Grundwassermanagement

Überregionales Grundwassermanagement und Antwort des Ministers für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz Vorbemerkung des Fragestellers:

Die anhaltend hohen Grundwasserstände im Hessischen Ried stellen sich als kein kurzzeitiges und lokal beschränktes Problem dar. Es besteht Einigkeit sowohl unter den Vertretern der betroffenen Kommunen als auch unter den Vertretern der betroffenen Bürger, dass das Problem der hohen Grundwasserstände nur durch ein überregionales Wassermanagement dauerhaft zu lösen sei.

Vorbemerkung des Ministers für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz:

Das Hessische Ried unterliegt einer Gratwanderung zwischen zu "nass" und zu "trocken". Eine ausgeglichene hydrologische Situation gab es weder in der Vergangenheit noch ist sie für die Zukunft zu erwarten. Ursache hierfür sind die Veränderungen des Wasserhaushaltes im Hessischen Ried, die nicht stationär, sondern räumlich-zeitlich zu betrachten sind. Nach der Trockenperiode in den 70er-Jahren (1976 bis 1977) folgte eine Nassperiode in den 80er-Jahren (1982 bis 1983). Der Nassperiode in den 80er-Jahren folgte eine Trockenperiode in den 90er-Jahren (1991 bis 1993). Der Trockenperiode in den 90er-Jahren folgte eine Nassperiode, die aktuell noch anhält. Es ist nicht auszuschließen, dass der aktuellen Nassperiode wieder eine Trockenperiode folgen wird.

Einen konfliktfreien Zustand dürfte es im Hessischen Ried aufgrund der oben beschrieben räumlich-zeitlichen Entwicklung somit aller Wahrscheinlichkeit nach nicht geben.

Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Frage 1. Teilt die Landesregierung die Ansicht der Betroffenen, dass ein überregionales Wassermanagement zur Lösung der Problematik nötig ist?

Die öffentliche Trinkwasserversorgung im Rhein-Main-Gebiet beruht auf einem gewachsenen System aus örtlicher und überörtlicher Versorgung. Die Verbindung zwischen den Bedarfszentren im Großraum Frankfurt am Main, in Wiesbaden, Darmstadt und Offenbach einerseits und den Wasserdargebotsgebieten im Hessischen Ried und im Vogelsberg andererseits wird durch ein in Jahrzehnten geschaffenes Leitungsverbundsystem gewährleistet. Über diesen Leitungsverbund Rhein-Main kann auch der quantitative Ausgleich zwischen den südhessischen (Hessisches Ried) und den mittelhessischen Dargebotsgebieten (Vogelsberg) und den Bedarfsgebieten im Rhein-MainBallungsraum gewährleistet werden.

In der 1978 gegründeten Arbeitsgemeinschaft Wasserversorgung RheinMain (WRM) haben sich die großen Wasserversorgungsunternehmen der Rhein-Main-Region zusammengeschlossen. In regionaler Gesamtverantwortung löst der WRM die überörtlichen Aufgaben zur Sicherung der Trinkwasserversorgung unter Beachtung der wasserwirtschaftlichen, ökologischen und ökonomischen Zielsetzung. Die Arbeitsgemeinschaft Wasserversorgung Rhein-Main gewährleistet damit ein überregionales Wassermanagement.

Derzeit wird im Auftrag der WRM eine Leitungsverbundstudie als Grundlage für weitergehende Entscheidungen zur Optimierung des Leitungsverbundes erarbeitet. Im überregionalen Maßstab werden unter anderem Wasserbedarf, nutzbares Dargebot und Ausfallszenarien für Notfälle betrachtet.

Dieses überregionale Wassermanagement wird allerdings nicht in der Lage sein, die in meiner Vorbemerkung genannte hydrologische Situation des Hessischen Rieds zu lösen. Die Vernässungspotenziale in den betroffenen Kommunen des Hessischen Rieds sind lokaler Natur und liegen zudem in der Regel außerhalb der hydraulischen Absenkungstrichter der Gewinnungsanlagen der Wasserversorgungsunternehmen.

