Operation sichere Zukunft

Mit der sogenannten "Operation sichere Zukunft", die in vielen Teilen Hessens als "Operation düstere Zukunft" bezeichnet wird, hat die Landesregierung die Zuschüsse für die Förderung der sozialen Infrastruktur zum Teil vollständig gekürzt. Als Folge waren und sind Angebote der Träger sowohl qualitativ und quantitativ in Gefahr.

Vorbemerkung der Sozialministerin:

Mit der Operation "Sichere Zukunft" hat die Landesregierung im September 2003 die richtigen Weichen für die Zukunft Hessens gestellt. Dieses größte Sparpaket in der hessischen Geschichte hat den Haushalt 2004 um insgesamt 1,066 Mrd. entlastet. Dauerhaft werden künftig pro Jahr deutlich mehr als 500 Mio. eingespart. Dieser Betrag wird in den kommenden Jahren weiter anwachsen. Die Operation "Sichere Zukunft" ist damit Garant dafür, dass Hessen nach wie vor im Ländervergleich einen Spitzenplatz belegt. So erreicht Hessen im Jahr 2005 bei der Nettokreditaufnahme im Ist je Einwohner den besten Platz bei den westlichen Flächenländern. Dass die Operation "Sichere Zukunft" alternativlos war, zeigen auch die Personalausgaben des Landes. Der Anstieg dieses größten Ausgabenblocks des Landes konnte deutlich gebremst werden. So sind im Haushalt 2006 rund 6,87 Mrd. veranschlagt. Ohne die Operation "Sichere Zukunft" und die Budgetierung der Personalausgaben hätte die Landesregierung 7,51 Mrd. aufbringen müssen. Nur durch die Operation "Sichere Zukunft" war es möglich, dem Land Hessen die notwendige Handlungsfähigkeit zu erhalten, ohne die kommenden Generationen durch immer weitere Schulden zu belasten.

Zu der Operation "Sichere Zukunft" gab es keine Alternativen, da infolge der gesunkenen Steuereinnahmen des Landes Hessen, die maßgeblich auf die verfehlte Steuerpolitik der damaligen Bundesregierung zurückzuführen sind, Kürzungen im Personalbereich, bei freiwilligen Leistungen, im Sachmittelbereich sowie bei Investitionen erforderlich wurden.

Bei einer gleichmäßigen Kürzung aller freiwilligen Leistungen wäre angesichts dieses notwendigen Einsparbetrages die soziale Infrastruktur in Hessen nicht mehr funktionsfähig gewesen. Daher wurde mit dem Sparkonzept eine Schwerpunktsetzung realisiert, um trotz der Einsparungen weiterhin entsprechende Angebote im sozialen Bereich erhalten zu können. So sind durch politische Schwerpunktsetzungen bestimmte Bereiche wie z. B. die "Offensive für Kinderbetreuung", die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und die Sprachförderung von diesen Kürzungen ausgenommen worden.

Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Frage 1. Welche Auswirkungen hat die Kürzung der Landeszuschüsse auf die Drogenberatung, die Schuldnerberatung, die Erziehungsberatung, die Migrationsberatung und das Frauenhaus im Schwalm-Eder-Kreis?

Drogenberatung:

Das Angebot der Jugend- und Drogenberatungsstelle in Schwalmstadt-Treysa Eingegangen am 31. Oktober 2006 · Ausgegeben am 10. November 2006 wurde aufrechterhalten. Einschränkungen des Angebotes der Jugend- und Drogenberatungsstelle des Schwalm-Eder-Kreises in Homberg/Efze sind der Landesregierung nicht bekannt.

Schuldnerberatung:

Im Bereich Schuldnerberatung sind die Beratungsstelle der Arbeiterwohlfahrt, Kreisverband Schwalm-Eder e.V. in Homberg/Efze, sowie die Beratungsstelle der Verbraucherzentrale Hessen e.V. in Borken betroffen. Das Land Hessen förderte die Schuldnerberatungsstellen mit zuletzt 66.467,94 im Jahr 2003.

