JVA

Die Trennung zwischen hoheitlicher und nicht hoheitlicher Aufgabenwahrnehmung

Eine vom hessischen Justizministerium eingesetzte Arbeitsgruppe analysierte sehr genau, inwieweit eine Privatisierung im Strafvollzug rechtlich möglich ist. Die Ergebnisse sind veröffentlicht (s. www.hmdj.hessen.de).

Als Aufgaben, die nicht privatisiert werden können, wurden benannt:

- Organisationshoheit Gesamtsteuerung und Überwachung der Dienstabläufe

- Behandlungsmanagement (z.B. Aufnahme und Entlassung von Gefangenen, Vollzugsplanung, Lockerungsentscheidungen, Disziplinarmaßnahmen oder sonstige Entscheidungen über den Status der Gefangenen)

- Teile des Bewachungsmanagements, soweit mit Befugnissen zu Zwangsmaßnahmen oder Eingriffen in Persönlichkeitsrechte verbunden - z. B. Kontrolle der Außenkontakte (Brief-, Besuchskontrolle etc.), Anwendung unmittelbaren Zwangs.

Privatisiert wurden dagegen folgende Aufgaben:

- Wartung und Instandhaltung technischer Anlagen, Maßnahmen der Bauunterhaltung

- Reinigung innerhalb der Gebäude (ausgenommen der Haftbereiche),

- Pflege der Außenanlagen,

- Reinigung und Instandhaltung der Dienstfahrzeuge,

- Betrieb der Anstaltsküche und die Versorgung der Gefangenen mit Verpflegung,

- Organisation des Gefangeneneinkaufs,

- Organisation und der Betrieb der Werkstätten,

- Organisation und Durchführung der arbeitstherapeutischen Beschäftigung und der Maßnahmen der schulischen und beruflichen Bildung der Gefangenen,

- Medizinische Versorgung der Gefangenen,

- Sozialarbeiterische, psychologische und pädagogische Betreuung der Gefangenen,

- Beratungsleistungen für die Gefangenen (Drogen-, Ausländer-, Schuldnerberatung),

- Organisation und Durchführung von Freizeitveranstaltungen für die Gefangenen, insbesondere der Gefangenensport,

- Teile der Verwaltungstätigkeiten (Zahlstelle, Rechnungswesen, Versorgungswesen, Poststelle, Telefonzentrale, Schreibdienst)

- Hilfsdienste für die Stationen und den Besuchsbereich,

- Überwachung der Monitore der Videoüberwachungsanlage der Liegenschaft.

Die Beschäftigten des privaten Dienstleistungsunternehmens handeln gegenüber den Insassen der Justizvollzugsanstalt nicht in eigenem Namen, sondern ausschließlich im Auftrag der Justizvollzugsbehörde. Sie sind insoweit Verwaltungs- Vollzugshelfer i.S.v. § 155 Abs. 1 StrafVollzG. Für einen Einsatz als Beliehene, der auch eine Übertragung von Eingriffsbefugnissen ermöglichen würde, fehlt es nach dem Ergebnis der Analyse der Expertengruppe an einer hinreichend konkretisierten gesetzlichen Grundlage.

Meine Zweifel an dem Ergebnis der Arbeitsgruppe, auch den Bereich der sozialen Dienste vollständig in die private Hand zu übertragen, wies das Justizministerium zurück. Sozialarbeiter leisten in der künftigen JVA Hünfeld - so der damalige Justizstaatssekretär - "Arbeit mit und am Gefangenen", treffen hingegen keine Entscheidungen über den vollzuglichen Werdegang des Gefangenen. Sämtliche Arbeiten, die die sozialen Dienste insoweit verrichten, seien als Vorarbeiten zu verstehen (z.B. Mitarbeit bei der Erstellung der Vollzugspläne, Stellungnahmen zu Vollzugslockerungen etc.), die dem Entscheidungsträger (Anstalts- oder Vollzugsabteilungsleiter) lediglich als Entscheidungshilfe dienten.

Die Prüfung der Umsetzung der Trennung zwischen hoheitlicher und privatisierter Aufgabenerfüllung in der JVA Hünfeld ergab, dass die Trennlinie richtig gezogen ist.

