Bundeskleingartengesetz

Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt:

Frage 1. Welche Bedeutung misst die Landesregierung dem Kleingartenwesen in Hessen bei?

Kleingärten bilden in besonderem Maße gleichsam einen Beitrag zu städtischen Grün-, Erholungs- und Biotopflächen sowie zum sozialen Funktionsfeld.

Sie übernehmen in städtebaulicher, ökologischer und sozialer Hinsicht wichtige Funktionen. Dem Kleingartenwesen kommt daher nach Überzeugung der Landesregierung eine hohe umwelt- und sozialpolitische Bedeutung zu.

Die Integration unterschiedlicher sozialer Gruppen und Menschen verschiedener Herkunft, von Mitbürgerinnen und Mitbürgern mit Migrationshintergrund sind wichtige Aspekte des täglichen Miteinanders. Eine aktuelle Erhebung des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde belegt für diesen Personenkreis 75.000 Kleingärtnerfamilien aus 80 Nationen in Deutschland.

Ein ähnliches Bild ergibt sich auch für die hessischen Kleingartenvereine.

Die Landesregierung unterstützt darüber hinaus insbesondere die Aktivitäten der Kleingartenorganisationen, Seniorinnen und Senioren, Behinderte sowie junge Familien mit Kindern für diese aus gesundheitlichen und sozialen Aspekten besonders attraktive Freizeitbeschäftigung zu begeistern.

Das Kleingartenwesen und vor allem die Nutzung der einzelnen Kleingärten haben in den vergangenen Jahrzehnten einen sehr intensiven Wandel erfahren. Dennoch haben die vielfältigen sozialen, ökologischen und städtebaulichen Aspekte wie

- die Versorgung der Bürger mit frischem Obst- und Gemüse,

- die Möglichkeit des Aufenthaltes und der Freizeitbeschäftigung der Menschen in der gestalteten Natur (Ersatzfunktion für Hausgärten),

- die Erhaltung grüner, ökologischer Bereiche in den engen Siedlungsstrukturen (städtebauliche Gliederung und Verbesserung des Klima-, Luft-, Wasser- und Naturhaushaltes),

- das ehrenamtliche Engagement der Kleingärtner über die eigene Parzelle hinaus in den Gemeinschaftsanlagen unverändert einen gesetzlichen Schutz verdient.

Frage 2. Welche Maßnahmen hält die Landesregierung für eine Ausweitung der Anzahl von Kleingärten in Hessen für erforderlich?

Der Bestand bzw. der Bedarf an Kleingärten in einer Stadt oder Gemeinde wird entscheidend durch die vorhandene Siedlungsstruktur geprägt. Die Lage im Raum - Ballungsraum oder ländliche Region - und die Art der Bebauung sind ausschlaggebende Kriterien, denn die städtebaulichen Bedingungen differieren im Allgemeinen stark.

In Hessen gibt es etwa 64.700 Kleingärten auf einer Fläche von rund 2. ha. Die Gesamtzahlen setzen sich wie folgt zusammen:

- Landesverband Hessen der Kleingärtner e.V., Feldscheidenstraße 2-4, 60435 Frankfurt, mit etwa 37.000 Kleingärtnerinnen und Kleingärtnern in 286 Vereinen mit 14 Stadt - und Kreisverbänden.

- Bahn-Landwirtschaft, Bezirk Frankfurt am Main e.V., Rudolfstraße 20, 60327 Frankfurt, mit etwa 5.000 Mitgliedern.

- Rund 22.700 Kleingärtnerinnen und Kleingärtner sind auf Ortsebene organisiert.

Hinzu kommen die 37.000 Mitglieder, die im Landesverband Hessen für Obstbau, Garten und Landschaftspflege e.V., Rathaus, 35423 Lich, in 440

Ortsvereinen vertreten sind.

