Ausführungsgesetz

Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Zweites Gesetz zur Änderung des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Hess.AGBGB)

Die Landesregierung legt mit Schreiben vom 6. Juli 2004 den nachstehenden, durch Kabinettsbeschluss vom 25. Juni 2004 gebilligten und festgestellten Gesetzentwurf dem Landtag zur Beschlussfassung vor. Der Gesetzentwurf wird vor dem Landtag von dem Minister der Justiz vertreten.

A. Problem

Das Hessische Ausführungsgesetz zum BGB enthält eine Reihe von nach der Schuldrechtsmodernisierung nicht mehr zutreffenden Verweisungen auf das BGB. Außerdem hat die Deutsche Bank darauf aufmerksam gemacht, dass es in Hessen - anders als in Baden-Württemberg und Bayern - an der Möglichkeit fehlt, Handelsmakler nach § 1221 BGB zum freihändigen Verkauf von Pfandgegenständen mit Börsen- oder Marktpreis zu ermächtigen.

B. Lösung

In erster Linie werden die landesrechtlichen Bestimmungen - etwa im Altenteilsrecht hinsichtlich der Folgen der Nichterfüllung - an das reformierte Schuldrecht des BGB angeglichen. Die Verjährung der Gebührenansprüche wegen kirchlicher Amtshandlungen wird unter Verweisung auf das Verwaltungskostengesetz von den Verjährungsregelungen des BGB gelöst. Für die Ermächtigung von Handelsmaklern zu freihändigen Pfandverkäufen sollen künftig die Industrie- und Handelskammern zuständig sein. Die durchgeführte Anhörung ergab überwiegend Zustimmung. Soweit hinsichtlich der ursprünglich beabsichtigten Aufhebung der Beschränkungen von Reallasten Kritik geäußert wurde, konnte diese berücksichtigt werden.

C. Befristung

In das Hess.AGBGB wird das Datum seines Außer-Kraft-Tretens aufgenommen.

D. Alternativen Keine.

E. Kosten Inwieweit bei den Industrie- und Handelskammern Verwaltungskosten für die Ermächtigung von Handelsmaklern entstehen, ist nicht genau abzuschätzen. Die Fallzahlen und damit die Kosten dürften aber nicht ins Gewicht fallen.

F. Auswirkungen, die Frauen anders oder in stärkerem Maße betreffen als Männer Keine.

G. Besondere Auswirkungen auf behinderte Menschen Keine.

Der Landtag wolle das folgende Gesetz beschließen: Zweites Gesetz zur Änderung des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch Vom Artikel 1

Das Hessische Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 18. Dezember 1984 (GVBl. I S. 344), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 1998 (GVBl. I S. 562), wird wie folgt geändert:

1. § 3 erhält folgende Fassung: "§ 3

Verjährung kirchlicher Gebührenansprüche

Die Ansprüche der Kirchen und sonstigen Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts sowie ihrer Geistlichen und Bediensteten wegen der Gebühren für Amtshandlungen verjähren nach den Vorschriften des Hessischen Verwaltungskostengesetzes."

2. § 16 Abs. 1 erhält folgende Fassung: "(1) In den Fällen des § 323 und des § 326 Abs. 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kann der Gläubiger von dem Vertrag zurücktreten, wenn die Leistungen, die der Schuldner nicht oder nicht vertragsgemäß erbracht hat oder die er nach § 275 Abs. 1 bis 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht zu leisten braucht, von verhältnismäßiger Erheblichkeit sind und auch für die Zukunft keine Gewähr für die gehörige Erfüllung besteht."

3. In § 19 werden die Worte "der Regierungspräsident" durch "das Regierungspräsidium" ersetzt.

4. Dem Dritten Teil wird folgender Dritter Abschnitt angefügt: "Dritter Abschnitt Vorschrift über Pfandrechte § 27a Öffentliche Ermächtigung von Handelsmaklern

Für die öffentliche Ermächtigung, die Handelsmakler nach §§ 385, 1221, § 1235 Abs. 2 und § 1295 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie nach § 373 Abs. 2, § 376 Abs. 3, § 388 Abs. 2 und § 389 des Handelsgesetzbuchs zu Verkäufen oder Käufen benötigen, und deren Widerruf sind die Industrie- und Handelskammern zuständig."

5. § 30 wird wie folgt gefasst: "§ 30

Ertragswert eines Landgutes

Als Ertragswert eines Landgutes gilt in den Fällen des § 1376 Abs. 4, des § 1515 Abs. 2 und 3 und der §§ 2049 und 2312 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, des § 1934b Abs. 1 in der bis zum 1. April 1998 geltenden Fassung des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des § 16 des Grundstückverkehrsgesetzes vom 28. Juli 1961 (BGBl. I S. 1091, 1652, 2000), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Dezember 1986 (BGBl. I S. 2191), das Fünfundzwanzigfache des jährlichen Reinertrages."