Frage 2. Welche Schritte gedenkt die Landesregierung zu unternehmen, um ein überregionales Wassermanagement zu fördern?

Die Landesregierung hat im Hessischen Ried bereits ein abgestimmtes Maßnahmenprogramm umgesetzt, sodass in Ergänzung sowohl die negativen Auswirkungen einer Nass- als auch einer Trockenperiode reduziert werden.

Zur Stabilisierung der Grundwasserverhältnisse in Trockenwetterperioden hat sich der Grundwasserbewirtschaftungsplan bewährt. Die Zielsetzung dieser wasserwirtschaftlichen Rahmenplanung besteht darin, durch Steuerung der Eingriffe in den Grundwasserhaushalt (Entnahmen und Infiltration) im Hessischen Ried eine weitere Grundwassersabsenkung in Trockenperioden zu vermeiden, d.h. bereits eingetretene ökologischen Schäden zu sanieren und künftige Schäden zu vermeiden sowie setzungsempfindliche Bauwerke zu schützen.

In Jahren mit außergewöhnlich hohen Niederschlägen wurde die Infiltration zur Vermeidung von Vernässungspotenzialen rechtzeitig eingestellt. Die klimatisch bedingten hohen Grundwasserstände lassen sich allerdings nachweislich nicht mit dem Instrumentarium des Grundwasserbewirtschaftungsplans Hessisches Ried beeinflussen.

Zur Vermeidung von Vernässungsschäden wurde ergänzend ein Maßnahmenkonzept erarbeitet, das von der Prämisse ausgeht, dass regionale Probleme mit regionalen Strategien und lokale Probleme mit lokalen Strategien zu lösen sind. Die Lösungskonzeption zur Vermeidung von Vernässungen im Ried vernetzt somit regionale Maßnahmen des Landes mit lokalen Maßnahmen, für die die betroffenen Kommunen verantwortlich sind.

Die Landesregierung hat die erforderlichen regionalen Maßnahmen zur Stabilisierung der Grundwasserstände oder zur Vermeidung von Vernässungen im Siedlungsbereich eingeleitet.

Das Gesamtkonzept enthält insgesamt zehn Maßnahmen.

Frage 3. Sieht die Landesregierung es als ein geeignetes Managementinstrument an, anstelle von Grundwasserförderbewilligungen nur noch gehobene bzw. einfache Fördererlaubnisse zu erteilen?

Die Rechtsform für die Zulassung der Grundwasserförderung, d.h. die Erteilung einer Erlaubnis oder einer Bewilligung, ist nicht das entscheidende Kriterium für ein Grundwassermanagement, sondern die in jedem Fall erfolgende Begrenzung der Fördermenge als Maß der Benutzung nach § 7 (1) bzw. § 8 (1) WHG.

Frage 4. Welche Möglichkeiten der landesübergreifenden Zusammenarbeit sind in den Augen der Landesregierung möglich?

Die Vernässungsproblematik sowohl im Hessischen Ried als auch in anderen Bundesländern wie Bayern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz belegt, dass klimatische Faktoren die Hauptursache für die Veränderung der Grundwasserstände sind. Die hohen Grundwasserneubildungsraten seit dem Herbst 1998, der damit verbundene Grundwasseranstieg und als letzter Impuls die extrem hohen Niederschläge im Frühjahr 2001 sind bundesweit wirksame Faktoren.

Auf bundesweiter Ebene setzt sich eine technisch-wissenschaftliche Arbeitsgruppe des Bundes der Ingenieure für Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Kulturbau e.V. (BWK) mit der komplexen Thematik "Nutzungskonflikte bei hohen Grundwasserständen" auseinander. In dieser Arbeitsgruppe ist als Teilnehmer aus Hessen das Regierungspräsidium Darmstadt vertreten. Dort wird beabsichtigt, in Kürze einen Statusbericht vorzulegen. Es ist davon auszugehen, dass dieser Bericht eine geeignete Grundlage bieten wird, um Entscheidungen über zukünftige Aktivitäten vor einem besser abgesicherten Kenntnisstand zu ermöglichen.