Zu den Auswirkungen sind die beiden Einrichtungen schriftlich um Auskunft gebeten worden.

Der AWO-Kreisverband Schwalm-Eder e.V. teilt hierzu mit: Der Landeszuschuss für die Schuldnerberatungs- und Insolvenzstelle betrug bis 2003 jährlich 33.334. Dieser Zuschuss wurde komplett gestrichen. Die Streichung dieses Zuschusses konnte nur durch Reduzierung des Personalbestandes und damit einhergehender Reduzierung des Betreuungs- und Beratungsangebotes aufgefangen werden. Die Bearbeitung von Verbraucherinsolvenzverfahren und die Begleitung von betroffenen Ratsuchenden im Rahmen von Verbraucherinsolvenzverfahren musste aufgrund fehlender finanzieller Mittel komplett eingestellt werden.

Die Verbraucherzentrale Hessen e.V. in Borken berichtet, dass die Einstellung des Landeszuschusses zu weniger Beratungskapazitäten und damit längeren Wartezeiten geführt habe.

Erziehungsberatung: Zunächst ist darauf zu verweisen, dass es sich beim Tätigkeitsfeld der Erziehungsberatungsstellen um Aufgaben im Rahmen der "Hilfen zur Erziehung" nach den §§ 27 ff SGB VIII handelt, für deren Vorhaltung bundesgesetzlich die Verantwortung bei den Trägern der örtlichen öffentlichen Jugendhilfe liegt.

Wie eine Anfrage bei den Erziehungsberatungsstellen und Kommunen ergab, konnte der Wegfall der Landesmittel in einigen Fällen durch personelle Maßnahmen, durch Veränderungen der Angebots- und Organisationsstrukturen oder durch die Bereitstellung kommunaler Mittel kompensiert werden.

Der Schwalm-Eder-Kreis teilte aufgrund dieser Umfrage bei Trägern und Kommunen im Zusammenhang mit dem Berichtsantrag der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Operation düstere Zukunft, Drucks. 16/5098, im Frühjahr diesen Jahres mit, dass keine Einschränkung des Angebots erfolgte, sondern die weggefallenen Mittel durch den Kreis aufgestockt wurden.

Migrationsberatung: Vorläufer der Migrationsberatung/Migrationserstberatung (MEB) war die sogenannte Ausländersozialberatung, die vom Bund, den Ländern und karitativen Verbänden finanziert wurde. Nach den Grundsätzen für Aufgaben, Arbeitsweise und Organisation der Ausländersozialberatung sollten die früher im Rahmen von Anwerbeabkommen in die Bundesrepublik eingereisten ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die ehemaligen Vertragsarbeitnehmerinnen und Vertragsarbeitnehmer der früheren DDR und die Familienangehörigen beider Personengruppen eine Orientierungshilfe erhalten und unter Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen Ausgangsbedingungen in sozialen Angelegenheiten beraten werden. Der größte Teil der ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hält sich jedoch bereits seit Jahrzehnten im Bundesgebiet auf und ist im Zuge der fortschreitenden Integration nicht mehr wie in früheren Jahren auf die Ausländersozialberatung angewiesen. Hinzu kommt, dass die Anwerbung von ausländischen Arbeitnehmern bereits in den Achtzigerjahren eingestellt wurde. Notwendige Beratungsmaßnahmen wurden für die genannten Personenkreise im Laufe der Jahre zunehmend von Regeldiensten übernommen.

Aufgrund der ab dem Jahr 2005 geltenden Neukonzeption von der Ausländersozialberatung zur MEB werden ab dem genannten Zeitpunkt die Migrationserstberatungsstellen aus Bundesmitteln und zum Teil aus Mitteln der Träger selbst finanziert. Träger sind:

- Arbeiterwohlfahrt,

- Bund der Vertriebenen,

- Deutscher Caritasverband,

- Deutscher Paritätischer Wohlfahrtverband,

- Deutsches Rotes Kreuz und

- Diakonisches Werk.

