Immissionsschutzgesetz

Spielräume für unterschiedliche Erhebungskonzepte zur Immissionsüberwachung sind nicht vorhanden, wenn man sich hinsichtlich der Zahl der erforderlichen Messstationen an den Mindestanforderungen orientiert. Die spezifischen Vorgaben der EG-Richtlinien haben zum Ziel, einheitliche Methoden und Kriterien zur Beurteilung der Luftschadstoffkonzentrationen vorzugeben, um eine Vergleichbarkeit der Luftqualität in den verschiedenen Mitgliedsstaaten zu erreichen.

Frage 16. Wenn die Messpunkte ausschließlich an Standorten mit hohem Verkehrsaufkommen eingerichtet wurden, hält es die Landesregierung für sinnvoll, zusätzlich zu den Messstellen mit hohem Verkehrsaufkommen auch solche in der Umgebung von anderen Hauptemittenten zu errichten?

Wie in der Antwort auf Frage 15 schon angesprochen, sind nach der 22. BImSchV sowohl die Bereiche maximaler Immissionsbelastung als auch repräsentativ die Hintergrundbelastung, der die Mehrzahl der Bevölkerung ausgesetzt ist, mit den Immissionsmessstationen zu überwachen. Von den 31

Messstationen (Stand 2004) liegen daher 18 Stationen in Städten, 9 im ländlichen Raum und 4 Stationen an Verkehrsschwerpunkten. Mit dieser Stationsanordnung wird ein repräsentativer Querschnitt über die verschiedenen Belastungsverhältnisse im Lande erfasst. Da nicht in jedem Gebiet Ballungsraum in Hessen bisher die nach Anlage 3 der 22. BImSchV erforderliche Mindestzahl für Immissionsmessstationen an Verkehrsschwerpunkten erreicht ist, werden in den Städten Fulda, Gießen, Heppenheim und Marburg derzeit noch je eine verkehrsbezogene Immissionsmessstation errichtet.

Auch wenn die Immissionsbelastung im Straßenraum aktuell das vorrangige Immissionsproblem darstellt, ist es erforderlich, die Immissionssituation in ganz Hessen zu kennen ­ auch in Bereichen mittlerer oder niedriger Immissionsbelastung. Diese Aufgabe erfüllt das Messnetz zur Immissionsüberwachung. Das Konzept, das hinter dieser Struktur des Messnetzes steht, wird sich in den nächsten Jahren nicht ändern, auch wenn es die eine oder andere Änderung bei den Stationsstandorten geben wird.

Frage 17. Wie schätzt die Landesregierung die Problematik hinsichtlich technischer Geräte und anderer Emissionen in Innenräumen ein?

Wie sind hierbei die Rechtslage und der Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse?

In etlichen Untersuchungen zeigte sich, dass nur sehr schwache Zusammenhänge zwischen den Feinstaubkonzentrationen in der Außenluft und dem Innenraum bestehen. Dabei unterscheidet sich die Feinstaubbelastung in der Innenraumluft nicht nur in ihrer Höhe, sondern auch in ihrer Zusammensetzung oftmals stark von derjenigen in der Außenluft. Jedoch vermag auch ein Teil der Partikel der Außenluft etwa beim Lüften oder durch Lüftungsspalten, besonders an verkehrsreichen Straßen, in den Innenraum einzudringen.

Veröffentlichungen durch das Landesgesundheitsamt in Baden-Württemberg zu Feinstaubpartikelexpositionen (PM10 und PM2,5) von Kindern ergaben, dass in der Innenraumluft im Vergleich zur Außenluft teilweise deutlich höhere Feinstaub-Konzentrationen vorherrschen und dass zwischen Außenund Innenraumbelastung ein eindeutiger Zusammenhang nicht besteht. Als bedeutsame Quellen für Feinstaubbelastungen im Innenraum zählen neben raumklimatischen Bedingungen die räumlichen Ausstattungen und Aktivitäten wie etwa Staubsaugen, Rauchen, Kochen, Backen und der Gebrauch von offenen Kaminen oder Öfen. Insbesondere Rauchen führt zu erheblichen Feinstaubbelastungen in Innenräumen. So wurde bei Erhebungen in Wohnungen von Rauchern in verschiedenen Städten Europas eine etwa doppelt so hohe Feinstaubkonzentration an PM2,5-Partikeln ermittelt wie in Nichtraucher-Wohnungen.

Gesetzliche Regelungen zu Feinstaub-Belastungen in Innenräumen liegen derzeit nicht vor (ausgenommen sind hier die gesetzlichen Vorgaben am Arbeitsplatz). Zwar ist für die Außenluft die Zusammensetzung der Feinstaub-Immissionen recht gut untersucht, jedoch bestehen für den Innenraum mit seinen zusätzlichen Quellen noch erhebliche Erkenntnislücken.

