Fachhochschule

Nur wenn Bürgerinnen und Bürger bereit sind, auch ehrenamtlich verantwortlich Aufgaben zu übernehmen, kann ein Gemeinwesen funktionieren.

Die Hessische Verfassung legt in Art. 25 jedermann nach Maßgabe der Gesetze die Pflicht auf, ehrenamtliche Tätigkeiten zu übernehmen und persönliche Dienste für den Staat und die Gemeinde zu leisten. Steht er in einem Dienstverhältnis, so ist ihm nach der Verfassung die dafür erforderliche Zeit zu gewähren.

Die hessische Gemeindeordnung greift diesen Schutzgedanken in § 35a auf, der vorsieht, dass Gemeindevertretern die für die Mandatsausübung erforderliche Freistellung von der Arbeit zu gewähren ist. Nach § 35a Abs. 1 Satz 4 HGO ist diese Vorschrift jedoch nur auf außerhalb des öffentlichen Dienstes beschäftigte Gemeindevertreter anwendbar. Für Bedienstete des öffentlichen Dienstes hat der Gesetzgeber in den §§ 106 Abs. 3 und 215 Abs. 2 des Hessischen Beamtengesetzes (HBG) eine entsprechende Regelung vorgesehen.

Nach § 106 Abs. 3 Satz 1 HBG ist einem Beamten zur Ausübung seiner Tätigkeit als kommunaler Mandatsträger die erforderliche Dienstbefreiung (unter Belassung der Besoldung) zu gewähren. (Siehe hierzu auch die Beantwortung der Mündlichen Frage Nr. 591.)

Diese Vorbemerkung vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit allen Ressorts wie folgt:

Frage 1. Liegen der Landesregierung Informationen darüber vor, dass kommunale Mandatsträger in zunehmendem Maße Schwierigkeiten haben, zur Wahrnehmung ihrer mandatsbedingten Tätigkeiten Arbeits- bzw. Dienstbefreiung zu erhalten?

Der Landesregierung liegen keine Informationen darüber vor, dass kommunale Mandatsträger in zunehmendem Maße Schwierigkeiten haben, zur Wahrnehmung ihrer mandatsbedingten Tätigkeiten Arbeits- oder Dienstbefreiung zu erhalten.

Frage 2. Falls ja, worin sind diese Schwierigkeiten begründet?

Entfällt, siehe Antwort auf Frage 1.

Frage 3. Gibt es insoweit eine erkennbar unterschiedliche Praxis zwischen Arbeitgebern innerhalb und solchen außerhalb des öffentlichen Dienstes?

Diese Frage lässt sich nicht beantworten, da die Praxis von Arbeitgebern außerhalb des öffentlichen Dienstes nicht bekannt ist.

Frage 4. Wie ist die Genehmigungspraxis für kommunale Mandatsträger, die in einem hessischen Ministerium beschäftigt sind?

In den hessischen Ministerien wird kommunalen Mandatsträgern auf Antrag Dienst- oder Arbeitsbefreiung nach den beamten- und tarifrechtlichen Bestimmungen gewährt (§ 106 Abs. 3 HBG, § 215 Abs. 1 i.V.m. § 106 Abs. 3 HBG).

Soweit in den Ministerien gleitende Arbeitszeit mit einer Kernarbeitszeitregelung gilt, wird Dienst- oder Arbeitsbefreiung grundsätzlich nur für den Zeitraum der Kernarbeitszeit gewährt, es sei denn, die Wahrnehmung erfordert eine ganztägige Befreiung. Bei ganztägigen mandatsbedingten Abwesenheiten wird Dienst- oder Arbeitsbefreiung in Höhe der täglichen Regelarbeitszeit gewährt.

Soweit in den Ministerien nur eine Mindestarbeitszeit von vier Stunden ohne Kernarbeitszeitregelung gilt, wird bei erforderlicher ganztägiger Abwesenheit wegen mandatsbedingter Tätigkeit ebenfalls Dienst- oder Arbeitsbefreiung in Höhe der täglichen Regelarbeitszeit gewährt. Da es bei stundenweiser Abwesenheit bei Geltung der frei einteilbaren Mindestarbeitszeit von vier Stunden ohne Kernarbeitszeit regelmäßig nicht mehr zu einer Kollision von Dienstaufgaben und kommunalem Mandat kommt, wird in diesen Fällen eine Dienst- oder Arbeitsbefreiung grds. nicht für erforderlich gehalten.