Bereits Anfang des Jahres 2004 hat das Bundesministerium des Innern dargelegt, dass der Bund eine Finanzierung unabhängig von den Leistungen der Länder übernehmen will. Aufgrund dieser sich schon im Jahre 2003 abzeichnenden Entwicklung hat sich Hessen neben anderen Bundesländern im Rahmen des Übergangs von der Ausländersozialberatung zur Migrationserstberatung und aufgrund der sich abzeichnenden Integrationsleistungen nach dem Zuwanderungsgesetz aus der Finanzierung zurückgezogen. Hinzu kommt, dass mit dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes zum 1. Januar 2005 die gesetzliche Grundlage für ein migrationsspezifisches Angebot durch den Bund geschaffen wurde. In § 45 des Aufenthaltsgesetzes wurde festgelegt, dass die nach § 43 Aufenthaltsgesetz vorgesehenen Integrationskurse durch ein migrationsspezifisches Beratungsangebot ergänzt werden.

Nach § 75 Nr. 9 des Aufenthaltsgesetzes gehört die Durchführung einer migrationsspezifischen Beratung zu den Aufgaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, soweit sie nicht durch andere Stellen wahrgenommen wird. Die MEB muss auch im Kontext mit den Integrationskursangeboten nach § 45 des Aufenthaltsgesetzes und nach der hierzu von der Bundesregierung beschlossenen Integrationskursverordnung vom 13. Dezember 2004 sowie anderen vom Land Hessen seit Jahren geförderten Integrationsmaßnahmen betrachtet werden, die zum Teil ebenfalls Hilfe- und Beratungsangebote umfassen. Die Neuausrichtung hat dazu geführt, dass die MEB in Hessen auch ohne finanzielle Beteiligung des Landes sichergestellt ist. Insoweit ist festzustellen, dass sich der Rückzug des Landes aus der Finanzierung der Ausländersozialberatung nicht negativ auf die MEB ausgewirkt hat.

Dies trifft auch auf den Schwalm-Eder-Kreis zu. Dort wird die MEB mit Standort in Homberg/Efze im Auftrag des Bundesamtes durch das Diakonische Werk wahrgenommen.

Frauenhaus:

Aufgrund der notwendigen Haushaltskonsolidierung im Rahmen der "Operation sichere Zukunft" konnte das Frauenhaus AWO Kreisverband SchwalmEder-Kreis e.V. in Homberg/Efze nicht mehr mit Landesmitteln gefördert werden.

Nach dem vorliegenden "Tätigkeits- und Erfahrungsbericht AWO-Frauenhaus Schwalm-Eder 2005" werden auch nach der Kürzung der Landesmittel für das Frauenhaus im Jahre 2004 unverändert 22 Betten in acht Zimmern auf drei Etagen bereitgehalten. Zusätzliche Unterstützungen erfolgen über den Schwalm-Eder-Kreis sowie weitere Organisationen und Verbände.

Mit der Einführung des Gewaltschutzgesetzes am 1. Januar 2002 übernahmen das Frauenhaus und die integrierte Beratungsstelle des AWO Kreisverbandes Schwalm-Eder-Kreis die Funktion einer Interventionsstelle. Diese bietet gefährdeten Opfern aktive Hilfe und Unterstützung an - insbesondere nach einer polizeilichen Intervention. Die direkte Zusammenarbeit von Interventionsstelle und Frauenhaus gewährleistet eine Erreichbarkeit über 24 Stunden am Tag.

Das Land Hessen fördert seit 2004 diese Interventionsstelle mit 20.000 jährlich.

Frage 2. Auf welche Beträge beliefen sich die Kürzungen vonseiten des Landes für die betroffenen Einrichtungen in 2004 und 2005 und auf welche Beträge werden sie sich in 2006 belaufen.