Beispielsweise erfolgt die Überwachung der Monitore, mit der die Liegenschaft videoüberwacht wird, in der Sicherheitszentrale der Anstalt durch Beschäftigte des privaten Dienstleisters. Wird eine Unregelmäßigkeit beobachtet, informiert der Mitarbeiter des Dienstleisters einen Bediensteten der Anstalt. Der Justizvollzugsbeamte vollzieht die Beobachtung nach und löst ggf. Alarm aus. Auch die Pforte ist doppelt besetzt. Mit der Beobachtung des Umgebungsbereiches der Pforte ist ein Mitarbeiter des Dienstleisters beauftragt. Die Entscheidung über den Einlass oder Auslass und die Mitnahme von Gegenständen obliegt einem Vollzugsbediensteten. Mitarbeiter des Dienstleisters sind auch in der Telefonzentrale eingesetzt. Eine Überwachung der ausgehenden Telefonate der Gefängnisinsassen, die aus Gründen der Sicherheit der Anstalt stattfindet, darf aber nur durch Justizvollzugsbedienstete erfolgen.

Die Technik war konsequent getrennt. Es gab getrennte Netze für den hoheitlichen und den privaten Bereich. Da das Administrationspersonal nicht doppelt vorgehalten werden sollte, übernahm ein Mitarbeiter der Justizverwaltung auch die Administration des privaten Netzes.

Die Sicherstellung der Datenschutzkontrolle Grundsätzlich müssen die Insassen von Justizvollzugsanstalten die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten insoweit hinnehmen, als es für den Vollzug einer Freiheitsstrafe erforderlich ist (§ 179 Abs. 1 StVollzG). Der Vollzug einer Freiheitsstrafe bringt naturgemäß breit gefächerte und teilweise auch sehr intensive Einschränkungen des informationellen Selbstbestimmungsrechts mit sich. Dabei ist die Intensität des Eingriffes nicht erheblich unterschiedlich, ob der Eingriff durch einen Bediensteten der Anstalt oder durch einen privat verpflichteten Verwaltungshelfer erfolgt.

Trotzdem bleibt es bei dem Selbstverständnis wie ich es z. B. schon bei meinen Ausführungen zur Kontrollzuständigkeit bei der FRAPORT (s. Ziff. 2.1) oder bei sonstigen Wahrnehmungen öffentlicher Aufgaben durch Private einfordere: Wenn der Staat sich auf die Ebene des Privatrechts begibt und sich zur Erfüllung seiner Aufgaben Privater bedient, ändert das nichts an der Zugehörigkeit zum öffentlichen Bereich. Deshalb darf die Auslagerung der Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Aufgabenerfüllung an Private nicht zu einer Schmälerung des Datenschutzes und der Datenschutzkontrolle führen. Auch wenn das Strafvollzugsgesetz nach einigen bereichsspezifischen Regelungen in den §§ 179 ff. in § 187 zunächst auf das Bundesdatenschutzgesetz verweist, die Bestimmungen über die Kontrollbefugnisse des Landesdatenschutzbeauftragten bleiben unberührt (§ 187 StVollzG, letzter Satz). Das gilt auch für den Fall einer Teilprivatisierung. Dementsprechend hat sich der private Dienstleister der Justizvollzugsanstalt Hünfeld in einer vertraglichen Vereinbarung gegenüber dem Land Hessen verpflichtet, das Hessische Datenschutzgesetz anzuwenden. Er ist damit auch meiner Kontrolle und meinen Kontrollbefugnissen unterworfen. Für die Beschäftigten des privaten Dienstleisters gilt das Datengeheimnis nach § 5 BDSG. Verpflichtungserklärungen der privat Beschäftigten über das Datengeheimnis nach § 5 BDSG wurden mir vorgelegt.

Verfassungsschutz

Novellierung des Verfassungsschutzgesetzes

Die seit mehreren Jahren geplante Änderung des Gesetzes über das Landesamt für Verfassungsschutz ist in Kraft getreten.

Ich habe zu den verschiedenen Gesetzentwürfen wie auch in der Anhörung im Hessischen Landtag Stellung genommen.