Über den örtlichen Bedarf an Kleingartenflächen gibt ein Kleingartenleitplan Auskunft, den mein Haus erarbeitet hat. Die Planungshoheit und Ausweisung von Flächen für Kleingärten und Kleingartenanlagen liegen bei den Kommunen.

Das Engagement der Landesregierung für die Kleingärten als Teil des öffentlichen Grüns wird durch die Förderung des Kleingartenwesens unterstrichen, für die seit dem Haushaltsjahr 1969/1970 rund 10 Mio. Landeszuschüsse bereitgestellt wurden. Nach den derzeit geltenden Grundsätzen ist eine Förderung für Kleingartenanlagen möglich, die im Bebauungsplan als "Fläche für Dauerkleingärten" ausgewiesen sind.

Die Fördermittel werden für die Errichtung neuer und die Sanierung bestehender Kleingartenanlagen verwendet. Hierbei unterstützt das Land Hessen insbesondere den Bau von sanitären Einrichtungen, Kinderspielplätzen u.a. Gemeinschaftseinrichtungen. Ziel der Sanierungsmaßnahmen ist es, die Attraktivität der vorhandenen Kleingartenanlagen zu erhalten.

Anträge auf Förderung von Neuanlagen wurden in den letzten Jahren nur durch Lampertheim (2004/2005) gestellt.

Frage 3. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die derzeitigen Regelungen des Bundeskleingartengesetzes eine Ausweitung der Anzahl der Kleingärten behindert bzw. eine Erosion des Kleingartenwesens fördert?

Nach Ansicht der Landesregierung stellt das Bundeskleingartengesetz mit seinen Regelungen weder eine Behinderung der Ausweitung der Anzahl der Kleingärten dar noch fördert es eine Erosion der Kleingartenanlagen. Vielmehr haben die Vorschriften über die Bereitstellung und Beschaffung von Ersatzland von Dauerkleingärten zu einem deutlichen Bestandschutz geführt.

Durch das Bundeskleingartengesetz und hier vor allem durch die Pachtpreisbindung wird vielmehr allen Bevölkerungsgruppen, vor allem aber auch einkommensschwachen Mitmenschen die Möglichkeit zur Nutzung der Wohlfahrtswirkung "Kleingarten" gegeben. Somit wird insbesondere eine sozial verträgliche Nutzung sichergestellt.

Frage 4. Wie steht die Landesregierung zu einer Zulassung von Modellversuchen für Lauben mit Strom - und Wasseranschluss und wird sie eine entsprechende Bundesratsinitiative unterstützen?

Der Landesregierung ist bekannt, dass die Freie und Hansestadt Hamburg eine Bundesratsinitiative mit dem Ziel der Änderung des Bundeskleingartengesetzes (BkleingG), das in § 3 die Größe und Beschaffenheit der Kleingärten und der Gartenlauben festlegt, vorbereitet. Im Abs. 2 dieses Gesetzes heißt es hierzu erläuternd: "Im Kleingarten ist eine Laube in einfacher Ausführung mit höchstens 24 Quadratmetern Grundfläche... zulässig;... sie darf nach ihrer Beschaffenheit, insbesondere nach ihrer Ausstattung und Einrichtung, nicht zum dauernden Wohnen geeignet sein." Daher sind nach bisheriger Rechtsauslegung Anlagen und Einrichtungen der Ver- und Entsorgung, die dem Wohnen dienen, nicht zugelassen.

Das Bundesverfassungsgericht hat auf dieser Basis die im § 5 des Gesetzes festgelegte Pachtpreisbindung (maximal das 4fache des ortsüblichen Pachtzinses im erwerbsmäßigen Obst- und Gemüsebau) bestätigt. Entsprechend sind die in § 11 Abs. 1 Satz 2 definierten "Regeln für die Bewertung von Anpflanzungen und Anlagen", die wie die Pachtpreisbindung der Zielsetzung einer sozialverträglichen Nutzung und Weitergabe der Kleingärten dienen, abgesichert.

