Ausbildungs- und Fortbildungssituation der hessischen Polizei

Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt:

Frage 1. Wie sieht der von der Landesregierung geforderte Beitrag zur Ausbildungs- und Fortbildungssituation der hessischen Polizei (Polizeischule und Verwaltungsfachhochschule - Fachbereich Polizei) zur Streichung von bis zu 9.703 Stellen in der Landesverwaltung konkret aus?

Seitens der Verwaltungsfachhochschule in Wiesbaden ist von einer vorgegebenen Sollzahl von 23,18 Stellen auszugehen, die die Einrichtung im Rahmen der Einsparvorgaben zu erbringen hat.

Im Rahmen der geforderten Personalisierung wurden aus dem Bereich der Lehre insgesamt 19 Stellen benannt, hiervon entfallen 11 Stellen auf den Fachbereich Polizei. Zur Erfüllung der Gesamteinsparvorgabe wurden der Personalvermittlungsstelle darüber hinaus 4,18 Angestelltenstellen gemeldet.

Im Rahmen der "Operation Sichere Zukunft" sind im Polizeibereich - ausgehend von den bestehenden Einsparvorgaben - insgesamt 967,5 Stellen abzubauen. Auf die Hessische Polizeischule entfiel hierdurch eine Einsparverpflichtung von 11 Stellen. In die Personalvermittlungsstelle wurden 3 Fachbeamte (Lehrpersonal), 1,5 Verwaltungsangestellte und 6,5 Arbeiter (hiervon 3,5 Stellen aus Stundenkontingent) gemeldet.

Frage 2. Welche die Aus- und Fortbildungsinhalte betreffenden Änderungen sind diesen Kürzungen immanent?

Durch Zusammenlegung der Fachbereiche Verwaltung und Polizei an der Verwaltungsfachhochschule in Wiesbaden infolge des Standortkonsolidierungsprogrammes der Landesregierung, der damit verbundenen Reduzierung der Anzahl der Abteilungen von fünf auf vier haben die von der Verwaltungsfachhochschule zu erbringenden Stelleneinsparungen/-reduzierungen keine Auswirkung auf die Ausbildungsinhalte.

Von den von der Hessischen Polizeischule in die Personalvermittlungsstelle gemeldeten drei Lehrkräften (ein Studienrat, zwei Oberstudienräte), die bis 1999 in der bis dahin hier angesiedelten Fachoberschule als Fachlehrer eingesetzt waren, wurden bisher zwei in der Fortbildung mit Schwerpunkt "Stress- und Konfliktmanagement" verwendet. Beide würden altersbedingt am 1. Juli 2009 und 1. August 2010 in den Ruhestand versetzt.

Die Verwendung des Studienrates als Personalberater in der PVS führt zum Verlust einer Stelle, die künftig nicht für fremdsprachliche Fortbildung Schwerpunkt Französisch - zur Verfügung steht. Diese Fortbildungsinhalte müssen - soweit Bedarf besteht - künftig durch Honorarkräfte geleistet werden.

Die übrigen der PVS gemeldeten Stellen betreffen überwiegend Logistikaufgaben, die bei Ausscheiden dieser Mitarbeiter zum Teil auf vorhandenes Personal verteilt werden müssen bzw. durch Fremdvergabe zu leisten sind.

Frage 3. Ungeachtet dieser Kürzungen wächst das Konfliktpotenzial in unserer Gesellschaft ständig. Das wirkt sich konkret auch auf die Arbeit der hessischen Polizei aus. Die Zahl der Konflikte im Außenverhältnis (Polizei ­ Bürger) und im Innenverhältnis (Vorgesetze ­ Mitarbeiter und Mitarbeiter) nimmt zu. In der Ausgabe 3/2004 der Hessischen Polizeirundschau wurde über die verhaltensorientierte Fortbildung an der Hessischen Polizeischule berichtet, in der dies offenbar thematisiert wird.

Ausgehend davon frage ich die Landesregierung:

a) Welchen Stellenwert misst die Landesregierung diesem Fortbildungsbereich derzeit und zukünftig bei?

Verhaltensorientierte Fortbildung beinhaltet nicht nur die Vermittlung spezieller einzelner Kompetenzen, sondern zielt in vielfältigen Bereichen darauf ab, die Handlungskompetenz der hessischen Polizei insgesamt zu stärken.

Insofern ist die Thematik bei vielfältigen Fortbildungsmaßnahmen von Bedeutung und wird integrativ neben rechtlichen und polizeitaktischen Aspekten behandelt. Entsprechende sozialwissenschaftliche Unterstützung erfolgt durch die hierfür zuständigen Organisationseinheiten.

Wie ist dieser Themenschwerpunkt in der Ausbildung bisher und wie wird er zukünftig berücksichtigt?

Die erfolgte Herauslösung bestimmter Eigensicherungsthemen aus dem Studienfach Sport und deren Integration in das neue eigenständige Studienfach Einsatztraining machen den Stellenwert der verhaltensorientierten Fortbildung in der Ausbildung deutlich.

Die Lehrveranstaltungen im Studienfach Einsatztraining (vier Semester mit insgesamt 154 Stunden) beinhalten neben diesen Themen in besonderem Maße die Schulung des kommunikativen und deeskalierenden Verhaltens. Im zweisemestrigen Hauptstudium werden von den Studierenden in erster Linie einzelne Übungsszenarien mit konfliktträchtigen Lagen durchlaufen. Diese werden von Psychologen und den Dozenten des Studienfaches Einsatztraining angelegt, begleitet und analysiert. Die eingerichteten Einsatztrainingszentren bieten Gewähr dafür, dass diese an der Realität angelehnten Situationen ungestört und für die Teilnehmer relativ gefahrlos durchgeführt werden.

