Hessen baut Bürokratie ab

Vorbemerkung der Fragesteller:

Die Hessische Landesregierung hat zahlreiche Maßnahmen zum Bürokratieabbau ergriffen und umgesetzt. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, zum Bundesland mit der geringsten Bürokratiebelastung zu werden. Der Abbau von Bürokratie und Überregulierung ist für die Wirtschaft und die Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen wichtig. Dabei kommt der Reduzierung des Normenbestandes und der Informations- und Meldepflichten eine zentrale Bedeutung zu. Nach zwei Legislaturperioden ist es nun Zeit, in diesen Bereichen Bilanz zu ziehen.

Vorbemerkung des Chefs der Staatskanzlei:

Für die Hessische Landesregierung ist die Modernisierung der Verwaltung eine grundlegende Voraussetzung, um trotz notwendiger Einsparungen im Landeshaushalt gleichbleibende oder möglichst bessere Qualität und Quantität der außenwirksamen Produktdienstleistungen gegenüber Bürger und Wirtschaft zu bieten. Hierzu gilt es das neue Selbstverständnis der öffentlichen Verwaltung als Dienstleister, ein Aufgreifen der gesellschaftlichen und technischen globalen Umwandlungsprozesse und das aktive Gestalten von sich daraus ergebenden Veränderungsprozessen in der Landesverwaltung zu etablieren.

Vor diesem Hintergrund umfasst das Regierungsprogramm 2003 - 2008 für die Verwaltungsreform eine Reihe ehrgeiziger Projekte zur Umsetzung der dargestellten Ziele, die schlagwortartig wie folgt zusammengefasst werden können:

- der Abbau von Bürokratie, schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren,

- sie Schaffung einer effizienten Behördenstruktur,

- die weitere Stärkung der Leistungskraft der Kommunen,

- die Konzentration der Landesverwaltung auf die Kernaufgaben,

- verschiedene Maßnahmen der Personalentwicklung und Personalsteuerung,

- der Einsatz neuer E-Government -Techniken zur Vereinfachung des Verwaltungshandelns,

- die Instrumente der Neue Verwaltungssteuerung zum Erfolg führen.

Die konsequente Umsetzung dieser Ziele in allen Bereichen ist erfolgreich geglückt.

Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Große Anfrage wie folgt:

A. Behördenstruktur

Die Neustrukturierung und Modernisierung der Behördenlandschaft ist ein zentraler Punkt beim Abbau von Bürokratie.

Frage 1. In welchen Bereichen hat die Landesregierung Strukturreformen durchgeführt, um Verwaltungsabläufe besser zu organisieren und dienstleistungsorientierte Leistungen für den Bürger zu erbringen?

Die gesetzliche Gesamtreform der Verwaltungsstruktur in Hessen umfasst vier große Abschnitte: Erstes Gesetz zur Verwaltungsstrukturreform vom 20. Juni 2002 (GVBl. I S. 342)

Das Erste Gesetz zur Verwaltungsstrukturreform hat eine Vielzahl von Maßnahmen zur Verwaltungsvereinfachung zum Inhalt, mit denen die Bürgerinnen und Bürger von unnötigen Verwaltungsverfahren entlastet und Entscheidungen insgesamt beschleunigt werden. Im Wesentlichen handelte es sich um Folgendes:

- Genehmigungs- und Zustimmungsvorbehalte wurden abgebaut,

- Vorschriften entfielen bzw. wurden neu gefasst, um Verfahren zu vereinfachen,

- Widerspruchsverfahren wurden abgeschafft,

- Rechtsgrundlagen für Privatisierungen wurden geschaffen.

Weiterhin wurden Sonderbehörden aufgelöst und in die allgemeine Verwaltung eingegliedert, sowie Zuständigkeiten verlagert oder delegiert Rechtsgrundlagen für Delegationen geschaffen.

Zweites Gesetz zur Verwaltungsstrukturreform vom 20. Dezember 2004 (GVBl. I S. 506)

Mit dem Zweiten Gesetz zur Verwaltungsstrukturreform wurde eine Standortstrukturreform im Bereich der Justiz, der Ämter für Straßen- und Verkehrswesen, der Kataster- und Flurneuordnungsverwaltung und der Verwaltungsfachhochschulen durchgeführt sowie Aufgaben im Umweltbereich auf Landesbetriebe übertragen.

Drittes Gesetz zur Verwaltungsstrukturreform vom 17. Oktober 2005 (GVBl. I S. 674) Wesentlicher Inhalt des Dritten Gesetzes zur Verwaltungsstrukturreform ist der Aufgabenabbau bei den Regierungspräsidien, der aufgrund der Natur der Regierungspräsidien als Bündelungsbehör de nahezu alle Ressortbereiche zum Gegenstand hat. Das Gesetz beinhaltet insbesondere

- die Abschaffung von Widerspruchsverfahren sowie des Devolutiveffekts in weiteren Rechtsbereichen sowie den sonstigen Wegfall von Aufgaben,

- eine optimierte Aufgabenwa hrnehmung durch

- Straffung der Abteilungs- und Dezernatsstruktur,

- Konzentration von Standorten,

- Verstärkter Einsatz der Informationstechnik,

- Anpassung der Kontrolldichte und der Beratungstätigkeit,

- die Privatisierung von Aufgaben,

- die Aufgabenverlagerung auf andere Behörden.

Gesetz zur Neuordnung der Aufgaben des Landrats sowie des Oberbürgermeisters als Behörden der Landesverwaltung vom 21. März 2005 (GVBl. I S. 230)

Mit diesem Gesetz ist eine völlige Neuorganisation der staatlichen Verwaltung bei den Landräten und Oberbürgermeistern als Behörden der Landesverwaltung durchgeführt worden.

