Rückübertragungsrecht

Dem Landtag wird der Antrag unterbreitet, dem Verzicht auf das Rückübertragungsrecht des Landes an der kreiseigenen Liegenschaft Darmstädter Straße 269 in Bensheim-Auerbach in einer Größe von 6.876 m² zuzustimmen. Das Land erhält im Gegenzug den hälftigen Kaufpreis in Höhe von 1.175.000.

Begründung:

Die Liegenschaft Darmstädter Straße 269 in Bensheim-Auerbach (Größe 6.876 m²), die bis nach Kriegsende im Eigentum der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) stand, wurde durch Kontrollratsdirektive Nr. 50 vom 29. Juni 1947 in das Eigentum des Landes Hessen übertragen. Die Verwaltung des in dem aufstehenden Gebäude betriebenen Kinderheimes wurde nach Kriegsende und Auflösung der NSV vom Kreis Bergstraße übernommen.

Nachdem die Liegenschaft dem Kreis vom Land zunächst mietfrei überlassen worden war, wurde sie vom Landesamt für Vermögenskontrolle und Wiedergutmachung Hessen mit Urkunde vom 13./21. Februar 1953 in das Vermögen des Kreises Bergstraße übertragen, und zwar mit folgender Auflage: "...., dass das Vermögen ausschließlich den Zwecken eines Kinderheimes dienstbar gemacht wird.

Bei Nichterfüllung des Verwendungszwecks des Vermögens hat der Landkreis Bergstraße das Vermögen an das Land Hessen entschädigungslos zurück zu übertragen."

Diese Auflage ist durch Rückübertragungsvermerk im Grundbuch für das Land dinglich gesichert.

Der Kreis Bergstraße hat die Trägerschaft des Kinder- und Jugendheimes mit Wirkung vom 1. Januar 1995 auf den Verein für Kinderhauserziehung e.V., Lorsch, (jetzt: Gemeinnützige Gesellschaft für Sozialarbeit mbH, Bensheim) übertragen. Diese Übertragung stellte keinen Verstoß gegen die Auflagen des Übernahmevertrages dar, da der Kreis Bergstraße weiterhin Eigentümer der Liegenschaft blieb und der Verwendungszweck weiterhin erfüllt wurde.

In den folgenden Jahren trat der Kreis mehrfach mit der Bitte an das Finanzministerium heran, bei einer Veräußerung des Grundstücks oder eines Grundstücksteils unentgeltlich auf das dinglich gesicherte Rückübertragungsrecht zu verzichten. Im Laufe der Verhandlungen einigten sich die Parteien in beiderseitigem Interesse darauf, dass das Land das Rückübertragungsrecht unter der Voraussetzung, dass der Kaufpreis zur Hälfte dem Landeshaushalt zufließt, nicht ausübt.

In der Sitzung am 4. November 2002 beschloss der Kreistag, die Liegenschaft zu einem Verkaufspreis von 2.463.671 zu veräußern. Es war geplant, eine Teilfläche an die Trägerin des Kinderheims, die Gemeinnützige Gesellschaft für Sozialarbeit Bergstraße mbH, zu veräußern. Die restliche Fläche wollte die Fa. Engelhardt & Cie erwerben. Der Kaufvertrag enthielt für den Fall, dass der Verwendungszweck aufgegeben oder das Grundstück weiterveräußert wird, eine Wertabschöpfungsklausel. Die Bauleitplanung der Stadt Bensheim ließ jedoch eine Realisierung dieser Konzeption nicht zu.

Im August 2004 wurde die Liegenschaft erneut mit der Maßgabe ausgeboten, entweder das Kinderheim weiter zu betreiben oder ein Ersatzobjekt bereitzustellen. Daraufhin gingen beim Kreis vier Gebote zwischen 750. und 2.020.000 ein.

Der Kreis teilte mit Schreiben vom 27. April 2005 mit, dass eine weitere Nutzung der Liegenschaft als Kinderheim bzw. die Schaffung einer alternativen Einrichtung im Kreis Bergstraße nicht mehr zwingend erforderlich sei und insofern für die vorgegebene Zweckbindung keine Notwendigkeit mehr bestehe.

In der Sitzung des Kreistages vom 12. September 2005 wurde daraufhin beschlossen, die Liegenschaft bedingungslos an den Höchstbietenden zu einem Verkaufpreis von 2.020.000 zu veräußern.

Der Hessische Rechnungshof wurde um eine Stellungnahme zu dem vorgesehenen Verfahren gebeten. Ergebnis dieser Stellungnahme war, dass vor einer Veräußerung ohne Zweckbindung eine erneute Ausbietung zu erfolgen habe, um das volle Wertpotenzial auszuschöpfen sowie die Verfahrenstransparenz zu gewährleisten. Weiter führte der Hessische Rechnungshof in seiner Stellungnahme aus, dass gegen einen Verzicht des Landes auf die dinglich gesicherte Rückauflassungsklausel bei einer hälftigen Beteiligung des Landes an dem vom Landkreis zu erzielenden Verkaufserlös keine Bedenken bestehen. Dabei geht der Hessische Rechnungshof davon aus, dass eine zukünftige entschädigungslose Rückübertragung durch den Kreis an das Land wenig wahrscheinlich sein dürfte, zumal der Kreis angekündigt hat, das Kinderheim weiter zu betreiben, falls eine Veräußerung nicht realisiert werden könne.

