Geplante Einleitung von Salzlauge durch die Kali & Salz AG

Die Firma Kali & Salz AG plant über eine 63 km lange Rohrleitung vom Kaliwerk Neuhof bei Fulda die Einleitung von 500.000 Kubikmetern Salzlauge pro Jahr in die Ulster bzw. in die thüringische Werra.

Vorbemerkung des Ministers für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz:

Die Firma K+S KALI GmbH plant den Bau und Betrieb einer Salzabwasserleitung von Neuhof nach Philippsthal, um die durch die Halde Neuhof anfallenden salzigen Niederschlagswässer, die unabhängig vom Betrieb der Fabrik sind, zu entsorgen. Im Werk Werra entsteht jährlich aus der Herstellung von Kalium- und Magnesiumprodukten sowie von den Halden eine Salzabwassermenge von etwa 14 Mio. m. Diese wird jeweils etwa zur Hälfte im Plattendolomit versenkt und in die Werra eingeleitet. Vom Standort Neuhof-Ellers sollen zusätzlich rund. 0,5 bis 0,7 Mio. m³/a herangeführt und in die Werra eingeleitet werde. Die Einleitung erfolgt unter Einhaltung der festgesetzten Grenzwerte von 2.500 mg/l Chlorid und 90° dH für die Gesamthärte am Pegel Gerstungen.Durch erhebliche Investitionen nach dem Fall der innerdeutschen Grenze konnte die Chloridkonzentration von rund 30.000 mg/l in der Werra auf maximal 2.500 mg/l drastisch reduziert werden. Insbesondere die Einführung einer Salzlaststeuerung im Jahr 1999 gewährleistet die Einhaltung der Grenzwerte und zeigt deutlich die Verbesserung der Wasserqualität seit 1999 (siehe Anlage).

Sämtliche Einleitungen der beiden hessischen Standorte Hattorf und Wintershall liegen auf hessischem Gebiet. Eine Einleitung von Salzabwasser des Standortes Hattorf in die Ulster erfolgt ab Dezember 2006 nicht mehr.

Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Frage 1. Wie ist der aktuelle Sachstand zu oben genanntem Vorhaben?

Für den Bau der Leitung von Neuhof an die Werra ist ein bergrechtliches Verfahren notwendig. Die Firma K+S KALI GmbH hat ihr Vorhaben dem Regierungspräsidium Kassel als zuständiger Bergbehörde mitgeteilt. Diese hat hierfür einen Rahmenbetriebsplan verlangt, der nach den Vorschriften des Bundesberggesetzes einer Planfeststellung und Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf. Gegenstand, Umfang und Methoden der Umweltverträglichkeitsprüfung wurden mit der Antragstellerin, den Trägern öffentlicher Belange und den anerkannten Naturschutzverbänden am 1. Februar 2006 in einem so genannten Scoping-Termin besprochen. Derzeit erstellt die Antragstellerin die Rahmenbetriebsplanunterlagen und die Umweltverträglichkeitsuntersuchung.

Frage 2. Welche Folgen wird die Einleitung in die Gewässer haben und wie bewertet die Landesregierung diese im Hinblick auf das Verschlechterungsverbot der EUWasserrahmenrichtlinie?

Die Einleitung erfolgt im Rahmen der bestehenden Grenzwerte am Pegel Gerstungen (2.500 mg/l Chlorid, 90° dH). Es tritt keine Verschlechterung gegenüber dem jetzigen Zustand ein. Es ist im Gegenteil mit einer weiteren Vergleichmäßigung der Chloridkonzentration zu rechnen, die für die Entwicklung des Ökosystems wesentlich günstiger ist als starke Schwankungen der Wasserzusammensetzung.

Frage 3. Welche technischen Alternativen gibt es, die eine Einleitung überflüssig machen könnten?

Zurzeit werden folgende technischen Alternativen diskutiert:

- Flutung der Grubenbaue,

- Eindampfen,

- Versenkung in den Untergrund,

- Haldenabdeckung, Haldenbegrünung.

Frage 4. Welche Alternativen wurden mit welchem Ergebnis überprüft?

