Verletzung eines Vollzugsbeamten durch Messerstiche in der JVA Wiesbaden

Auch nach einer Sondersitzung des Unterausschusses Justizvollzug, Presseberichten und einem Schreiben von Staatssekretär Landau bleibt der Vorfall in der JVA Wiesbaden, bei dem ein Vollzugsbeamter durch einen Gefangenen mit mehreren Messerstichen erheblich verletzt wurde, hinsichtlich des Hergangs der Tat und der Verantwortlichkeiten innerhalb und außerhalb der JVA weiterhin klärungsbedürftig. So gibt es zwischen der Darstellung des Staatssekretärs Landau im Unterausschuss Justizvollzug, eine "Vollzugskonferenz" habe den Einsatz des Strafgefangenen S. in der Küche beschlossen, und der Darstellung in seinem Schreiben vom 26. April 2005 an den Abg. Dr. Jürgens, der Einsatz sei in einer Arbeitseinsatzbesprechung (Konferenz) beschlossen worden, erhebliche Differenzen.

Außerdem gibt es nach Presseberichten Hinweise, dass der Gefangene S. schon wenige Tage vor dem Vorfall mit Aggressivität aufgefallen war. Vor diesem Hintergrund ist es fraglich, ob der Vorfall nicht hätte verhindert werden können.

Die Landesregierung wird ersucht, im Unterausschuss Justizvollzug über folgenden Gegenstand zu berichten:

1. Welche Personen (Funktion in der Anstalt) genau haben darüber entschieden, dass der Gefangene S. in der Küche eingesetzt werden soll?

War diesen Personen zu diesem Zeitpunkt bekannt, dass der Gefangene verurteilt war wegen der Tötung seiner Lebensgefährtin mit mehreren Messerstichen?

2. Welche Personen haben wann genau von der in Frage 1 genannten Entscheidung erfahren?

Warum sahen sich diese nicht veranlasst, eine anderweitige Entscheidung herbeizuführen?

3. Wer nimmt gewöhnlich an einer "Vollzugskonferenz" teil und worüber wird hierbei entschieden?

4. Hält es die Landesregierung vor dem Tathintergrund und den vorliegenden Kenntnissen über den Gefangenen für ausreichend, dass über den Einsatz in der Küche nur eine Arbeitseinsatzbesprechung stattgefunden hat?

Was wurde in dieser Arbeitseinsatzbesprechung vereinbart?

5. Hat es eine eingehende Eingangsdiagnostik mit dem Strafgefangenen mit dem Ziel, ihm ein Angebot für den Vollzug zu machen, gegeben und wenn ja, was sagt der Beschluss der Einweisungskonferenz in diesem Fall aus?

6. Gab es einen Vollzugsplan für den Gefangenen S.? Sah dieser einen Einsatz in der Küche vor?

Dem Unterausschuss Justizvollzug überwiesen

7. Wurde nach der Aktenlage darüber berichtet, dass der Gefangene S. sich über schlechte Behandlung durch Mitarbeiter und Mitgefangene beschwert habe und dass er im Verlauf eines weiteren Gesprächs aggressiv wurde, sodass ein körperlicher Übergriff nicht mehr auszuschließen war?

Gab es Anzeichen für einen erneuten Schub in der psychischen Krankheit des Gefangenen S.?

8. Wenn ja, warum wurde der Gefangene S. nicht unmittelbar dem behandelnden Psychiater, der ihn zuletzt im Februar 2005 gesehen hatte, vorgestellt?

9. Trifft es zu, dass in den Akten über den Gefangenen S. vermerkt ist, dass trotz Verhaltensauffälligkeiten und wahnhafter Wahrnehmung des Gefangenen keine Sicherungsmaßnahmen durchgeführt werden sollten?

Wenn ja, welche Sicherungsmaßnahmen wären in Betracht gekommen und warum wurden diese nicht ergriffen?

10. Warum wurde nicht auch dem Küchenpersonal gegenüber klargestellt, dass S. nicht an Messer oder Ähnliches herankommen darf?

11. Trifft es zu, dass ein Gespräch mit dem später verletzten Vollzugsbeamten A. über Schwierigkeiten im Umgang mit dem Gefangenen stattgefunden hat?

12. Gab es vor dem Vorfall vom 13. April 2005 tatsächliche oder vom Gefangenen S. möglicherweise wahnhaft angenommene Auseinandersetzungen zwischen ihm und dem Vollzugsbeamten A.? Fühlte sich S. möglicherweise gerade von A. "verfolgt" oder "schlecht behandelt"?

13. Falls dies der Fall gewesen sein sollte, welche Maßnahmen wurden getroffen, um gerade A. vor möglichen Angriffen zu schützen?

14. Wie viele Bedienstete waren wo genau zum Zeitpunkt des Angriffs auf A. in der Nähe anwesend?

15. Welche aktuellen Schwierigkeiten und Auffälligkeiten des Gefangenen in der Küche gab es vor dem Vorfall am 13. April 2005?

16. Hat es gezielt initiierte Aussprachen des Gefangenen mit einzelnen Beschäftigten gegeben und wenn ja, mit welchem Ergebnis?

17. Wurden über die Auffälligkeiten und die problemlösenden Versuche Protokolle geführt und wurden diese der Anstaltsleitung zur Kenntnis gegeben?

18. Wenn nein, warum nicht?

19. Wurde in der Vollzugskonferenz, in Teambesprechungen, in Arbeitseinsatzbesprechungen oder bei sonstigen Gelegenheiten die Notwendigkeit besprochen, wegen der Vorgeschichte des Gefangenen darauf hinzuwirken, dass dieser möglichst keine Gelegenheit erhält, an gefährliche Werkzeuge (insbesondere Messer) heranzukommen?