In allen Teilen des Bundesgebietes waren und sind verständlicherweise Bestrebungen vorhanden, die Infrastruktur der Anlagen (Strom-, und Wasserversorgung sowie Abwasserentsorgung) ständig zu verbessern, wobei sich dies in den nach BKleingG geschützten Anlagen in der Regel auf Gemeinschaftseinrichtungen beschränkt und keine generelle Ausweitung auf die einzelnen Parzellen erfolgt (siehe hierzu die zu Frage 3 erläuterten Fördergrundsätze des Landes Hessen). Sollten Gartenlauben mit höherwertigen Ausstattungen wie z. B. eigene n Stromanschlüssen, Toiletten etc. versehen sein, verlieren sie den Charakter der "Nebenanlagen der gärtnerischen Nutzung" und somit droht der Verlust der Vorteile der Pachtpreisbindung und des Bestandsschutzes.

Für Grundstücke, die sich durch ihre Ausstattung und Bewirtschaftungsweise offensichtlich von der herkömmlichen kleingärtnerischen Nutzung entfernt haben, haben höchstrichterliche Urteile den Schutz des BKleingG versagt. Dies hat zumindest teilweise zu einem rasanten Anstieg der Pachtforderungen in diesen Anlagen geführt.

Aus sozialpolitischen Gründen wird eine solche Entwicklung von der Landesregierung nicht befürwortet.

Die von der Hansestadt Hamburg beabsichtigte Bundesratsinitiative erweckt den Eindruck, dass auf diesem Wege die in der Praxis durchaus zu beobachtenden Einzelfälle der höherwertigen Ausstattungen nun unter den Schutz des BkleingG gestellt werden sollen.

Hiergegen bestehen erhebliche Bedenken. Das Wohnen im Kleingarten entspricht nach wie vor nicht den im Bauplanungsrecht normierten Grundsätzen der städtebaulichen Ordnung und der nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung.

Soweit eine Gemeinde dem landschafts- und erholungsorientierten Wohnen planerisch Raum verschaffen will, steht ihr mit dem Wochenendhausgebiet nach § 10 BauNVO eine adäquate Nutzungskategorie zur Verfügung.

In diesem Zusammenhang weist die Landesregierung auch darauf hin, dass die Gemeinden im Rahmen der Bauleitplanung bereits heute einen weiten Gestaltungsspielraum haben, auch Gartennutzung außerhalb des Bundeskleingartenrechts planerisch-konzeptionell vorzusehen und planungsrechtlich abzusichern, z. B. als private Grünfläche, Freizeitgärten.

Diese Möglichkeiten machen nach Ansicht der Landesregierung eine Bundesratsinitiative überflüssig, da die als Begründung angegebenen Absichten, wie erläutert, auch auf anderem Wege ohne die Gefährdung der Sozialbindung erreicht werden können.

Bestehende Anlagen, die zurzeit unter dem Schutz des BkleingG stehen, müssen hierzu allerdings aus diesem Status um den Preis einer möglichen Pachtpreiserhöhung und dem drohenden Verlust des Bestandsschutzes entlassen werden.

Dieses Votum entspricht im Übrigen auch dem Diskussionsstand im Arbeitskreis Kleingartenwesen Hessen, in dem neben meinem Hause und dem Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, den kleingärtnerischen Organisationen auch der für die Beratung in diesem Bereich zuständige Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen sowie der Hessische Städtetag und der Hessische Städte- und Gemeindebund vertreten sind.

In Würdigung und zur Sicherung der vielfältigen positiven Aspekte der Kleingartenanlagen und der kleingärtnerischen Betätigung ihrer Nutzer reicht nach Überzeugung der Hessischen Landesregierung das bisherige Kleingartenrecht aus. Insofern wird kein Anlass für eine Novellierung des BKleingG und damit eine Unterstützung einer entsprechenden Bundesratsinitiative gesehen.