Im Planfeststellungsverfahren für die Westerweiterung der Rückstandshalde Neuhof vom April 2003 wurden die Auswirkungen der Salzaufhaldung auf die Umwelt und anschließend die Umweltauswirkungen unter Berücksichtigung der Vermeidungs-, Verminderungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen untersucht und dargestellt. Dabei wurden folgende Ergebnisse festgestellt: Flutung der Grubenbaue:

Im Werk Neuhof-Ellers wird das Rohsalz im versatzlosen KammerPfeilerbau abgebaut. Beim Einbringen des Salzabwassers in die Grube würden die Stützpfeiler durch die Lauge angelöst. Die Standsicherheit des Grubenbaues ist dadurch gefährdet und es wird mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Bergschäden kommen (partieller Einsturz der Grube mit Setzungen, die sich bis an die Erdoberfläche auswirken können). Außerdem reicht das Volumen der Grubenhohlräume nicht aus, um das gesamte Salzabwasser auf Dauer zu entsorgen. Eine Flutung wäre zudem erst nach Stilllegung des Werkes möglich.

Eindampfen:

In Vakuumverdampfern würde die Trennung des Salzabwassers in festes Salz und Süßwasser erfolgen. Das Verfahren ist sehr energieaufwe ndig und mit CO2-Emissionen verbunden.

Versenkung:

Im Werk Neuhof-Ellers wird das anfallende Salzabwasser zurzeit überwiegend in den Plattendolomit (geologische Formation in rund 450 m Tiefe) versenkt. Die Aufnahmemöglichkeit des Plattendolomits ist begrenzt und im Raum Neuhof weitgehend ausgeschöpft. Über zahlreiche Erkundungsbohrungen konnte kein zusätzlicher Versenkraum in der Nähe des Standortes Neuhof-Ellers erschlossen werden.

Haldenabdeckung:

Eine Haldenabdeckung würde je nach technischer Ausführung zu einer deutlichen Reduzierung des Salzabwassers führen. Bis zur Fertigstellung einer Erdabdeckung würden aber mehrere Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte benötigt, sofern überhaupt Abdeckmaterial in der erforderlichen Menge (rund 100 Mio. m³) zur Verfügung steht. Der noch vorhandene geringe Versenkraum reicht nicht aus, um die während der Realisierungsphase anfallenden Salzabwässer aufzunehmen. Zurzeit werden Forschungsvorhaben zu einer Abdeckung im Dünnschichtverfahren durchgeführt. Hierbei wird ein Gemisch aus Erdaushub und Aschen eingesetzt. Der Material- und Flächenverbrauch ist geringer als bei einer reinen Erdaufschüttung. Zur Verfügbarkeit der Materialien und der Salzabwasserbeseitigung während der Bauphase gilt das vorgenannte. Andere Verfahren, wie z. B. eine Abdeckung mittels Geotextil/Folie sind bei der Größe der Halde mit rund 100 Mio. m³ Rückstand noch nicht Stand der Technik. Eine Direktbegrünung von Steinsalzhalden ist nach jahrelang durchgeführten Versuchen vor Ort nicht möglich.

Abhängig vom Stand der Erkenntnisse über die Realisierbarkeit von Haldenabdeckungen bleibt es der Planfeststellungsbehörde aber vorbehalten, nachträglich Maßnahmen zur Haldenabdeckung zu fordern.

Frage 5. Welche Ergebnisse haben die bisher durchgeführten Untersuchungen im Rahmen der Bestandsaufnahme zur Wasserrahmenrichtlinie hinsichtlich des Zustands der Werra ergeben?

Im Rahmen der Bestandsaufnahme 2004 zur Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) wurden in den hessischen WerraAbschnitten folgende Beeinträchtigungen des ökologischen Zustands festgestellt:

1. Die Gewässergüte ist auf weiten Strecken der Werra als kritisch belastet einzustufen (Gewässergüteklasse II ­ III). Die Erreichung des guten ökologischen Zustands wurde daher als unwahrscheinlich eingeschätzt.

2. Aufgrund zum Teil erheblicher hydromorphologischer Defizite bei der Gewässerstruktur wurde die Werra vorläufig als erheblich verändertes Gewässer eingestuft.

3. Neben der Chloridbelastung ist in Teilabschnitten auch wegen einer Belastung mit Sulfat (und gegebenenfalls Phosphat) der gute ökologische Zustand als unwahrscheinlich eingestuft worden.

Daher lautet für alle vier Werra-Oberflächenwasserkörper die Abschätzung des Gesamtzustandes im Rahmen der Bestandsaufnahme 2004 "Zielerreichung guter Zustand unwahrscheinlich".

Frage 6. Wie kann die Landesregierung sicherstellen, dass der von der Wasserrahmenrichtlinie vorgesehene "gute Zustand" erreicht wird?

