Genehmigungskriterien für Betriebe zur Leiterplattenfertigung

Die Fertigung von Leiterplatten ist die Grundlage für elektronische Bauteile und Anlagen. Auch in Hessen haben sich in den letzten Jahren kleine und mittlere Betriebe angesiedelt, die entsprechend den unterschiedlichen Kundenwünschen die Fertigung von Leiterplatten anbieten. Dabei werden verschiedenste Chemikalien unter anderem für die Galvanik eingesetzt, die einerseits gesundheitsgefährdend und andererseits mit einer erheblichen Geruchsbelastung verbunden sind.

Vorbemerkung des Ministers für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz:

Für Betriebe zur Leiterplattenfertigung können Anlagenzulassungen nach verschiedenen Rechtsgrundlagen - auch nebeneinander - erforderlich sein.

Das gilt insbesondere für das Immissionsschutz-, das Bauordnungs- und das Wasserrecht.

Die in Hessen betriebenen Anlagen zur Leiterplattenfertigung unterliegen aufgrund der meist geringen Anlagengröße überwiegend den baurechtlichen Anforderungen; nur wenige Anlagen bedürfen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung wird ab Erreichen eines bestimmten Wirkbadvolumens erforderlich.

Bauordnungsrechtlich bedürfen die Errichtung, (bauliche) Änderung und Nutzungsänderung von Anlagen zur Leiterplattenanfertigung nach § 54 Abs. 1 Satz 1 der Hessischen Bauordnung (HBO) vom 18. Juni 2002 (GVBl. I S. 274), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Juni 2005 (GVBl. I S. 434), grundsätzlich der Baugenehmigung, soweit nicht die Genehmigungsfreistellung nach § 56 HBO greift.

Der Genehmigungsfreistellung unterfallen neben Wohngebäuden auch "sonstige", z. B. gewerblich genutzte Gebäude der Gebäudeklassen 1 bis 3 (bis 7 m Höhe) (Abs. 1 Satz 1 Nr. 3), außer es handelt sich um Sonderbauten im Sinne des § 2 Abs. 8 HBO. Die Baugenehmigungsfreiheit steht allerdings unter den Vorbehalten des § 56 Abs. 2 HBO, die kumulativ erfüllt sein müssen (Lage im qualifiziert beplanten Bereich, Sicherung der Erschließung, Einhaltung der Anforderungen des Bebauungsplans und des Bauordnungsrechts - § 56 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 HBO). Außerdem kann die Gemeinde innerhalb einer Monatsfrist erklären, dass ein Baugenehmigungsverfahren durchgeführt werden soll, oder eine vorläufige Untersagung des Vorhabens nach § 15 Abs. 1 Satz 2 des Baugesetzbuches (BauGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 2004 (BGBl. I S. 2414), geändert durch Gesetz vom 3. Mai 2005 (BGBl. I S. 1224), beantragen (§ 56 Abs. 2 Nr. 5 HBO). Anlass für das Verlangen der Gemeinde zur Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens kann unter anderem sein, dass sie die präventive Überprüfung des Vorhabens wegen seiner immissionsschutzrechtlichen Auswirkungen für erforderlich hält. Die Erklärung der Gemeinde bedarf keiner Begründung (§ 56 Abs. 4 Satz 1 HBO).

Liegen die Voraussetzungen der Genehmigungsfreistellung nach § 56 Abs. 2 HBO nicht vor, sind Betriebe zur Leiterplattenfertigung in Gebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 3 grundsätzlich im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nach § 57 HBO zu prüfen, wenn sie keine Sonderbauten sind. Das "herkömmliche" Baugenehmigungsverfahren nach § 58 HBO erfasst dagegen vornehmlich Sonderbauten sowie Gebäude der Gebäudeklassen 4 und 5

(mehr als 7 m bis 22 m Höhe), die keine Wohngebäude sind. Sonderbauten sind Anlagen zur Leiterplattenfertigung nach dem Katalog des § 2 Abs. 8 HBO in der Regel nur in Gebäuden mit mehr als 1.600 m² BruttoGrundfläche des Geschosses mit der größten Ausdehnung (Nr. 3).

