Die Landkreise unterschieden bei ihren Aufzeichnungen für bauliche Unterhaltungsmaßnahmen nicht zwischen Straßen und Brücken

Von der Zustandskontrolle zur Zustandserfassung 184 Sechzehnter Zusammenfassender Bericht Ansicht 144: Straße mit Ausbrüchen am Fahrbahnrand. Zustandsklasse 1,50 bis 3,49

(gebrauchstauglich). Hochtaunuskreis. K 729, Anschluss K 728 (Herrnmühle) Friedrichsthal. Aufnahme aus dem Jahr 2005.

Ansicht 145: Straße mit Ausbrüchen, Rissen, Flickstellen und zerstörten Banketten. Zustandsklasse 4,50 bis 5,00 (überfällig). Landkreis Waldeck-Frankenberg. K 58, KorbachLengefeld ­ Korbach - Lelbach). Aufnahme aus dem Jahr 2004.

Wenn dauerhafte, aufwändigere Erhaltungsmaßnahmen zu lange aufgeschoben werden, nehmen die Schäden überhand. Ansicht 145 zeigt eine Kreisstraße, die allein mit zahlreichen baulichen Unterhaltungsarbeiten für den Verkehr erhalten wurde. Die Straße musste zwischenzeitlich aus Sicherheitsgründen durch den Landkreis gesperrt werden.

Die Landkreise unterschieden bei ihren Aufzeichnungen für bauliche Unterhaltungsmaßnahmen nicht zwischen Straßen und Brücken. Eine Zuordnung der baulichen Unterhaltungsarbeiten und Kostenaufwendungen war in keinem Landkreis möglich.

Die für die Unterhaltung aufgewendeten Beträge sollten für jede Kreisstraße getrennt erfasst werden. Dieser Nachweis ist geboten, um unwirtschaftliches Handeln bei der Straßenerhaltung auszuschließen.

In acht Landkreisen347 fehlte als Bewertungsmaßstab eine kontinuierliche Zustandserfassung der Straßen für eine systematische netzweite Erhaltungsplanung. In Ergänzung zu den routinemäßigen Zustandskontrollen begann die hessische Straßenbauverwaltung 1985 mit visuellen Zustandserfassungen und -bewertungen. Sie erfasste mit eigenem Personal alle einbahnigen Bundes-, Landes- und Kreisstraßen, freie Strecken und Ortsdurchfahrten, sofern sie als Asphaltstraßen ausgebaut waren. In den Jahren 1987, 1993 und 1996 wurden die visuellen Zustandsaufnahmen wiederholt.

Die Zustandserfassung bewährte sich als wichtiger Bestandteil einer systematischen Straßenerhaltung. Der große zeitliche und personelle Aufwand für die visuellen Zustandserfassungen führte zwischenzeitlich für Bundes- und Landesstraßen dazu, die Erfassungen messtechnisch348 vorzunehmen. Die in der Baulast der Landkreise befind347 Landkreis Hersfeld-Rotenburg, Landkreis Marburg-Biedenkopf, Odenwaldkreis, Landkreis Offenbach, Schwalm-Eder-Kreis, Vogelsbergkreis, Landkreis Waldeck-Frankenberg, Werra-Meißner-Kreis,

Im Gegensatz zur visuellen Zustandserfassung kommen bei der messtechnischen Zustandserfassung schnell fahrende Messfahrzeuge zum Einsatz. Diese verfügen über Sensoren, die eine kontinuierliche Aufzeichnung der Längs- und Querebenheit erlauben. Die integrierten Hochgeschwindigkeitskameras zeichnen während der Fahrt die Oberfläche der Fahrbahn auf. Bei der anschließenden Auswertung der Videobilder im Labor werden die Substanzschäden quantifiziert und der Örtlichkeit zugeordnet. Ein weiteres, spezielles Fahrzeug ermöglicht die kontinuierliche Bestimmung der Griffigkeit, ebenfalls bei schneller Fahrt. Die Tagesleistung dieser Fahrzeuge liegt je nach Straßenart bei mehreren 100 Kilometern, so dass die Erfassung eines kompletten Straßennetzes zügig abzuwickeln ist.

Einhundertzweite Vergleichende Prüfung „Kreisstraßen und Brücken" Sechzehnter Zusammenfassender Bericht 185 lichen Kreisstraßen waren davon bis auf zwei Ausnahmen ausgenommen. Der Hochtaunuskreis und der Main-Taunus-Kreis erfassten messtechnisch im Jahr 1999 den Zustand ihrer Kreisstraßen.

In Anlehnung an Empfehlungen für Bundesfernstraßen349 sollten die Erfassungen in zeitlichen Abständen von drei bis maximal sechs Jahren wiederholt werden, um ihre Aktualität zu gewährleisten. Die auf den Straßen erfassten Daten sind zu bewerten.

