Regelungsbedarf in der Hessischen Bauordnung (HBO)

Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt:

Frage 1. Ist der Landesregierung bekannt, dass es für Boarding-Häuser keine Rechtssicherheit nach der HBO gibt?

So werden im Genehmigungsverfahren teilweise Bestimmungen für den Hotelbau, teilweise Bestimmungen für den Wohnungsbau angewandt. Strebt die Landesregierung daher eine spezielle Regelung für Boarding-Häuser in der HBO an?

Es besteht in Bezug auf Anforderungen an Boarding-Häuser keine in der HBO begründete Rechtsunsicherheit. Es ist aber nicht auszuschließen, dass wegen der Bandbreite des Begriffes Probleme in der Rechtsanwendung auftreten können.

Das OVG Berlin-Brandenburg hat in seinem (rechtskräftigen) Beschluss vom 6. Juli 2006 - 2 S 2.06 (BRS 70 Seite 373 ff.) - ausgeführt: "Ein Boarding-Haus stellt eine Übergangsform zwischen Wohnnutzung und Beherbergungsbetrieb dar, wobei die schwerpunktmäßige Zuordnung von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängt."

Der Hotelverband Deutschland definiert in Anlehnung an die DIN EN ISO 18513 (Tourismus-Dienstleistungen - Hotels und andere Arten touristischer Unterkünfte - Terminologie - den Begriff wie folgt: "Ein Boardinghouse (Serviced Apartments) ist ein Beherbergungsbetrieb in städtischer Umgebung, in dem die Unterbringung für längere Zeit erfolgt. Der Service reicht von sehr geringem Angebot bis hin zu einem hotelmäßigen Roomservice" (http://www.hotellerie.de/home/boardinghouse_0_15_80_1237.html).

Ob ein Boarding-Haus eher als Wohngebäude oder als Hotelgebäude und damit als Sonderbau einzustufen ist, kann nur im konkreten Einzelfall von der zuständigen unteren Bauaufsichtsbehörde entschieden werden.

Maßgeblich ist, ob die Wohnnutzung oder die Nutzung als Beherbergungsbetrieb überwiegt. Dies kann anhand der baulichen Ausgestaltung (z.B. Größe der Wohnung, Küche, eigenständige Wohnnutzung möglich) sowie der angebotenen Serviceleistungen bestimmt werden.

Gesonderte Regelungen für Boarding-Häuser sind in der HBO nicht erforderlich. Soweit sie dem Hotelbereich zuzuordnen sind und mehr als 30 Gastbetten haben, sind sie Sonderbauten (§ 2 Abs. 8 Nr. 9 HBO). Nach § 45 Abs. 1 HBO können dann im Einzelfall zur Verwirklichung der allgemeinen Anforderungen nach §3 Abs. 1 HBO besondere Anforderungen gestellt werden. Es können aber auch Erleichterungen gestattet werden, soweit es der Einhaltung von Vorschriften wegen der besonderen Art oder Nutzung baulicher Anlagen oder Räume oder wegen besonderer Anforderungen nicht bedarf.

Aufgrund des § 45 Abs. 2 HBO für Beherbergungsstätten sind mögliche Anforderungen mit der durch Erlass eingeführten Muster-Beherbergungsstättenverordnung der ARGEBAU näher konkretisiert (Erlass betr. Bekanntmachung der Muster-Beherbergungsstättenverordnung (M-BeVO) der Fachkommission Eingegangen am 5. Februar 2008 · Ausgegeben am 11. Februar 2008

Bauaufsicht der ARGEBAU vom 16. Mai 2007, StAnz. S. 1132). Um deren pauschale Anwendung auf Boarding-Häuser zu vermeiden, wurde in der Fußnote d klargestellt, dass die Richtlinie hierfür nicht gilt. Der Erlass trat am 1. Januar 2008 in Kraft. Es bedarf deshalb der Einzelfallentscheidung der unteren Bauaufsichtsbehörde, ob Gebäude dem Wohnen oder dem Beherbergungsgewerbe zuzuordnen sind.

Bisher waren nur wenige untere Bauaufsichtsbehörden tangiert, da BoardingHäuser nur in Großstädten errichtet wurden. Vollzugsprobleme konnten in bilateralen Gesprächen geklärt werden. Sollte sich aus der Praxis ein Regelungsbedarf ergeben, könnten die notwendigen Entscheidungshilfen durch eine Verwaltungsrichtlinie gegeben werden. Eine Änderung der HBO ist nicht erforderlich.

Im Interesse der Rechtseinheit sollten bei dringendem Bedarf in den Begriffsbestimmungen der Muster-Beherbergungsstättenverordnung Abgrenzungskriterien vorgegeben werden. Aus dem Vollzug des Baurechts in den Ländern hat sich hierfür bisher ebenfalls noch keine Notwendigkeit ergeben.

Frage 2. Beabsichtigt die Landesregierung eine Veränderung der HBO, um die baurechtlichen Anforderungen für Moscheen festzulegen, da mangels einer Regelung oft die baurechtlichen Bestimmungen von Kirchenbauten zugrunde gelegt werden, die jedoch wegen des überregionalen Besucherstroms bei Moscheen diesen nicht gerecht werden?

Eine Änderung der HBO im Hinblick auf den Bau von Moscheen ist nicht beabsichtigt. Da auch Moscheen in der Regel Sonderbauten im Sinne von § 2 Abs. 8 HBO sind, können nach § 45 Abs. 1 HBO im Einzelfall zur Verwirklichung der allgemeinen Anforderungen nach §3 Abs. 1 besondere Anforderungen gestellt werden. Es können aber auch Erleichterungen gestattet werden, soweit es der Einhaltung von Vorschriften wegen der besonderen Art oder Nutzung baulicher Anlagen oder Räume oder wegen besonderer Anforderungen nicht bedarf. Auf den in § 45 Abs. 2 HBO aufgeführten beispielhaften Katalog möglicher Anforderungen weise ich hin.

Soweit in der Frage der überregionalen Bedeutung die Belange des ruhenden Verkehrs angesprochen sind, weise ich darauf hin, dass die Kommunen hierzu Regelungen in eigenen Stellplatzsatzungen treffen können (§ 44 Abs. 1 HBO): "Die Gemeinden legen unter Berücksichtigung der örtlichen Verkehrsverhältnisse fest, ob und in welchem Umfang bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen oder sonstigen Anlagen, bei denen ein Zu- oder Abgangsverkehr zu erwarten ist, geeignete Garagen oder Stellplätze für Kraftfahrzeuge und Abstellplätze für Fahrräder errichtet werden müssen, um den Erfordernissen des ruhenden Verkehrs zu genügen (notwendige Garagen, Stellplätze und Abstellplätze)." Weitergehende Regelungen in der HBO sind nicht notwendig. Sollte sich ein dringender Regelungsbedarf ergeben, wäre eine Richtlinie ausreichend.

Einen Bedarf sehe ich derzeit aber nicht.

Wiesbaden, 15. Januar 2008