Nach § 78 Abs. 10 HBO hat die Bauherrschaft in Bezug auf die Verfahrensarten ein Wahlrecht. Fällt das Vorhaben in den Anwendungsbereich der Genehmigungsfreistellung nach § 56 HBO, kann sie die Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens - entweder des vereinfachten oder des "herkömmlichen" - verlangen; ebenso kann sie statt des vereinfachten das "herkömmliche" Baugenehmigungsverfahren wählen.

Bedarf eine Anlage zur Leiterplattenfertigung einer Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 2002 (BGBl. I S. 3830), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3407), schließt die immissionsschutzrechtliche Genehmigung die Baugenehmigung ein.

Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung wie folgt:

Frage 1. Welche Genehmigungsschritte müssen für die Ansiedlung von kleinen und mittleren Betrieben der Leiterplattenfertigung in Hessen durchlaufen werden?

Für eine Baugenehmigung muss ein Bauantrag eingereicht werden (§ 60 Abs. 1 HBO). Für den Bauantrag ist der in der Anlage 1 des Bauvorlagenerlasses vom 22. August 2002 (StAnz. S. 3432) als Nr. 1 verbindlich eingeführte Vordruck zu verwenden. Dem Bauantrag sind nach Maßgabe des Bauvorlagenerlasses alle für die Beurteilung des Vorhabens und die Bearbeitung des Bauantrages erforderlichen Bauvorlagen beizufügen (§ 60 Abs. 2 Satz 1 HBO). Bedarf die Anlage einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, entfällt aufgrund der Konzentrationswirkung nach § 13 BImSchG die Antragspflicht für die Baugenehmigung.

Im Internet ist ein Merkblatt "Was aus Sicht des Immissionsschutzes bei Bauvorhaben zu beachten ist" des Hessischen Ministeriums für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz veröffentlicht. Dieses gilt insbesondere für nicht genehmigungsbedürftige Anlagen nach dem BundesImmissionsschutzgesetz und soll Bauherren, Architekten und Entwurfsverfasser rechtzeitig vor Baubeginn über die spezifischen Anforderungen vor allem im Hinblick auf die Vermeidung und Verminderung von Luftverunreinigungen, Lärm und Erschütterungen informieren.

Das Bundes-Immissionsschutzgesetz regelt unter anderem, dass die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die aufgrund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebes in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen, einer Genehmigung bedürfen. Die Anlagen, die einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen, sind im Anhang zur Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV) aufgeführt. Anlagen zur Leiterplattenherstellung können Nr. 3.10 Spalte 1 bzw. Spalte 2 des Anhangs zur 4. BImSchV zugeordnet werden. Immissionsschutzrechtliche Genehmigungen sind jeweils ab Erreichen einer bestimmten Wirkbadgröße erforderlich. Unter Nr. 3.10 Spalte 1 fallen "Anlagen zur Oberflächenbehandlung von Metallen oder Kunststoffen durch ein elektrolytisches oder chemisches Verfahren mit einem Volumen der Wirkbäder von 30 Kubikmeter oder mehr"; Nr. 3.10 Spalte 2 unterliegen "Anlagen zur Oberflächenbehandlung von Metallen durch Beizen oder Brennen unter Verwendung von Fluss- oder Salpetersäure mit einem Volumen der Wirkbäder von 1 Kubikmeter bis weniger als 30 Kubikmeter".

Die Durchführung des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens erfolgt nach den Regelungen des § 10 (Genehmigungsverfahren) BImSchG und der Verordnung über das Genehmigungsverfahren (9. BImSchV). Handelt es sich um eine Anlage nach Spalte 1, ist das Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen.

Für die Erstellung der erforderlichen Antragsunterlagen liegen Formulare für das Genehmigungsverfahren nach dem BImSchG vor, die in Hessen per Erlass eingeführt und im Internet veröffentlicht sind.

Ferner können auch Genehmigungen aufgrund von Vorschriften aus dem Wasserrecht, beispielsweise eine Einleitererlaubnis, erforderlich sein.

Frage 2. Welche Genehmigungsbehörden sind für die erforderlichen Genehmigungen zuständig?

