Gerichtsvollzieherwesen privatisieren - Berufsbild stärken und Rechtsdurchsetzung beschleunigen

Der Landtag fordert die Landesregierung auf, alle notwendigen Schritte einzuleiten, um das Gerichtsvollzieherwesen im verfassungsrechtlich zulässigen Rahmen nach Maßgabe der folgenden Leitlinien zu reformieren und in eine freiberufliche Tätigkeit zu überführen:

1. Der freiberufliche Gerichtsvollzieher wird in Zukunft mit hoheitlichen Aufgaben beliehen.

2. Die freiberuflichen Gerichtsvollzieher finanzieren sich aus den Gebühren, die sie für ihre Tätigkeit einnehmen.

3. Die Gebühren sind nach Maßgabe des Verursacherprinzips sowie des Äquivalenzgrundsatzes so neu zu bemessen, dass sie alle anfallenden Kosten auch tatsächlich decken. Im Zwangsvollstreckungsbereich sollen die Gebühren ebenfalls erhöht werden.

4. Die freiberuflichen Gerichtsvollzieher haben einen Amtsbezirk. Die Ausübung ihrer Tätigkeit wird auf diesen Bezirk beschränkt. Für berechtigte Interessen sind Ausnahmen zuzulassen. Ein berechtigtes Interesse ist in jedem Fall anzunehmen, wenn die zuständigen freiberuflichen Gerichtsvollzieher die begehrte Maßnahme nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraumes zusagen können.

5. Die Bestellung für einen Amtsbezirk wirkt nicht exklusiv, schließt also die Bestellung weiterer Gerichtsvollzieher nicht aus.

6. Für die Anwendung von unmittelbarem Zwang (vgl. § 758 Abs. 2, 3 ZPO) ersucht der freiberufliche Gerichtsvollzieher die Polizeibehörden um Amtshilfe. Die Kosten der Amtshilfe trägt der Schuldner.

7. Freiberufliche Gerichtsvollzieher müssen eine Berufshaftpflichtversicherung unterhalten, die mögliche Schäden, die sich aus Ihrer Tätigkeit ergeben können, deckt. Staatshaftung besteht nicht.

8. Es ist zu prüfen, ob Gerichtsvollziehern über die bisher geltenden Aufgaben hinaus zu gestatten ist,

a) nicht nur in Mobilien, sondern auch in Forderungen und sonstigen Vermögensgegenständen zu vollstrecken,

b) Insolvenzverwalter zu sein (§ 57 InsO, Wahl eines Insolvenzverwalters durch die Gläubigerversammlung), bleibt unberührt,

c) Inkasso zu betreiben,

d) Beweissicherungen durchzuführen.

9. Um das Berufsbild attraktiver zu gestalten und den Aufgabenbereich noch stärker sinnvoll erweitern zu können, wird ein Studiengang zum Eingegangen am 6. November 2003.

Diplom-Gerichtsvollzieher (FH) eingeführt. Als Gerichtsvollzieher zuzulassen sind auch Personen, die nachweisen können, die notwendigen Kenntnisse anderweitig erworben zu haben.

10. Sinnvolle Übergangsregelungen sind in enger Abstimmung mit den Berufsangehörigen zu gestalten.

Begründung:

Das grundlegende Prinzip Gerechtigkeit, aber auch ein moderner Wirtschaftsstandort erfordern ein effektives, auf Leistungswettbewerb beruhendes System, um Ansprüche qualitativ hochwertig auf Grundlage des geltenden Vollstreckungsrechts durchzusetzen. Ein Rechtssystem, in dem Recht nicht nur abstrakt besteht, sondern auch durchgesetzt werden kann, braucht funktionierende Vollstreckungsorgane, die für die Bürger in akzeptabler Zeit Ergebnisse zeigen. Die Gerichtsvollzieher in Hessen legen hierbei große Belastbarkeit an den Tag. Allerdings ist ihnen die seit mehreren Jahren festzustellende Überlastung von über 150 v.H. nicht länger zuzumuten. Wartezeiten für Gläubiger verlängern sich und führen gehäuft zu Beschwerden.

Gerade in der aktuellen konjunkturellen Situation ist es aber für kleine und mittlere Unternehmen bisweilen überlebensnotwendig, eigene Forderungen besonders zügig realisieren zu können, um nicht selbst in Liquiditätsengpässe zu geraten.

Die im bisherigen System des Gerichtsvollzieherwesens notwendigen Personaleinstellungen sind aufgrund der Haushaltslage des Landes nicht zu erwarten. Ordnungspolitisch ist es außerdem falsch, dass die Kosten der Zwangsvollstreckung über die zurzeit geltende Gebührenstaffel nicht vollständig auf die Verursacher umgelegt werden. Das soll geändert werden.