Arbeitskreis Kinder- und Jugendpsychiatrie

Angesichts des inzwischen bundesweit zu beobachtenden Trends zu einer emotional geführten Diskussion mit der Folge der Ablehnung jedweder Aktivität im Bereich des Maßregelvollzuges ist das Land zu einer klaren politischen Stellungnahme, vermehrten Öffentlichkeitsarbeit und rechtlichen Durchsetzung von Standortentscheidungen gefordert. Weitere Einzelheiten sind dem Bericht der Besuchskommission für den Maßregelvollzug zu entnehmen.

Der Niedersächsische Arbeitskreis Kinder- und Jugendpsychiatrie hat für den Regierungsbezirk Weser-Ems in gleicher Weise wie schon für den Regierungsbezirk Hannover (s. Drs. 13/3200 Nr. 10 im 13. Bericht) eine Kommission öffentliche Versorgungsstrukturen für Kinder- und Jugendpsychiatrie im Regierungsbezirk Weser-Ems gebildet. Sie soll der Koordination der Versorgung dienen, Mängel der Versorgung darstellen sowie ggf. Abhilfemöglichkeiten erkunden und verfolgen.

Sie wird, wie es im Regierungsbezirk Hannover bereits geschehen ist, ein vollständiges Verzeichnis aller Dienste für Kinder- und Jugendpsychiatrie im Regierungsbezirk herausgeben.

Für den Regierungsbezirk Weser-Ems haben sich die im 13. Bericht beschriebenen günstigen Entwicklungen nicht fortgesetzt. Zwar ist die Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Marienkrankenhaus Papenburg/Aschendorf um stationäre Plätze in Aschendorf erweitert worden, die Station für besonders schutzbedürftige Jugendliche konnte jedoch nicht in der vorgesehenen Weise in Betrieb genommen werden, weil die Sicherheitsvorkehrungen gegenüber Selbst- und Fremdgefährdung sich als nicht ausreichend erwiesen haben. Während in den Regierungsbezirken Braunschweig, Hannover und Lüneburg inzwischen Stationen für besonders schutzbedürftige Jugendliche vorhanden sind, haben die Bemühungen für den Regierungsbezirk Weser-Ems bisher noch nicht zu einem entsprechenden Ergebnis geführt.

Es gilt allerdings auch für die übrigen Regierungsbezirke, dass die vorhandenen Plätze mit besonderen Schutz- und Sicherheitsvorkehrungen für eine ständige Aufnahmebereitschaft nicht ausreichen. So ist auch an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universität Göttingen eine entsprechende Station zwar seit langem geplant, aber immer noch nicht in Aussicht. Nach wie vor kann deswegen insbesondere bei älteren Jugendlichen die zumindest vorübergehende beschützende Aufnahme in dem zuständigen Psychiatrischen Krankenhaus für Erwachsene notwendig werden. Eine regelmäßige Überprüfung der Absprachen, Zuständigkeitsregelungen und der Formen der Zusammenarbeit ist dabei erforderlich.

Erneut besteht Anlaß darauf hinzuweisen, dass die Selbstverpflichtung der niedersächsischen Einrichtungen für Kinder- und Jugendpsychiatrie für eine festgelegte Region als Klärungsstellen bei dringlichen stationären Aufnahmenotwendigkeiten tätig zu werden, auf die Notwendigkeit kinder- und jugendpsychiatrischer Diagnostik und/oder Behandlung begrenzt ist. Geht es vorrangig um den Schutz vor sozial bedingter Selbst- oder Fremdvernachlässigung, fallen die notwendigen Maßnahmen in die Zuständigkeit des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe.

Unerwartet ist es in der zweiten Jahreshälfte 1996 im westlichen Ostfriesland zu einem völligen Zusammenbruch der ambulanten Versorgung auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendpsychiatrie gekommen. Der in Emden am Hans-SusemihlKrankenhaus bestehenden Institutsambulanz (§ 118 SGB V) wurde die irrtümlich erteilte Zulassung wieder entzogen, ohne dass die ambulante Versorgung von der Kassenärztlichen Vereinigung auf andere Weise sichergestellt worden wäre. Zu gleicher Zeit hat ein in Norden niedergelassener Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie seine Tätigkeit eingestellt. Seit Ende Oktober 1997 ist damit trotz frühzeitiger öffentlicher Proteste und trotz aller Bemühungen der unmittelbar Betroffenen ein seit langem funktionierendes ambulantes Angebot weggebrochen. Es ist damit eine Lage hergestellt worden, bei der nach § 7 Abs. 3 NPsychKG ein kinderund jugendpsychiatrischer Dienst durch die zuständige kommunale Verwaltung einzurichten wäre. ­ Der Vorgang fordert dazu heraus zu untersuchen, wer die Verantwortung dafür trägt, dass einer großen Anzahl von Kindern und Jugendlichen die bisherige kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung entzogen worden ist: Das notwendige Angebot muss auf jeden Fall so schnell wie möglich wieder hergestellt werden.

Im Regierungsbezirk Lüneburg gibt es zwar ein ungewöhnlich dichtes ambulantes Angebot durch in der Stadt Lüneburg mit eigener Praxis niedergelassene Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Stationäre Plätze sind indessen nur an der Fachklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Lüneburg vorhanden. Eine Erweiterung und eine zweckmäßigere Verteilung der stationären Plätze mit entsprechenden Zuständigkeitsregelungen ist erforderlich.

Die im 12. und 13. Bericht erwähnten Planungen für Minderjährige, die Drogen mißbrauchen und wegen psychischer Störungen behandlungsbedürftig sind, haben nach langen Prüfungen dazu geführt, dass der Landesverband der gesetzlichen Krankenkassen der Einrichtung einer entsprechenden Station an der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Kinderkrankenhauses auf der Bult zugestimmt hat. Die Kommission öffentliche Versorgungsstrukturen für Kinder- und Jugendpsychiatrie im Regierungsbezirk Hannover ist der Meinung, dass der bereits festgestellte Bedarf auch für eine zweite Einrichtung gleicher Konzeption (Verbund von Krankenbehandlung und anschließender Eingliederungshilfe) an der Fachklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Hildesheim spricht.