Zuständig für die Erteilung von Baugenehmigungen sind die unteren Bauaufsichtsbehörden, das sind kraft Gesetzes der Gemeindevorstand (Magistrat) in den kreisfreien Städten und den kreisangehörigen Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern sowie der Kreisausschuss in den Landkreisen. Darüber hinaus ist durch Rechtsverordnung vier kreisangehörigen Gemeinden mit weniger als 50.000 Einwohnern die Bauaufsicht übertragen worden (Alsfeld, Bad Hersfeld, Limburg an der Lahn, Oberursel). Zuständige Behörden für die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung sind gemäß der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz vom 11. Dezember 2002 die Regierungspräsidien.

Wasserrechtliche Genehmigungen werden von den unteren Wasserbehörden bzw. von den Regierungspräsidien erteilt.

Frage 3. Wie werden die Gefährdungspotenziale für die Umwelt und die Menschen ermittelt?

Mit der strukturellen Neuordnung des formellen Bauordnungsrechts durch die HBO 2002 ist der Umfang der bauaufsichtlichen Präventivprüfung und -überwachung zugunsten einer verstärkten Eigenverantwortlichkeit eingeschränkt worden. Im Rahmen der Genehmigungsfreistellung nach § 56 HBO finden keine präventive bauaufsichtliche Prüfung und Überwachung statt; die Einhaltung des Baurechts und sonstiger öffentlich-rechtlicher Anforderungen an das Vorhaben, insbesondere auch die Einholung danach erforderlicher Zulassungen, obliegt allein der Eigenverantwortung der Bauherrschaft.

Im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren (§ 57 HBO) wird das Bauplanungsrecht in vollem Umfang, das Bauordnungsrecht nur insoweit geprüft, als ausdrücklich Abweichungen davon beantragt wurden. Die Einhaltung anderen öffentlichen Rechts hat die Bauaufsichtsbehörde nur zu prüfen, wenn das jeweilige Fachrecht vorsieht, dass wegen der Baugenehmigung eine Entscheidung nach seinen Vorschriften entfällt oder ersetzt wird (§ 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HBO); das ist z. B. für immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 22 BImSchG) nicht der Fall.

Im "herkömmlichen" Baugenehmigungsverfahren ist öffentliches Recht

- über den Prüfbereich des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens hinaus auch zu prüfen, soweit nach den anderen fachrechtlichen Vorschriften kein Zulassungsverfahren vorgeschrieben ist, somit z. B. auch die Einhaltung des Immissionsschutzrechtes für nach § 22 BImSchG nicht genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 58 Satz 1 Nr. 3b HBO). Die untere Bauaufsichtsbehörde entscheidet in eigener Kompetenz auch über die Anforderungen anderen Fachrechts, soweit ihr dies unter Heranziehung konkretisierender Rechtsund Verwaltungsvorschriften, z. B. der TA Luft, möglich ist. Sie kann hierzu auch Sachverständige und sachverständige Stellen heranziehen (§ 53 Abs. 4 HBO). Soweit die Bauaufsichtsbehörde die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens aufgrund eigener spezifischer Sachkunde nicht beurteilen kann, hat sie die fachkundigen Stellen, wie die zuständige Immissionsschutzbehörde, anzuhören (§ 61 Abs. 1 Nr. 2 HBO). Handelt es sich um eine genehmigungsbedürftige Anlage nach BImSchG, sind nach § 4 der Verordnung über das Genehmigungsverfahren (9. BImSchV) dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrag die Unterlagen beizufügen, die zur Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen erforderlich sind. Dazu gehören unter anderem Angaben zum vorgesehenen Verfahren sowie zu Art, Menge und Beschaffenheit der Einsatzstoffe.

Abhängig vom jeweils eingesetzten Verfahren bei der Leiterplattenherstellung werden verschiedene Stoffe eingesetzt. Beispielsweise können beim Verkupfern durch den Einsatz cyanidhaltiger Verbindungen Cyanide oder beim Verzinnen Stäube, die Zinn enthalten, emittiert werden. Ferner werden bei einigen Prozessen Lösemittel eingesetzt.