Mehrwertsteuer

Ausführung und Vergabe der Baumaßnahme

Das Ministerium und die Fachhochschule Wiesbaden ließen den Neubau im Wesentlichen durch einen Projektsteuerer erstellen. Dieser hatte den Gesamtprozess zu überwachen und war für die Einhaltung aller Projektziele verantwortlich.

Den Kostenrahmen für die Baumaßnahme begrenzte das Ministerium in Anlehnung an die Kostenrichtwerte des 24. Rahmenplans für den Hochschulbau auf Gesamtbaukosten in Höhe von 11,012 Mio. c (21,537 Mio. DM).

Das Ressort hält die Vereinbarung von Prämien als Anreiz zur Einhaltung des Kostendeckels nach wie vor für erforderlich und bewährt. Da es eine zentrale Aufgabe des Projektsteuerers ist, die Kosten einzuhalten, trägt nicht nur das Land, sondern auch der Projektsteuerer in Höhe seiner Prämie bzw. Haftungsanteils einen Teil des Risikos. Darüber hinaus handelte es sich um besonders schwierige Rahmenbedingungen (das Land ist kein Grundstückseigentümer, sondern lediglich Erbbauberechtigter), die üblicherweise bei Landesbaumaßnahmen nicht vorliegen. Die kostenfreie Mitwirkung des Projektsteuerers im Rahmen der z.T. hierdurch bedingten aufwendigen Abstimmungsprozesse rechtfertigt auch vor diesem Hintergrund die Vereinbarung der Prämie.

Die Baunebenkosten desVorhabens sind nicht höher als bei Baumaßnahmen der Staatlichen Hochbauverwaltung.Wegen der Einzelheiten wird verwiesen auf die Ausführungen unter Nr. 20.3.2 bis 20.3.4 der Stellungnahme.

Zu Nr. 20.1 Ausführung und Vergabe der Baumaßnahme

Für die staatliche Bauverwaltung ist das Verfahren zum Korruptionsschutz in der Dienstanweisung Bau geregelt. Im vorliegenden Fall ist insoweit davon abgewichen worden, als ein Vergabebauamt nicht eingeschaltet worden ist. Die Landesregierung ist jedoch der Auffassung, dass der Projektsteuerer innerbetrieblich in ausreichendem Umfang Maßnahmen zur Korruptionsvermeidung getroffen hat. Das 4-Augen-Prinzip wurde insofern gewährleistet, als Teilnehmer an der Submission nach dem Zufallsprinzip wechselten und erst kurz vor dem Submissionstermin endgültig bestimmt wurden. Darüber hinaus war die Teilnahme des Ressorts und der Fachhochschule jederzeit zulässig.

Der vom Rechnungshof geäußerten Befürchtung,die Vergabe durch den Projektsteuerer ermögliche Manipulationen, ist dadurch entgegen gewirkt worden, dass die Vergabeunterlagen vor Herausgabe an den Planer unmittelbar nach der Subvention bei den Projektsteuerer durch ansonsten unbeteiligte Mitarbeiter mit entsprechender Lochung gekennzeichnet, auf Vollständigkeit durchgesehen und die wesentlichen Seiten in Kopie bei den Projektsteuerer hinterlegt wurden. Vergabevorschläge der Planer wurden ferner durch die Projektsteuerung mit wechselnden Mitarbeitern im 4-Augen-Prinzip geprüft. Unabhängig davon haben die auch bei anderen Maßnahmen mit dem Projektsteuerer getätigten Erfahrungen das in ihn gesetzte Vertrauen bisher gerechtfertigt.

Bemerkungen des Rechnungshofs Stellungnahme der Landesregierung Abbildung 20-1: Neubau für den Fachbereich Gestaltung der FH Wiesbaden

Die Eröffnung der Angebote (Submission) fand im Hause des Projektsteuerers statt; das Ministerium beteiligte sich nicht. Nach der Submission prüften die mit der Mitwirkung bei der Vergabe beauftragten Freischaffenden die Angebote in ihren eigenen Büros. Sie erstellten Preisspiegel und entsprechende Vergabevorschläge, die der Projektsteuerer für die weiteren Verhandlungen mit den Bietern und zur Vorbereitung der Vergaben nutzte.