Weiter hält der Hessische Rechnungshof eine Wertabschöpfungsklausel im Rahmen einer bedingungslosen Veräußerung für nicht erforderlich.

Nach erneuter Ausbietung der Liegenschaft durch den Kreis Bergstraße sind folgende Gebote eingegangen:

Der Kreistag hat in seiner Sitzung am 30. Oktober 2006 der Veräußerung an den Höchstbietenden zugestimmt.

Der Haushaltsausschuss des Hessischen Landtags hat in seiner Sitzung am 6. Dezember 2006 dem Verzicht des Landes Hessen auf die Rückübertragung der kreiseigenen Liegenschaft Darmstädter Str. 269 in Bensheim-Auerbach und deren Veräußerung unter Beteiligung des Landes am Verkaufserlös zugestimmt (Drucks. 16/6372). Nachdem die Fraktion der SPD dem Präsidenten des Hessischen Landtags mit Schreiben vom 13. Dezember 2006 das Verlangen übermittelt hat, zu dem Antrag die Entscheidung des Landtags einzuholen, nahm der Hessische Landtag in seiner Plenarsitzung am 14. Dezember 2006 die Beschlussempfehlung und den Bericht des Haushaltsausschusses an (Drucks. 16/6726 zu Drucks. 16/6372).

Im Dezember 2006 und im Januar 2007 gingen im Hinblick auf den Verkauf der kreiseigenen Liegenschaft verschiedene Petitionen ein. Diese wurden in der Sitzung des Petitionsausschusses des Hessischen Landtags am 26. April 2007 beraten. Der Petitionsausschuss fasste den Beschluss, die Petitionen der Landesregierung mit der Bitte zu überweisen, die jeweiligen Petenten über die Sach- und Rechtslage zu unterrichten (PTA 16/38, 5444/16 und 5514/16).

Bis zur abschließenden Entscheidung über die Petitionen wurde der Kaufvertragsabschluss für die Liegenschaft Darmstädter Str. 269 in BensheimAuerbach aufgeschoben. Durch die entstandene zeitliche Verzögerung war es allerdings unter anderem nicht mehr möglich, den Pachtvertrag mit der Betreiberin des auf der Liegenschaft befindlichen Kinderheims noch fristgemäß zum 31. Dezember 2007 zu kündigen, was nunmehr frühestens zum 31. Dezember 2008 möglich wäre.

Aufgrund der beschriebenen zeitlichen Verzögerung und aufgrund des Umstands, dass sich das Bauvorhaben des Käufers in das Jahr 2009 verschiebt, hatte dieser sein Kaufpreisangebot zwischenzeitlich von 2.650.000 auf 2.200.000 reduziert. Vor dem Hintergrund des Ergebnisses der letzten Ausbietung und der Tatsache, dass der Käufer auch mit dem reduzierten Angebot noch immer der mit Abstand Höchstbietende des durchgeführten Ausbietungsverfahrens war (die beiden übrigen Angebote lagen bei 1.500.000 bzw. 1.525.000), wurde eine erneute Ausbietung nicht für erforderlich gehalten. Neben der damit verbundenen weiteren zeitlichen Verzögerung wurde auch das Risiko gesehen, dass es zu einer erneuten Absenkung der Gebote kommt. Der Kreis Bergstraße erachtete dieses Angebot als annehmbar und hatte um Zustimmung zum Verkauf gebeten. Der Haushaltsausschuss hat daraufhin der Veräußerung zum Kaufpreis von 2.200.000 in seiner Sitzung am 25. September 2007 (Drucks. 16/7843) zugestimmt. Auf Antrag der Fraktion der CDU wurde zu der Vorlage auch die Entscheidung des Landtags eingeholt (Antrag vom 25. September 2007).

Der Hessische Landtag hat in seiner 144. Sitzung am 27. September 2007 die Beschlussempfehlung und den Bericht des Haushaltsausschusses angenommen (Drucks. 16/7861 zu Drucks. 16/7843).

Im Hinblick auf die öffentliche Kritik an einer Schließung des Kinderheims und an dem vorgesehenen Verkauf der Liegenschaft hat der Kreis sein Vorgehen erneut überdacht und sieht nun vor, die Liegenschaft an zwei Erwerber zu veräußern. Eine Teilfläche von rund 1.800 m² wird inkl. Bestandsgebäude für 750.000 an den Verein für Kinderhauserziehung e.V. veräußert.

Das Kinderheim wird durch die Gemeinnützige Gesellschaft für Sozialarbeit mbH (Tochtergesellschaft des Vereins für Kinderhauserziehung e.V.) weiter betrieben. Eine weitere Teilfläche von rund 5.000 m² wird für 1.600.000 an den ursprünglichen Erwerber veräußert, sodass ein Gesamtkaufpreis von 2.350.000 realisiert werden kann, der damit höher ist als der bisher vorgesehene Kaufpreis.

Nach erfolgtem Eigentumsübergang an die beiden Erwerber wird der hälftige Kaufpreis in Höhe von 1.175.000 dem Landeshaushalt zufließen. Im Gegenzug wird das Land die Löschungsbewilligung für das in Abteilung II des Grundbuches eingetragene Rückübertragungsrecht zugunsten des Landes erteilen.

Die Zustimmung des Hessischen Landtages unter analoger Anwendung des § 64 Abs. 2 LHO ist erforderlich, da der Wert der zu veräußernden Liegenschaft mehr als 500.000 beträgt.