Besetzung von Stellen bei den Familiensenaten des OLG Frankfurt am Main

Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt:

Frage 1. Wie viele Stellen sind derzeit bei den Familiensenaten des OLG Frankfurt am Main unbesetzt und welche sind dies?

Bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main sind derzeit der 1. und der 5.

Senat für Familiensachen in Frankfurt am Main, sowie der 2. Senat für Familiensachen mit dem Sitz in Kassel nicht mit einer Vorsitzenden oder einem Vorsitzenden besetzt. Alle übrigen Stellen in Familiensenaten sind besetzt.

Frage 2. Wie viele Bewerber gibt es für die zu Frage 1 dargestellten vakanten Stellen?

Ausgeschrieben waren unter dem 1. März 2006 (vgl. JMBl.2006, Seite 230) drei Stellen für eine Vorsitzende Richterin oder einen Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht (R 3). Hierzu liegen 24 Bewerbungen vor.

Zu berücksichtigen ist hierbei, dass diese drei am 1. März 2006 im Justizministerialblatt ausgeschriebenen Stellen anlässlich des Ausscheidens eines Vorsitzenden in einem Senat für Familiensachen und zweier Vorsitzender in Zivilsenaten ausgeschrieben worden sind.

Zusätzlich wurde am 1. Juli 2006 anlässlich der Vakanz des 5. Familiensenates eine weitere Stelle für eine Vorsitzende Richterin oder einen Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ausgeschrieben (vgl. JMBl. 2006, Seite 350), für die 15 Bewerbungen eingegangen sind; davon zwei Richter, die sich nicht auf die drei am 1. März 2006 ausgeschriebenen Stellen beworben hatten.

Insgesamt haben sich danach 26 Richterinnen und Richter auf diese vier Vorsitzendenstellen beworben.

Die Stelle im 2. Senat für Familiensachen mit dem Sitz in Kassel ist deshalb zusätzlich frei geworden, weil der dort zugewiesene Vorsitzende in den 3.

Senat für Familiensachen nach Frankfurt am Main und die bisher dort tätige Vorsitzende in einen Zivilsenat gewechselt ist.

Die Fragen 3, 4 und 6 werden gemeinsam wie unten stehend (nach Frage 5) beantwortet.

Frage 5. Wie viele der zu Frage 2 genannten Bewerber verfügen über eine der Beantwortung zu Frage 3 und Frage 4 entsprechenden familienrechtlichen Praxis?

Von den insgesamt 26 Bewerberinnen und Bewerbern verfügen neun über eine familienrechtliche Praxis, zum Teil auch aus einer Tätigkeit als Rechtsanwalt.

Frage 3. Auf welche Weise ist sichergestellt, dass im Rahmen des Auswahlverfahrens Richterinnen und Richter berücksichtigt werden, die über eine ausreichende familienrechtliche Praxis verfügen?

Frage 4. Welche Auswahlvorgaben werden vonseiten des Justizministeriums hinsichtlich der vorgenannten familienrechtlichen Praxis gemacht?

Frage 6. Beabsichtigt das Justizministerium, die vakanten Stellen bei den Familiensenaten der OLG ausschließlich mit Bewerbern zu besetzen, die über eine familienrechtliche Praxis, Beantwortung zu Frage 3 und Frage 4, verfügen?

Wenn nein, warum nicht?

Die Ausschreibungen vom 1. März 2006 und vom 1. Juli 2006 wurden sowohl durch den Wechsel oder Ruhestand von Zivilsenatsvorsitzenden als auch von Familiensenatsvorsitzenden erforderlich. Aus der Beantwortung zur Frage 2. wird deutlich, dass eine konkrete Ausschreibung von Vorsitzendenstellen bei den Familiensenaten des Oberlandesgerichtes Frankfurt am Main nicht erfolgt ist. Vielmehr erfolgte eine allgemeine Ausschreibung im Hinblick auf die Tätigkeit als Vorsitzende Richterin oder Vorsitzender Richter beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main.

Ausschreibung und Bewerberauswahl erfolgten vorliegend schon deshalb nicht für ein spezifisches Rechtsgebiet, da der konkrete Einsatz einer Vorsitzenden Richterin oder eines Vorsitzenden Richters in richterlicher Unabhängigkeit durch das Präsidium bestimmt wird. Da das Präsidium jederzeit einen Wechsel im Spruchkörpervorsitz vornehmen kann, kann die Qualifikation des oder der Vorsitzenden nicht auf ein spezielles rechtliches Fachgebiet beschränkt sein. Auch wird aus den zu Frage 2 geschilderten Personalveränderungen (Wechsel von Vorsitzenden in andere Senate) deutlich, dass das unabhängig entscheidende Präsidium jederzeit auch auf weitere Vorsitzende mit langjähriger Familienrechtspraxis außerhalb des Bewerberfeldes bei der Besetzung eines Familiensenats zurückgreifen kann oder der Fall eintreten kann, dass der Vorsitzende eines Fachspruchkörpers in einen Spruchkörper mit anderer Fachrichtung wechselt.

