Verbindlicher Rahmen für Bildungsziele in hessischen Kindergärten

Der Landtag wolle beschließen:

1. Die Landesregierung wird aufgefordert, bis zum Ende dieses Jahres einen verbindlichen Rahmen für die Bildungsziele in den hessischen Kindergärten vorzulegen, der den durch das Kinder- und Jugendhilfegesetz sowie das Hessische Kindergartengesetz vorgegebenen Bildungsauftrag der Kindergärten konkretisiert und an die aktuellen Erkenntnisse von Forschung und Wissenschaft anpasst.

Dieser Rahmen für Bildungsziele soll ein zukunftsfähiges Handlungskonzept für die Bildungsarbeit im Kindergarten darstellen. Es müssen die Ziele von Bildung und Erziehung definiert werden. Der Bildungsplan soll insbesondere die Vermittlung von Basiskompetenzen im sprachlich-kommunikativen, logisch-mathematischen, technischen, musikalischen, motorischen, ästhetischen, personalen und sozialen Bereich zum Gegenstand haben. Es ist ein Rahmen zu schaffen, der Regeln, aber auch Handlungsspielräume für den individuellen Bildungsprozess des Kindes bietet.

2. Mit den Eltern ist eine Erziehungs- und Bildungspartnerschaft zu schließen, die die Grundlage für eine auf Dauer angelegte konstruktive Bildungs- und Erziehungsarbeit mit dem Kind darstellt.

3. Es sind Methoden der Evaluation für die Bildungsarbeit im Kindergarten zu implementieren, die die Qualitätsentwicklung und Qualitätskontrolle sicherstellen.

4. Die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern, die in der Verordnung über die Ausbildung und die Prüfungen an den Fachschulen für Sozialpädagogik festgelegt ist, muss entsprechend an die neuen Anforderungen in Zusammenhang mit der Umsetzung des verbindlichen Rahmens für Bildungsziele angepasst werden.

5. Darüber hinaus soll die von der FDP-Fraktion im Hessischen Landtag in der vergangenen Legislaturperiode vorgeschlagene Einführung der Kinderschule bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode umgesetzt werden, und zwar mit dem Ziel, die Kinder mit individuellen und gezielten Fördermaßnahmen dazu zu befähigen, dem Unterricht in der Grundschule von Anfang an folgen und ihn aktiv mitgestalten zu können.

Begründung:

Nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz sollen Kindergärten die Entwicklung des Kindes "zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit" fördern. Die Aufgabe umfasst "die Betreuung, Bildung und Erziehung des Kindes".

Das Hessische Kindergartengesetz bestimmt dazu Folgendes: "Der Kindergarten hat einen eigenständigen Bildungs- und Erziehungsauftrag. Er ergänzt und unterstützt die Erziehung des Kindes in der Familie und soll die Gesamtentwicklung des Kindes durch allgemeine und gezielte erzieherische Hilfen und Bildungsangebote fördern. Seine Aufgabe ist es insbesondere, durch differenzierte Erziehungsarbeit die geistige, seelische und körperliche Entwicklung des Kindes anzuregen, seine Gemeinschaftsfähigkeit zu fördern und allen Kindern gleiche Entwicklungschancen zu geben."

Trotz dieser rechtlichen Vorgaben ist der bereits bestehende Bildungsauftrag nicht hinreichend formuliert. Tatsächlich gibt es hessenweit erhebliche Unterschiede zwischen den Kindergärten bei der Umsetzung des Bildungsauftrages. Festzustellen ist, dass diese Umsetzung im Wesentlichen vom Engagement der Leitung und der Fachkräfte abhängt. Dies führt dazu, dass Kinder in Hessen die Grundschule mit qualitativ unterschiedlichen Startchancen und Ausgangsbedingungen besuchen. Für die Herstellung gleicher Chancen aller Kinder zu Anfang ihrer Schullaufbahn ist es jedoch unerlässlich, dass alle Kinder vor Beginn der ersten Klasse auf ein definiertes Ausgangsniveau hingeführt werden.

Die PISA-Studie hat überdies gezeigt, dass gerade die Länder erfolgreich sind, die sehr früh mit der Lernförderung beginnen. Eine frühzeitige Lernförderung ist deshalb sinnvoll, weil die ersten Lebensjahre eines Kindes ideale und einmalige Voraussetzungen zum Lernen bieten. In dieser Zeit fällt es ihnen vergleichsweise leicht, die wichtigsten Grundfertigkeiten zu erlernen. Dadurch wird überdies eine hohe Motivation erreicht.

Ausgehend von den individuellen Bildungsprozessen der Kinder sollen Basiskompetenzen vermittelt werden, die das Kind dazu befähigen, sein Umfeld umfassend wahrzunehmen, die daraus resultierenden Erfahrungen gedanklich und emotional zu verarbeiten und in Zusammenhänge und Beziehungen einzuordnen. Die Erzieherinnen und Erzieher haben hier die Aufgabe, die Themen dieser Bildungsprozesse aufzugreifen, weiterzuführen, anzuregen sowie kreativ und angemessen darauf zu reagieren.

Wesentlich für das Gelingen der Bildungsarbeit ist das partnerschaftliche Zusammenwirken von Eltern und Erzieherinnen bzw. Erziehern. Erziehungs- und Bildungspartnerschaft bedeutet in diesem Kontext kontinuierlicher Informationsaustausch sowie Verständigung über die Ziele der Bildungsarbeit. Kindergarten und Eltern haben gemeinschaftlich auf diese Ziele hinzuwirken. Eltern sind in diesem Sinn nicht als Außenstehende zu verstehen, sondern sie sind als Partner gefordert.

Eine reine Kooperation zwischen Kindergarten und Grundschule hat sich als nicht ausreichend herausgestellt. Deshalb soll für alle Kinder ab fünf Jahren die Kinderschule eingeführt werden. Am Beginn der Kinderschule steht eine verbindliche Diagnose des Entwicklungsstandes, darauf basierend die Erarbeitung eines individuellen Förderplans. Mit spielerischen, zielorientierten und den Kindern angemessenen Methoden sollen das Sprach- und Zahlenverständnis gefördert und Entwicklungsdefizite gleich welcher Art so weit wie möglich behoben werden. Ziel ist, allen Kindern, die die Kinderschule besucht haben, einen unproblematischen Übergang in die Grundschule zu gewährleisten.