164 Hessischer Landtag · 16.Wahlperiode · Drucksache 16/418

Der Rechnungshof hat beanstandet, dass die vom Land zur vorbeugenden Bekämpfung und Verhinderung von Korruption für notwendig erachteten Maßnahmen (Vieraugenprinzip; Submission, Durchsicht und rechnerische Prüfung durch Bedienstete, die nicht mit der Vergabeentscheidung und der Durchführung der Maßnahme betraut sind) nicht beachtet wurden. Er hat darauf hingewiesen, dass die Vergabe durch den Projektsteuerer Manipulationen ermögliche.

Das Ministerium hat in seiner Stellungnahme eingeräumt, dass es sich nicht an den Submissionen beteiligt habe.Jedoch hätten die Freischaffenden Maßnahmen zur Korruptionsvermeidung weitgehend eingehalten. Es habe aufgrund der bisherigen Erfahrungen mit dem Projektsteuerer darauf vertrauen können, dass der Korruptionsschutz gewährleistet sei.Auch seien gemäß einem landesintern verabredetenVerfahren die Vergabeämter bei Ressortbaumaßnahmen nicht zu beteiligen.

Der Rechnungshof hält den Vertrauensvorschuss gegenüber dem Projektsteuerer für nicht nachvollziehbar. Da sich das Ministerium an keiner Submission beteiligte, beruhen seine Angaben über manipulationssichere Vergaben lediglich auf den Ausführungen des Projektsteuerers.

Der Rechnungshof bleibt bei seiner Auffassung, dass die Bauleistungen nicht entsprechend den Vorgaben der Landesregierung zur Verhinderung von Korruption vergeben wurden.Er empfiehlt,künftig Eröffnungstermin,Durchsicht und rechnerische Prüfung der Angebote beim zuständigen Vergabeamt durchführen zu lassen.

Prämien für den Projektsteuerer

Das Ministerium beauftragte am 31. Mai 2000 als Anlage zum Vertrag mit dem Projektsteuerer vom 24. Juni 1998 die garantierte Einhaltung der Gesamtkosten in Höhe von 13.193.054 c (25.803.370 DM). Zu diesem Zeitpunkt waren die wesentlichen Gewerke bereits vergeben (75 v. H. der Bauwerkskosten). In den Gesamtkosten waren nach der Haushaltsunterlage ­ Bau ­ 395.024 c (772.600 DM) für Unvorhergesehenes veranschlagt.

Für die Einhaltung der Gesamtkosten sollte der Projektsteuerer eine zusätzlicheVergütung von 20 v.H.des Gesamthonorars in Höhe von 406.733 c (795.500 DM) erhalten.

Bei Kostenunterschreitung sollten ihm weitere 10 v. H. der eingesparten Investitionskosten zustehen. Bei Überschreitung der Kosten sollte der Projektsteuerer für bis zu 10 v. H. seines Gesamthonorars haften. Ausgeschlossen war dabei die Haftung für höhere Gewalt, das Baugrund- und Grundwasserrisiko sowie Folgen, bei denen die Vertragserfüllung des Projektsteuerers verhindert wird. Bei Einhaltung der Gesamtkosten stehen dem Projektsteuerer somit 81.347 c (159.100 DM) und bei Nichtbeanspruchung des Betrags für Unvorhergesehenes weitere 39.502 c (77.260 DM) zu.

Der Rechnungshof hat darauf hingewiesen, dass das Ministerium die Einhaltung der festgelegten Gesamtkosten als vertragliche Leistung klar vorgegeben hatte. Es hätte daher keiner weiteren Vergütung bei Erfüllung des Vertragsziels bedurft.Im Übrigen wurde der Zusatzvertrag zu einem Zeitpunkt vereinbart, zu dem die Kostenentwicklung überschaubar und Unvorhergesehenes so gut wie ausgeschlossen war.