Daraus lassen sich objektiv die Prioritäten für Erhaltungsleistungen ermitteln. Wenn regelmäßig der Zustand aller Straßen neutral überprüft wird, können die Mittel gezielt an den Stellen mit dem dringendsten Bedarf eingesetzt werden. Eine messtechnische Erfassung ist, wie bei Bundes- und Landesstraßen, aus Zeit-, Personal- und Zuverlässigkeitsgründen den früheren visuellen Erfassungen vorzuziehen.

Als Grundlage einer systematischen und wirtschaftlichen Straßenerhaltung sieht die Überörtliche Prüfung messtechnische Zustandserfassungen zukünftig für alle Kreisstraßen als unverzichtbar an.

Der Landkreis Waldeck-Frankenberg, der Main-Taunus-Kreis, der Hochtaunuskreis und der Landkreis Offenbach beauftragten nach Abschluss der örtlichen Erhebungen eine messtechnische Zustandserfassung.

9.12 Zustand der Brücken

Die Überörtliche Prüfung bewertete den Zustand der Brücken350 in der Unterhaltslast der Landkreise. Die erkennbaren Mängel351 und Schäden352 erfasste sie nach den derzeit gültigen technischen Regelwerken. Aus dem Bestand von 506 Brücken mit 64.280 m2 Brückenfläche in der Unterhaltslast der zehn geprüften Landkreise wurde je Landkreis eine Stichprobenauswahl an Brücken für die örtliche, handnahe Prüfung und die Ermittlung einer unabhängigen Zustandsnote getroffen. Die Brücken wurden nach dem Zufallsprinzip und in dem Umfang ausgewählt, dass eine repräsentative Aussage zum Gesamt-Brückenbestand gewährleistet war. Eine Aussagewahrscheinlichkeit von 95 Prozent ist statistisch abgesichert. Die Gesamtheit der Stichproben bestand aus 195 Brücken mit rund 27.575 m2 Brückenfläche, wie aus Ansicht 146 zu ersehen ist.

349 Bundesministerium für Verkehr: Allgemeines Rundschreiben Straßenbau Nr. 27/1996, Sachgebiet 04.6: Straßenbefestigungen, Straßenerhaltung. Bonn, 9. August 1996, veröffentlicht in: Verkehrsblatt Heft 17, 1996, S. 480

350 Brücken sind Überführungen eines Verkehrsweges über einen anderen Verkehrsweg, über ein Gewässer oder ein tiefer liegendes Gelände, wenn die lichte Weite rechtwinklig zwischen den Widerlagern gemessen 2,00 m oder mehr beträgt.

351 Mangel im Sinne der Bauwerksprüfung ist die Abweichung der Bauwerks- oder Bauteilausbildung vom planmäßigen Sollzustand oder von den zum Prüfzeitpunkt geltenden Regelwerken.

352 Ein Schaden im Sinne der Bauwerksprüfung ist die Veränderung des Bauwerkszustands, eventuell aufgrund eines Mangels, mit einer Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit. Grundlage der örtlichen Prüfung und Dokumentation war der Bericht der letzten Bauwerksprüfung des Amts für Straßenund Verkehrswesens, soweit vorhanden. Die Ergebnisse der Vergleichenden Prüfung wurden mit den Prüffeststellungen der letzten Bauwerksprüfungen verglichen.

Die Einzelbeanstandungen wurden dreistufig mit Ziffern zwischen 0 und 4 getrennt für die drei Kriterien Standsicherheit, Verkehrssicherheit und Dauerhaftigkeit und den Definitionen zur Schadensbewertung nach RI-EBW-PRÜF355 bewertet. Die Erfassung und Bewertung des Einzelmangels wurde konstruktionsabhängig unter Mitbenutzung des im Programmsystem hinterlegten Schadensbewertungskatalogs durchgeführt. Die Zustandsnote für die jeweilige Brücke wird automatisch durch die im Programm SIBBauwerke356 hinterlegten Algorithmen ermittelt, in dem die ungünstigsten Einzelbewertungen hinsichtlich Standsicherheit, Verkehrssicherheit und Dauerhaftigkeit kombiniert werden.

353 DIN 1076, Überwachung und Prüfung von Ingenieurbauwerken im Zuge von Straßen und Wegen, Ausgabe November 1999

354 RI-EBW-PRÜF, Richtlinie zur einheitlichen Erfassung, Bewertung, Aufzeichnung und Auswertung der Bauwerksprüfung nach DIN 1076 des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Ausgabe 2004.

355 vergleiche Fußnote 354

356 SIB-Bauwerke, Programmsystem (MS-Windows) zur einheitlichen Erfassung, Bewertung und Auswertung von Bauwerksprüfungen nach DIN 1076, Version 1.7 R1, mit Einführungserlass für den Bereich der Bundesfernstraßen.