Folglich lassen sich die gesundheitlichen Wirkungen, die in Zusammenhang mit einer Feinstaub-Exposition in der Außenluft vorkommen, auf eine Feinstaubexposition in der Innenraumluft nicht unmittelbar übertragen und damit auch für eine Beurteilung des gesundheitlichen Risikos im Allgemeinen nicht heranziehen. Hierfür besteht weiterer Forschungsbedarf. Aus den vorgenannten und weiteren Gründen schließen sich eine Anwendung und Übertragung der Grenzwertregelungen für Feinstaubpartikel in der 22. Bun8 des-Immissionsschutzverordnung auf das Expositionsszenarium Innenraumluft aus.

In Zusammenhang mit sich häufenden Berichten über erhöhte Staubbelastungen in Schulgebäuden hatte bereits im Jahr 2000 die Kommission für Innenraumhygiene des Umweltbundesamts einen "Leitfaden für die Innenraumlufthygiene in Schulgebäuden" herausgegeben. In diesem Leitfaden werden die erforderlichen und hygienischen Anforderungen an die Raumluftqualität

- die besonders auch die Belastungen aus unterschiedlichsten Quellen durch Stäube einschließt - beschrieben sowie die Notwendigkeit und der Umfang von Reinigungsmaßnahmen in Schulgebäuden begründet. Diese Empfehlungen haben bis heute ihre Gültigkeit.

In der öffentlichen Diskussion werden Tonerstäube von Druck- und Kopiergeräten immer wieder mit möglichen gesundheitlichen Wirkungen in Verbindung gebracht. Gerade in diesem Zusammenhang erhielt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) seit dem Jahr 2000 bis heute insgesamt 72 ärztliche Meldungen nach § 16e ChemG (Gesetz zum Schutz vor gefährlichen Stoffen Chemikalien-Gesetz). Nicht nur bei Druck- und Kopiervorgängen, sondern auch beim Tonernachfüllen oder beim Reinigen der Geräte können Feinstaubpartikel freigesetzt und in die Innenraumluft abgegeben werden. Gesundheitliche Beschwerden, die im Zusammenhang mit der Nutzung von Laserdruckern und Kopierern genannt werden, betreffen Symptome wie allergische Reaktionen, laufende Nase, Bindehaut- und Rachenschleimhautreizungen sowie asthmaähnlicher Husten. Derzeit bestehen keine wissenschaftlichen Untersuchungen, die eine ausreichende gesundheitliche Risikobewertung dieser Emissionen aus Bürogeräten erlauben. Um die gesundheitliche Relevanz dieser Immissionsbelastung beurteilen zu können, wurde kürzlich eine wissenschaftliche Studie vom BfR an das Institut für Innenraum- und Umwelttoxikologie der Universität Gießen (Leitung Professor Dr. Mersch-Sundermann) vergeben.

Ergebnisse liegen hierzu noch nicht vor.

Aus der Sicht des Arbeitsschutzes ist festzustellen, dass in gewerblichen Arbeitsstätten Stäube beim Umgang mit staubenden oder staubförmigen Produkten freigesetzt oder beim Umgang, wie z. B. bei mechanischer Bearbeitung, entstehen. Solche Arbeitsplätze bestehen praktisch in allen Industriezweigen und Branchen, zu nennen sind z. B. Bauindustrie, Bergbau, Naturstein-, Kies-, Sand-, Kalk-, Gipsindustrie, keramische und Glasindustrie, Gießereiindustrie.

Bereiche/Branchen, bei denen die Stäube häufig oder überwiegend erst durch den Umgang entstehen, sind: Holz- und Kunststoffindustrie sowie Handwerk, Textilindustrie, Papierindustrie und die Tätigkeiten Mahlen, mechanische Bearbeitung, Abbrucharbeiten u.a. Bei Arbeiten in diesen Branchen treten Staubexpositionen im Wesentlichen in Innenräumen auf.

Jeder Staub in der Atemluft, der in den Atemtrakt gelangen kann, wird laut DIN EN 481 als "Einatembarer Staub" (E-Staub) bezeichnet. Der Anteil des Staubes, der bis in die Alveolen vordringen kann, wird als "Alveolengängiger Staub" (A-Staub) bezeichnet.

Zur Bewertung von Staubexpositionen am Arbeitsplatz sind die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit veröffentlichten Technischen Regeln für Gefahrstoffe - TRGS 900 -, "Grenzwerte in der Luft am Arbeitsplatz - Luftgrenzwerte", zu beachten, insbesondere die "Allgemeinen Staubgrenzwerte". Sie basieren auf umfangreichen toxikologischen Untersuchungen. Gleichzeitig wird die nach dem heutigen Stand der Staubschutztechnik mögliche Einhaltung der Grenzwerte berücksichtigt. Darüber hinaus sind in weiteren technischen Regeln Schutzmaßnahmen festgelegt, die zur Vermeidung von Staubexpositionen an Arbeitsplätzen herangezogen werden müssen.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Maßnahmen zu treffen, um die Gefährdung durch chemische und biologische Arbeitsstoffe am Arbeitsplatz zu vermeiden oder so gering wie möglich zu halten. Zur Begrenzung der Exposition gibt es oftmals mehrere Möglichkeiten, die von einer grundlegenden Änderung der Arbeitsverfahren bis hin zur Bereitstellung persönlicher Schutzausrüstungen reichen.