Auch wenn das Ministerium schon bei früheren Prüfungen das Prämiensystem und den Anreiz für den Projektsteuerer zur Einhaltung des Kostendeckels für bewährt hielt, hätte zumindest die Prämie von 81.357 c (159.100 DM) eingespart werden können. Nach Auffassung des Rechnungshofs ist ein Projektsteuerer bereits wegen seines Interesses an weiteren Aufträgen bestrebt, seinen Vertrag zur vollsten Zufriedenheit des Auftraggebers zu erfüllen.

Zu Nr. 20.2 Prämien für den Projektsteuerer

Die Landesregierung nimmt die Bemerkung zur Kenntnis. Von Seiten des Ressorts wird auf folgende Punkte ausdrücklich hingewiesen:

Die Übernahme der Kostengarantie schreibt der im Juni 1998 geschlossene Projektsteuerungsvertrag (gem. § 2 Ziff. 2.6.2.4) optional fest. Die spätere Unterzeichnung des dem Projektsteuerungsvertrag als Vertragsanlage III beigefügten Zusatzvertrags

­ ohne Vornahme einer materiellrechtlichen Änderung, insbesondere der festgeschriebenen Kosten ­ war ein rein formeller Akt. Insofern hat der Projektsteuerer entgegen den Ausführungen des Rechnungshofs nicht erst zu einem Zeitpunkt die Kostengarantie übernommen, „zu dem die Kostentwicklung überschaubar und Unvorhergesehenes so gut wie ausgeschlossen war".

Der Vereinbarung einer Prämie bei Einhaltung der Kosten steht die Vereinbarung einer „Haftung" für den Fall der Überschreitung der Kosten insofern gegenüber, als der Projektsteuerer in diesem Fall in einem Umfang bis max. 10 v.H. des Gesamthonorars, d.h. bis max. rund 40.647 EUR (netto), zahlen muss.

Die Vereinbarung eines zusätzlichen Honorars bei Einhaltung der Gesamtkosten und Vereinbarung einer Haftungsregelung für den Fall der Überschreitung der Gesamtkosten verstärkt den Anreiz für den Projektsteuerer, das Budget einzuhalten in erheblichem Maße. Dies wird durch den Erfolg des Projekts

­ Einhaltung des Budgets bei einer Unterschreitung der Kostenrichtwerte des Bundes ohne Funktionsund Qualitätseinbußen ­ bestätigt.

Darüber hinaus unterlag die Baumaßnahme besonders schwierigen Rahmenbedingungen, da im Bemerkungen des Rechnungshofs Stellungnahme der Landesregierung

Das Ministerium hat an seiner Ansicht festgehalten, dass Prämien als Anreiz zur Einhaltung des Kostendeckels erforderlich und bewährt seien. Die kostenfreie Mitwirkung des Projektsteuerers bei Vertragsverhandlungen des Ministeriums im Rahmen der Baumaßnahme und der hohe Einsatz bei der Herstellung der genehmigungsfähigen Planung würden die Berechtigung derartiger Vereinbarungen belegen.

Zudem habe der Projektsteuerer in Höhe seiner Prämie einen Teil des Risikos getragen. Die Veranschlagung eines Betrages für Unvorhergesehenes sei vor dem Hintergrund der Mehrwertsteuererhöhung geschehen.

Der Rechnungshof hält den Honorarzuschlag von 20 v. H. für das bloße Erreichen eines vereinbarten Vertragsziels nach wie vor für nicht angemessen. Nach seiner Auffassung stellt der Zuschlag eine verschleierte Honorarerhöhung dar.

Er empfiehlt, künftig keine derartigen Prämien mehr zu vereinbaren.