Die Verwaltungsstrukturreformgesetze wurden in den einzelnen Geschäftsbereichen wie folgt umgesetzt: Geschäftsbereich des Ministerium des Innern und für Sport

- Konzentration des Beihilfewesens von verschiedenen Behörden und Ressortbereichen auf das Regierungspräsidium Kassel und gleichzeitige Einführung des Verfahrens E-Beihilfe

- Schließung von zwei Außenstellen der Verwaltungsfachhochschule Wiesbaden,

- Auflösung des Landesamtes für Versorgung und Soziales und Übertragung der Aufgaben auf das Regierungspräsidium Gießen sowie Neuordnung der Zuständigkeitsbereiche der Hessischen Ämter für Versorgung und Soziales orientiert an den Landkreisen und Auflösung der Außenstellen in der Versorgungsverwaltung,

- Konzentration und Aufgabenentlastung durch organisatorische Straffung und Verschlankung bei den Regierungspräsidien zur Stärkung der Bündelungs- und Einheitsbehördenfunktion. Dies erfolgte im Rahmen eines Gesamtkonzepts durch:

- Wegfall von Aufgaben,

- eingeschränkte Aufgabenwahrnehmung,

- Privatisierung und Verlagerung mit Synergieeffekten für die Landesverwaltung,

- organisatorische Veränderungen.

Das Innenministerium hat zudem den Rahmenorganisationsplan für die Regierungspräsidien ersatzlos aufgehoben und den Regierungspräsidenten die uneingeschränkte Entscheidungskompetenz über ihre innere Behördenorganisation übertragen. Die Umsetzung verläuft erfolgreich.

Die hessische Polizei wurde umfassend reformiert. Hierzu wurde die Polizei aus der allgemeinen Verwaltung bei den Landräten und Regierungspräsidien herausgelöst. Die bis dahin dreistufige Struktur mit 28 Polizeibehörden wurde zu einer nunmehr zweistufig gegliederten mit 11 Behörden, die vom Landespolizeipräsidium als Abteilung im Innenministerium geführt werden, gestrafft. Freiwerdende Potentiale wurden der polizeilichen Basisarbeit zugeführt, um den Bürgerinnen und Bürgern mehr Sicherheit und Schutz zu bieten.

Als Folgeschritt wurde die Verbesserung der Struktur bei den Basisdienststellen der Polizei, den Polizeistationen, Polizeiautobahnstationen und den Polizeirevieren, überprüft, um die Streifenpräsenz zu erhöhen und damit mehr Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger zu schaffen. Bisher wurden fünf Projekte realisiert. Beispielhaft ist die bisher umfangreichste Maßnahme beim Polizeipräsidium Nordhessen: Durch die Zusammenlegung von zwei Polizeidirektionen und die Reduzierung von 7 auf 4 Polizeireviere können nun im Bereich Kassel drei zusätzliche Streifen besetzt werden.

- Abbau von Widerspruchsverfahren

Mit dem Ersten Gesetz zur Verwaltungsstrukturreform wurden in insgesamt 83 Rechtsbereichen Widerspruchsverfahren entweder generell oder gegen einzelne Regelungen abgeschafft.

Im Zuge der Konzentration und Aufgabenentlastung bei den Regierungspräsidien wurde diese Entwicklung fortgesetzt. Mit Artikel 1 des Dritten Gesetzes zur Verwaltungsstrukturreform wurden insbesondere folgende Neuerungen eingeführt:

- die Abschaffung der Widerspruchsverfahren in weiten Teilen des Ausländerrechts,

- die Abschaffung der Widerspruchsverfahren, in denen die Regierungspräsidien Ausgangs- und Widerspruchsbehörde sind, soweit dies rechtlich zulässig ist,

- die Abschaffung des Devolutiveffekts in den übrigen Fällen.

- Umsetzung des Gesetzes über die Kommunalisierung der staatlichen Landräte und Oberbürgermeister

Die zuvor von den Landräten sowie den Oberbürgermeistern als Behörden der Landesverwaltung wahrgenommenen Aufgaben wurden weitgehend kommunalisiert. Nunmehr ist die organisatorische, personelle und finanzielle Gesamtverantwortung auf Kreisebene übertragen und die Spaltung der Kreisebene in eine staatliche Verwaltung und eine kommunale Verwaltung beendet worden. Die Einzelheiten der hierdurch übertragenen Aufgaben sind bei Frage 3 ausführlich dargelegt. Das bei den Landräten bzw. Oberbürgermeistern eingesetzte Landespersonal im Umfang von 1053 Vollzeitäquivalenten wurde vollständig übergeleitet.

- Änderung der Zuständigkeit der Ausländerbehörden

Die Verordnung über die Zuständigkeit der Ausländerbehörden wurde geändert. Die Aufgaben der Zentralen Ausländerbehörde für Maßnahmen zur Beendigung des Aufenthaltes abgelehnter Asylbewerberinnen und Asylbewerber einschließlich ihrer Familienangehörigen, die teilweise zentral und teilweise dezentral wahrgenommen wurden, wurden den jeweiligen Regierungspräsidien übertragen und zusätzlich nehmen diese für die örtlichen Ausländerbehörden auch die zentrale Beschaffung von Rückreisedokumenten für Staatsangehörige von insgesamt 19 Staaten wahr.

Im Geschäftsbereich des Ministeriums der Finanzen wurden folgende Strukturreformen durchgeführt:

- Zusammenfassung der Zentralen Vergütungs- und Lohnstelle Hessen (ZVL) und der Zentralen Besoldungsstelle Hessen (ZBH) zu der Hessischen Bezügestelle (HBS).

- Integration des Hessischen Competence Center für Neue Verwaltungssteuerung (HCC) in die Oberfinanzdirektion Frankfurt.