgebühren fielen somit zusätzlich zu den Personal- und Sachkosten an. Folglich erhöhten die Verwaltungsgebühren die internen Kosten.

7.22 Anpassung der Kommunalverwaltungen an HARTZ IV zum 1. Januar 2005

Mit den ab 1. Januar 2005 in Kraft getretenen HARTZ IV-Gesetzen erhalten alle erwerbsfähigen Hilfebedürftigen133 im Sinne des Sozialgesetzbuchs, Zweites Buch, Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) Zugang zur Grundsicherung für Arbeitsuchende. Nach SGB II werden für diesen Personenkreis ab 1. Januar 2005 aus Bundesmitteln finanzierte Beiträge an die GKV gezahlt. Die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen sind, sofern nicht bereits eine Familienversicherung vorliegt, selbständige Mitglieder der GKV. Damit sind die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die früher Sozialhilfe bezogen, erstmals in der GKV pflichtversichert. Bei den kommunalen Körperschaften fallen damit seit 1. Januar 2005 für diesen Personenkreis keine Krankheitskosten mehr an.

Die Betreuung der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen obliegt im Regelfall einer Arbeitsgemeinschaft (ARGE), der Vertreter der Bundesagentur für Arbeit, Körperschaft des öffentlichen Rechts (KdöR), und der kommunalen Körperschaft angehören. Kreisfreie Städte und Kreise hatten ein Optionsrecht, diese Betreuung zu übernehmen134. Die Mitgliedschaft der betreuten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in der GKV besteht unabhängig von der Organisation der übrigen Betreuung.

Mit Ausnahme des Landkreises Gießen und des Lahn-Dill-Kreises übten alle am Vergleichsring beteiligten Landkreise als zuständige Träger der Sozialhilfe das Optionsrecht aus. Dem Optionsantrag des Landkreises Groß-Gerau wurde nicht stattgegeben.

Damit erfolgte die Betreuung der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen bei den drei genannten Landkreisen seit dem 1. Januar 2005 durch eine ARGE.

Die übrigen vier Landkreise übernahmen zum 1. Januar 2005 die Betreuung der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in eigener Verantwortung. Für die am Vergleichsring beteiligten Städte war die Betreuung dieses Personenkreises gesetzlich nicht vorgesehen.

Die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen sind unabhängig von der Organisationsform der betreuenden Stelle bei der GKV versichert, die auch allein das Krankheitskostenrisiko trägt.

Bei nicht erwerbsfähigen Sozialhilfeempfängern und Asylbewerbern, die Leistungen analog BSHG erhielten und weder selbst versichert noch familienversichert waren, blieb es bei der Krankenhilfegewährung gegen volle Kostenerstattung durch die Sozialhilfeträger. Damit fallen für diesen Personenkreis weiterhin Krankheitskosten zu Lasten der kommunalen Körperschaften an.

Für die Ausgestaltung der Krankenhilfegewährung für die verbliebenen Berechtigten bestehen für die einzelnen Personengruppen folgende Möglichkeiten: 133 § 8 Abs. 1 SGB II: Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

134 Artikel 6a Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt GKVVerwaltungsgebühr erhöht interne Krankheitskosten Regelungsinhalt von HARTZ IV Optionskommunen Anpassung der Kommunalverwaltungen an HARTZ IV zum 1. Januar 2005

76 Sechzehnter Zusammenfassender Bericht Gestaltungsmöglichkeit Wirkung Kommunen I.

Die Gewährung von Krankenhilfe an den Personenkreis der Asylbewerber und Nichtsesshaften wird grundsätzlich136 in gleicher oder ähnlicher Aufbau- und Ablauforganisation wie im Jahr 2003 fortgeführt (Gestaltungsmöglichkeit II).

Der Landkreis Groß-Gerau, die Stadt Hanau und der Main-Kinzig-Kreis bedienten sich in Teilbereichen ihrer Bearbeitung eines externen Dienstleisters. Der Landkreis Marburg-Biedenkopf erklärte sich zu diesem Aspekt nicht137.

· Der Landkreis Gießen bildete eine Arbeitsgruppe. Auskunftsgemäß war der Teilnehmerkreis sehr unterschiedlich. Die Arbeitsgruppe setzte sich aus Mitgliedern der ARGE und der Kreisverwaltung zusammen. Weitere Informationen zur Arbeitsgruppe oder deren Ergebnisse bezüglich einer Bewertung der beiden Alternativen (ARGE oder Optionsausübung) legte der Landkreis Gießen nicht vor.

· Der Landkreis Fulda und der Main-Kinzig-Kreis richteten keine Arbeitsgruppen ein, da mit der Optionsausübung die bisherige Arbeit konsequent fortgesetzt wurde.

· Die übrigen Landkreise hatten Arbeitsgruppen eingerichtet, die sich durchweg aus den gleichen Teilnehmern zusammensetzten und regelmäßig tagten.