Die Zielsetzungen der WRRL für oberirdische Gewässer sind in §§ 25a bis 25d Wasserhaushaltsgesetz (WHG) sowie § 7 Hessisches Wassergesetz (HWG) in nationales Recht übernommen. Danach sind oberirdische Gewässer so zu bewirtschaften, dass ein guter ökologischer und chemischer Zustand erhalten oder erreicht wird (§ 25a Abs. 1 mit Ziffer 2 WHG). In §§ 25b bis 25d werden Möglichkeiten eingeräumt, von diesem grundsätzlichen Ziel Ausnahmen zuzulassen. Die Umweltziele der WRRL gelten auch bei Inanspruchnahme von Ausnahmen als erreicht. In der Werra kann der gute Zustand im Rahmen der Fristen der WRRL nicht erreicht werden. Dies gilt sogar für den Fall der sofortigen Beendigung der Produktion in sämtliche hessisch-thüringischen Werken der K + S KALI GmbH; eine Maßnahme, die im Rahmen der Verhältnismäßigkeit ohnehin ausscheidet und von der WRRL auch nicht verlangt wird. Aus diesem Grund werden "weniger strenge Umweltziele" im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten angestrebt und im Rahmen des Pilotprojektes "Werra-Salzabwasser" erarbeitet. Unabhängig von der Chloridbelastung ist aufgrund der erheblichen strukturellen Defizite eine Einstufung der Wasserkörper Werra/Eschwege und Werra/Philippsthal als erheblich veränderte Wasserkörper wahrscheinlich. Für erheblich veränderte Wasserkörper ist statt des guten ökologischen Zustands ein gutes ökologisches Potential die Zielgröße.

Hinzu kommt, dass der Unterlauf der Werra auf der Strecke von der Landesgrenze Hessen/Thüringen bei Heldra bis zum Zusammenfluss mit der Fulda in Hann. Münden Bundeswasserstraße ist. Maßnahmen zur Verbesserung der Strukturgüte sind hier nur in Kooperation mit der Bundeswasserstraßenverwaltung möglich und beschränken sich im Wesentlichen auf den Ufer-Gehölzsaum.

Trotzdem unternimmt das Land Hessen Anstrengungen, um auch für diesen Gewässerabschnitt ein gutes ökologisches Potential zu erreichen.

Beispielhaft für entsprechende Maßnahmen an der Werra und Ulster seien genannt:

An sechs hessischen Wasserkraftanlagen in der Werra (zwei Anlagen in Eschwege sowie in Wanfried, Widdershausen, Lengers und Harnr ode) sind Fischaufstiegsanlagen an den Wehranlagen vorhande n. Der Bau von zwei weiteren Fischaufstiegsanlagen an den Werra-Wehren in Heringen und Bad Sooden-Allendorf ist in Planung. Damit kommt das Land Hessen dem Ziel der Durchgängigkeit der Werra im Landesgebiet wesentlich näher.

Durch die im Rahmen des Programms "Naturnahe Gewässer" in den letzten fünf Jahren gebauten Fischaufstiegsanlagen an neun Stauanlagen in der Ulster wurde die Durchgängigkeit fast vollständig hergestellt. Derzeit werden Überlegungen angestellt, dass vor Einmündung in die Werra liegende un4 terste Wehr an der "Schwupp" (Wehr eines inzwischen erloschenen alten Wiesenbewässerungsrechts) durchgängig umzugestalten z. B. in Form einer "Rauen Rampe".

Die Herstellung der Durchgängigkeit im Werragebiet wird auch Gegenstand einer Vereinbarung zwischen den Ländern Niedersachsen, Thüringen und Hessen sein. Sie beinhaltet ein abgestimmtes Vorgehen für die Errichtung von Fischaufstiegsanlagen mit dem Ziel, bis 2009 die Durchgängigkeit der Hauptwanderrouten für die ausgewählten Leitfische zu erreichen. Die Vereinbarung soll noch in diesem Sommer von den Ministern unterzeichnet werden.

Ein weiterer Aspekt zur kontinuierlichen Verbesserung der Gewässergüte der Werra sind die Einleitungen von kommunalem Abwasser. So wurden in den Neubau von Kläranlagen, Erstmalige Kanalisationen und Anschlusssammler sowie den Bau von Regenentlastungsanlagen von 2004 bis 2006 rund 24 Millionen investiert. Für die Jahre 2006 bis 2008 sind dafür weitere rund 20 Millionen vorgesehen.