Auch künftig sollen dahin gehend verhaltensorientierte Übungen im Vordergrund stehen, die im Sinne einer ganzheitlichen Konzeption durch polizeipraktische Inhalte ergänzt und abgerundet werden.

Gibt es Überlegungen, den Themenbereich Mediation stärker als bisher in Aus- und Weiterbildung zu berücksichtigen?

Die Mediation als Instrument der Gruppenkonfliktbewältigung durch einen neutralen Mediator spricht vom ursprünglichen Ansatz her eine vermittelnde Rolle auf organisatorischer Ebene an und ist so auf die polizeiliche Alltagspraxis nicht übertragbar, kann jedoch im Rahmen des Führungsprozesses ein wichtiges unterstützendes Element sein.

In der Verwaltungsfachhochschule - Fachbereich Polizei - (Abteilung Wiesbaden) gibt es einen ausgebildeten Mediator, dessen Ausbildung durch die Verwaltungsfachhochschule teilfinanziert wurde.

Das Thema "Mediation" wird den Beamtinnen und Beamten im ersten Studienjahr des Studiums für den höheren Polizeivollzugsdienst vermittelt. Eine Erweiterung auf das grundständige Studium ist zunächst nicht beabsichtigt.

Im Rahmen der Fortbildung an der Hessischen Polizeischule wird das Thema "Mediation" durch den Zentralen Polizeipsychologischen Dienst vermittelt. Es ist geplant, die Anwendungsmöglichkeiten dieses Instrumentes künftig im Rahmen verschiedener Seminare der Führungskräftefortbildung integriert darzustellen.

b) Im Fachbereich "Verhaltensorientierte Fortbildung" arbeiten Vollzugsbeamte und Sozialwissenschaftler zusammen. Ist diese Zusammenarbeit von den Stellen und von der Organisation her auch in Zukunft gesichert?

Von der Organisation her ist diese Zusammenarbeit auch in Zukunft gesichert. Durch den Wegfall der beiden oben angegebenen Stellen 2009 und 2010 müsste dieses Kontingent - je nach Bedarf - reduziert werden, da es auch durch konzeptionelle Synergien nicht in vollem Umfang aufgefangen werden kann.

c) Welchen Stellenwert hat für die Landesregierung die Fortbildung in Englisch und Französisch?

Ist daran gedacht, Polizeibedienstete auch in anderen Sprachen fortzubilden?

Im Hinblick auf die vorhandenen und erforderlichen schulischen EnglischGrundkenntnisse auf der einen Seite und das zusammenwachsende Europa sowie die zunehmende Verwendung in Auslandseinsätzen auf der anderen

Seite ist eine stärkere Konzentration auf das Beherrschen der Fremdsprache Englisch als Weltsprache in der polizeilichen Grundausbildung beabsichtigt.

Verstärkt wird diese Entwicklung dadurch, dass zukünftige MasterStudierende an der Hochschule der deutschen Polizei (jetzt PolizeiFührungsakademie) als Zulassungsvoraussetzung verhandlungssicheres Englisch benötigen und die Grundlagen dafür im grundständigen Studium an der Verwaltungsfachhochschule gelegt werden.

Im zweisemestrigen Hauptstudium an der Verwaltungsfachhochschule Fachbereich Polizei - können 76 Stunden Englisch oder eine andere angebotene Fremdsprache belegt werden. Eine Erhöhung dieses Stundenansatzes zugunsten weiterer Fremdsprachen wäre nur zulasten anderer Studieninhalte möglich.

Aufgrund der Sprachenvielfalt der heutigen Gesellschaft ist angesichts des Aufbaus notwendiger Kompetenzen für eine Sprachenvermittlung eine Konzentration auf die wichtigsten Sprachen zwingend erforderlich. Das Studium an der Verwaltungsfachhochschule - Fachbereich Polizei - hat schwerpunktmäßig zum Inhalt, den Polizeianwärterinnen und -anwärtern zunächst das polizeiliche Grundlagenwissen zu vermitteln. Sprachangebote sind wichtig, können hier allerdings nur ein ergänzendes Angebot sein.

Zu beachten ist weiterhin, dass sich durch die Einstellung von Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten mit ausländischer Herkunft ein erhebliches Sprachenpotenzial bei der hessischen Polizei aufgebaut hat und stetig erweitert wird, sodass sich auf diesem Wege die sprachlichen Kompetenzen erheblich verbessert haben.

Über die Sprachenausbildung an der Verwaltungsfachhochschule - Fachbereich Polizei - hinaus werden in der Fortbildung spezielle polizeispezifische Inhalte für besondere Zielgruppen angeboten oder vermittelt. In englischer Sprache kann das durch eigenes Lehrpersonal erfolgen, bei anderen Sprachen wäre es - soweit entsprechende Bedarfe bestehen - durch Einbeziehung externer Referenten oder Anbieter realisierbar.

Darüber hinaus erfolgt eine Sprachenausbildung bedarfsorientiert. Für alle Polizeibediensteten besteht die Möglichkeit, an weiteren Sprachseminarangeboten landesinterner und externer Anbieter teilzunehmen. Das Erfordernis und die Notwendigkeit ist im Einzelfall durch die jeweilige Dienststelle zu prüfen.