Zu Nr. 20.3 Kostenrahmen und Kostendaten

Zu Nr. 20.3.1

Bzgl. der vom Bund nach dem HBFG mitfinanzierten Baunebenkosten wird darauf hingewiesen, dass im Rahmen des 15-prozentigen Anteils des Bundes keine Bauherrenaufgaben mitfinanziert werden (Kostengruppe 710 DIN 276). Im Einzelnen sind dies die Kosten der Projektleitung, der Projektsteuerung, der Betriebs- und Organisationsberatung und der Sonstigen Bauherrenaufgaben (z.B. Baubetreuung). Diese Festlegung betrifft gleichermaßen auch Maßnahmen der Staatsbauverwaltung.

Die Ausführungen des Rechnungshofs implizieren, dass durch Reduzierung von Planungs- und Ausführungsstandards (u.a. Planung als rechteckiges, zweihüftiges Gebäude mit Teilunterkellerung und Reduzierung des Verkehrsflächenanteils auf ein Mindestmaß) Kosten gespart wurden, ohne Funktionsgerechtigkeit und Qualität der Maßnahme zu beeinträchtigen. Diese Feststellung des Rechnungshofs wird vom Ressort ausdrücklich begrüßt.

Nicht erwähnt hat der Rechnungshof in seinen Bemerkungen die vom Ressort beschriebene außergewöhnliche Nutzerzufriedenheit mit dem Bauwerk.

Wie der Rechnungshof in den Prüfungsmitteilungen vom 18.02.2002 ausdrücklich festgestellt hat, zeigten alle Beteiligten ein hohes Maß an Kooperationsbereitschaft und Selbstdisziplin, was sich insbesondere auf Kosten und Baufristen günstig auswirkte. Des Weiteren führte er aus, dass die umfassende Einbeziehung des Nutzers in die Planungen bei diesem ein verstärktes Kostenbewusstsein und eine KostenmitBemerkungen des Rechnungshofs Stellungnahme der Landesregierung Abbildung 20-2: Gebäudeansicht Gegensatz zu anderen Bauprojekten des Landes, bei denen das Land Grundstückseigentümer ist, schwierige Vertragsverhandlungen bzgl. der Erweiterung des bestehenden Erbbaurechts zu führen waren. Die eigentumsrechtliche Konstruktion hatte bei der Planung und Ausführung der Baumaßnahme z.T. aufwendige Abstimmungsprozesse mit der Grundstückseigentümerin (z.B. Zufahrts- und Erschließungssituation sowie Altlastenthematik) und der Stadt Wiesbaden (Schaffung einer genehmigungsfähigen Planung innerhalb der Vorgaben des Bebauungsplans, insbesondere Gebäudehöhe bei einer Minimierung des Erbbaurechtsareals und Parkplatzthematik) zur Folge. Angesichts der kostenfreien Mitwirkung des Projektsteuerers im Rahmen dieser komplexen Abstimmungsprozesse hält das Ressort auch vor diesem Hintergrund die Vereinbarung der Prämie für gerechtfertigt.

Kostenrahmen und Kostendaten

Die Projektsteuerung, Planung und Bauüberwachung durch Freischaffende führte im Vergleich zu Maßnahmen der Bauverwaltung zu höheren Baunebenkosten in Höhe von 2.102.432 c (4.112.000 DM), das entspricht 23,71 v. H. der Kostengruppen 200 bis 500 (Erschließen, Baukonstruktionen,Technische Anlagen,Außenanlagen).

Der vorgegebene Kostenrahmen lag rd.13 v.H.unter den als Kostenrichtwert im 30. Rahmenplan für den Hochschulbau vorgegebenen Gesamtbaukosten. Die Richtwerte des 30.

Rahmenplans galten für Kosten,die nach dem 1.Januar 1997 anfielen. Baubeginn der Neubaumaßnahme war der 14. Februar 2000. Um diesen Kostenrahmen trotz der erhöhten Baunebenkosten einhalten zu können, wurden die Planungs- und Ausführungsstandards reduziert.

Beispielhaft für wirtschaftliche und kostenreduzierende Lösungen ist die Planung eines rechteckigen, zweihüftigen Gebäudes mit Teilunterkellerung.