6. § 35 wird wie folgt geändert:

a) In der Überschrift wird das Wort "Inkrafttreten" durch die Worte "In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten" ersetzt.

b) Folgender Satz wird angefügt: "Es tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2009 außer Kraft." Artikel 2

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Begründung:

A. Allgemeines

Der vorliegende Gesetzentwurf dient in erster Linie der Rechtsbereinigung.

An mehreren Stellen ist das Hessische Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Hess.AGBGB) an die geltende Rechtslage nach der Schuldrechtsmodernisierung anzupassen. Dies trifft insbesondere auf § 16

Hess.AGBGB zu, der die Folgen der Nichterfüllung von Altenteilsverträgen regelt. Wegen der Verjährung kirchlicher Gebührenansprüche wird systematisch richtig anstatt auf den Allgemeinen Teil des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf die Verjährungsregelungen des Hessischen Verwaltungskostengesetzes verwiesen. Für die öffentliche Ermächtigung zu freihändigen Verkäufen von unter anderem Pfandgegenständen mit Börsen- oder Marktpreis (vgl. z.B. § 1221 BGB) wird die Zuständigkeit der Industrie- und Handelskammern begründet. Schließlich wird eine Regelung über das Außer-Kraft-Treten in das Gesetz aufgenommen.

B. Zu den einzelnen Vorschriften

Zu Artikel 1

Zu Nr. 1 (§ 3 Hess.AGBGB) § 3 Hess.AGBGB verweist bislang bezüglich des Verjährungsbeginns der Gebührenansprüche aus kirchlichen Amtshandlungen auf § 201 BGB a.F.

Der Anpassungsbedarf infolge der Schuldrechtsreform erschöpft sich nicht in einer aktualisierten Verweisung auf § 199 Abs. 1 BGB. Das BGB regelt das bürgerliche Recht grundsätzlich abschließend (Art. 55 EGBGB). Sowohl das BGB, vor allem aber der Dritte Teil des EGBGB enthalten jedoch eine Reihe von Vorbehalten zugunsten der Landesgesetzgebung. Aufgrund dieser Vorbehalte haben die deutschen Bundesstaaten um die Jahrhundertwende (1900) Ausführungsgesetze zum BGB erlassen. In Hessen galten insoweit das Gesetz des Großherzogtums Hessen, die Ausführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs betreffend, und das Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch des Königreichs Preußen bis zum Jahre 1984. Im Jahre 1984 wurden diese Vorschriften im neuen Hess.AGBGB zusammengefasst, zum Teil wurden sie angepasst, zum Teil wurde auf veraltete Vorschriften verzichtet.

Obwohl sich die Regelung über die Verjährung kirchlicher Gebührenansprüche schon immer in den bürgerlichrechtlichen Ausführungsbestimmungen befand, handelt es sich nicht um materielles Zivilrecht. In den §§ 55 bis 152

EGBGB findet sich auch keine Ermächtigungsgrundlage für derartiges Landesrecht. Bereits im Zusammenhang mit dem im Wesentlichen wortgleichen Art. 8 des Preußischen Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch wurde von der Verjährung öffentlich-rechtlicher Ansprüche gesprochen.

Heute sind die Vorschriften über die Gebühren körperschaftlich organisierter Religionsgemeinschaften dem öffentlichen Recht zuzuordnen, es sind Gebühren für Amtshandlungen im Sinne des Verwaltungskostenrechts. Deshalb wird hinsichtlich der verjährungsrechtlichen Einzelheiten nicht mehr auf die §§ 194 ff. BGB, sondern auf das Hessische Verwaltungskostengesetz (HVwKostG) verwiesen. Auch für die Kirchen gelten aufgrund dieser Verweisung die dreijährige Verjährungsdauer in § 19 Abs. 1 Satz 1 HVwKostG sowie die näheren Bestimmungen dieser Vorschrift z. B. über den Verjährungsbeginn und die Unterbrechung.