Wichtige Änderungen des Gesetzes vom 6. September 2007 (GVBl. I 2007, S. 542) sind folgende:

Einsatz des IMSI-Catchers Vorgesehen ist nunmehr auch für den Verfassungsschutz der Einsatz des sog. IMSI-Catchers (International Mobile Subscriber Identity). § 5 Abs. 2 VerfSchG

Das Landesamt für Verfassungsschutz darf im Einzelfall zur Erfüllung seiner Aufgaben nach § 2 Abs. 2 unter den Voraussetzungen des Abs. 1 technische Mittel zur Ermittlung des Standortes eines aktiv geschalteten Mobilfunkgerätes und zur Ermittlung der Geräte- und Kartennummer einsetzen. Die Maßnahme ist nur zulässig, wenn ohne die Ermittlung die Erreichung des Zwecks der Überwachungsmaßnahme aussichtslos oder erheblich erschwert wäre. Personenbezogene Daten Dritter dürfen anlässlich solcher Maßnahmen nur erhoben werden, wenn dies aus technischen Gründen zur Erreichung des Zwecks nach Satz 1 unvermeidbar ist. Sie unterliegen einem absoluten Verwertungsverbot und sind nach Beendigung der Maßnahme unverzüglich zu löschen.

Mit dem IMSI-Catcher sollen beispielsweise bei Observationen Mobiltelefone lokalisiert werden können. Der IMSI-Catcher simuliert dabei eine Basisstation für den Mobilfunk. Das Mobiltelefon wählt sich an diesen Stationen ein und überträgt sowohl die Karten- als auch die Gerätenummer. Anhand dieser Daten können über die jeweiligen Anbieter dann auch Telefonnummern ermittelt werden, die ansonsten unerkannt bleiben würden. Dabei wird auch die ungefähre Position des mobilen Telefons übertragen und der Betroffene kann lokalisiert werden.

Anders als auf Bundesebene ist der Einsatz des IMSI-Catchers in Hessen auch bei der Beobachtung verfassungsfeindlicher Bestrebungen und der Bekämpfung der organisierten Kriminalität zulässig. Ob der IMSI-Catcher im Rahmen gerade dieser Aufgabenbereiche überhaupt geeignet bzw. verhältnismäßig ist, muss sich erst noch erweisen.

Einsatz akustischer und optischer Überwachungsmittel in der Wohnung Ziel der Gesetzesänderung war es weiterhin, die schon bestehenden Befugnisse zur akustischen und optischen Wohnraumüberwachung an die Vorgaben des BVerfG (Urteil vom 3. März 2004 - BVerfGE 109, 279) anzupassen. Danach gehört zur Unantastbarkeit der Menschenwürde gemäß Art. 1 Abs. 1 GG die Anerkennung eines absolut geschützten Kernbereichs privater Lebensgestaltung. In diesen Bereich darf die akustische (z.B. durch Wanzen) oder optische Überwachung zu Zwecken der Strafverfolgung - aber auch - wie im Fall des Tätigwerdens des Verfassungsschutzes - zu präventiven Zwecken nicht eingreifen.

Ich hatte vorgeschlagen, die vom BVerfG in den Leitsätzen aufgestellten verfahrensrechtlichen Sicherungen in den Gesetzestext aufzunehmen. Dem ist der hessische Gesetzgeber nur insoweit gefolgt, als formuliert wird: § 5a Abs. 4 Satz 2 VerfSchG

Die Behörde hat dafür Sorge zu tragen, dass in keinem Fall in den Kernbereich privater Lebensgestaltung eingegriffen wird.

Diese Vorgabe wird erst in der Gesetzesbegründung konkretisiert. Danach ist, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Kernbereich privater Lebensgestaltung berührt wird, das Abhören und Aufzeichnen zu unterbrechen. Eine Fortsetzung darf erst dann erfolgen, wenn eine Kernbereichsbetroffenheit nicht mehr zu besorgen ist. In der Begründung heißt es weiter, Aufzeichnungen von Äußerungen, bei denen zunächst keine Anhaltspunkte für eine Kernbereichsrelevanz vorgelegen haben, seien unverzüglich zu löschen, wenn sich nachträglich herausstellte, dass der Kernbereich berührt wird.

Ich empfehle dringend, diese in der Gesetzesbegründung enthaltenen Vorgaben in eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift des HMDIS aufzunehmen.

