Verbundstruktur der Sparkassen und Genossenschaftsbanken

Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt:

Frage 1. Ist der Landesregierung die Absicht der EU-Wettbewerbskommission bekannt, eine kartellrechtliche Prüfung der Geschäftsmodelle der Sparkassen und Genossenschaftsbanken durchzuführen, falls ja, wie beurteilt die Landesregierung diese Absicht?

Nach dem Abschl ussbericht der Kommission zur Untersuchung des RetailBankgeschäfts gemäß Art. 17 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 ist derzeit offen, ob und in welchem Ausmaß die Kommission eine kartellrechtliche Prüfung der Geschäftsmodelle der Sparkassen und Genossenschaftsbanken durchzuführen beabsichtigt. Wie die Kommission in ihrem Bericht selbst ausführt, "wird sie "möglicherweise weitere Informationen einholen, um zu analysieren, ob die Zusammenarbeit zwischen Sparkassen oder Genossenschaftsbanken, die eine wichtige Stellung auf dem Markt einnehmen, den Wettbewerb untereinander oder in Bezug auf andere derzeitige oder potenzielle Wettbewerber spürbar einschränken" und dann gegebenenfalls überprüfen, ob eine Wettbewerbsbeschränkung vorliegt. Voraussetzung hierfür ist aber eine vollständige Sachverhaltsprüfung in Abstimmung mit den einzelstaatlichen Wettbewerbsbehörden. Diese ist bislang nicht erfolgt.

Der öffentliche Auftrag der Sparkassen und der satzungsmäßige Zweck der Genossenschaftsinstitute, ihre regionale Verbundenheit sowie die Orientierung am Kunden und nicht ausschließlich am Gewinn führen dazu, dass eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit bedarfsgerechten und kostengünstigen Finanzdienstleistungen gewährleistet wird. In diesem Bestreben und in dessen Umsetzung ist keine Wettbewerbsbeschränkung zu sehen.

Die Geschäftsmodelle und ihre rechtlichen Grundlagen errichten für die anderen Banken keine den Wettbewerb beschränkenden Hürden. Den Konkurrenten steht es offen, sich ebenfalls in diesen Geschäftsfeldern zu engagieren. Diese Option wird aber in der Regel von den privaten Kreditinstituten aus wirtschaftlichen Gründen nicht in Anspruch genommen.

Im Übrigen sind sowohl die Gemeinwohlverpflichtung als auch das Regionalprinzip erst vor Kurzem von der Kommission als tragende Prinzipien bekräftigt worden. Auch hat die Kommission in ihrem Abschlussbericht eingeräumt, dass die Zusammenarbeit zwischen Banken grundsätzlich wirtschaftliche Vorteile bringt und den Verbrauchern nutzt.

Frage 2. Wie beurteilt die Landesregierung die Aussage der EU-Wettbewerbskommission, dass die enge Verbundstruktur der Sparkassen und Genossenschaftsbanken zu einer Einschränkung des Wettbewerbs führt?

Die EU-Kommission hat bisher lediglich festgestellt, dass Sparkassen und Genossenschaftsbanken traditionell eng zusammenarbeiten. Sie führt dazu aus, dass wegen höchst unterschiedlicher Eigentums- und Unternehmensstrukturen, des Ausmaßes der Zusammenarbeit sowie regulatorischer und aufsichtsrechtlicher Vorschriften in den Mitgliedsstaaten eine einheitliche Beurteilung nicht möglich ist.

Die Landesregierung ist der Überzeugung, dass die Verbundstruktur der Sparkassen und der Genossenschaftsbanken nicht zu einer Beschränkung des Wettbewerbs führt, sondern stattdessen zu einer hohen Wettbewerbsintensität beiträgt.

Nur durch eine intensive Zusammenarbeit sind die regional tätigen Sparkassen und Genossenschaftsbanken in der Lage, ihre Aufgaben auch in strukturschwachen Gebieten zu erfüllen. Elemente wie zentrale Produktentwicklung, gemeinsamer Einkauf sowie eine einheitliche Risikostrategie und ein Haftungsverbund führen zu preiswerten Finanzdienstleistungen und hoher Stabilität der Systeme. Die Verbundstrukturen stellen im Ergebnis eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung und der mittelständischen Wirtschaft mit bedarfsgerechten und preisgünstigen Finanzdienstleistungen sicher.

Trotz dieser Zusammenarbeit bleibt jedes Institut selbstständig und entscheidet unter Berücksichtigung der Wettbewerbssituation vor Ort, welche Produkte und Dienstleistungen es zu welchen Konditionen anbietet.

Die Zusammenarbeit von Banken ist zudem auch kein Thema, das allein die Sparkassen und Genossenschaftsbanken betrifft, da auch Privatbanken unter dem Gesichtspunkt der Finanzstabilität Kooperationen gebildet haben.

Im Übrigen beruht die von der Kommission problematisierte Verbundzusammenarbeit des Sparkassensektors im Rahmen von Zahlungsverkehrssystemen, Risikomanagement- und Einlagensicherungssystemen auf bankaufsichtsrechtlichen EU-Vorgaben und ist damit ein wesentliches Element zur Gewährleistung der Stabilität des Finanzsystems.

Frage 3. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung gegenüber der Tatsache, dass einige Sparkassen und Genossenschaftsbanken ihre Geschäftsfelder geografisch durch die Anwendung des Territorialprinzips abstecken, und sieht die Landesregierung darin eine Wettbewerbseinschränkung?

Das Regionalprinzip als normatives Strukturmerkmal einer Anstalt des öffentlichen Rechts entspricht deutschem Kommunalverfassungsrecht und ist als Gemeinwohlverpflichtung auch von der Kommission anerkannt.

Durch das Regionalprinzip soll keine strikte Gebietsaufteilung vollzogen werden, sondern es beschränkt lediglich die aktive Tätigkeit einer kommunalen Sparkasse auf das Gebiet ihres Trägers. Dies entspricht den allgemein anerkannten Grundsätzen der wirtschaftlichen Betätigung des Trägers und hat keine Wettbewerbsabrede als Grundlage.

Überdies hat das Regionalprinzip zur Folge, dass die Institute auch in strukturschwachen Regionen ihre Geschäftstätigkeit nicht in das Gebiet eines anderen Verwaltungsträgers verlagern können. Die Sparkassen und Genossenschaftsbanken müssen und können nur dort ihrer Geschäftstätigkeit nachgehen, wo sie angesiedelt sind. Im Hinblick auf die Mobilität der Kunden müssen die Institute dabei auf wettbewerbsfähige Konditionen achten.

Frage 4. Kann nach Auffassung der Landesregierung die Novellierung des Hessischen Sparkassengesetzes dazu führen, eine kartellrechtliche Prüfung abzuwenden, falls ja, wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung?

Die Landesregierung geht davon aus, dass die Änderung des Hessischen Sparkassengesetzes keinen Einfluss auf die grundsätzliche Entscheidung der Kommission hat, ob eine kartellrechtliche Prüfung durchgeführt wird.

Die Novellierung des Gesetzes hält an wesentlichen Grundsätzen des Sparkassenwesens wie der Anstalt als Rechtsform, dem öffentlichen Auftrag, dem Regionalprinzip und der Verbundzusammenarbeit fest und steht mit der Sektoruntersuchung der Kommission und den sich möglicherweise daraus ergebenden weiteren Prüfungen nicht im Zusammenhang.