Die Arbeitsschutzverwaltung überprüfte im Rahmen von allgemeinen und anlassbezogenen Revisionen staubexponierte Arbeitsplätze. Darüber hinaus wurden Schwerpunktaktionen in unterschiedlichen Branchen mit relevanten

Staubexpositionen wie Bäckereien, Mühlen und an Schweiß- und Brennarbeitsplätzen durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass die bis zur Novellierung der Gefahrstoff-Verordnung zum Jahresbeginn 2005 gültigen Grenzwerte für toxische Feinstäube sowie für den allgemeinen Staubgrenzwert in den überprüften Betrieben im Wesentlichen eingehalten wurden.

Sofern an den überprüften Arbeitsplätzen der Grenzwert für A-Staub überschritten war, wurden die Arbeitgeber aufgefordert, die entsprechenden Schutzmaßnahmen zu treffen. Maßstab für die Durchführung von Maßnahmen ist dabei der Stand der Technik, der als der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen gilt. Zu nennen sind hierfür insbesondere: Einführung technischer bzw. verfahrenstechnischer Maßnahmen wie staubarme Bearbeitungsverfahren, beispielsweise die Anwendung von Nachrüstsätzen für Holzbearbeitungsmaschinen gemäß den Technischen Regeln für Gefahrstoffe - TRGS 553 -, "Holzstaub", oder der Einsatz von Partikelfiltern bei dieselmotorgetriebenen Fahrzeugen in Innenräumen, gemäß den Technischen Regeln für Gefahrstoffe - TRGS 554 -, "Dieselmotoremissionen (DME)", Einhausung und Kapselung staubemittierender Anlagen, Installation punktuell wirkender Absaugungen mit nachfolgender Filterung sowie die Verbesserung von Lüftungsmaßnahmen, organisatorische Maßnahmen wie zeitliche Aufenthaltsbeschränkungen sowie der Einsatz von personenbezogenen Schutzmaßnahmen wie Schutzkleidung und filtrierender Atemschutz.

Frage 18. Wer ist letztlich Adressat der EU-Verordnung und wie ist die Zuständigkeit bezüglich Messung, Analyse und Maßnahmenergreifung zwischen Bund, Ländern und Kommunen geregelt?

Die EG-Luftqualitätsrichtlinien wurden/werden durch den BundesGesetzgeber zunächst in nationales Recht, in diesem Fall im Rahmen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) sowie der 22. und 23. Verordnung zum BImSchG umgesetzt. Der Vollzug erfolgt durch die Länderbehörden in eigener Kompetenz (Art. 83 Grundgesetz), die es den Ländern erlaubt, die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren durch Rechtsvorschriften zu regeln, soweit nicht der Bund mit Zustimmung des Bundesrats Vollzugsregelungen für Länderbehörden getroffen hat. Mit Zuständigkeitsverordnung vom 11. Dezember 2002 wurde nach § 5 Abs. 2 das für den Immissionsschutz zuständige Ministerium (hier Hessisches Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz) als zuständige Behörde für die Aufstellung von Plänen nach § 47 Abs. 1 bis 3 des BundesImmissionsschutzgesetzes - Luftreinhalte- und Aktionsplänen - festgelegt. Die Zuständigkeit für die Überwachung der Luftqualität nach § 44 Abs. 1 BImSchG sowie die Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Luftqualität, insbesondere bei der Überschreitung von Alarmschwellen nach § 46a BImSchG liegt bei dem Hessischen Landesamt für Umwelt und Geologie.

Die Festlegung von Maßnahmen innerhalb von Luftreinhalte- und/oder Aktionsplänen kann nur im Einvernehmen mit den entsprechenden Kommunen erfolgen, da Maßnahmen auf die jeweiligen Verhältnisse vor Ort abgestimmt sein müssen. Maßnahmen im Straßenverkehr müssen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festgelegt werden. Die Umsetzung der festgelegten Maßnahmen ist durch die zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung durchzusetzen (§ 47 Abs. 6 BImSchG). Frage 19. Mit welchen Konsequenzen vonseiten der EU ist realistischerweise bei Nichtbeachtung der VO zu rechnen?

Für den Fall einer unzureichenden Umsetzung der europäischen Luftqualitäts-Rahmenrichtlinie (96/62/EG) und ihrer Tochterrichtlinien (1999/30/EG, 2000/69/EG, 2002/3/EG und 2004/107/EG) im Verantwortungsbereich der Bundesländer kann die EU-Kommission im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens Klage erheben mit der Möglichkeit der Verhängung einer Geldbuße bei Zuwiderhandlung. Adressat dieser Klage wäre der Mitgliedstaat Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundesregierung.

Frage 20. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung bisher ergriffen, um das Aufkommen von Feinstäuben zu reduzieren, und inwieweit wurden vonseiten der Bundesregierung Maßnahmen ergriffen, die Voraussetzung für ein wirkungsvolles Handeln von Ländern und Kommunen sind?

Etwa bis zum Jahr 2000 war hessenweit eine kontinuierliche Abnahme der Feinstaubbelastung festzustellen.