135Eine von zahlreichen Ausnahmen bildet folgende Fallgruppe: Soweit bei einzelnen Sozialhilfeberechtigten die Mitgliedschaft in einer GKV durch Beitragszahlung aufrechterhalten werden konnte, wurde diese Lösung gewählt.

136Eine von zahlreichen Ausnahmen bildet folgende Fallgruppe: Asylbewerber, die sich länger als 36 Monate in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, werden analog BSHG behandelt.

137 vergleiche dazu Kapitel 7.9.

Betreuung zum 1. Januar 2005 sichergestellt Neunundneunzigste Vergleichende Prüfung „Sozialhilfe: Krankheitskosten" Sechzehnter Zusammenfassender Bericht 77

In allen prüffähigen Landkreisen wurde die Betreuung der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zum 1. Januar 2005 sichergestellt.

Remanenzkosten

Bei den Landkreisen wurde geprüft, inwieweit Personal- und Raumkosten sowie Kosten der Datenverarbeitungssysteme entsprechend des verminderten Aufgabenumfangs verringert wurden. Dies wurde auf Grundlage des Rückgangs der Zahl der zu betreuenden Berechtigten ermittelt.

Da sich der Landkreis Marburg-Biedenkopf hierzu nicht erklärte, konnte für diese kommunale Körperschaft keine Aussage getroffen werden.

Für die Landkreise Fulda und Gießen war aufgrund der Datenlage ebenfalls keine Aussage zu den Remanenzkosten möglich.

Für die übrigen vier am Vergleichsring beteiligten Landkreise ließen sich wesentliche Remanenzkosten nicht feststellen.

7.23 Änderungsvorschläge für Rechtsvorschriften

Mit Schreiben vom 8. August 2005 gab der Präsident des Hessischen Rechnungshofs den am Vergleichsring beteiligten kommunalen Körperschaften Gelegenheit, Aussagen zur Gesetzesfolgenabschätzung zu treffen. Vier139 der 13 kommunalen Körperschaften griffen dieses Angebot auf.

Systemwechsel

Der Landkreis Fulda, die Stadt Fulda, der Hochtaunuskreis und der Main-Kinzig-Kreis plädierten für eine Öffnung der GKV. Dabei sollten Sozialhilfeempfänger und bestimmte Asylbewerber, die nicht selbst versichert oder familienversichert sind (§ 264 Abs. 2 SGB V)140, als Pflichtmitglieder gegen Beitragszahlung der örtlichen Sozialhilfeträger in die GKV aufgenommen werden. Der Landkreis Fulda sprach sich hilfsweise für eine freiwillige Mitgliedschaft dieses Personenkreises in der GKV aus. Der Hochtaunuskreis regte alternativ die Gründung einer gemeinschaftlichen Krankenkasse aller Sozialhilfeträger in Hessen an.

Die Überörtliche Prüfung hält es für sinnvoll, eine Pflichtmitgliedschaft zu erwägen.

Hierfür spricht zum einen die Zusammenführung von Aufgaben- und Ausgabenverantwortung in einer Hand. Zum anderen würde so vermieden, auf die Krankheitskosten bezogenes Spezialwissen sowohl bei der GKV als auch bei den kommunalen Körperschaften vorzuhalten. Zugleich obläge den kommunalen Körperschaften nur noch die Anweisung der GKV-Beiträge.

Beibehaltung des Systems Entscheidet sich der Gesetzgeber gegen eine gesetzliche Pflichtversicherung für den genannten Personenkreis, könnte er folgende Änderungen innerhalb des Systems in Betracht ziehen:

Die zeitversetzten Abrechnungen der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) und der GKV für das dritte und vierte Quartal 2004 bewirkten, dass die Bearbeitung der Abrechnungen für das Jahr 2004 erst im Sommer 2005 beendet werden konnten. Die durch den Zeitversatz im Jahr 2005 entstandenen Aufwendungen waren von den Gebietskörperschaften nicht beeinflussbar und wurden daher nicht den Remanenzkosten zugeordnet.

139 Landkreis Fulda, Stadt Fulda, Hochtaunuskreis, Main-Kinzig-Kreis 140 § 264 Abs. 2 SGB V: Die Krankenbehandlung von Empfängern von Leistungen nach dem Dritten bis Neunten Kapitel des Zwölften Buches und von Empfängern laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes, die nicht versichert sind, wird von der Krankenkasse übernommen. Satz 1 gilt nicht für Empfänger, die voraussichtlich nicht mindestens einen Monat ununterbrochen Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen, für Personen, die ausschließlich Leistungen nach § 11 Abs. 5 Satz 3 und § 33 des Zwölften Buches beziehen sowie für die in § 24 des Zwölften Buches genannten Personen.

Keine feststellbaren Remanenzkosten Öffnung der GKV Systemimmanente Änderungen