Zu Nr. 2 (§ 16 Abs. 1 Hess.AGBGB) § 16 Abs. 1 Hess.AGBGB ist eine Rücktrittsregelung im Altenteilsrecht, das als Landesrecht gemäß Art. 96 EGBGB unberührt bleibt. Die Vorschrift ist an das neue Schuldrecht anzupassen. Zum einen ist der in § 16 Abs. 1 Hess.AGBGB in Bezug genommene § 326 BGB a.F. hinsichtlich des darin enthaltenen Rücktrittsrechts in § 323 BGB n.F. aufgegangen, auf den verwiesen wird. Zum anderen wird in der Ausführungsbestimmung über § 325 Abs. 2 BGB a.F. auf § 325 Abs. 1 BGB a.F., also das vom Schuldner zu vertretende Unmöglichwerden, Bezug genommen. Folglich muss ein geänderter § 16 Abs. 1 Hess.AGBGB ergänzend auf § 326 Abs. 5 BGB n.F. abstellen, der das Rücktrittsrecht in den Fällen des § 275 Abs. 1 bis 3 BGB n.F. regelt. Denn es sind Konstellationen denkbar, in denen ein Schuldner von einem (gegebenenfalls nur vermeintlichen) Leistungsverweigerungsrecht im Sinne des § 275 (hier vor allem der) Abs. 2 und 3 BGB n.F. Gebrauch macht. Auch in diesen Fällen erscheint es sachgerecht, dass die zurückbe4 haltenen Leistungen von verhältnismäßiger Erheblichkeit sind und auch für die Zukunft keine Gewähr für eine gehörige Erfüllung besteht.

Zu Nr. 3 (§ 19 Hess.AGBGB)

Es handelt sich lediglich um eine sprachliche Anpassung (vgl. § 1 Abs. 1 Mittelstufengesetz).

Zu Nr. 4 (§ 27a Hess.AGBGB - neu)

Die vorgeschlagene Regelung begründet die Zuständigkeit der Industrie- und Handelskammern, Handelsmakler zu freihändigen Verkäufen im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Handelsgesetzbuchs öffentlich zu ermächtigen. Die Gesetzesänderung ist in erster Linie für die Banken bei der Verwertung von als Sicherheit verpfändeter Aktien von Bedeutung. Im hessischen Recht gibt es eine Art. 7 Nr. 3 IHKG Bayern oder § 5 AGBGB Baden-Württemberg entsprechende Vorschrift nicht, sodass die Industrie- und Handelskammern bislang nicht tätig werden können.

Bislang waren die Kursmakler nach dem Börsengesetz (§§ 30 und 34 BörsG a.F.) zur Vornahme von Verkäufen und Käufen befugt, die durch einen dazu öffentlich ermächtigten Handelsmakler zu bewirken sind. Diese Ermächtigung ist mit der Neufassung des Börsengesetzes im Rahmen des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes vom 21. Juni 2002 (BGBl. I S. 2010) entfallen; die Skontroführer (§§ 26 ff. BörsG) wurden nicht entsprechend ermächtigt. Der Verkauf aus freier Hand nach § 1221 BGB durch eine zur öffentlichen Versteigerung befugte Person zum laufenden Preis ist dagegen auch in Hessen möglich; durch die Gerichtsvollzieher (§ 383 Abs. 3 BGB), ausnahmsweise auch die Notare (vgl. § 20 Abs. 3 BNotO) und die zur öffentlichen Versteigerung befugten Personen (§ 34b Abs. 5 GewO). Zuständig für die Bestellung der letztgenannten Versteigerer ist in Hessen in kreisfreien Städten der Magistrat, im Übrigen der Landrat als Behörde der Landesverwaltung. Nunmehr können auch die in den Vorschriften des BGB und des HGB genannten Handelsmakler zu solchen Verkäufen öffentlich ermächtigt werden.

Zu Nr. 5 (§ 30 Hess.AGBGB) § 30 Hess.AGBGB ist eine Bewertungsvorschrift. Als Ertragswert eines in mehreren BGB-Vorschriften angesprochenen Landgutes gilt das 25fache des jährlichen Reingewinns. Die Regelung beruht auf der Ermächtigung in Art. 137 EGBGB. Die Verweisung auf § 1934b Abs. 1 BGB (Berechnung des Erbersatzanspruchs bei nichtehelichen Kindern) ist trotz dessen Aufhebung zum 1. April 1998 durch das ErbGleichG (BGBl. 1997 I 2968) nicht komplett zu streichen, weil die alten BGB-Regelungen für den Erbersatzanspruch weiter anzuwenden sind, wenn der Erblasser am 1. April 1998 bereits verstorben war (§ 227 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB). Deshalb ist auf die zuletzt gültige Fassung dieser Bestimmung vor ihrer Aufhebung zu verweisen.

Zu Nr. 6 (§ 35 Hess.AGBGB)

Die Regelung des In-Kraft-Tretens des Hess.AGBGB wird um eine Regelung des Außer-Kraft-Tretens ergänzt.

Zu Artikel 2

Art. 2 regelt das In-Kraft-Treten dieses Änderungsgesetzes.