Mandatsbedingte Abwesenheit wird daher grundsätzlich vor - oder nachgearbeitet. In besonderen Härtefällen entscheidet der Dienstvorgesetzte auf der Grundlage des Fürsorgeprinzips nach pflichtgemäßem Ermessen, ob und bis zu welchem Umfang in Dienststellen ohne Kernzeiten Dienst- oder Arbeitsbefreiung gewährt wird. Geprüft wird, ob es auch angesichts der 42 Stunden-Woche noch möglich und zumutbar ist, in einem angemessenen Zeitraum (drei Monate) die Abwesenheitszeiten vor - oder nachzuarbeiten.

Dabei wird auch die Höchstarbeitszeit von 10 Stunden täglich berücksichtigt.

Hilfsweise wird die ehemalige Kernzeit zum Ausgleich von Fehlzeiten herangezogen.

Frage 5. Wie ist die Genehmigungspraxis für kommunale Mandatsträger, die in der hessischen Landesverwaltung beschäftigt sind?

Die beim Hessischen Rechnungshof beschäftigten kommunalen Mandatsträger erhalten auf Antrag die für die Ausübung ihres Mandats erforderliche Dienstbefreiung.

Im Bereich der Lehre der Verwaltungsfachhochschule in Wiesbaden wird wie folgt verfahren: Sofern durch die Teilnahme einer Lehrkraft an entsprechenden Sitzungen bzw. sonstigen mandatsbedingten Veranstaltungen Lehrveranstaltungsstunden ausfallen müssen, können diese Stunden auf das Lehrdeputat angerechnet werden. Ausfallende Stunden, die nachgeholt werden, können zusätzlich angerechnet werden. Die Inanspruchnahme dieser

- für die Verwaltungsfachhochschule in Wiesbaden - getroffenen Regelung ist durch den Beamten im Rahmen seiner Deputatabrechnung gegenüber seiner Dienststelle nachzuweisen.

Im Übrigen gilt das zu Frage 4 Ausgeführte entsprechend.

Frage 6. Wird vonseiten der Schulleitungen bei der Gestaltung der Unterrichtspläne darauf hingewirkt, Terminkollisionen zwischen der Unterrichtserteilung und solchen Terminen, die Lehrkräfte im Rahmen der Ausübung ihres kommunalen Mandats wahrnehmen müssen, möglichst zu vermeiden?

Hierzu liegen dem Hessischen Kultusministerium keine Informationen vor.

Zur Beantwortung wäre eine zeit- und arbeitsintensive Abfrage bei allen Schulämtern und allen ca. 2.000 Schulen erforderlich, auf die wegen des erheblichen Aufwands verzichtet wurde und die innerhalb der Frist, in der die Kleine Anfrage zu beantworten ist, nicht durchführbar war.

Frage 7. Hält die Landesregierung eine Entscheidung einer Schulleitung für ermessensfehlerfrei, ihr bekannte feststehende Termine einer Lehrkraft zur Ausübung eines kommunalen Mandats bei der Gestaltung des Unterrichtsplans zu ignorieren, obwohl eine Terminüberscheidung vermeidbar gewesen wäre?

Der Frage wurde offenbar ein konkreter Fall zugrunde gelegt. Da die näheren Umstände dieses Falles dem Hessischen Kultusministerium nicht bekannt sind, kann die Ermessensausübung nicht bewertet und daher auch keine Stellungnahme abgegeben werden.

Frage 8. Sieht die Landesregierung gesetzlichen Änderungsbedarf (HGO, HKO, HBG...)?

Die geltenden Regelungen erlauben die ungehinderte Ausübung eines kommunalen Mandats. Die Hessische Landesregierung sieht daher keinen gesetzlichen Änderungsbedarf.

Die Landesregierung ist vielmehr bemüht, die bestehenden Schutzrechte auch für die kommunalen Mandatsträger außerhalb des öffentlichen Dienstes zu erhalten. Vermehrt wurden Anfragen an die Landesregierung herangetragen, die insbesondere darauf zielen, den weiterreichenden Kündigungsschutz für Mandatsträger aus § 35a Abs. 2 HGO einzuschränken oder abzuschaffen

- zuletzt zum Beispiel in einem Vorschlag im Rahmen der Initiative der Staatskanzlei, "Wir bauen Bürokratie ab - Machen Sie mit". Der Hessische Ministerpräsident hat aber im Jahr 2003 die Bedeutung des § 35a HGO hervorgehoben und eine Einschränkung des Kündigungsschutzes abgelehnt.

Auch in der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion CDU betreffend das Ehrenamt im Land Hessen (Drs. 16/5128) wurde diese Haltung bekräftigt.