Das nach dem Urteil des BVerfG (a.a.O.) erforderliche Verwertungsverbot für Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung findet sich im Gesetzestext.

§ 5 Abs. 4 Satz 3 VerfSchG Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung unterliegen einem Verwertungsverbot.

Schutz der Berufsgeheimnisträger

Nicht berücksichtigt wurden im Gesetz meine Vorschläge zum Schutz von Berufsgeheimnisträgern im Rahmen der Wohnraumüberwachung. Ich hatte angeregt, die in § 53 StPO im Rahmen des Zeugnisverweigerungsrechts genannten Personen (u.a. Verteidiger, Rechtsanwälte, bestimmte Beratungsstellen, Journalisten) insoweit zu privilegieren als eine Wohnraumüberwachung nur dann zulässig sein sollte, wenn bei diesen Personen die Voraussetzungen vorliegen, unter denen eine Wohnraumüberwachung beim Verdächtigen erfolgen darf.

Die Begründung des Gesetzentwurfs stellt darauf ab, dass sich für verschiedene Berufsgruppen ein Schutz unmittelbar aus der Verfassung ergebe und deshalb eine Überwachung "in der Regel" nicht in Betracht käme. Aus meiner Sicht wäre gerade die Konkretisierung dieses sich aus verschiedenen verfassungsrechtlichen Vorschriften ableitenden Schutzes von Berufsgeheimnisträgern in einer normenklaren Regelung zur Vermeidung verfassungsrechtlicher Auseinandersetzungen in diesem Fall wichtig und dem Normenvollzug des Gesetzes dienlich. Leider konnte ich mich mit dieser Auffassung nicht durchsetzen.

Verwertungsverbot für zu löschende Daten in Sachakten

Auf meinen Vorschlag wurde eine Vorschrift zum Umgang mit Daten in Sachakten in das Gesetz aufgenommen. In Akten, die beispielsweise zu einer verfassungsfeindlichen Organisation geführt werden, befinden sich oftmals personenbezogene Angaben, die als solche z. B. wegen Fristablaufs zu löschen wären. Ich hatte vorgeschlagen, diese Informationen unkenntlich zu machen bzw. ein Verwertungsverbot festzuschreiben. Dem ist der Gesetzgeber jetzt durch die Festlegung eines Verwertungsverbots gefolgt.

§ 6 Abs. 6 Satz 3 VerfSchG Enthalten Sachakten oder Akten zu anderen Personen personenbezogene Daten, die nach Satz 2 zu löschen sind, dürfen diese nicht mehr verwertet werden.

Verfassungsschutzberichte im Internet

Auch die im Gesetz vorgesehene Befristung der Einstellung der Verfassungsschutzberichte in das Internet wurde von mir angeregt. Allerdings halte ich die vorgesehene Frist von fünf Jahren für zu lange.

§ 9 Abs. 3 Satz 3 VerfSchG

Der Bericht darf vom Landesamt für Verfassungsschutz höchstens fünf Jahre im Internet eingestellt werden.

Sicherheitsüberprüfungsgesetz

Das Hessische Sicherheitsüberprüfungsgesetz ist im September 2007 in Kraft getreten. Ich habe zu den verschiedenen Fassungen des Gesetzentwurfs Stellung genommen. Meine Anregungen wurden weitgehend berücksichtigt.

Im Hessischen Sicherheitsüberprüfungsgesetz (GVBl. I 2007 S. 623) werden die Voraussetzungen und das Verfahren zur Überprüfung von Personen geregelt, die von einer Behörde oder einer anderen öffentlichen Stelle mit einer sicherheitsempfindlichen Aufgabe betraut werden. Je nach Grad der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit wird entweder eine einfache Sicherheitsüberprüfung, eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung oder eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen durchgeführt.

Im 35. Tätigkeitsbericht (Ziff. 5.3.1) hatte ich davon berichtet, dass ich in das Gesetzgebungsverfahren eingebunden wurde.

In der Diskussion ist das Hessische Ministerium des Innern und für Sport in weiten Teilen meinen Vorschlägen gefolgt, an anderer Stelle konnte ich meine Bedenken zurückstellen.