Bei der Besetzung von Richterstellen für Vorsitzende Richter ist das Hessische Ministerium der Justiz an Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 134 Hessische Landesverfassung sowie die einfach gesetzliche Ausgestaltung in § 8 Abs. 1 des Hessischen Beamtengesetzes in Verbindung mit § 2 HRiG gebunden, wonach die Bestenauslese nach den Maßstäben von Eignung, Leistung und Befähigung zu erfolgen hat. Um einen einheitlichen Beurteilungsmaßstab für die Besetzung von Stellen für Vorsitzende Richterinnen und Richter zu besitzen, wurden spezifische Anforderungsprofile entwickelt, die die Aufgabenstellungen und die besonderen Anforderungen an die Tätigkeit einer Vorsitzenden Richterin oder eines Vorsitzenden Richters unabhängig von einem bestimmten Fachgebiet berücksichtigen.

Gemäß den zu Frage 2 geschilderten Ausschreibungen, haben sich die Bewerbungen am Anforderungsprofil für eine Vorsitzende Richterin oder einen Vorsitzenden Richter (R 2 oder R 3), veröffentlicht in JMBl. vom 1.1.2005, S.55, Anlage 1, Nr. 2.3, zu orientieren.

Hiernach sind folgende konkrete Anforderungen zu berücksichtigen.

Grundanforderungen

Neben den Anforderungen des Basisprofils insbesondere:

- Tätigkeit und Bewährung auf mehreren Arbeitsfeldern oder Rechtsgebieten;

- Erfolgreiche, mindestens sechsmonatige Abordnung an ein entsprechendes oberes Landesgericht oder eine vergleichbare Tätigkeit, die für das angestrebte Amt fachlich in gleicher Weise qualifiziert, insbesondere erfolgreiche Abordnung an das Bundesverfassungsgericht, ein entsprechendes oberes Bundesgericht, das Bundesministerium der Justiz oder das Hessische Ministerium der Justiz. Die Finanzgerichtsbarkeit ist hiervon ausgenommen.

Ausgeprägte Fac hkompetenz

Neben den Anforderungen des Basisprofils in ausgeprägter (R 2) oder besonders ausgeprägter Form (R 3) insbesondere:

- Fähigkeit, auf die Güte und Stetigkeit der Rechtsprechung des Spruchkörpers hinzuwirken,

- Erfahrung in der Verhandlungsführung.

Ausgeprägte soziale Kompetenz Anforderungen des Basisprofils in ausgeprägter Form insbesondere:

- Kooperationsfähigkeit und Fähigkeit, Mitarbeiter zu motivieren,

- Überzeugungsfähigkeit,

- Fähigkeit und Bereitschaft, Nachwuchskräfte bei der Einarbeitung zu unterstützen und vorbildhaft anzuleiten.

Bei der Auswahlentscheidung sind die an den Anforderungsprofilen zu messenden und sich aus den jeweiligen dienstlichen Beurteilungen ergebenden Feststellungen zur Eignung, Leistung und Befähigung der Bewerber zu bewerten und abzuwägen. Lediglich für den Fall, dass Bewerber nach diesen Kriterien gleich gut geeignet sind, kann zur weiteren Differenzierung auf weitere Aspekte (wie z. B. familienrechtliche Vortätigkeit aber auch andere qualifizierende Tätigkeiten) zurückgegriffen werden.

Diesen Maßstäben ist bei der Auswahlentscheidung, die in Übereinstimmung mit dem Besetzungsvorschlag des Präsidenten des Oberlandesgerichts erfolgt ist, Rechnung getragen worden.

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass der Hessische Minister der Justiz die Auswahlentscheidung bezüglich der vier ausgeschriebenen Stellen für eine Vorsitzende Richterin oder einen Vorsitzenden Richter (R 3) am Oberlandesgericht Frankfurt am Main trifft. Welche der ausgewählten Personen jedoch den Vorsitz in einem Familiensenat oder in einem Zivilsenat übernehmen werden, bestimmt das Präsidium des Oberlandesgerichts in richterlicher Unabhängigkeit.